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Kultur und Wissen
NRhZ-Serie zum Independent-Filmprojekt HOTEP
Teil 3: Die Hauptdarsteller
Von Gerrit Wustmann

Drei Menschen. Drei Schicksale. Ein mysteriöses Hotel. Eine Nacht, in der sich alles ändert... Das Spielfilmprojekt HOTEP erzählt eine spannende Geschichte, wie Peter Kleinert in seiner Rezension in der NRhZ 142 bemerkte. In seiner Machart will der Film neue, ungewöhnliche Wege einschlagen. Die NRhZ begleitet das Projekt in einer Artikelserie.

In in der aktuellen Ausgabe der NRhZ, in der Rubrik Flimclip, finden Sie ein „Behind-The-Scenes-Video“, in dem Falko Jakobs und Gerrit Wustmann über das Casting der Darsteller sprechen und bisher unveröffentlichte Szenen aus HOTEP zeigen.

Bruce Willis spielte ohne Gage in Robert Rodriguez’ „Planet Terror“; Jason Statham und Jessica Biel taten dasselbe, weil ihnen das Drehbuch von „London“ auf Anhieb gefiel. Die Liste ließe sich fortsetzen. Auch wenn beide Filme recht aufwändige Produktionen sind, so gehören sie dennoch beide zu dem, was im US-Filmbusiness als Low-Budget gilt. Man bedenke dabei, dass Rodriguez mehr als 25 Millionen Dollar zur Verfügung hatte – für US-Kinoverhältnisse ist das wenig. Hollywood-Produktionen verschlingen gerne mal bis zu 170 Millionen Dollar und mehr. Stattliche Gagen für die Darsteller sind bei solchen Summen kein Problem.

Götz George Foto: Harald Schrapers
Foto: Harald Schrapers      
Beispiele wie die oben genannten zeigen aber auch, dass gerade einige der prominenteren Köpfe großes Interesse an guten Filmen und Freude am Dreh haben – beides ist bei der Hollywood-Massenware eher selten. Aber auch in Deutschland ist das ähnlich. Götz George beispielsweise ist ein großer Independent-Fan und hat schon in zahlreichen kleinen Produktionen unbezahlt mitgespielt. Dasselbe gilt für Jürgen Vogel. Bekannte Schauspieler haben zudem das Problem, dass sie nach einem erfolgreichen Film schnell auf einen bestimmten Rollentyp festgelegt werden – engagierte Akteure können in der Regel weit mehr und haben auch den Drang, das zu zeigen. Independent-Produktionen geben ihnen oftmals die Möglichkeit dazu.

Und, wie Quentin Tarantino unlängst sinngemäß in Cannes äußerte: Filmschulen braucht kein Mensch, da lernt man nur, wie man es nicht machen sollte. Besser, man investiert das Geld gleich in den ersten eigenen Film. Das sagt einer, der es unzweifelhaft wissen muss.

Wenn man, wie Falko Jakobs und ich, versucht, den Begriff Independent sogar noch zu unterwandern und auch von Förderungen und Sponsoren unabhängig zu bleiben und zu zeigen, dass gute Filme nicht unbedingt auch ein großes Budget benötigen, dann ist man ganz maßgeblich auf die Solidarität und, vor allem, das begeisterte Engagement der Mitwirkenden, nicht zuletzt der Darsteller, angewiesen.

Die Frage, wer in HOTEP die Hauptrollen des erfolglosen Kleinkriminellen Falko, des gescheiterten Rockstars Johnny und des depressiven Mädchens Mira übernehmen sollte, gestaltete sich weniger kompliziert, als man annehmen sollte. Und das, obwohl wir keine einzige Rolle auf einen bestimmten Darsteller zugeschnitten haben. Wir haben die Figuren so ausgearbeitet, wie wir sie haben wollten und wie es uns im Handlungsverlauf natürlich erschien. Dass diese Vorgehensweise je nach Darsteller und/oder Drehumständen auch Einschränkungen bedeuten und nachträgliche Korrekturen erfordern würde, war uns bewusst. Das Risiko wollten wir eingehen.

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Laiendarsteller Abu-Issa – alles andere als laienhaft | Foto: Skyroad Films

Die Rolle des ersten Protagonisten Falko (der Name ist übrigens keine Eitelkeit des Regisseurs, sondern war meine Idee, weil ich ihn passend fand – mit ein wenig Unterstützung von Sandra Kouba konnte ich mich durchsetzen) war im Grunde von Anfang an auf Rami Abu-Issa abonniert. Er ist ein reiner Laiendarsteller, spielte im Schultheater und in mehreren von Falko Jakobs’ Kurzfilmen.

Rami war es, der Falko Jakobs und mich miteinander bekannt gemacht und in gewisser Weise den Stein ins Rollen gebracht hat. Nicht zuletzt kennen wir uns seit vielen Jahren und wussten, dass die gemeinsame Arbeit eine gewachsene Basis haben würde, was bei einem Projekt wie HOTEP ungemein hilfreich ist. Ramis Bonus ist seine visuelle Ausrucksstärke, seine stumme Mimik. Er kann den harten Kerl spielen, ist aber viel mehr noch in der Lage, den harten Kerl, der an sich selbst zweifelt und von inneren Konflikten geplagt wird, vor der Kamera rüberzubringen. Das war sein Extrabonus.

Wer die Rolle des Johnnys spielen würde, auch das stand schon relativ früh fest. Falko Jakobs und Tim Olrik Stöneberg kennen sich noch aus Kindertagen. 2006 hatte Stöneberg erstmals in einem Skyroad-Kurzfilm („Entscheidungen“) gespielt – so war die Verbindung aufgebaut. Falko brauchte nicht lange, um mich von Tims Qualitäten zu überzeugen und davon, dass es eine große Freude ist, mit ihm zu drehen.

Tim Olrik Stöneberg
Tim Olrik Stönebergb beim Set                 
Foto: Skyroad Films
Tim Olrik Stöneberg hat eine klassische Schauspiel- ausbildung an der Arturo-Schule in Köln absolviert und ist seit 2002 fest engagiert im Ensemble des Stadttheaters Trier. Dort hat er in einem großen Spektrum so ziemlich jede Rolle gespielt, die man spielen kann – und das durchweg überzeugend. Mit Tim zu arbeiten ist für einen Regisseur mehr als angenehm, zum einen weil er stets sehr schnell in eine Rolle hineinfindet und eine vergleichsweise kurze Aufwärmphase hat, zum anderen weil er ganz nebenbei mit durchweg guten Ideen aufwartet. Zahlreiche seiner Szenen haben wir mit seiner Unterstützung, teilweise durch Improvisationen, die Tim während der Dreharbeiten getestet hat, verbessert. Einige gewichtige Elemente der Figur Johnny sind sein Verdienst.

So blieb noch eine Hauptrolle offen: die weibliche. Dass es eine weibliche Hauptrolle geben würde, das wurde uns erst während der Arbeit am Skript bewusst. Mira war nicht eingeplant. Eher war es so, dass sie zu uns kam, und wir nahmen sie dankbar an. Von dem Moment an bildete sie den Kontrapunkt zu Falko und Johnny, und wurde so etwas wie unser Ziehkind. Ihre Episode im Film war wundersamerweise die, die am schnellsten geschrieben war, und die uns von sich aus die logischen Konsequenzen des vorangegangenen Aufbaus der Geschichte lieferte.

Nur – wer sie spielen sollte, das wussten wir nicht. Bis zu jenem Tag, an dem Falko Jakobs mit seinem langjährigen Freund, dem Mediendesigner Christian Beauvisage telefonierte, und der ihn auf die junge Nachwuchsschauspielerin Evi Amon aufmerksam machte. Unsere Neugier war geweckt. Als wir uns zum ersten Mal mit Evi trafen, auf ein Bier in Köln, war es eine Sache von Sekunden. Falko und ich wechselten einen flüchtigen Blick, der uns zeigte, dass wir dasselbe dachten: Evi ist unsere Mira.

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Evi Amon                                                 
Evi Amon, 24, wirkt jünger als sie ist – nur einer ihrer Vorzüge. Ihr Aussehen, ihre Art, alles passte auf Anhieb zu dem Charakter, der uns vorschwebte. Es gelang uns, sie für die Rolle zu begeistern. Neben einem Kurzfilm hat Evi Amon Hauptrollen in mehreren Inszenierungen der Jungen Theatergemeinde Köln gespielt, ging mit zwei Stücken auf Tour durch NRW und erntete vom lokalen Feuilleton durchweg wohlwollende Kritiken. Der Ersteindruck bestätigte sich während der Dreharbeiten. Wir hatten ins Blaue gegriffen: Als wir ihr zusagten, hatten wir noch kein einziges Mal gesehen, wie sie spielt oder wie sie vor der Kamera arbeitet. Wir wurden nicht enttäuscht.

Evi Amon ist es durch ihre Erfahrungen im „Method Acting“ gewohnt, sich intensiv mit einer Rolle zu befassen und sie vor dem „Ernstfall“ zu verinnerlichen. Diese Möglichkeit hatte sie bei HOTEP nur in eingeschränktem Maße. In der Regel arbeiten wir sehr schnell, machen uns am Set in einem Brainstorming Gedanken darüber, wie das Licht fallen, was die Kamera sehen soll, proben kurz mit den Darstellern und legen dann los. Aber auch das meisterte Evi ohne Probleme. Während der Dreharbeiten bewies sie, dass sie eine lange Einarbeitungsphase gar nicht benötigt. Selbst wenn sie sich vorbereitet hatte musste sie darauf gefasst sein, dass wir in letzter Minute Änderungen vorgenommen hatten. Ohne Anlauf war sie in der Lage, sich darauf einzustellen und unsere Visionen umzusetzen... (CH)

In Teil 4 der NRhZ-HOTEP-Serie lesen Sie mehr zu den Nebendarstellern Bjarne I. Mädel, Volker Lippmann, Klaus-Michael Nix, Sandra Kouba und Rolly Brings.

Htop - Buchtitel




Das Drehbuch – Falko Jakobs und Gerrit Wustmann:
„HOTEP – Das Buch zum Film“
herausgegeben von Skyroad Films,
1. Auflage 2007,
pernobilis edition, Leipzig,
9,95 Euro
ISBN: 978-3-86703-595-8

Online-Drehtagebuch: www.hotep-derfilm.blogspot.com
Offizielle Filmwebsite: www.hotep.skyroadfilms.com

Online-Flyer Nr. 149  vom 04.06.2008

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