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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Wirtschaft und Umwelt
Breites Bündnis fordert Stopp des Verfahrens zur Änderung des Regionalplans
Nein zum Kohlekraftwerk Datteln 4
Von Jochen Behrmann

Mit dem Ende der Auslegungsfrist für die beabsichtigte Änderung des Regionalplans zugunsten des E.on-Kohlekraftwerks Datteln 4 haben der NRW-Landesverband des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sowie die in der Interessengemeinschaft Meistersiedlung und Pro Waltrop organisierten Anwohner am Kraftwerksstandort heute beim Regionalverband Ruhr (RVR) umfangreiche Stellungnahmen eingereicht. Darin fordern sie den Stopp des Verfahrens. Vertreter der Umweltverbände, der klima-allianz deutschland und der lokalen Bürgerinitiativen übergaben zudem über 3.500 Protestunterschriften und Einwendungen, die im Rahmen der "Nein zu Datteln 4!“-Kampagne gesammelt wurden.

Protestgruppe außerhalb des RVR
Foto: BUND
 
„Es gibt weder eine Rechtfertigung noch einen Bedarf für die Regionalplanänderung“, sagte Paul Kröfges, Landesvorsitzender des BUND Nordrhein-Westfalen. „Der Regionalverband Ruhr ist gehalten, das Verfahren zu stoppen. Alles andere wäre eine erneute Lex E.on, um dem rechtswidrigen Kraftwerkstorso neues Leben einzuhauchen.“
 
BUND und DUH begründeten ihre Forderung nach dem Stopp des Verfahrens mit „gravierenden und unheilbaren planungs- und umweltrechtlichen K.o.-Kriterien“. Eine Regionalplanänderung verstoße nicht nur gegen die Vorgaben des Landesentwicklungsplans, sondern unterlaufe auch die Klimaschutzziele. Ein neues Kohlekraftwerk in Datteln sei weder zur Bahnstrom-, noch zur Fernwärmeversorgung notwendig. Am geplanten Standort Löringhof gebe es zudem zahlreiche Unvereinbarkeiten mit den Bestimmungen zum Schutz von Natur und Anwohnern.

Quittierung der Stellungnahmen durch den Bereichsleiter Umwelt des RVR Ulrich Carow. Vordere Reihe von links nach rechts: Rainer Köster, Paul Kröfges, Ulrich Carow, Marieluise Greiwing
Foto: BUND
 
„Angesichts dieser Mängelliste grenzt es an ein Wunder, dass im Rahmen der angeblich ergebnisoffenen Prüfung laut RVR alles für ausgerechnet den Standort spricht, an dem zufälligerweise schon eine Milliarde Euro von E.on verbaut wurden“, kritisierte DUH-Bundesgeschäftsführer Rainer Baake das Vorgehen. E.on habe gegenüber dem Regionalverband Ruhr keinen Anspruch auf eine kraftwerkskompatible Änderung des Regionalplans. Zudem trage der Energiekonzern das alleinige unternehmerische Risiko für den Schwarzbau. 
 
Erst unlängst war im Rahmen eines Erörterungstermins zur BUND-Klage gegen das Kraftwerk beim Oberverwaltungsgericht Münster bestätigt worden, dass auch alle immissionsschutzrechtlichen Genehmigungen des Kohlekraftwerks Datteln 4 rechtswidrig sind. Die Regionalpolitiker seien deshalb gehalten, endlich die Entscheidung der Gerichte zu akzeptieren, statt sich ohne rechtliche Notwendigkeit den Partikularinteressen des Energieriesen E.on zu beugen.
 
Für Daniela Setton, Energieexpertin der klima-allianz deutschland, wäre eine Regionalplanänderung zugunsten des E.on-Kraftwerks auch ein herber Rückschlag für den Klimaschutz und ein bundesweit einmaliger Vorgang: „Ein nachträgliches Zurechtschustern des Rechts auf Kosten der betroffenen Bevölkerung und des Klimaschutzes darf es nicht geben.“ Die zahlreichen Einwendungen gegen die geplante Regionalplanänderung dokumentieren zudem, dass die betroffene Bevölkerung diese „Tricksereien“ entschieden ablehnt.
 
Der in Bau befindliche Steinkohleblock Datteln 4 würde jährlich bis zu 8,5 Millionen Tonnen des Treibhausgases Kohlendioxid und große Mengen an Schadstoffen wie z.B. Schwermetalle, Stickoxide und Feinstaub ausstoßen. Damit würden die Bevölkerung und die benachbarten europarechtlichen Naturschutzgebiete der Lippe-Auen unzulässig beeinträchtigt. Laut höchstrichterlicher Entscheidung verstößt der Kraftwerksstandort zudem gegen landesplanerisch verbindliche Vorgaben zum Klimaschutz.
 
Schließlich wurden auch der Kühlturm sowie weitere beeinträchtigende Anlagen zu nah an der Wohnbebauung errichtet. „Jahrelang haben wir vor Ort und vor Gericht gegen das Mega-Kraftwerk vor unserer Haustür gekämpft und schließlich gewonnen. Nun erleben wir, dass das nicht genügt, das Recht wird zurechtgebogen, bis es E.on passt“, kritisierte Marieluise Greiwing von der Initiative Pro Waltrop. Die Landwirtin aus dem nahe gelegenen Waltrop hatte gemeinsam mit ihrem Mann Heinrich 2009 das vernichtende Urteil gegen den Bebauungsplan für Datteln 4 vor Gericht erwirkt.
 
„Da muss sich niemand wundern, dass einige, die das hautnah erleben, den Glauben an den Rechtsstaat verlieren“, fügte Rainer Köster, Sprecher der Interessengemeinschaft Meistersiedlung hinzu. Das Dattelner Wohngebiet in der Meistersiedlung liegt keine 400 Meter von dem E.on-Kraftwerkskoloss entfernt. „Wir geben jedenfalls nicht auf und werden uns weiter dafür einsetzen, dass Recht auch Recht bleibt“, betonte Köster. (PK)


Online-Flyer Nr. 326  vom 02.11.2011

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