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Aktueller Online-Flyer vom 23. April 2024  

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Globales
Die juristischen Mätzchen gegen den Gefängnislehrer Luk Vervaet gehen weiter
Kein Ende der Geschichte?
Von Dr. Maryam Dagmar Schatz

Wir hatten schon gehofft, daß mit dem letzten Urteil des belgischen Staatsrates(1), das Berufsverbot für den belgischen Gefängnislehrer ausgestanden sei, doch wir wurden ge- und enttäuscht. Zwar erhält Luk Vervaet auch aus dem Ausland Unterstützung - so hat die britische Starjournalistin Yvonne Ridley ihn für Press.tv interviewt(2) - aber bislang führte das zu keinem positiven Ergebnis für ihn. Allerdings auch nicht für seine Gegner: Luk Vervaet ist ungebrochen, kämpft weiter, spricht weiter, schreibt weiter. Seinen jüngsten Artikel im Journal Race & Class(3) des renommierten Institute for Race Relations (4) - eine ausführliche Besprechung wird in einer der nächsten Ausgaben folgen - legen wir unseren Lesern ausdrücklich ans Herz. Nach der letzten Verhandlung am Montag hat man sich übrigens auf den 3. Mai vertagt. 
 

Ungebrochen: Luk Vervaet
Parlemento.com
Am 16. März hatte der belgische Staatsrat, Raad van State(5), in einer Eilentscheidung den Beschluß der Allgemeinen Belgischen Gefängnisverwaltung aufgehoben, Luk Vervaet den Zugang zu allen belgischen Gefängnissen zu verweigern. In seinem Urteil stellte der Raad van State fest, daß „der Schriftsatz betreffend den Betroffenen kein einziges Element enthält, das es dem Betroffenen ermöglichte - genausowenig wie dem Raad van State - zu verstehen, warum ihm der Zugang zum Gefängnis verweigert wird“, und, „daß die Verweigerung des Zutritts eine schwerwiegende Maßnahme ist, die zweifellos wegen des Verhaltens des Betroffenen verhängt wurde. Eine Behörde, die eine derartige Maßregel verhängt, hätte den Betroffenen hören müssen.“
 
Die Anwälte des Betroffenen, Dounia Alamat und Christoph Marchand, haben daraufhin seinen Arbeitgeber, die gemeinnützige Organisation Adeppi(2), ebenfalls am 16. März angeschrieben, er möge aufs Neue für Luk Vervaet einen Antrag auf Zutritt an die Gefängnisverwaltung stellen. Am 17. März haben sie darüber hinaus ein Verwaltungsverfahren eröffnet, um den Beschluss über die Aufhebung zugesandt zu bekommen.

Trotz ungewisser Zukunft: Luk Vervaet
kämpft weiter
Quelle: Institute of Race Relations
Am 19. März hat Adeppi den Antrag auf Zutrittsberechtigung bei der Allgemeinen Belgischen Gefängnisverwaltung gestellt. Da eine Antwort ausblieb, stellten die Anwälte am 26. März noch einmal selbst in einem Schreiben fest, daß der Raad van State ausdrücklich erklärt habe, daß die Aufhebung des letzten Beschlusses dem belgischen Staat auch verboten habe, „einen neuen Beschluss zu fassen, der dem Aufhebungsurteil nicht Rechnung trägt“, und daß der erste Auditor des Raad van State, in seiner Erklärung in der Sitzung vom 9. März dargelegt habe, daß der Stand des Verfahrens Luk Vervaet erlaube, in Anbetracht der erwiesenen Rechtswidrigkeit des Beschlusses die sofortige Aufhebung zu beantragen.
 
Am 8. April lag dazu immer noch keine Antwort von der Gefängnisverwaltung vor. Vervaets Anwälte forderten erneut eine Antwort ein, die dann am 12. April kam: „Die Aufhebung des Zugangsverbots durch den Raad van State – die jetzt Gegenstand der Frage nach Annullierung ist – hat zur Folge, daß Ihre vorherige Anfrage noch im Lichte des laufenden Verfahrens betrachtet werden muß. Folglich kann Ihre neue Anfrage nicht beantwortet werden.“
 
Die Allgemeine Verwaltung des belgischen Gefängniswesens ist also inzwischen schon zweimal (einmal durch das Berufungsgericht, den Hof van Beroep, und einmal durch den Raad van State) dazu verurteilt worden, ihren illegalen Beschluss gegen Luk Vervaet zurück zu nehmen, das erste Mal im August 2009, das zweite Mal im Februar 2010. Damit wird klar, daß die Behörden Urteile nicht respektieren, die ihren Machtmißbrauch und ihre Willkür negativ sanktionieren. Aktuell versuchen sie, Zeit zu gewinnen in der Hoffnung, daß das Verfahren eingestellt wird und die Kündigungsfrist für Luk Vervaet abläuft, um dann sagen zu können, die Sache habe keine Dringlichkeit mehr.
 
Mit dem vierten Prozess seit August soll nun erreicht werden, daß das Gericht mittels einer einstweiligen Verfügung das rechtswidrige Verhalten der Gefängnisverwaltung stoppt und ihr Sanktionen für jeden Tag auferlegt, den sie weiterhin Gerichtsbeschlüsse ignoriert. Weil Luk Vervaet dadurch aber zunächst weiter „in der Luft“ hängt, weisen wir noch einmal auf das Unterstützungskonto hin: 000-0902356-62 (IBAN: BE51 0000 9023 5662) zur Verfügung. Konto-Inhaber: De Ley, Herman, Vosselaredorp 58B3, B-9850-Nevele, Betreff: “Unterstützung LV”. (PK)

 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14941
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14488
(2) http://www.presstv.ir/programs/detail.aspx?sectionid=3510537&id=121856#121856
(3) (4) http://www.irr.org.uk/publication/raceandclass/index.html
(5) http://de.wikipedia.org/wiki/Staatsrat_(Belgien) Der Staatsrat (Raad von State) entspricht in etwa dem Bundesverwaltungsgericht, ist jedoch unmittelbar, d.h., ohne vorher zu absolvierenden Instanzenzug, erreichbar.
(6) Atelier d’education permanente pour des personnes incarcerées – Werkstatt für die permanente Erziehung inhaftierter Personen

Aus disziplinarrechtlichen Gründen muss ich darauf hinweisen, dass ich hier ausschließlich meine Privatmeinung vertrete.

Dr. med. Dagmar Schatz ist gebürtige Kölnerin, seit 21 Jahren Muslimin - islamischer Name "Maryam" - und seit 20 Jahren Sanitätsoffizier bei der Bundeswehr, jetzt mit Dienstgrad Oberfeldarzt. Im Internet hat sie unter ihrem nom de plume "bigberta", einige Bekanntheit erlangt, schreibt aber jetzt nur noch unter ihrem "Klarnamen".



Online-Flyer Nr. 246  vom 21.04.2010

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