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Kultur und Wissen
NRhZ-Serie zum Independent-Filmprojekt HOTEP
Teil 8: Die Filmmusik
Von Falko Jakobs

Drei Menschen. Drei Schicksale. Ein mysteriöses Hotel. Eine Nacht, in der sich alles ändert… Das Spielfilmprojekt HOTEP erzählt eine spannende Geschichte, wie Peter Kleinert in seiner Rezension (NRhZ 142) bemerkte. In seiner Machart will der Film neue, ungewöhnliche Wege einschlagen. Die NRhZ begleitet das Projekt in einer Artikelserie, in dieser Folge berichtet Falko Jakobs über die Musik zum Film – die Redaktion.

Musik ist einer der wichtigsten Bestandteile eines Films. Sie macht jeden Film zu einem guten Teil aus, trägt zur Atmosphäre bei und unterstützt den Spannungsbogen. Gefühle, Spannung, Action, Humor, all das wird von den Darstellern vermittelt, aber verstärkt und in einer bestimmten Richtung kommuniziert werden diese Elemente durch die Musik. Man kann fröhliche Szenen und traurige Szenen mit entsprechender Musik unterstützen – man kann sie aber auch mit unerwarteten Klängen konterkarieren. Musik unterstützt einen Film in jeder Hinsicht und gehört für mich als tragender Pfeiler dazu – es gibt allerdings einige wenige Ausnahmen. Darunter etwa einer der Wegbereiter digitalen Kinos, „Blair Witch Project“, oder auch der aktuellste Film der Cohen-Brüder: „No Country For Old Men“. Gerrit Wustmann würde sicher auch Gaspar Noes „Menschenfeind“ dazuzählen.

HOTEP musik falko jakobs piano
Malen mit dem Piano – mal laut, mal leise

Musik hilft der Umsetzung, der Gestaltung, der Dramaturgie und der Dynamik. Man hat beispielsweise die Möglichkeit, jedem Charakter ein eigenes Thema zuzuordnen und ihn dadurch in einen größeren Kontext zu setzen, ihn zu unterstützen, ihn stark oder schwach wirken zu lassen. Beispiele aus dem Publikumskino sind die James-Bond-Reihe, ebenso wie Beverly Hills Cop. Am eindringlichsten wirkte auf mich persönlich Charles Bronsons legendäre Harmonikamelodie, die Ennio Morricone für Leones „Spiel mir das Lied vom Tod“ schrieb.

Ich interessierte mich schon früh für Filmmusik. Mit elf Jahren hörte ich verschiedene Soundtracks und Scores, mit fünfzehn begann ich, während der ersten filmischen Gehversuche, die Musik selbst zu schreiben und mit Klavier und Gitarre einzuspielen. Unverleugbare Einflüsse dabei waren und sind neben dem schon erwähnten Ennio Morricone auch Hans Zimmer, Mark Mancina, Harold Falermeyer, John Carpenter und Danny Elfman.

Den Zuschauern wird bei HOTEP zudem auffallen, dass viele gitarrenlastige, rockige Stücke mit Bluesakkorden eingeflossen sind, die wesentlich zur Dynamik beitragen sollen, was schon im Trailer und im Making-Of-Clip zu hören ist.

Falko Jakobs an der Gitarre HOTEP
Falko Jakobs an der Gitarre                                 
Das ist zweifellos in Gerrits und meinem Musikgeschmack begründet, hat aber auch den Grund, dass uns diese Art der Darstellung passend erschien. „Old Time Rock N’ Roll“, um Bob Seger zu zitieren. Dass wir während der Arbeit am Drehbuch und den weiteren Vorbereitungen überwiegend Blues und Southern Rock (Joe Bonamassa, Kenny Wayne Shepherd, Lynyrd Skynyrd, J.J. Cale, Izzy Stradlin und viele mehr) gehört haben, ist offensichtlich nicht ohne Wirkung geblieben.


Mein Ansatz war es, für HOTEP einen sehr vielfältigen „Score“ zu schreiben, der unterschiedliche Stile zu einem Ganzen vereint und der letztendlich stimmig ist. Da jede der drei Handlungsepisoden stilistisch anders arrangiert ist, musste auch die Musik dementsprechend entwickelt werden.

Im ersten Part kommen hauptsächlich Piano und Streicher zum Einsatz, während die Episode um den Musiker Johnny sehr auf gitarrenlastige Klänge setzt – die dritte Episode um die depressive junge Frau Mira ist insgesamt eher düster gehalten, zu Piano und Streichern kommen hier tiefe Bässe. Das Hotel HOTEP hat ein eigenes Thema. Dieses, sowie zwei weitere, tauchen mehrmals im Film in verschiedenen Variationen auf. Davon abgesehen hat jede Szene ihre eigene musikalische Unterstützung bekommen. Das Verhältnis differiert dabei. Während die Musik in einigen dialoglastigen Szenen nur atmosphärischen Charakter hat, dominiert sie in anderen Szenen auch die Handlung und wird zum tragenden Element. Was das bedeutet, kann man sich folgendermaßen verdeutlichen: Man nehme eine möglichst dialoglose Szene eines Films, die Eindruck hinterlassen hat, schalte den Ton ab und schaue sie sich erneut an – die Wirkung ist eine völlig andere, selbst dann, wenn man die Musik noch im Ohr hat.

No Budget statt Low Budget

Fast 90 Prozent von HOTEP sind mit Musik unterlegt – hier wird deutlich, wie wichtig uns dieser Aspekt war. Obwohl das alles sehr aufwändig klingt – und es bezüglich der Arbeitsschritte auch ist – bewegt sich die Musikproduktion, wie alles andere auch, im Rahmen eines lächerlich niedrigen Budgets von knapp 1000 Euro, das wir bei HOTEP zur Verfügung hatten. No Budget statt Low Budget. Geld ist wunderbar, wenn man Filme macht: Es eröffnet viele Möglichkeiten. Uns ging es aber darum, zu zeigen, dass auch ein quasi Nullbudget gepaart mit Engagement und Kreativität zu vorzeigbaren Ergebnissen führen kann.

HOTEP musik verstärkerkabel
Musik besteht aus Noten und Kabeln...            
Alle Fotos:
Skyroad Films      
Die Aufnahmen, das Mischen und Mastern erfolgte mit Sony Acid, einem Programm, mit dem ich schon lange arbeite. Die Gitarrenaufnahmen wurden mit Hilfe eines Audiointerfaces gemacht. An eine digitale Schnittstelle (in diesem Fall eine mit einem Computer verbundene externe Soundkarte) wird eine Gitarre, ein Mikro angeschlossen. Der Klang des Instruments wird mittels eines digitalen Verstärkers definiert. Die Pianostücke habe ich per MIDI aufgenommen – dasselbe Prinzip wie beim Audiointerface, nur über eine andere Schnittstelle.

Hier besteht mit den sogenannten VST-Plugins (Virtual Studio Technology) die Möglichkeit, verschiedene Instrumente zu simulieren und auf mehreren Audiospuren aufzuzeichnen. Je nachdem, wie viele Audiospuren man kombiniert, ist es möglich, den Klang und die Wirkung eines ganzen Orchesters zu erreichen – zahlreiche Filmmusiker arbeiten heute übrigens nach ebendiesem Prinzip.

Was im Kino nach Orchester klingt, muss nicht zwangsläufig auch eines sein. Hieraus wird klar, wie sehr die digitale Technik die Arbeit erleichtert – was auch für den Schnitt von Bedeutung war. Einige Stücke hatte ich bereits vorher geschrieben, andere noch während der Dreharbeiten anhand der schon gefilmten Szenen. Wie im Trailer zu sehen, so wurde auch der gesamte Film auf die Musik zugeschnitten. Als Schnittprogramm fungierte Sony Vegas – das praktischerweise übergreifend mit dem erwähnten Musikprogramm funktioniert.

Die zahlreichen in HOTEP verwendeten Soundeffekte kamen ebenso zustande: Einige wurden digital generiert, bei anderen wurden nachträglich eingespielte Originalaufnahmen digital bearbeitet. (CH)


In Teil 9 der HOTEP-Serie in der NRhZ lesen Sie mehr über die beim Dreh verwendete Technik, Licht, Ton und Postproduktion.

Htop - Buchtitel




Falko Jakobs und Gerrit Wustmann:
„HOTEP – Das Buch zum Film“
herausgegeben von Skyroad Films,
1. Auflage 2007,
pernobilis edition, Leipzig,
9,95 Euro
ISBN: 978-3-86703-595-8

Online-Drehtagebuch: www.hotep-derfilm.blogspot.com
Offizielle Filmwebsite: www.hotep.skyroadfilms.com



Die HOTEP-Serie in der Neuen Rheinischen Zeitung:
HOTEP – Buchrezension von Peter Kleinert
Teil 1: Von Anfang an...
Teil 2: Auszug aus dem Originaldrehbuch
Teil 3: Die Hauptdarsteller
Teil 4: Nebenrollen und Special Guest
Teil 5: Die Dreharbeiten
Teil 6: Dreharbeiten in Trier
Teil 7: Drehbuchauszug – Die Barszene



Online-Flyer Nr. 159  vom 13.08.2008

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