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Aktueller Online-Flyer vom 13. Dezember 2024  

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Globales
Der Prozess gegen Wilders – nicht nur ein Problem der Niederländer - Teil 1
Auch eins für Pro Köln
Von Huib Riethof

Huib Riethof hat uns bereits in der NRhZ 232 (1) den aktuellen Stand bezüglich des „Flachland-Messias“ und Pro Köln-Unterstützers Geert Wilders aus der Sicht eines kritischen Niederländers mitgeteilt. Unsere dort im Vorwort veröffentlichte Auffassung, daß ein Wilders auch in Deutschland möglich wäre, versucht der schwedische Millionär Patrik Brinkmann gerade zu bestätigen. Riethof analysiert nun in einer Serie von Beiträgen den Aufstieg von Wilders, der ihn, wenn die Niederländer nicht aufwachen, 2011 auf dem Stuhl des Premierministers landen lassen könnte.


Wilders’ Dauerbrenner: das jüdische und
muslimische Schlachten
Quelle: Standbild aus einem Video von
geenstijl.nl
In den USA erscheinen Witzfiguren wie Geert Wilders nur in der Rolle des hysterischen Bloggers, des Fernsehpredigers oder Talkshow-Fuzzis - mit Ausnahme von Ms. Sarah Palin, aber das ist eine andere Geschichte. Dass es so ist, ist schlimm genug, aber in Holland können solche Witzfiguren Staatsmänner werden, oder wie in diesem Fall, sogar hoffnungsvolle Staatsmänner. Daniel Pipes widmet seinen Blog-Eintrag vom 19.1.2010 den Ambitionen des Fraktionsvorsitzenden der Freiheitspartei (Partij voor de Vrijheid, PVV), der demnächst wegen Beleidigung, Anstiftung zum Hass und zur Diskriminierung von Muslimen als Gruppe, nicht-westlichen Ausländern und Marokkanern vor Gericht stehen wird:
 
Daniel Pipes: Seit‘ an Seit‘ mit Wilders

„Warum ich mich auf die Seite von Geert Wilders stelle“(2) schwärmt der US-Amerikaner, über den wiederum auf  dem USA-Portal Loonwatch mehr zu erfahren ist (3). Vor allem, weil er für ihn „wichtigste heute lebende Europäer“ ist. Begründung: „Das mache ich, weil er zur islamischen Herausforderung, der der Kontinent sich gegenüber sieht, am besten positioniert ist. Er hat das Potenzial, sich zu einer Person von historischem Weltrang zu entwickeln.“

Na prima, Herr Wilders hat zwar keine Vorschläge zur Wirtschaft, zum Sozialwesen, zu Kultur und Bildung vorzuweisen, anders sieht es jedoch bei der Vertreibung und Herabwürdigung der muslimischen Minderheit in und aus der holländischen Gesellschaft aus. Drum ist er ja auch von Pro Köln/Pro NRW mit offenen Armen empfangen worden.  Ahnungslos, was die Außenpolitik angeht, hat er bis auf die beabsichtigte Schwächung der Europäischen Union (dazu später mehr) und die Unterstützung von Forderungen des Likud und anderer rechtsgerichteter Parteien Israels, nichts zu sagen. (idem)


Jode Fründe stonn zesamme  
Quelle: windsofbabylon.com
Dazu Pipes: „Zusätzlich ist Wilders ein charismatischer, gerissener, prinzipientreuer und unverblümter Führer, der schnell zur dynamischsten politischen Kraft der Niederlande wurde. Er vertritt Meinungen zum vollen Umfang der politischen Themen, doch der Islam und die Muslime stellen sein kennzeichnendes Thema dar. In Überwindung der Tendenz holländischer Politiker, auf Nummer sicher zu gehen, bezeichnete er Mohammed als Teufel (4) und verlangte, dass Muslime "die Hälfte des Korans herausreißen (5), wenn sie in den Niederlanden bleiben wollen". Breiter gefasst, betrachtet er den Islam selbst als Problem, nicht nur eine bösartige Version, die Islamismus genannt wird.“

„Voller Umfang der politischen Themen“ ?

Als das holländische Parlament Themen wie die wirtschaftlichen Folgen der Bankenkrise debattierte, verließen Wilders und seine 8 Parteikollegen, Opfer der Diktatur der Mehrheit spielend, das Treffen. In Wirklichkeit hatten sie aber keine Antworten auf die wirtschaftlichen Herausforderungen der Krise. Nein, die Ein-Mann-Partei - Wilders ist tatsächlich deren einziges Mitglied - finanziert sich aus dubiosen, nicht-öffentlichen Quellen (meine Analyse dazu folgt später), wartete und sprengte die Diskussion später mit seinen xenophoben Themen. Pipes beendet seine Lobrede dazu so:
 
„Die politisch zersplitterte politische Szene der Niederlande bedeutet, dass die PVV entweder bereitwillige Partner finden muss, um eine Regierungskoalition zu bilden (eine schwierige Aufgabe, angesichts der Art, wie Linke und Muslime (6) Wilders als "rechtsextrem" dämonisiert haben) oder die Mehrheit der Parlamentssitze gewinnen (was in weiter Ferne liegt). Wilders muss also die schmutzigen Tricks seiner Gegner überstehen. Insbesondere haben sie es endlich, nach 2½ Jahren einleitender Auseinandersetzungen geschafft, ihn mit Vorwürfen der Hassreden und Aufhetzung zum Hass vor Gericht zu zerren. Das auf der  Anklage des Staatsanwalts gegen Wilders basierende Verfahren gegen Wilders wird am 20. Januar in Amsterdam eröffnet. Wilders könnte eine Strafe von bis zu $14.000 oder bis zu 16 Monaten Gefängnis bevorstehen. Bedenken Sie: Er ist der führende Politiker des Landes. Außerdem wird er wegen Morddrohungen immer und überall von Leibwächtern begleitet und wechselt von einem sicheren Aufenthaltsort zum nächsten. Wer genau, fragt man sich, ist hier das Opfer von Hetze?“

Ist es ein „schmutziger Trick“, wenn man Wilders‘ Propaganda genau unter die Lupe nimmt? Wir reden hier schließlich von der Meinungsfreiheit. Ich bedaure sehr, dass die niederländischen Politiker Wilders nicht mit ihren Auffassungen und Vorstellungen zur parlamentarischen Demokratie konfrontieren, nein sie ducken sich weg. Deshalb musste die niederländische Justiz aktiv werden und eingreifen. Das Amsterdamer Hohe Gericht wies die banalen Beschwerden der Verteidiger Geert Wilders am 20. Januar als unbegründet zurück und entschied an seiner Anklage der Volksverhetzung und Anstachelung zum Rassenhass, festzuhalten.
    
Amsterdams Tradition im Kampf gegen den Antisemitismus
 
Amsterdam hat eine libertäre Tradition. Im Februar 1941 gab es einen Massenstreik zu Beginn der Eliminierung der Juden, die 10% der Stadtbevölkerung von einer Million ausmachten, durch die deutschen Besatzer. Es war eine heldenhafte Aktion gegen die Nazi-Besatzer. Viele Streikende verloren ihr Leben unter dem Feuer der deutschen Wehrmacht und später in den Konzentrationslagern.

Die Stadt Amsterdam und ihr Bürgermeister, Job Cohen, sein Vize Asscher und sein früherer Vize Ahmed Aboutaleb, jetzt von der Regierung berufener Bürgermeister von Rotterdam, haben diskriminierende Aktionen gegen die muslimischen Einwohner aktiv verhindert. Wilders und seine provinziellen Getreuen versuchen deshalb immer wieder, diese Politiker als „Kapitulierende“ vor dem „Islamischen Tsunami“ darzustellen. Kurz gesagt als „Dhimmis“. Ich frage mich immer, wie es möglich sein kann, dass Cohen und Asscher, beide jüdischer Abstammung, derart von einem Israel-Freund wie Wilders, verteufelt werden können. Und indirekt auch durch Herrn Pipes. Ach nein, Daniel Pipes ist nicht ganz der Meinung von Geert Wilders:
 
„Obwohl ich mit Wilders in Sachen Islam nicht übereinstimme (7) (Ich respektiere die Religion, bekämpfe aber Islamisten mit allem, was ich habe), stemmen wir uns Schulter an Schulter gegen den Prozess der Islamisierung. Ich lehne die Kriminalisierung politischer Differenzen ab, besonders Versuche, basisdemokratische politische Bewegung Richtung Gerichte auszubremsen. Dementsprechend hat das „Legal Project (8)“ des Nahost-Forums (9) in Wilders Interesse gearbeitet und beträchtliche Geldmengen für seine Verteidigung und andere Hilfsmöglichkeiten gesammelt. Wir tun dies, absolut überzeugt von der höchsten Wichtigkeit, während des Krieges öffentlich frei über die Eigenschaften des Feindes reden zu können.“ Ja, Pipes’ „Legal Project“ oder, in anderen Worten „Advocacy“, das Eintreten mit Rechtsmitteln gegen den Islam, finanziert vom US-Steuerzahler unter der Präsidentschaft von G.W. Bush, hat viel Geld an den blondierten Aufwiegler geschickt. So viel, dass es sich nicht den Regeln der Transparenz der Parteifinanzierung in Holland unterwerfen muss. Wilders Ein-Personen-Partei kann es sich leisten, Subventionen der Regierung abzulehnen und so zu vermeiden, auf ihre Einkommensquellen hin, überprüft zu werden!

Dies ist eine typische „failed-state“-Angelegenheit, die auf EU-Ebene Konsequenzen nach sich ziehen muss. Das Europäische Parlament sollte keine undemokratischen Mafia-Strukturen als Mitglieder akzeptieren.

2011 mit 30 Prozent ins Parlament?

Meinungsumfragen zufolge könnte Wilders Schwindel-Partei spätestens 2011 30% bei nationalen Wahlen erreichen, die größte Partei im Parlament werden und den Posten des Premierministers beanspruchen. In einer Koalition mit den Christdemokraten und den Konservativen Liberalen als Juniorpartner (die beiden großen Parteien haben bis jetzt eine solche Koalition NICHT ausgeschlossen), könnte Wilders tatsächlich Premierminister der Niederlande werden.
 
Dies wäre vielleicht nicht ganz so desaströs, wären die Niederlande eine Pazifikinsel mit einer kleinen, autarken Wirtschaft. Aber das Land gehört zu den zwanzig größten Wirtschaftsmächten und ist ein mittelgroßes Mitglied der EU, ebenso wie ein Kernmitglied des  NATO-Bündnisses.
 
Die Welt ist zu einem globalen Dorf geworden. Auch kleinere Länder können einen unverhältnismäßigen Einfluss auf das Weltgeschehen ausüben. Die Großen Drei der Europäischen Union (Großbritannien, Frankreich und Deutschland) sind zurzeit verantwortliche Spieler in der Weltpolitik. Dies zeigte sich 2006 in der dänischen Karikaturenstreit-Krise. Ihnen gelang es, halbwegs neutral zu bleiben und sich nicht der weltweiten Empörung oder den Provokationen der Islamgegner anzuschließen. Die neuen Mitgliedstaaten der Europäischen Union im Osten sind, mit der bemerkenswerten Ausnahme Polens, zu klein, um ihre eventuelle Instabilität in die EU als Ganzes zu übertragen.
 
Wie konnte Geert Wilders eine so große Gefolgschaft erlangen in einem Land, das bekannt ist für seine Toleranz und Stabilität? Dies wird Thema im nächsten Artikel dieser Serie sein. (PK)
 
Anmerkungen  
   
[1] http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=14677
[2] http://www.danielpipes.org/7888/stand-with-geert-wilders
[3] http://www.loonwatch.com/2009/09/a-defeated-people/
[4] http://www.haaretz.com/hasen/spages/943764.html
[5] http://www.thejakartapost.com/news/2008/03/27/wilders039-movie-all-about-dutch-politics.html
[6] http://www.danielpipes.org/5720/the-islamist-leftist-allied-menace
[7] http://www.danielpipes.org/blog/2005/08/talking-freely-about-the-enemy
[8] http://www.legal-project.org/docs/cat/1
[9] Eines der von Pipes betriebenen Webportale (A.d.Ü)

Huib Riethof ist ein in Amsterdam geborener Historiker, der an verschiedenen europäischen Ereignissen der sechziger Jahre als Studenten-Aktivist teilnahm. Er war Mitglied und Senator des Amsterdamer Stadtrats und befasste sich dort mit sozialer Steuerung der Stadterneuerung. Danach entwickelte er das erste holländische Stadtviertelerneuerungsprogramm aus Sicht der Immigration von Gastarbeitern und ihren Familien und führte dessen Umsetzung in den achtzigern Jahren in 16 Städten und 32 Vierteln im Auftrage der niederländischen Regierung durch. Diese holländischen Erfahrungen wurden von ihm in den neunziger Jahren in die 'urban' Programme der EU Kommission eingebracht. Riethof wohnt seit 1990 in Brüssel und arbeitet dort als unabhängiger Berater für soziale Stadterneuerung in ganz Europa.

Der Beitrag wurde übersetzt von Mukadder Bauer und Bärbel Khadija Riedel

Online-Flyer Nr. 236  vom 10.02.2010

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