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Kultur und Wissen
NRhZ-Serie zum Independent-Filmprojekt HOTEP
Teil 5: Die Dreharbeiten
Von Gerrit Wustmann

Drei Menschen. Drei Schicksale. Ein mysteriöses Hotel. Eine Nacht, in der sich alles ändert… Das Spielfilmprojekt HOTEP erzählt eine spannende Geschichte, wie Peter Kleinert in seiner Rezension in der NRhZ 142 bemerkte. In seiner Machart will der Film neue, ungewöhnliche Wege einschlagen. Die NRhZ begleitet das Projekt in einer Artikelserie – in dieser Ausgabe berichtet Gerrit Wustmann über die Dreharbeiten – die Redaktion.

Die Dreharbeiten zu Hotep begannen nach rund einem Jahr Vorarbeit am 5. November 2007 in Refrath bei Bergisch-Gladbach und endeten Mitte Mai 2008 in Köln-Ehrenfeld. In Refrath hatte uns eine alte Dame freundlicherweise ihr Haus zur Verfügung gestellt. Viele Häuser und auch richtige Hotels hatten Falko Jakobs und ich uns auf der Suche nach unserem Hotep angeschaut, und wir waren fündig geworden. Die Außenaufnahmen des Hotels fanden in Niederbolheim bei Düren statt. Weitere Drehs gab es in und um Köln und an mehreren Locations im Rhein-Erft-Kreis.

Wie auch bei der Auswahl der Darsteller waren wir bei der Suche nach Drehorten auf die Solidarität anderer angewiesen, was überraschenderweise kein Problem war. Nur sehr selten stießen wir auf Skepsis. In der Regel waren die Menschen, die wir um Mithilfe bei diesem No-Budget-Projekt baten, sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Schon während der ersten Drehtage merkten wir, dass es uns gelungen war, sowohl vor als auch hinter der Kamera ein begeistertes und engagiertes Team zu rekrutieren.

Falko Jakobs hinter der Kamera
Falko Jakobs hinter der Kamera

Falko und ich hatten uns durch die Entscheidung, aus den Abläufen hinter der Kamera ein Zwei-Mann-Projekt zu machen, einiges an Arbeit aufgehalst. Wir konferierten eineinhalb Jahre lang fast täglich, während der sieben Drehmonate sogar mehrmals täglich, um zu organisieren, zu planen und um dafür zu sorgen, dass die Drehs nach unseren Vorstellungen ablaufen würden. All das wäre uns ohne die Mithilfe unserer vielen Wegbegleiter nicht gelungen. Umso angenehmer war es zu sehen, dass Schauspieler und andere Mitstreiter Vertrauen ins uns und das Projekt selbst setzten. Das zu erwähnen halte ich deshalb für wichtig, weil es keineswegs eine Selbstverständlichkeit ist, dass Menschen sich, neben ihren eigentlichen Berufen und Engagements, über den Zeitraum von über einem halben Jahr hinweg für etwas einsetzen, das harte und vor allem unbezahlte Arbeit bedeutet. Sieben Monate sind lang, sehr lang für die filmische Umsetzung eines Drehbuchs.

Das lag darin begründet, dass wir aufgrund unserer beruflichen Verpflichtungen zumeist nur an den Wochenenden drehen konnten, was uns vor einige Unwägbarkeiten stellte. Bekamen wir bis zum Wochenende das Equipment zusammen? Hatten alle Darsteller Zeit, waren sie vorbereitet? Bei Außenaufnahmen: Spielte das Wetter mit? Denn, würde es regnen, dann hätten wir den Kamerakran umsonst geordert, was unser Budget mächtig durcheinander gebracht hätte.

Dieses Problem stellte sich an einem Samstag im Frühjahr. Der geplante Dreh auf freiem Feld war aufgrund des heftigen Windes und der unsicheren Wetterlage nicht möglich. Noch am Morgen, kaum zwei Stunden vor Arbeitsbeginn, mussten wir die Pläne neu arrangieren und alternative Innenszenen finden, bei denen wir den Kran einsetzen konnten. Wir entschieden uns für eine der Rückblenden bei Mira (Evi Amon). Wie sich herausstellte, gewannen die sehr ruhigen Bilder dadurch eine im positiven Sinne ganz neue Dynamik.

Während der Dreharbeiten waren die Aufgaben zwar relativ klar verteilt, die Grenzen verschwommen aber, was so von uns beabsichtigt war. Es kam nicht selten vor, dass Falko und ich noch am Abend vor einem Shoot Änderungen am Drehbuch vorgenommen hatten, entweder um Szenen nachträglich zu verbessern, prägnanter zu machen, oder um die Abläufe den Gegebenheiten des Sets anzupassen.

Rami und Sandra am Set
Rami Abu-Issa und Sandra Kouba am Set      
Die Darsteller hatten sich darauf schon nach kurzer Zeit eingestellt, und wir baten sie regelmäßig um ihre Einschätzungen und Ideen. Zwar machten wir klare Vorgaben zur Umsetzung, es war uns aber immens wichtig, dass jeder Darsteller der Rolle seine persönliche Note gibt, was erfahrungsgemäß das überzeugendste Ergebnis liefert. Manchmal merkt man erst bei der Textprobe, dass diese oder jene Formulierung ungelenk oder unpassend klingt. Oft ließen wir die Darsteller dann verschiedene Varianten ihres Dialoges durchspielen, bis uns das Ergebnis stimmig erschien, einige wenige Dialoge wurden vor laufender Kamera mittels Improvisation geschliffen.   

Eine nicht zu unterschätzende Rolle nahm die Lichtgestaltung ein, auf die Falko ein besonderes Augenmerk hatte. Eine gut durchdachte Lichtsetzung, satte Farben und gezielte Spiele mit Licht und Schatten tragen viel zur Bildatmosphäre bei, wozu auch die Auswahl der adäquaten Effektfolien gehört (mehr dazu in einem späteren Teil der Hotep-Artikelserie zum Thema „Technik“).

Bei einem Außendreh in einem beschaulichen Park unter hohen Bäumen auf einer über einen kleinen Tümpel führenden Holzbrücke sollte ein Dialog zwischen Lisa (Sandra Kouba) und Falko (Rami Abu-Issa) festgehalten werden. Für die Szene, die im fertigen Film kaum drei Minuten dauert, benötigten wir nur zwei Einstellungen. Wir arbeiteten aufgrund des guten Wetters ohne künstliches Licht, ein Reflektor zur Aufhellung genügte. Problematisch war die Wintersonne, die von Mittag an schneller wanderte als erwartet und durch die vielen Bäume pausenlos genau dort Schatten produzierte, wo wir keine Schatten gebrauchen konnten.

Dazu gesellten sich telefonierende Fußgänger, bellende Hunde, Kirchenglocken und ähnliche Interferenzen, die sich störend auswirkten. Das Ergebnis war, dass wir alle paar Minuten abbrechen und von vorne beginnen mussten, wobei wir Rami Abu-Issa und Sandra Kouba immer wieder an einer anderen Stelle der Brücke platzierten, wenn der Stand der Sonne sich geändert hatte und darauf zu achten hatten, dass genau das im Bild nicht auffällt. 

Brücke in problematischer Wintersonne
Auf dem Set: Brücke in problematischer Wintersonne
Alle Fotos: Skyroad Films

Der übliche Ablauf war der, dass Falko und ich während der Fahrt zum Set noch einmal rekapitulierten, was wir wie drehen würden. Vor Ort besprachen wir die Abläufe mit den Darstellern, arrangierten das Set, bauten das Licht, den Ton und, wo nötig, Kran und Dollyschienen auf. Während Falko die Bewegungsabläufe von Darstellern und Kamera festlegte, probte ich die Szenen und optimierte den Text – wobei die besten Ideen nicht selten von den Darstellern kamen, denen Falko dann erläuterte, was im Bild zu sehen sein soll und wie sie sich wann bewegen müssen. (CH)

In der Rubrik Filmclip in der aktuellen NRhZ finden Sie begleitend zu diesem Artikel den zweitem Making-Of-Hotep-Clip mit Szenen der Dreharbeiten.

In Teil 6 der HOTEP-Serie in der NRhZ lesen Sie mehr zu den Dreharbeiten in Trier mit Tim Olrik Stöneberg und Klaus-Michael Nix.

Htop - Buchtitel




Das Drehbuch – Falko Jakobs und Gerrit Wustmann:
„HOTEP – Das Buch zum Film“
herausgegeben von Skyroad Films,
1. Auflage 2007,
pernobilis edition, Leipzig,
9,95 Euro
ISBN: 978-3-86703-595-8

Online-Drehtagebuch: www.hotep-derfilm.blogspot.com
Offizielle Filmwebsite: www.hotep.skyroadfilms.com



Die HOTEP-Serie in der Neuen Rheinischen Zeitung:
HOTEP – Buchrezension von Peter Kleinert
Teil 1: Von Anfang an...
Teil 2: Auszug aus dem Originaldrehbuch
Teil 3: Die Hauptdarsteller
Teil 4: Nebenrollen und Special Guest




Online-Flyer Nr. 153  vom 02.07.2008

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