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Inland
Bundestag soll sich gegen die Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal wenden
Hinrichtung droht - Petition an Obama
Von Peter Kleinert

Am 17. Dezember 2009 hat die Fraktion DIE LINKE anlässlich einer Menschenrechtsdebatte einen Antrag eingebracht, nach dem sich der Bundestag für den afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal (55) einsetzen soll, der 1981 wegen eines angeblichen Polizistenmordes verhaftet und 1982 zum Tode verurteilt wurde. Eine Abstimmung über diesen Antrag hat bisher noch nicht stattgefunden, obwohl die Hinrichtung Mumia Abu-Jamals unmittelbar bevorsteht, falls der Supreme Court der Vereinigten Staaten von Amerika einem diesbezüglichen Antrag der Staatsanwaltschaft stattgibt, wenn er ab 11.Januar nach seiner Weihnachtspause wieder zusammentritt. - Am 15. Januar erreichte die NRhZ-Redaktion eine Petition an Barack Obama.  
Mumia Abu-Jamal, dessen dreimal angekündigte Hinrichtung in den vergangenen 27 Jahren durch eine weltweite Solidaritätsbewegung und seine

Mumia Abu-Jamal – bei einem
Interview 1996 im Todestrakt
Quelle: www.kaos-archiv.de
Anwälte verhindert werden konnte, dem aber der Oberste US-Gerichtshof eine Neuaufnahme seines Verfahrens bisher verweigerte, hat sich auch selbst mit einer kurzen Erklärung an die Mitglieder des Bundestages gewandt, der im Zusammenhang mit dem Antrag der LINKEN von deren Abgeordneter Annette Groth vorgetragen wurde:
 


Brief von Mumia an den Bundestag

 
„Können Sie sich vorstellen, was es bedeutet, zum Tode verurteilt zu sein? Können Sie sich vorstellen, dass man Ihnen mitteilt, wie Sie hingerichtet werden sollen, dass Sie aber Jahr um Jahr auf den Tod warten müssen? Dies ist die Situation von mehr als 3.000 Menschen in den US-Todestrakten und von über 20.000 Männern, Frauen und Kindern, die weltweit auf ihre Hinrichtung warten. Ich warte jetzt schon fast drei Jahrzehnte darauf, meinem Henker zu begegnen. Rassismus durchzieht meinen Fall seit meiner Verhaftung im Jahr 1981 bis heute. Zum Beispiel sagte der Richter während meines Prozesses: »Ich werden ihnen helfen, den Nigger zu grillen.« Dies ist nur ein Kommentar in einem von vielen Fällen, die durchsetzt sind von solchen Schmähungen. Ich spreche deshalb nicht nur in meinem, sondern im Namen aller, die weltweit in den Todestrakten sitzen. Ich bitte Sie, den Antrag zu unterstützen, der heute eingebracht wird. Die Todesstrafe ist ein Unrecht für jeden Menschen und muss abgeschafft werden. Wir in den Todestrakten brauchen ihre Hilfe. Ich danke Ihnen und Ihren europäischen Kolleginnen und Kollegen für Ihre standfeste Ablehnung der Todesstrafe.“
 
Abschaffung der Todesstrafe!
 
Laut Antrag der Fraktion DIE LINKE soll der Bundestag durch einen Beschluss feststellen, dass die Todesstrafe „mit humanistischen Grundeinstellungen in einer Gesellschaft nicht vereinbar“ ist. Sie negiere das elementare Menschenrecht auf Leben und sei eine Form besonders unmenschlicher, grausamer und erniedrigender Behandlung. Und weiter: „…Der Bundestag unterstützt die weltweiten Solidaritätsbekundungen von Institutionen, Organisationen und Einzelpersonen, die akut drohende Hinrichtung des im US-Bundesstaat Pennsylvania in der Todeszelle einsitzenden afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal zu verhindern. Der Deutsche Bundestag unterstützt die Resolutionen von Städten und Gemeinden, aber auch der Bremischen Bürgerschaft, die sich dem Städtebündnis gegen die Todesstrafe und mit dem beschlossenen Dringlichkeitsantrag „Einsatz für die Abschaffung der Todesstrafe und ihrer Vollstreckung“ der bundesweiten Kampagne zur Abwendung der Vollstreckung des Todesurteils an Mumia Abu-Jamal angeschlossen haben. Der Deutsche Bundestag nimmt erfreut zur Kenntnis, dass die Stadt Paris Mumia Abu-Jamal zum Ehrenbürger ernannt hat, und ermuntert auch Gebietskörperschaften in Deutschland, über eine solche Ehrung nachzudenken.“
 
Außerdem soll der Bundestag die Bundesregierung auffordern, „1. sich nachdrücklich gegenüber der Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika für die Rettung des Lebens des US-amerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal einzusetzen und im Rahmen der Möglichkeiten des US-Rechts eine Begnadigung oder die Umwandlung der Todesstrafe in eine Haftstrafe zu erwirken; 2. sich dafür einzusetzen, dass alle Regierungen der EU-Mitgliedstaaten einen gemeinsamen Appell zur Rettung des Lebens von Mumia Abu-Jamal, beschließen; 3. den USA anzubieten, Mumia Abu-Jamal in Deutschland Aufnahme zu gewähren; 4. sich in Gesprächen auf bilateraler Ebene und im Rahmen der EU gegenüber den USA für ein umgehendes Moratorium als ersten Schritt zur Abschaffung der Todesstrafe einzusetzen.“
 
Uwe Hiksch von der LINKEN auf NRhZ-Anfrage: Der Antrag sei in die zuständigen Ausschüsse überwiesen worden. „Dort wird er in den nächsten ein oder zwei Wochen behandelt werden. Die Abstimmung haben wir noch nicht terminiert. Sollte aber eine schnelle Entscheidung des obersten Gerichtshofes kommen, werden wir die Abstimmung sofort in die nächste Sitzungswoche bringen.“ Die „Federführung in der Fraktion“ dafür liege bei der menschenrechtspolitischen Sprecherin Annette Groth.

Online Petition an die Richter

Als Mumia Abu Jamals Hauptverteidiger Robert R. Bryan am Samstag auf der Rosa Luxemburg-Konferenz in Berlin die Besucher im Urania-Saal in einer Rede über die Situation seines Mandanten berichtete, klingelte sein Handy. Bryan erklärte seinem Klienten, wo er sich gerade befand. Dann teilte er dem Publikum, wer am anderen Ende der Leitung gewesen war – minutenlanger tosender Beifall war die Antwort. Von Bryan erfuhr das Publikum, dass als allerletzte seiner juristischen Möglichkeiten dem US Supreme Court neben dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Hinrichtung auch ein Antrag auf Anhörung vorliegt. Um diesen Antrag zu unterstützen ist eine Online Petition an die Richter eingerichtet worden, Sie finden sie hier!

Einen ersten Dokumentarfilm mit einem Interview mit Mumia Abu-Jamal und seiner Lebensgeschichte bis zum Jahr 1996 im Todestrakt des Gefängnisses von Philadelphia finden Sie in NRhZ Nr. 52. Über einen elf Jahre später entstandenen Film, der zahlreiche Beweise dafür vorträgt, dass Mumia unschuldig zum Tode verurteilt wurde, berichtete die NRhZ im Juni 2008.(PK)

 
Petition an Barack Obama
 
WIR, DIE UNTERZEICHNER, ersuchen Sie hiermit, sich gegen die Todesstrafe für Mumia Abu-Jamal auszusprechen sowie gegen die Todesstrafe für viele Männer, Frauen und Kinder überall auf der Welt, die ihrer Hinrichtung entgegensehen. Diese höchste Form der Bestrafung ist für eine zivilisierte Gesellschaft inakzeptabel und untergräbt die Menschenwürde. (Generalversammlung der Vereinten Nationen, Moratorium on the Use of the Death Penalty, Resolution 62/149, 18. Dez. 2007; bestätigt: Resolution 63/168, 18. Dez. 2008.)
 
Herr Abu-Jamal, ein renommierter schwarzer Journalist und Autor, befindet sich seit fast drei Jahrzehnten in Pennsylvania im Todestrakt. Auch wenn Sie keinen direkten Einfluss auf sein Schicksal als zum Tode verurteilten Gefangenen eines Bundesstaates nehmen können, bitten wir Sie als moralische Führungspersönlichkeit auf der Weltbühne, ein Moratorium der Todesstrafe in seinem wie in allen anderen Fällen zu fordern. Herr Abu-Jamal ist weltweit zu einem Symbol, zur „Stimme der Unterdrückten“ im Kampf gegen die Todesstrafe und andere Menschenrechtsverletzungen geworden. Über 20.000 Menschen auf der Welt erwarten ihre Hinrichtung, davon allein in den Todestrakten der Vereinigten Staaten über 3.000.
 
Das Gerichtsverfahren gegen Herrn Abu-Jamal im Jahr 1982 war von Rassismus belastet und wurde in Philadelphia durchgeführt, einer Stadt mit einer langen Geschichte von Polizeikorruption und Diskriminierung. Amnesty International – mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet – „stellt fest, daß zahlreiche Aspekte dieses Falles eindeutig gegen die internationalen Mindeststandards zur Gewährleistung eines fairen Prozesses verstoßen. [D]en Interessen der Gerechtigkeit [wäre] am besten durch ein neues Verfahren für Mumia Abu-Jamal gedient. Das Verfahren sollte im vollen Umfang den internationalen Standards für Gerechtigkeit entsprechen und die Verhängung der Todesstrafe nicht gestatten.“ (dt.: Ein Leben in der Schwebe – Der Fall Mumia Abu-Jamal, amnesty international Deutschland, Oktober 2000, S. 34; www.amnesty.org/en/library/info/AMR51/001/2000.)
 
[Anmerkung: Diese Petition ist von Mumia Abu-Jamal und seinem Hauptverteidiger, Robert R. Bryan aus San Francisco, autorisiert.]
 
Link zur Petition: www.PetitionOnline.com/Mumialaw/petition.html
 
Kontinuierliche Infos von der Verteidigung Mumia Abu-Jamals und aus der Kampagne auf der Website des IVK Bremen: http://www.freedom-now.de



 
 

Online-Flyer Nr. 232  vom 13.01.2010

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