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Inland
NRhZ-Serie zum Independent-Filmprojekt HOTEP - Teil 1
Von Anfang an…
Von Gerrit Wustmann

Drei Menschen. Drei Schicksale. Ein mysteriöses Hotel. Eine Nacht, in der sich alles ändert… Das Spielfilmprojekt HOTEP erzählt eine spannende Geschichte, wie Peter Kleinert in seiner Rezension (NRhZ 142) bemerkte. In seiner Machart will der Film neue, ungewöhnliche Wege einschlagen. Die NRhZ begleitet das Projekt in einer Artikelserie.

Was geschieht, wenn ein Autor und ein Filmemacher und eine Idee aufeinander treffen? Sie suchen nach einem Weg, diese Idee zu realisieren. Der Autor ist mit dem Schreiber des vorliegenden Artikels identisch; der Filmemacher ist Falko Jakobs. Ich lernte ihn im Sommer 2006 kennen. Er war auf der Suche nach einem Drehbuchautor. Nachdem er zahlreiche, teils sehr interessante und innovativ in Szene gesetzte Kurzfilme gedreht hatte, wollte er sich erstmals an einen abendfüllenden Spielfilm wagen. Ein Kinoprojekt. Die Grundlage bildete sein 2004 entstandenes 20minütiges Roadmovie „Hotelroom 65“ – ein kammerspielartiger Film über drei Verlierer, die alle im selben Hotelzimmer landen und dort ihr Leben ändern.
 
Ein Hotel mit eigener Geschichte und...
 
Falko hatte es nicht schwer, mich zu begeistern und als Autor des Drehbuchs zu gewinnen. Die Story war meines Erachtens interessant und ausbaufähig. Es ging also keineswegs darum, etwas Kurzes zu etwas Langem künstlich aufzublasen. Schon als ich „Hotelroom 65“ zum ersten Mal sah schossen mir zahlreiche Einfälle durch den Kopf – zu den Charakteren, zu deren Vergangenheit und zu einem Hotel, von dem man mehr sieht als nur das eine Zimmer. Wie wäre es, wenn das Hotel gar eine eigene Geschichte hätte, und wenn diese Geschichte der Grund dafür ist, dass genau diese spezifischen Figuren dort landen?

HOTEP Dreh
Falko Jakobs bei Dreharbeiten mit Evi Amon

...drei klassische Verlierer
 
Der Anfang war damit gemacht. Der Sommer verging, auch der Winter und ein weiterer Sommer. Aber in jener Zeit gab es kaum einen Tag, an dem Falko Jakobs und ich nicht in engem Kontakt und Austausch standen, ob wir uns nun getroffen oder in nächtelangen Telefonaten an der Story gebastelt, sie entwickelt und selbst immer besser verstanden haben. Mir kommt es manchmal so vor, als sei diese Geschichte zu uns gekommen, ohne dass wir viel dazu tun mussten. Die drei Charaktere beispielsweise sind anders als im Vorbild. Aber sie entwickelten sich während der Arbeit am ersten Entwurf auf eine sehr natürliche Weise. Sie alle, der erfolglose kleine Gauner Falko (wie es zu diesem Namen kam ist eine andere Geschichte…), der abgestürzte Musiker Johnny und das depressive Mädchen Mira, sie alle sind klassische Verlierer, die an der Gesellschaft, am Leben, an sich selbst gescheitert sind. Während Falko und Mira im besten Sinne mit ihrer Existenz abgeschlossen haben, ist Johnnys Ego, sind seine Lebenslügen schlicht zu groß, als dass er sich selbst seine Fehler eingestehen könnte. Diese drei also sollen in ein und demselben Hotel landen. Ein Hotel, weit abgelegen von der Zivilisation, das den Namen HOTEP trägt, und dessen zwielichtiger Besitzer eine größere Rolle spielt, als es dessen Gäste zu Anfang ahnen können. Während es in „Hotelroom 65“ nur das eine bewusste Zimmer gibt und sonst nichts, auch keine Nebenfiguren, ist das HOTEP nicht anonym. Das Hotel ist klein, aber es hat etwas zu erzählen, es hat Geheimnisse, die die Protagonisten nach und nach aufdecken – ob sie wollen oder nicht. Und – eine weitere Entwicklung gegenüber dem Kurzfilm – es gibt andere Gäste in anderen Zimmern. Und diese Gäste sind nicht zufällig da…

HOTEP
Rami Abu-Issa und Gerrit Wustmann besprechen eine Szene

Ein Episodenfilm

 
Da HOTEP als Episodenfilm konzipiert ist, war es möglich, die Komplexität und Tiefe der einzelnen Teile zu steigern, da der Fokus stets auf nur einem von drei Protagonisten liegt. Den Grundgedanken eines Kammerspiels, dessen Handlung durch die Wände des Hotels eingegrenzt ist, haben wir beibehalten.
 
Story und Skriptentwicklung war aber nur ein Teil der Vorarbeit, die vom Sommer 2006 bis Herbst 2007 stattfand. An irgendeinem Punkt im Verlauf der Arbeit beschlossen wir, weil es uns auf einmal nur natürlich vorkam, sich die Frage an sich nicht mehr stellte, dass wir wie auch beim Drehbuch alles gemeinsam machen. Die Organisation, das Casting, Auswahl der Drehorte, Regie, etc. Wenn auch Bereiche blieben, in denen Arbeitsteilung fortbestand, aber das lag daran, dass es organisatorisch mehr Sinn macht, wenn jeder auch seine eigenen Kernbereiche hat, in denen er sich entfalten kann. Um nur ein Beispiel zu nennen: Falko ist eindeutig der bessere Musiker. Folglich wurde die Komposition des Score zu seiner Aufgabe.
 
Kein Casting, keine Förderung
 
Wichtig war uns vor allem, nicht in der Masse unterzugehen. Unzählige Filme und Independent-Filme werden pro Jahr weltweit und auch in Deutschland produziert, ohne dass irgendjemand sonderlich Notiz davon nimmt, von wenigen Insidern einmal abgesehen. Daher entschlossen wir uns, den Begriff „Independent“ voll auszuschöpfen. Wir schrieben kein Casting aus, sondern machten uns gezielt auf die Suche nach Schauspielern, die unserer Einschätzung nach zu unseren Figuren passten. Wir beantragten zudem keinerlei Förderung. Heutzutage hat jede kleine Produktion, jeder Studentenfilm finanzielle Unterstützung durch Sponsoren, Stipendien etc.
 
Robert Rodriguez erregte in den frühen 90ern Aufsehen, als er seinen „El Mariachi“ für gerade mal 7000 Dollar produzierte. Das Budget von HOTEP liegt rund 6000 Dollar niedriger. Der Anspruch war, zu zeigen, dass es bei der Produktion eines Films nicht zwangsläufig auf den monetären Hintergrund ankommt, um ein hohes inhaltliches und technisches Niveau zu erreichen. Vielmehr kommt es auf das eingebrachte Know-How, die Ideen und nicht zuletzt das Engagement und die Solidarität der Mitwirkenden an. Apropos

HOTEP Dreh
Falko Jakobs beim Abbau des Equipments nach den Dreharbeiten
Alle Fotos:
Skyroad Films

Know-How: Weder Falko noch ich selbst haben Film oder vergleichbare Fächer studiert. Im Zuge dieser Überlegungen fiel die Entscheidung, das Buch zum Film, in erster Linie das Drehbuch, noch vor dem Start der Dreharbeiten in gedruckter Form zu veröffentlichen. Erstens weil das noch niemand bisher gemacht hat und zweitens weil so das interessierte Publikum die Chance bekommt, von Anfang an involviert zu sein und auch zu sehen, was sich von der finalen Skriptfassung bis zur finalen Filmfassung noch ändert – folgerichtig gibt es parallel dazu das Online-Drehtagebuch in Form eines Blogs. (PK)
 
In der Rubrik „Filmclips“ finden Sie den Kinotrailer zu HOTEP, und in Teil 2 der HOTEP-Serie können Sie einen Auszug aus dem Originaldrehbuch zum Film lesen.

Htop - Buchtitel



Das Drehbuch – Falko Jakobs und Gerrit Wustmann:
„HOTEP – Das Buch zum Film“
herausgegeben von Skyroad Films,
1. Auflage 2007,
pernobilis edition, Leipzig,
9,95 Euro
ISBN: 978-3-86703-595-8

Online-Drehtagebuch: www.hotep-derfilm.blogspot.com
Offizielle Filmwebsite: www.hotep.skyroadfilms.com

Online-Flyer Nr. 145  vom 07.05.2008

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