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Globales
Im Kampf gegen die Spekulationsattacken aus den USA und Großbritannien
Europa muss zurück schlagen
Von Dr. Webster G. Tarpley

Die spekulativen Attacken von Wall Street, Londoner City Banken und Hedge-Fonds gegen die europäischen Länder, die europäischen Banken, und den Euro erreichen jetzt ihren Höhepunkt. Die aktuelle europäische Krise stammt nicht überwiegend aus wirtschaftlichen Fundamentaldaten, sondern stellt einen zynisch geplanten Angriff anglo-amerikanischer Finanziers dar, welche die traditionelle Beggar-my-Neighbour-Philosophie verfolgen. Das Ziel ist, das Epizentrum der weltweiten Wirtschafts- und Finanz-Depression aus London und New York auf den europäischen Kontinent zu verschieben.


Cartoon: Kostas Koufogiorgos
 
Teilweise ist diese Operation schon gelungen. London und New York exportieren ihre eigene Derivate-Depression in die EU. Sie tun dies mit Credit Default Swaps, korrupten Ratingagenturen und ihrer gesamten Palette schmutziger Finanzdienstleistungstricks. Wir haben es hier nicht mit dem normalen Funktionieren der Märkte zu tun, sondern mit totaler wirtschaftlicher Kriegsführung.
 
Die Zombie-Banker der Wall Street zielen auf einen chaotischen Zusammenbruch des Euro mit der Absicht, den alten Kontinent zu Schnäppchenpreisen aufzukaufen. Die Schakale der City of London sind bestrebt, die Zerschlagung des Euro als ein Mittel zu nutzen, dem sterbenden britischen Pfund neues Leben einzuhauchen und dabei die Tatsache zu verschleiern, dass Großbritannien insolventer ist als die überwiegende Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten. Die Anglo-Amerikaner agieren auch, um den Euro als eine mögliche Konkurrenz für den Dollar in der Rolle der Weltreservewährung für die Preisgestaltung von Öl zu zerstören, für die Aktivitäten der internationalen Kreditinstitute und in anderen Funktionen. Der Dollar ist mittlerweile so schwach und instabil, dass er nur durch den Untergang der alternativen Währungen überleben kann.
 
Aufgrund der Arroganz und Dummheit der Eurokraten und Eurogarchen, die heute in Brüssel das Sagen haben, und vor allem wegen der monetaristischen Inkompetenz von Trichet und den anderen Beamten der Europäischen Zentralbank, werden die Ressentiments gegen den Euro und die EZB in einer Reihe von europäischen Staaten steigen. Aber diejenigen, die in die Anti-Euro-Hysterie getrieben werden, müssen sich fragen, warum sie sich für die Zerstörung des Euro entschieden haben, wenn dieses Projekt so ganz übereinstimmt mit den Intentionen der anglo-amerikanischen Finanziers, die eindeutig die größten Feinde Europas und der zivilisierten Menschheit im Allgemeinen sind. Viele der Anti-Euro-Agitatoren haben nicht konkret darüber nachgedacht, wohin sie die erfolgreiche Durchführung ihrer gegenwärtigen Kampagne tatsächlich bringen würde. Es ist sicherlich rücksichtslos und unverantwortlich, die Zerstörung des Euro zu betreiben, ohne dabei eine praktikable und konkrete Alternative im Blick zu haben.
 
Der Euro als Selbstverteidigungsmittel gegen spekulative Attacken
 
In der Zeit der internationalen Währungskrisen der späten 1960er Jahre, die schließlich das Bretton-Woods-System zerstörten, wurde klar, dass die wirtschaftliche Integration Westeuropas so weit fortgeschritten war, dass wilde Schwankungen der Wechselkurse zwischen den europäischen Ländern Produktion und Handel empfindlich stören würden. Zwischen 1971 und 1973, als die festen Paritäten der Bretton-Woods-Systems zerbrachen (mittels aktiver Komplizenschaft von Nixon, Kissinger und Milton Friedman), gruppierten sich eine Reihe europäischer Staaten um Westdeutschland und etablierten und verteidigten feste Paritäten zwischen ihren Währungen. Dies war die alte europäische Schlange, die zu einer Schlange im Tunnel wurde, als einige andere Länder locker mit ihr verbunden wurden. Dies entwickelte sich zu einem europäischen Währungsraster und in den Europäischen Wechselkurs-mechanismus, der von Soros mit einigem Erfolg im September 1992 angegriffen wurde. Aus dem EWM erwuchs der Euro.
 
Das grundlegende Problem, mit dem sich Deutschland und seine Nachbarn konfrontiert sahen, war, dass schon vor 40 Jahren die einzelnen europäischen Währungen von anglo-amerikanischen Spekulanten dazu ausersehen waren, gnadenlos angegriffen zu werden. Ständig wurde die deutsche Mark von Spekulanten im Options- und Termingeschäft angegriffen, die ihre Wetten à la Hausse platzierten in der Annahme, dass die D-Mark steigen würde. Dies zielte immer darauf ab, dass die D-Mark so astronomisch teuer würde, sodass die deutschen Exporte auf dem Weltmarkt ausgeknockt würden, was inländische Depression und soziales Chaos hervorgerufen hätte. Die anderen Währungen, ob nun der französische Franc, die italienische Lira, der Benelux-Franc, die griechische Drachme, die spanische Peseta und andere, waren alle Kandidaten für Leerverkäufe von Spekulationswetten à la Baisse. Solange sie alleine standen, war es sicher, dass diese Währungen in den Staub getreten würden, reduziert auf minimale Werte, gefolgt von galoppierender Inflation und katastrophalem Rückgang des Lebensstandards in diesen Staaten. All das lag lange vor dem Zeitalter der Credit Default Swaps, als die den Spekulanten zur Verfügung stehende Bewaffnung noch relativ primitiv war im Vergleich zu den heutigen Waffen der finanziellen Massenvernichtung, den modernen Derivaten.
 
Einer der grundlegenden Motoren der europäischen Integration war daher die Idee, dass jede europäische Stand-alone-Währung, ob stark oder schwach, unweigerlich durch anglo-amerikanische Spekulationen massakriert werden würde. Nur durch ein Zusammenstehen konnten diese Währungen hoffen, gegen die spekulativen Raubtiere eine gemeinsame Front zu errichten. Einzelne Finger können leicht gebrochen werden, aber eine Faust aufzubre- chen, ist schwieriger. Es gab viele Gründe für die Einführung des Euro, von denen einige absolut fehl am Platz waren und sind, aber die mit einem Zusammenstehen für eine gemeinsame Verteidigung gegen die internationalen Spekulationen des heißen Geldes verbundene Hoffnung muss als einer der rationalen und gültigen Zwecke einer gemeinsamen europäischen Währung gesehen werden.
 
In den Jahren 2008-2009 begannen die Bank of England, die Federal Reserve, der britische Schatzkanzler und das US-Finanzministerium die Überflutung der Welt mit leichtem Geld, das sie zu quasi 0% Zinsen an Banken, Hedge-Fonds, Geldmarktfonds, Kreditkarten-Unternehmen und andere leistungsgestörte Finanzinstitute verliehen. Diese Politik erzeugte bald eine Summe heißen Geldes von ungefähr $ 20 Billionen, das sofort aus dem Dollar und dem Pfund flüchtete, um Marktlagengewinne in den heißesten spekulativen Märkten der Welt zu suchen. Da so viele Dollars und Pfund verkauft wurden, entstand schließlich im Sommer 2009 gegenüber diesen Währungen ein Druck nach unten.
 
Der Euro war zu stark, um in den Jahren 2009-2010 einem Frontalangriff zu erliegen Bei der Suche nach einem Weg, die Wut der Weltwirtschaftskrise auf Europa zu verlagern, waren die Anglo-Amerikaner anfangs bestürzt aufgrund der schlechten Chancen eines Frontalangriffs gegen den Euro selbst. Mit rund € 10 Billionen Tagesumsatz waren die europäischen Devisenmärkte einfach zu groß und zu flüssig für einen direkten Angriff, selbst eines Wolfsrudels der größten Zombie-Banken. Deshalb mussten anglo-amerikanische Finanz-strategen die schwachen Punkte im europäischen System suchen, wo eine spekulative Attacke Hoffnung auf maximalen Schaden versprach. Sie konzentrierten ihre Aufmerksamkeit auf die Märkte für Staatsanleihen einiger kleinerer Eurolandländer - Griechenland, Portugal und Irland. Die Märkte für diese Anleihen waren relativ eng, seicht, und illiquide, was hieß, dass ein moderater Zustrom von spekulativem Geld einen beträchtlichen Gewinn für die eingesetzten Summen bieten konnte. Durch Einsatz von Credit Default Swaps, um die zerstörerische Kraft des spekulativen heißen Geldes zu maximieren, und mit Hilfe der korrupten Ratingagenturen und käuflicher Massenmedien, waren die anglo-amerikanischen Finanziers bald in der Lage, weitgehend künstliche Krisen in den öffentlichen Finanzen dieser Länder zu schaffen.
 
Im Mai 2010 verbot der deutsche Finanzminister ungedeckte Credit Default Swaps gegen Eurolandanleihen und beschränkte Leerverkäufe im Allgemei- nen. Das Versäumnis der anderen europäischen Länder, offensiv diesem Verbot und flankierenden Maßnahmen beizutreten, hat den Anglo-Amerikanern eine einfache Möglichkeit gegeben, den Euro anzugreifen. Europa brauchte damals und braucht heute das Verbot von Credit Default Swaps zusammen mit Collateralized Debt Obligations als den beiden giftigsten und gefährlichsten Arten von over-the-Counter-Derivaten, und zur gleichen Zeit die Einführung einer 1% Euro-Tobinsteuer auf Finanztransaktionen, deren Erlöse in die Staatskassen zu zahlen sind, um das soziale Netz aufrecht zu erhalten. Würde die Spekulation andauern, wären bestimmte ordnende Formen der Kapital- und Devisenkontrollen erforderlich. Diese traditionellen Methoden der finanziellen Selbstverteidigung waren und bleiben der Schlüssel zur Abwehr der aktuellen Runde der finanziellen Kriegsführung.
 
Dies sind die Wurzeln der aktuellen Krise in Europa - nicht die Faulheit der Griechen und Portugiesen, nicht der Zügellosigkeit der Franzosen, nicht die Ungehobeltheit der Deutschen, nicht die Eskapaden von Berlusconi.
 
Diejenigen, die unter diesen Bedingungen das Auseinanderbrechen des Euro fordern, helfen und ermutigen einen brutalen Feind. Außerdem durch-schneiden sie ihre eigene Kehle. Die Illusion ist heute weit verbreitet, dass eine Rückkehr zu den einzelnen europäischen Währungen, auch unter den Bedingungen eines chaotischen Zusammenbruchs, ein Allheilmittel für die wirtschaftlichen Probleme des Kontinents wäre. Das ist ein radikal ahistorischer Standpunkt und ziemlich albern.
 
Es führt kein Weg zurück, Europa!
 
Nostalgiker für die D-Mark und die anderen einzelnen Währungen sollten sich an Thomas Wolfes Meisterwerk „Es führt kein Weg zurück" erinnern. Der Prozess, der zum Euro geführt hat, ist weitgehend irreversibel, außer unter den Bedingungen absoluten, völkermörderischen, chaotischen Zerfalls. Der Hauptgrund ist, dass die Spekulation mit heißem Geld heute immens stärker ist als zu irgendeiner Zeit in der jüngsten Vergangenheit und in Form des Credit Default Swap eine verheerende neue Waffe besitzt. Der Staatsmann Helmut Schmidt hat davor gewarnt, dass die D-Mark, sollte sie alleine gehen, durch internationale Spekulation in den intergalaktischen Raum getrieben werden würde, so dass die deutsche Exportwirtschaft völlig ruiniert und das Land in eine schwere Depression rutschen würde. Angeblich ernste griechische Ökonomen haben auf Al Jazeera ein idyllisches Bild eines Griechenland gemalt, das noch einmal die Drachme einsetzt und in der Lage wäre, seine eigene Währung abzuwerten, somit die Schuldenlast verringern und so zugleich seine Exporte attraktiver machen könnte. Das Problem ist, dass die Abwertung nicht dort aufhören würde, wo diese Ökonomen sie sich vorstellen, sondern beginnen würde, sich asymptotisch einem Wert von Null zu nähern. Oder die Drachme würde vielleicht, wie der Rasbucknik, jene Ostblock-Geldeinheit in den alten Al Capp L'il Abner Karikaturen, sogar einen negativen Wert erzielen wegen der zusätzlichen Kosten, welche den Müllleuten zu zahlen wären, die kämen und ihn als Altpapier mitnehmen müssten. Eine isolierte Drachme, kurz gesagt, würde absolute Verelendung und virtuellen Völkermord an der Bevölkerung von Griechenland bedeuten, mit einer unvorstellbaren Hyperinflation der Preise von Grundnahrungsmitteln, Energie und anderen importierten notwenigen Gütern.
 
Die meisten anderen Länder würden zwischen diesen beiden Extremen liegen, aber alle würden teilhaben an einem gemeinsamen europäischen Ruin. Ihre einzige Hoffnung für das Überleben wäre, eine Tobin-Steuer, ein Verbot von Collateralized Debt Obligations und Credit Default Swaps, Kapitalverkehrs-kontrollen, Devisenkontrollen und andere antispekulative Maßnahmen zu ergreifen. Aber, da dies so ist, warum durch die eben beschriebene lange Agonie des Leidens gehen und dann versuchen, aus einer tragisch geschwächten, fragmentierten Position die Spekulanten zu bekämpfen? Warum nicht die stärkere Verteidigungslinie nutzen, die noch durch den Euro gewährt wird, und sich gegen die Spekulanten hier und jetzt wehren?
 
Selbstverständlich braucht der Euro eine sehr radikale Reform. Er wurde von Eurogarchen und Eurokraten als Grundlage für ein neoliberales Europa der Banken und Kartelle entwickelt - eine Ungeheuerlichkeit, welche die Wurzeln der europäischen Integration verraten hat, die in einer Nachkriegskonvergenz der sozialdemokratischen, arbeitnehmerfreundlichen Wirtschaftspolitik mit der katholischen Soziallehre liegt, gekennzeichnet durch große Europäer wie Adenauer, Schumann und de Gasperi. Die naheliegendste Reform des Euro ist die Europäisierung der Europäischen Zentralbank, bei der diese Institution aus der Kontrolle nicht gewählter und nicht rechenschaftspflichtiger Cliquen von Bankern genommen und zum Gegenstand der öffentlichen Gesetze gemacht wird, die öffentlich und transparent vom Europäischen Parlament diskutiert und verabschiedet werden, wie es einer seriösen Institution im Prozess der Über- nahme von Verantwortung für die EZB gemäß ist.
 
1914, 1939, 2011 - Wird Europa wieder kollektiven Selbstmord begehen?
 
Im 20. Jahrhundert gelang es Europa, kollektiven Selbstmord nicht einmal, sondern zweimal zu begehen - im Jahr 1914, und wieder ab 1939. Haben die europäischen Eliten absolut nichts gelernt? Hat die europäische Öffentlichkeit absolut nichts gelernt? Ist der dritte kollektive Selbstmord - diesmal durch ein Versäumnis, das katastrophale und chaotische Auseinanderbrechen des Euro unter dem anglo-amerikanischen spekulativen Angriff zu verhindern - wirklich unvermeidlich?
 
Diejenigen, die für die Zerstörung des Euro eintreten, müssen erklären, warum sie darin fortfahren, sich der stählernen Aggression von London und New York zu unterwerfen. Warum sind sie entschlossen, Goldman Sachs, Barclays Bank, JP Morgan Chase und den Rest des anglo-amerikanischen Wolfsrudels zu beschwichtigen? Der einzige Weg, auf dem der Euro zerstört werden kann, ist, dass die Europäer dies bewusst geschehen lassen.
 
Denjenigen Europäern, die für ihre eigene Unabhängigkeit und ihre eigene Zukunft kämpfen wollen, werden die folgenden Richtlinien vorgeschlagen.
 
Was Europa nicht tun darf
 
Eine Reihe kontraproduktiver Maßnahmen, die unbedingt vermieden werden müssen:
 
Keine Sparpolitik - Haushaltsbegrenzungen sind ein totaler Fehler, da in der aktuellen Depression Kürzungen der Staatsausgaben notwendigerweise größere Defizite und rote Tinte in späteren Jahren erzeugen. Die selbstmörderische Sinnlosigkeit der Sparmaßnahmen wurde drastisch von Brüning in Deutschland 1930-1932 bis Schwarzenegger in Kalifornien und Papandreou heute demonstriert. Das griechische Defizit wächst aufgrund von Haushaltskürzungen. Eine Politik der Kürzungen wird nie den Haushalt ausgleichen, obwohl sie bei dem Versuch durchaus das wirtschaftliche und politische System der Nationen zerstören kann, indem sie dem wirtschaftlichen Zusammenbruch die Tür zu öffnet und dem Faschismus.
 
Kein Bailout - Die Derivateblase der Welt beläuft sich auf rund $ 1,5 Billiarden ($ 1.500 Billionen oder $ 1.500.000 Mrd.), das sind insgesamt etwa das 25-fache des gesamten weltweiten Bruttoinlandsprodukts von vielleicht $ 65 Billionen, wobei dieser letzte Wert um die in ihm enthaltene spekulative heiße Luft verringert werden muss. Der europäische Anteil an der weltweiten Derivateblase beträgt sicherlich mehr als ein Drittel, also mehr als $ 500 Billionen. Diese Summe allein übersteigt die Kapazität des Planeten Erde, um Kredit- und Liquiditätsrisiken zu generieren. Es ist ein schwarzes Loch, das in der Lage ist, die Anstrengungen aller Zentralbanken der Welt zu schlucken. Es kann nicht gerettet werden. Derivate können nur aufgelöst werden, was in der Praxis geschreddert oder gelöscht bedeutet. Das Schicksal der Zivilisation selbst entscheidet sich im Verständnis dieses Problems. Frau Merkel ist auf dem Holzweg.
 
Keine Eurobonds - Da der Bankrott der europäischen Banken weitgehend eine Frage ihrer angehäuften Masse an Konkurs-Derivaten ist, ist es auch sinnlos, Geld aus China oder von Dilma Rousseff aus Brasilien zu leihen. Barrosos Plan muss abgewehrt werden.
 
Keine Rekapitalisierung der Banken, um Derivatverluste zu verbergen - Kein Betrag der Rekapitalisierung kann jemals hoffen, die Derivate, die in diesen Banken versteckt sind, wertmäßig auszugleichen. Unter Finanzminister Henry Paulson wurde den US-Zombie-Banken gestattet, ihre toxischen Derivate in ihren Tresoren zu halten, auch wenn sie Rettungsmaßnahmen vom Finanz-ministerium und 0% Bundeskredite der Fed erhielten. Diese Zombie Banken können immer noch nicht Geld verleihen und werden es auch nicht. Es macht keinen Sinn, gescheiterte amerikanische Erfahrungen in Europa zu wiederholen.
 
Kein Sixpack - Die als Sixpack bekannt gewordenen Haushaltsreformen, sind ein Versuch, die Maastrichter Konvergenzkriterien zu beleben, die europä-ischen Defizite auf 3% des BIP zu begrenzen. Maastricht war ein Plan, die produktive Wirtschaft Europas zu erwürgen und sicherzustellen, dass die Beschäftigung flau blieb. Diese verfehlte Politik sollte über Bord geworfen werden, anstatt zu versuchen, sie wiederzubeleben. Trinke den Sixpack und du wirst am Ende einen monumentalen deflationären Kater haben.
 
Keine Einflussnahme des ESM - Wenn die europäischen Volkswirtschaften zu viel Schulden haben, sagen die Anglo-Amerikaner, ist die Antwort, offen-sichtlich noch mehr Schulden zu akkumulieren mit Hilfe des bestehenden Europäischen Stabilitätsmechanismus als Sicherheit für weitere Kredite. Aber dieser dumme Vorschlag würde den ESM weit geöffnet lassen für die Angriffe von Ratingagenturen, die als kaum verhüllte Stellvertreter für die Wall Street und die City of London tätig sind. Wenn der ESM groß leiht und dann herunter-gestuft wird, wird die Macht Europas, Kredite und Arbeitsplätze (Kreditschöp- fung für Arbeitsbeschaffung) in der Tradition von Lautenbach und Woytinsky zu generieren, vermindert werden. Es ist besser, den ESM in Investitionen in die Infrastruktur umzulenken.
 
Kein IWF - Die hineinpfuschenden und stümperhaften Ökonomen des Internationalen Währungsfonds haben auf der ganzen Welt eine Spur der Tränen hinterlassen. Noch nie waren sie in der Lage, eine einzige Geschichte vorzuweisen, bei der ihre Verordnungen eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung bewirkt hätten. Der IWF ist der Träger des Absurden und des diskreditierten Washington Consensus in der Wirtschaftspolitik, der auf Deregulierung, Privatisierung, Zerschlagung von Gewerkschaften, Zerstörung des sozialen Netzes, Liquidierung des staatlichen Sektors, systematische Reduzierung von Löhnen und Sozialleistungen basiert und folglich einen allgemeinen barbarischen Wettlauf in den Abgrund bedeutet. 2008 gab es eine Revolte gegen diese drakonischen Rezepte, aber jetzt wurden sie Griechen- land, Portugal und Irland auferlegt. Europa muss das Europa der Völker, und nicht das Europa der Banken und Kartelle werden. Die gescheiterte neoliberale und monetaristische Politik des IWF darf keinen Platz haben in der europäischen Entwicklungspolitik.
 
Was Europa tun muss
 
Liquidation der Zombie Banken; Ende des „Too Big to Fail" - Über ein Dutzend der europäischen Top-Money-Center-Banken sind deutlich insolvent, und werden aufgrund politischer Erwägungen am Leben gehalten. Diese Euro Zombies profitieren von der kontinentalen Version des Too Big to Fail. Diese Banken vergeben keine kommerziellen Kredite, die neue Anlagen und Maschinen und neue produktive Arbeitsplätze schaffen könnten, und können sie auch nicht geben. Stattdessen handeln sie in giftigen Derivaten und erhöhen die Größe der weltweiten Derivatenblase. Sie vermehren auch die schwere Last auf der produktiven Wirtschaft, indem Sie in Rohstoff- und Energie-Futures spekulieren, die alle die Depression verschlimmern. Sie beuteln auch ihre eigenen Kunden mit unverschämten Gebühren. Diese Banken dienen keinem konstruktiven sozialen oder wirtschaftlichen Zweck. Sie müssen Insolvenzverfahren unterworfen werden und ihre Derivate müssen gelöscht werden.
 
1% Euro-Tobin auf alle finanziellen Transaktionen - Die europäischen Regierungen müssen die hysterische Opposition und Sabotage von Finanz-minister Geithner, Kanzler Osborne und einigen ihrer Trojanischen Pferde innerhalb der EU ignorieren, und handeln durch Erlass einer robusten Euro- Tobin in Form einer 1% igen Steuer auf alle Finanztransaktionen, nachdrücklich einschließlich von Derivaten. Die europäische Wirtschaft kann nicht als ein Casino von derivativen Wetten überleben. Eine 1% Euro-Tobin wird dazu dienen, die Spekulation Regeln zu unterwerfen, und vor allem die Aktivitäten der frechen und soziopathischen Hedge-Fonds zu zügeln, die am Abriss von 3000 Jahren Zivilisation Freude zu haben scheinen. Die Vereinigten Staaten hatten aus dem Ersten Weltkrieg bis 1967 eine de facto Wall Street-Umsatzsteuer und der Staat New York hat heute weiterhin eine, obwohl ein Gouverneur nach dem anderen dummerweise darauf bestanden hat, die Erlöse zurück nach Lower Manhattan zu überweisen. Selbst in einer US-Regierung, die von Wall Street beherrscht wird wie das aktuelle Obama-Regime, tritt ein Top Wirtschaftsberater wie Peter Orszag stark für eine Wall Street-Umsatz-steuer ein, nur eingeschüchtert und unter Druck gesetzt von Larry Summers, einem der Architekten der Derivate-Deregulierung während der zweiten Amts- zeit von Clinton, der aufschrie, dass ein Plan zur Besteuerung der Wall Street-Umsätze das absolute Böse repräsentiere. Nicht für Rettungsaktionen oder andere finanzielle Aktivitäten - das Geld aus der Euro-Tobin sollte in die nationalen Finanzministerien der einzelnen europäischen Staaten gezahlt werden, wo es für die Aufrechterhaltung des sozialen Netzes vorgesehen werden sollte.
 
Universal-Stornierung / Einfrieren von Derivative-Verbindlichkeiten - Im Juni 1931 reagierte US-Präsident Herbert Hoover - dessen Name heute als Synonym für Unbeweglichkeit und Kapitulation im Angesicht ökonomischer Depression steht - auf den Zusammenbruch der österreichischen Kreditanstalt und das drohende Scheitern der deutschen Danatbank mit dem Hoover-Moratorium, einer höchst lehrreichen Maßnahme für unsere Zeit. In jenen Tagen waren die beiden gefährlichsten und bedrückendsten Kategorien von Schuld die Deutschland auferlegten Reparationen und die Kriegsschulden der Alliierten, vor allem Frankreichs und Großbritanniens, an die Vereinigten Staaten. Hoover schlug vor und erreichte ein Einfrieren von allen Zins- und Tilgungszahlungen auf diese vernichtende Schuldenlast für alle Beteiligten für den Zeitraum von einem Jahr.
 
Der verhängnisvolle Fehler des Hoover-Moratorium war, dass es länger hätte dauern müssen - mindestens für 5 Jahre oder für die Dauer der Weltwirt-schaftskrise. Heute basiert die gefährlichste Form der internationalen Finanzschulden in den Verbindlichkeiten aus Derivaten. Sie sollten einem Moratorium von mindestens fünf Jahren oder für die Dauer der Depression, je nachdem, was länger dauert, unterzogen werden. Hoover gilt als gescheiterter Präsident, aber er erscheint als ein Riese - verglichen mit den nutzlosen Beamten unserer Zeit. Die Welt braucht dringend einen Staatsmann, der in der Lage ist, für wirksame Maßnahmen zur Linderung der Schuldenlast einzu-treten, die derzeit die Zukunft der Menschheit vernichtet. In der Wahl zwischen Zivilisation und Unantastbarkeit der Schulden müssen wir die Zivilisation wählen.
 
Verbot von CDS und CDO - Im Einklang mit der gleichen Argumentation müssen die gefährlichsten Arten der Derivate auf Dauer verboten werden. Bei seinem Auftritt vor dem Kongress Mai 2010 vertrat sogar Lloyd Blankfein von Goldman Sachs die Idee, dass Collateralized Debt Obligations verboten werden sollten. Wie für Credit Default Swaps werden sie entweder als Glücksspiel illegal oder aber illegal, wenn sie als Versicherung aufgefasst werden, weil deren Emittenten nicht die gesetzlichen Anforderungen erfüllen - einschließlich Rückversicherung, Cash-Reserven, etc., die von eingetragenen Versicherungsunternehmen gefordert werden.
 
Wie bereits erwähnt, ist die größte einzelne Ursache für den aktuellen euro- päischen finanziellen Zusammenbruch die Unfähigkeit der Europäischen Union, die Credit Default Swaps auf alle europäischen Aktien und Anleihen unter Strafandrohung zu verbieten. Es sei daran erinnert, dass unter den Bedingungen des Commodities Exchange Act in den Vereinigten Staaten von 1936 bis 1982 alle Derivate illegal waren. Die unkluge Deregulierung der derivativen Instrumente zwischen 1982 und 1999 muss als der größte einzelne Faktor der finanziellen Stürme der vergangenen drei Jahre betrachtet werden.
 
Razzien bei den Rating-Agenturen - In den USA sind Berichte aufgetaucht, dass Ratingagenturen sich am Insiderhandel beteiligt haben, indem sie Spekulanten Vorinformationen ihrer Angriffe auf US-Staatsanleihen zuspielten. Der italienische Staatsanwalt Michele Ruggiero hat mit seinen Razzien in den Büros der Kredit-Ratingagenturen in Mailand Mut gezeigt, und er verdient einen Kontinent an Nachahmern. Als Präsident Kennedy in seiner Konfrontation mit dem „House of Morgan" in Form von United States Steel beschäftigt war, mobilisierte JFK Robert Kennedys Justizministerium und das FBI, um Gottesfurcht in diese überreichen Übeltäter zu treiben, und errang damit einen Sieg. Gibt es keine EU-Beamten mit dem Mut eines Kennedy?
 
Entweder die Nationalstaaten erklären die Zombie-Banken und die damit verbundenen Einrichtungen, einschließlich der Ratingagenturen als bankrott und liquidieren sie, oder die Zombie-Banken werden Möglichkeiten finden, die Nationalstaaten in den Konkurs zu treiben und zu zerstören, was in ein neues dunkles Zeitalter des Neofeudalismus führen würde.
 
Sofortige Stundung für die Krisenökonomien, die im Euro bleiben sollten - Einige Länder, wie Griechenland, Portugal und Irland, sind durch die erbarmungslosen Spekulationsangriffe der anglo-amerikanischen Zombie-Banken und Hedgefonds-Hyänen in die Knie gezwungen worden. Sobald diese Länder ihre Anleihen nicht mehr zu günstigen Konditionen verkaufen können, müssen sie die offensichtlichen Konsequenzen ziehen und Vergeltung üben, indem sie ein sofortiges einseitiges und totales Verschuldungsmoratorium für alle internationalen Finanzschulden erklären. Das ist keine Schande oder Schmach. Große Nationen, darunter Brasilien, Mexiko und Argentinien haben genau dies mit unterschiedlichem Erfolg in den vergangenen drei Jahrzehnten getan, ebenso wie eine Vielzahl kleinerer Staaten - darunter Costa Rica, ein Land, das bekanntlich keine Streitkräfte hat. Ist das Schuldenmoratorium einmal eingerichtet, können diese souveränen Staaten den habgierigen und räuberische Bankern auf Augenhöhe begegnen und in der Regel das Ziel der Reduzierung ihrer Gesamtverschuldung um mindestens die Hälfte erreichen.
 
Griechenland erlebt heute schon allen Schmerz eines Schuldenmoratoriums, aber ohne dessen Vorteile. Es gibt absolut keinen Grund für irgendein Land ein Schuldenmoratorium zu verhängen, um den Euro zu verlassen. Als die Vereinigten Staaten etwa so lange existierten wie das geeinte Europa heute, führte die Jackson van Buren-Panik von 1837 zu Zahlungsunfähigkeit und Bankrott für die Bundesstaaten Mississippi, Louisiana, Maryland, Pennsylvania, Indiana und Michigan. Keiner dieser Staaten dachte auch nur für eine Minute an das Verlassen der Union, nur weil sie in Konkurs gegangen waren.
 
Fragil ist in der Tat ein politisches Konstrukt, das einfach wegen finanzieller Schwierigkeiten erwägt, eines seiner organischen Bestandteile auszuschließen, was, wie die Geschichte wiederholt zeigt, Störungen in den menschlichen Angelegenheiten mit sich bringt. Die Schulden, kurz gesagt, müssen radikal reduziert werden, genau so, dass Europa leben kann.
 
Europäisierung der EZB, Einrichtung einer Rediskontgeschäftsgarantie für Infrastrukturbonds - Im Gegensatz zu vielen oberflächlichen Analysten der Soros-Schule ist das größte dysfunktionale Merkmal des gegenwärtigen europäischen Systems die Europäische Zentralbank, die heute vom unverbes-serlichen Trichet beherrscht und bald in die noch unheimlicheren Hände Draghis übergeben wird. Die Regeln der EZB verhindern die Durchführung einer wirtschaftlichen Erholungspolitik, welche auf Dirigismus, Neo-Merkanti-lismus und Protektionismus gestützt werden muss. Die EZB in ihrer jetzigen Zusammensetzung kann nicht unterscheiden zwischen parasitären spekula- tiven Aktivitäten auf der einen Seite und produktiven Investitionen in Investi-tionsgüter, Infrastruktur und echter Warenproduktion auf der anderen Seite. Dennoch stellt die inhärente Kreditbereitstellungsfähigkeit der EZB eine wichtige Ressource für die europäische wirtschaftliche Erholung dar.
 
Die EZB muss dauerhaft aus der Kontrolle geheimer Cliquen nicht gewählter und nicht rechenschaftspflichtiger Bankiers heraus genommen und unter die demokratische Kontrolle repräsentativer politischer Institutionen gestellt werden. Der einzig denkbare Weg, um der EZB demokratische Legitimität zu verleihen, besteht darin, den Umfang der europäischen Geldmenge, die Zinssätze, die angewendet werden, und die zugelassenen Kategorien der Kreditvergabe über öffentliche Gesetze zu bestimmen, die vom Europäischen Parlament im hellen Licht der öffentlichen Meinung debattiert und beschlossen werden.
 
Angesichts der unbestreitbaren Tatsache einer Weltwirtschaftskrise von nie da gewesenem Ausmaß, müssen die Staats- und Regierungschefs der europä-ischen Staaten einen wirtschaftlichen Notstand ausrufen, der es ihnen prak- tisch ermöglicht, die bestehenden Regeln der EZB auszusetzen, damit diese Institution beginnen kann, in aufeinander folgenden Tranchen von je € 1 Billion Schuldverschreibungen und sonstige Wertpapiere der europäischen Nationen, überregionalen Behörden, Regionen, Provinzen und Gemeinden zu kaufen, unter der Auflage, dass das Geld ausschließlich für Infrastruktur und öffent- liche Arbeiten bestimmt ist. In der Tat muss die EZB für diese neuen Anleihen Rediskontgarantieen geben. Diese Anleihen sollten mit einem jährlichen Kupon in Höhe von 0% belegt sein und generell in einem Zeitrahmen von 50 bis 100 Jahren reifen, abhängig von der Lebensdauer der Infrastruktur, die installiert wird. Ganz allgemein sollte die bestehende Maßnahme von fast-0% Krediten für Banken und andere Finanzinstitute als gescheitert erkannt und endgültig aufgegeben werden.
 
1 Billion € für die Infrastruktur - Diese € 1 Billion Tranchen an EZB Krediten sollten eingesetzt werden für eine systematische Modernisierung und den Ausbau des europäischen Netzes von Autobahnen, Schnellzuglinien und Magnetschwebebahnen, moderner Energieproduktion und -lieferung, für Wassersysteme und Kanäle, Wohnungsbau, Krankenhäuser, Schulen und andere Bildungseinrichtungen, Bibliotheken, öffentliche Gebäude und andere notwendige öffentliche Arbeiten. Das Ziel ist, eine dauerhafte Wertsteigerung der europäischen Aktien in Investitionsgütern zu erreichen, bei gleichzeitiger Aufwertung der Produktivität der europäischen Arbeitsmärkte.
 
40 Millionen neue produktive Arbeitsplätze für Vollbeschäftigung - Die beste aktuelle Schätzung legt die Gesamtzahl arbeitsloser, unterbeschäftigter und entmutigter Arbeitnehmer in der Europäischen Union in die Nähe von 40 Millionen Personen. Dies ist eine tragische Verschwendung von einigen der am besten qualifizierten Personalbestände, die überhaupt auf der Welt gefunden werden. Jedes System, das diesen ungeheuerlichen Verfall von Humankapital ermöglicht, verurteilt sich selbst in die automatische Vergessenheit. Moderne produktive Arbeitsplätze müssen geschaffen werden, die kapital- und energieintensiv sind, mit hohem Mehrwert ausgestattet und gemäß den besten Tarifabschlüssen mit allen Sozialleistungen bezahlt werden. Dies ist notwendig, um die privaten Haushalte auf ein Niveau von Wohlstand und Kultur zu heben, damit die kommende Generation von Europäern in die Lage versetzt wird, sich erfolgreich dem zunehmend intensiven globalen Wettbewerb zu stellen. Die Kapitulation vor dauerhafter hoher Arbeitslosigkeit, wie sie im deutschen Hartz IV-System und in ähnlichen Maßnahmen verkörpert wird, muss zurückgewiesen werden. (PK) 
 
 
Dr. Webster G. Tarpley, Jahrgang 1946, ist ein US-amerikanischer Journalist und Autor, der u.a. die Attentate vom 11. September 2001 dem militärisch-industriellen Komplex und den Geheimdiensten der USA nachzuweisen versucht hat.
Sein aktueller Text wurde übersetzt von U. Morgenthaler und M. Zeis
Das Original wurde unter: http://globalresearch.ca/index.php?context=va&aid=26899 veröffentlicht.


Online-Flyer Nr. 323  vom 12.10.2011

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