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Literatur
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (15)
Der Reporter in Moskau
Von Harry Popow
Ende September 78. Im Ministerium für Verteidigung wurde es jetzt bestätigt: Henry fliegt nach Moskau. Auslandsdienstreise zur befreundeten Zeitung „Krasnaja Swesda“. Abflug am 2. Oktober von Schönefeld um 08.15 Uhr mit der IF 600, Ankunft in Moskau um 12.40 Uhr. Rückflug am 5. Oktober um 14.00 Uhr mit der IF 605, Ankunft in Berlin um 14.25 Uhr. Also bereitet er sich vor. Malt sich das reichlich zu recherchierende Material aus, eine Vielfalt von Themen. „Bringe soviel Artikel mit wie du kannst“, gab Oberst J. ihm mit auf den Weg. Henry ist allerdings auch für schnelle Änderungen der Lage dort in Moskau gewappnet, andere dienstreisende Reporter hatten ihm manchen Tipp gegeben. Dann Moskau, die Geburtsstadt seiner Mutter. Die breiten Straßen, der starke Autoverkehr, die Gastfreundlichkeit seiner Betreuer. Man besuchte die Offiziershochschule der Landstreitkräfte, die Kunpemirowkaer Panzerdivision und - natürlich – das Lenin-Mausoleum. Aber aus den sehr gründlichen Interviews wurde nichts. Mit einem Kompaniechef wollte Henry z. B. über Erfahrungen beim Gefechtsschießen sprechen. Doch viele Ohren- und Augenzeugen während des Gesprächs verunsicherten den sowjetischen Offizier offenbar. Henry konnte nur wenige Fakten notieren. Manches blieb auch recht unkonkret. Es war zum Haare ausreißen.
In Berlin musste er sich später aus eigener Anschauung ein Bild machen von den „Erfahrungen“ des sowjetischen Kompaniechefs, also flunkern was das Zeug hält. Privat wollte der Reporter in der Nähe des Alten Arbat auf Bitte seiner Mutter ihr ehemaliges Haus, in dem sie mit ihren Eltern gelebt hatte, ansehen. Sein Begleiter führte ihn zwar hin, aber wohl war diesem offensichtlich nicht zumute. Sollte Henry nicht, durfte er nicht? Machte der private Wunsch ihn verdächtig? Aber warum? Auch besuchte Henry mit seinen Begleitern auf die Schnelle Stanislaw, seinen sowjetischen Journalistenfreund aus Neubrandenburger und Potsdamer Zeiten. Er überreichte aber nur ein Geschenk, hielt sich nicht unnötig auf, er spürte, wie verlegen sowohl Stanislaw, als auch Henrys Betreuer waren. War ihnen privater Kontakt hier in der SU nicht erlaubt? Manches ist recht rätselhaft. Wer weiß, was deren Vorschriften diktieren? In einem Brief an seine Mutter beschreibt Henry Tage danach seine Eindrücke: „Moskau ist imposant. Viele interessante Bauten. Manches mutet an, als wäre es für die Jahrhunderte erbaut. Im krassen Gegensatz dazu die noch teilweise bewohnten alten Holzhäuser. Wie man mir sagte, wird Altes hier und da erhalten bleiben. So auch der alte Arbat. Die Kirche z. B., die ich fotografiert habe, trägt zur Zeit ein Baugerüst. Gaststätten, wie Du ja weißt, gibt es nur in den Hotels. Für die Jugend ist nichts da - tote Hose. Nur drei Diskotheken - für eine Achtmillionenstadt. Vor der Revolution hat es mehr Gaststätten, auch kleinere, gegeben. Danach wurde vieles liquidiert, so meine Begleiter. An diesen Zustand hat man sich wohl gewöhnt. Dafür herrscht ein feucht-fröhliches Treiben z. B. im Hotel Moskwa, in dem ich untergebracht war. Morgens aus dem Lautsprecher russische Lieder, ich fühle, die DDR, das mehr westliche Europa, ist so weit weg ...“
Harry Popow: „Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten“
Druck und Verlag: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, 500 Seiten, 26,99 Euro, Bestellen hier
Der Autor Harry Popow wurde 1936 in Berlin-Tegel geboren, wuchs in der DDR auf, arbeitete als Militärjournalist im Dienstgrad Oberstleutnant in der NVA und betätigt sich heute als Blogger, Buchrezensent und Autor. Er ist seit 1961 glücklich verheiratet.
Siehe auch:
Auszug aus "In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 63. Jahrestags der Gründung der Nationalen Volksarmee am 1. März 1956 (1)
Ohrfeige für Henry
NRhZ 692 vom 13.02.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25625
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (2)
Weiße Armbinden
NRhZ 700 vom 10.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25802
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (3)
Träumender Trommler
NRhZ 701 vom 17.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25821
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (4)
Bei Präsident Pieck
NRhZ 702 vom 24.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25839
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (5)
Steinkohlen-Zeit: Der Autor als Berglehrling
NRhZ 703 vom 01.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25860
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (6)
Geologen-Zeit: Der Autor als Kollektor
NRhZ 704 vom 08.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25877
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (7)
Knobelbecher-Zeit
NRhZ 705 vom 15.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25903
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (9)
Tee mit Rum
NRhZ 706 vom 22.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25923
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (9)
Parade in Berlin: Der Autor als Offiziersschüler
NRhZ 707 vom 29.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25940
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (10)
Sekt in der Badewanne: Der Autor wird Unterleutnant
NRhZ 708 vom 05.06.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25961
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (11)
Kopfarbeit gegen Herzschmerz
NRhZ 709 vom 12.06.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25979
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (12)
Nasse Füsse contra Kulturschande: Der Autor als Ausbilder
NRhZ 710 vom 19.06.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26002
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (13)
Contra Wortgeklingel: Der Autor als Politarbeiter
NRhZ 711 vom 26.06.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26020
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (14)
"Götter-Ohren" an Soldaten-Herzen
NRhZ 712 vom 03.07.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26039
Online-Flyer Nr. 713 vom 17.07.2019
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Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (15)
Der Reporter in Moskau
Von Harry Popow
Ende September 78. Im Ministerium für Verteidigung wurde es jetzt bestätigt: Henry fliegt nach Moskau. Auslandsdienstreise zur befreundeten Zeitung „Krasnaja Swesda“. Abflug am 2. Oktober von Schönefeld um 08.15 Uhr mit der IF 600, Ankunft in Moskau um 12.40 Uhr. Rückflug am 5. Oktober um 14.00 Uhr mit der IF 605, Ankunft in Berlin um 14.25 Uhr. Also bereitet er sich vor. Malt sich das reichlich zu recherchierende Material aus, eine Vielfalt von Themen. „Bringe soviel Artikel mit wie du kannst“, gab Oberst J. ihm mit auf den Weg. Henry ist allerdings auch für schnelle Änderungen der Lage dort in Moskau gewappnet, andere dienstreisende Reporter hatten ihm manchen Tipp gegeben. Dann Moskau, die Geburtsstadt seiner Mutter. Die breiten Straßen, der starke Autoverkehr, die Gastfreundlichkeit seiner Betreuer. Man besuchte die Offiziershochschule der Landstreitkräfte, die Kunpemirowkaer Panzerdivision und - natürlich – das Lenin-Mausoleum. Aber aus den sehr gründlichen Interviews wurde nichts. Mit einem Kompaniechef wollte Henry z. B. über Erfahrungen beim Gefechtsschießen sprechen. Doch viele Ohren- und Augenzeugen während des Gesprächs verunsicherten den sowjetischen Offizier offenbar. Henry konnte nur wenige Fakten notieren. Manches blieb auch recht unkonkret. Es war zum Haare ausreißen.
In Berlin musste er sich später aus eigener Anschauung ein Bild machen von den „Erfahrungen“ des sowjetischen Kompaniechefs, also flunkern was das Zeug hält. Privat wollte der Reporter in der Nähe des Alten Arbat auf Bitte seiner Mutter ihr ehemaliges Haus, in dem sie mit ihren Eltern gelebt hatte, ansehen. Sein Begleiter führte ihn zwar hin, aber wohl war diesem offensichtlich nicht zumute. Sollte Henry nicht, durfte er nicht? Machte der private Wunsch ihn verdächtig? Aber warum? Auch besuchte Henry mit seinen Begleitern auf die Schnelle Stanislaw, seinen sowjetischen Journalistenfreund aus Neubrandenburger und Potsdamer Zeiten. Er überreichte aber nur ein Geschenk, hielt sich nicht unnötig auf, er spürte, wie verlegen sowohl Stanislaw, als auch Henrys Betreuer waren. War ihnen privater Kontakt hier in der SU nicht erlaubt? Manches ist recht rätselhaft. Wer weiß, was deren Vorschriften diktieren? In einem Brief an seine Mutter beschreibt Henry Tage danach seine Eindrücke: „Moskau ist imposant. Viele interessante Bauten. Manches mutet an, als wäre es für die Jahrhunderte erbaut. Im krassen Gegensatz dazu die noch teilweise bewohnten alten Holzhäuser. Wie man mir sagte, wird Altes hier und da erhalten bleiben. So auch der alte Arbat. Die Kirche z. B., die ich fotografiert habe, trägt zur Zeit ein Baugerüst. Gaststätten, wie Du ja weißt, gibt es nur in den Hotels. Für die Jugend ist nichts da - tote Hose. Nur drei Diskotheken - für eine Achtmillionenstadt. Vor der Revolution hat es mehr Gaststätten, auch kleinere, gegeben. Danach wurde vieles liquidiert, so meine Begleiter. An diesen Zustand hat man sich wohl gewöhnt. Dafür herrscht ein feucht-fröhliches Treiben z. B. im Hotel Moskwa, in dem ich untergebracht war. Morgens aus dem Lautsprecher russische Lieder, ich fühle, die DDR, das mehr westliche Europa, ist so weit weg ...“
Harry Popow: „Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder in Umbruchzeiten“
Druck und Verlag: epubli – ein Service der neopubli GmbH, Berlin, Erscheinungsdatum 18.02.2019, ISBN: 9783748512981, 500 Seiten, 26,99 Euro, Bestellen hier
Der Autor Harry Popow wurde 1936 in Berlin-Tegel geboren, wuchs in der DDR auf, arbeitete als Militärjournalist im Dienstgrad Oberstleutnant in der NVA und betätigt sich heute als Blogger, Buchrezensent und Autor. Er ist seit 1961 glücklich verheiratet.
Siehe auch:
Auszug aus "In die Stille gerettet. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 63. Jahrestags der Gründung der Nationalen Volksarmee am 1. März 1956 (1)
Ohrfeige für Henry
NRhZ 692 vom 13.02.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25625
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (2)
Weiße Armbinden
NRhZ 700 vom 10.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25802
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (3)
Träumender Trommler
NRhZ 701 vom 17.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25821
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (4)
Bei Präsident Pieck
NRhZ 702 vom 24.04.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25839
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (5)
Steinkohlen-Zeit: Der Autor als Berglehrling
NRhZ 703 vom 01.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25860
Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (6)
Geologen-Zeit: Der Autor als Kollektor
NRhZ 704 vom 08.05.2019
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Knobelbecher-Zeit
NRhZ 705 vom 15.05.2019
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Auszug aus "Ausbruch aus der Stille. Persönliche Lebensbilder" anlässlich des 70. Jahrestages der Gründung der DDR am 07. Oktober 1949 (9)
Tee mit Rum
NRhZ 706 vom 22.05.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25923
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Parade in Berlin: Der Autor als Offiziersschüler
NRhZ 707 vom 29.05.2019
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Sekt in der Badewanne: Der Autor wird Unterleutnant
NRhZ 708 vom 05.06.2019
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Kopfarbeit gegen Herzschmerz
NRhZ 709 vom 12.06.2019
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Nasse Füsse contra Kulturschande: Der Autor als Ausbilder
NRhZ 710 vom 19.06.2019
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Contra Wortgeklingel: Der Autor als Politarbeiter
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"Götter-Ohren" an Soldaten-Herzen
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