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Aktueller Online-Flyer vom 16. April 2024  

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Krieg und Frieden
Was können wir tun?
Die Kriegskredite und der Hauptfeind
Von Jürgen Heiducoff

Geschichte wiederholt sich selten. Das wäre zu einfach. Doch es gibt schon Situationen und komplexe Lagen in der Geschichte, die sich ähneln. Und das gilt für die Zeit vor Beginn des ersten Weltkrieges und heute. Die Rüstungsindustrie wurde zu Beginn des 20. Jahrhunderts in verschiedenen Ländern Europas, besonders im kaiserlichen Deutschland angekurbelt. Die Propagandainstrumente liefen auf Hochtouren. Es wurden Feindbilder konstruiert. In Russland sollte der Zarismus bekämpft werden. Dabei waren sich die Monarchien nicht nur ähnlich, sondern auch historisch eng miteinander verwoben. Der Nationalismus – nicht nur in Deutschland – erreichte einen Höhepunkt. Doch keines der Völker Europas, am wenigsten das russische, war an einem Krieg interessiert. Die Rüstungsausgaben stiegen bereits in den Vorkriegsjahren drastisch an.

Während die Mehrheit der Sozialdemokraten auf Kriegskurs blieben brachte im Dezember 1914 der Abgeordnete des Reichstages Karl Liebknecht den Mut auf, gegen die vom Kaiser und der Reichsregierung geforderten Kriegskredite zu stimmen und dies zu begründen. Doch es war zu spät. Der Weltkrieg hatte bereits begonnen. Die Völker Europas begannen bereits auf den Schlachtfeldern zu verbluten. Sie wurden den Interessen und dem Wahn des Industrie- und Bankkapitals geopfert. Es ging um die Beherrschung der Märkte, um Handel und Rohstoffe sowie um die Eroberung der Weltmeere und Territorien. Und als Karl Liebknecht im Mai 1915 auf einem Flugblatt Klartext schrieb und mitteilte: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“, hatte der Krieg bereits weite Teile Europas erfasst und unbeschreibliches Leiden über die Völker gebracht.
 
Und heute: Die Rüstungskonzerne in Ost und West investieren und produzieren für die eigene Aufrüstung und für den Waffenexport. Propaganda und Lügen beherrschen den Alltag und durchdringen die Medien und sozialen Netzwerke. Es werden erneut Feindbilder konstruiert. Dem Kreml könne man nicht vertrauen, wird suggeriert. Eigene Vertrauens- und Gesetzesbrüche werden marginalisiert. Der Nationalismus erreicht gegenwärtig neue Höhepunkte und droht Europa zu zerstören. Soziale Unsicherheit und Obdachlosigkeit in Deutschland steigen an. Rassismus ist wieder da und soll von den wahren Ursachen des sozialen Niederganges ablenken. Die Rüstungsausgaben erreichen nie dagewesene Dimensionen. Die Bundesregierung verlangt von den Abgeordneten des Deutschen Bundestages einer unverantwortlichen Erhöhung der Rüstungsausgaben, genannt „Verteidigungshaushalt“, zuzustimmen. Auch die deutsche Sozialdemokratie, befangen in einer erzkonservativen Koalition, droht wieder zur Kriegspartei zu werden.

Bei alledem gibt es aber einen qualitativen Unterschied zwischen damals und heute: Damals zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden Hunderttausende von Menschen getötet und verstümmelt und die Kultur entlang der Schlachtfelder in Mitleidenschaft gezogen. Heute zu Beginn des 21. Jahrhunderts besteht die Gefahr der Vernichtung der Menschheit und ihrer natürlichen Ressourcen. Nichts wird mehr sein wie es ist. Es wird keine Spannungen zwischen den Kulturen mehr geben, denn die Kulturen dieser Welt werden ausgelöscht. Ist den gläubigen Christen nicht klar, dass es um den Fortbestand der Schöpfung geht? Wo bleibt ihr Widerstand?

Und was können wir tun? Die Rüstungsbetriebe und Schaltzentralen eines drohenden Krieges zerstören? Gegen die Großbanken und Hauptquartiere von NATO oder EU vorgehen? Sicher nicht. Die sind gegen Vandalismus hochgradig geschützt. Jegliche politische Proteste werden kriminalisiert. Gewaltenteilung in Aktion. Randale und Gewalt sind nicht die geeigneten Mittel der staatlich verordneten Gewalt zu begegnen. Es ist auch heute nicht zu raten, die Schuldigen und Feinde außerhalb der Grenzen Deutschlands zu suchen. Da sind wir gut beraten mit der Erkenntnis Karl Liebknechts: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“ Und der verbirgt sich nicht nur in nationalen Konzernen oder politischen und militärischen Führungsstellen, sondern auch in US-geführten Militärbasen auf deutschem Boden: in Ramstein oder Büchel.

Auch heute, in diesen Tagen gibt es weitsichtige, verantwortungsvolle und mutige Leute, die mit Demonstrationen und Kundgebungen u.a. in Ramstein auf die aktuelle Kriegsgefahr aufmerksam machen – bevor es wieder zu spät ist.


Siehe auch:

Betrachtung in der Imperialismus-Frage
Der Hauptfeind steht im eigenen Land
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 545 vom 13.01.2016
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22464

Ein kleiner Einblick in die Strukturen der Friedensbewegung
Imperialismus braucht Gatekeeper
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 532 vom 14.10.2015
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=22132

Multilateralismus stärken: Deutschland an die BRICS-Staaten annähern
Gefahr eines Dritten Weltkrieges bannen
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait
NRhZ 665 vom 27.06.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24989

Aus "Europas Verhängnis – Die Herren des Geldes greifen zur Weltmacht"
Wir haben nicht mehr viel Zeit
Von Wolfgang Effenberger
NRhZ 665 vom 27.06.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=25000

Online-Flyer Nr. 665  vom 27.06.2018

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