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Medien
Wider dem undemokratischen Geist in der CDU
Bürger wehrt Euch!!! - Euer Funk wird geraubt
Von Emma Weiß

Die CDU-Landtagsfraktion arbeitet mit Hilfe von Serienbriefen an der Abschaffung des Bürgerfunks. Dieses demokratische Medium, das einfachen Bürgern die Möglichkeit gibt,  von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch zu machen, ist der neoliberal eingestellten Landesregierung ein Dorn im Auge. Zuerst soll der Bürgerfunk, der als legitime Einrichtung aus den offenen Sendern hervorgegangen ist, mit dem Lokalfunk gleichgeschaltet, auf unattraktive Sendezeiten nach 22 Uhr abgedrängt und schließlich ganz abgeschafft werden.

Was da geschieht, ist eine riesige Sauerei. Die Landesregierung hat von diesem Vorstoß keinerlei finanzielle Vorteile, da der Bürgerfunk über GEZ-Gebühren finanziert wird. Kritische Stimmen mundtot machen, das ist ihr Ziel. Die Folge wären wieder Piratensender oder Menschen, die sich anders Luft machen. Die Ventilfunktion des Bürgerfunks - wie sie Christoph Schaefler in seinem offenen Antwortbrief (NRhZ-Flyer 48) beschreibt - ist nicht zu unterschätzen. Wir werden uns die Zerstörung des Bürgerfunks jedenfalls nicht gefallen lassen. Auch hier sind demokratische Grundrechte in Gefahr, wie bei der Bespitzelung der Privatsphäre zur "Terrorbekämpfung", dem massiven Einsatz der Bundeswehr im Inneren anlässlich des "Katastrophenfalls" Fussball-WM - und damit meine ich nicht das Auftaktspiel der brasilianischen Mannschaft - oder bei der jetzt von CSU-Müller vorgeschlagenen Wiedereinführung der Zwangsarbeit für Hartz IV-Empfänger.

Diese verschiedenen Beschneidungen unserer Freiheit sind kein Zufall, sie haben System. Und dieses System hat auch einen Namen: Neoliberalismus. Die Macht in diesem System haben die global agierenden Konzerne, die Politiker benutzen, um ihre wirtschaftlichen, allein auf ihren Vorteil ausgerichteten Interessen durchzusetzen. Aber Demokratie ist mehr als Wirtschaftlichkeit und Profitmaximierung. So sind auch die Forderungen, mit denen die NRW-CDU den Bürgerfunk aushebeln will, vorgeschoben und verlogen. Angeblich soll seine Qualität durch Konkurrenz verbessert werden. Qualität wird verbessert durch Investitionen, z.B. in die Menschen, die den Bürgerfunk machen. Und das geschieht: Seminare zu vielfältigen journalistischen und technischen Themen Art werden regelmäßig angeboten und besucht. Konkurrenz hingegen ist völlig sinnlos bei einem Medium, das allen offen steht - außer den Profis. Sollen da Bürger gegen Bürger antreten, oder schwebt der Landesregierung etwas eine Konkurrenz mit Radioprofis vor? Das wäre ja noch blödsinniger.
Bürgerfunk heute bedeutet Freiheit, die eigene Position einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bürgerfunk ist parteiisch, aber da er für alle offen steht, nicht einseitig.

Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
www.koufogiorgos.de



Ein weiteres Argument gegen den Bürgerfunk lautet, dass dort Minderheiten zu Wort kommen. Wer das vorbringt, zeigt wie wenig er von Demokratie verstanden hat. Schlimm, dass solche Äußerungen von verschiedenen demokratisch gewählten Abgeordneten unterschrieben und verschickt wurden. Als Argument gegen Minderheiten wird auf ein  angebliches Desinteresse der meisten Hörer verwiesen. MdL Thorsten Schick, der behauptet, was  Minderheiten betrifft, sei uninteressant für die Gesamtgesellschaft, ist da ziemlich schief gewickelt. Gerade am Umgang mit Minderheiten wird die Qualität einer Gesellschaft gemessen und wenn sie zu Wort kommen, sind das wichtige Signale für alle.

Außerdem: Das Rad der Geschichte kann sich bekanntlich schnell drehen, und wer heute zur Mehrheit gehört, kann morgen selbst schon einer Minderheit angehören. Gegen das Zusammenleben von Minderheiten und Mehrheiten richtet sich auch die idiotische Forderung, nur noch deutschsprachige Sendungen zu produzieren. Mal abgesehen davon, dass sogar kommerzielle Radios wie 1live fremdsprachige Beiträge senden, wird hier die Ausgrenzungspolitik der CDU völlig offenbar. Ähnlich ausgrenzend ist ihre Forderung, Bürgerfunk erst nach 22 Uhr zu senden. Denn: viele Schulen nutzen den Bürgerfunk, um eigene oder auch stellvertretend fremde Anliegen publik zu machen und der Jugend Medienkompetenz vor Ort im eigenen Handeln zu vermitteln. Konsequenz dieser Kompetenz ist dann natürlich auch eine medienkritische Haltung, die die nächste Generation dringend bräuchte.

Genau diese kritischen Geister, die u.a. im Bürgerfunk geweckt werden, wollen aber CDU und die neoliberalen Interessen, die hinter ihr stecken, sich nicht länger entwickeln lassen. Ebenso wenig engagierte Bürger. Auch die sollen nach Meinung der CDU möglichst abgeschafft werden. Aber da haben sich ihre Politiker im Landtag verrechnet, weil sie nicht mit uns gerechnet haben. Zeigen wir also, dass wir das nicht mit uns machen lassen! Schreibt eine Mail an Euren Landtagsabgeordneten mit der Aufforderung, sich für den Erhalt des Bürgerfunks in der bestehenden Form stark zu machen. Weitere Infos findet Ihr unter www.flok.de/. Und Listen der Abgeordneten gibt es unter www.landtag.nrw.de/. Also Bürger, wehrt Euch!!!

Emma Weiß ist seit Ende April diesen Jahres engagierte Bürgerfunkerin und schreibt gelegentlich auch für die NRhZ.



Online-Flyer Nr. 49  vom 20.06.2006

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