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Aktueller Online-Flyer vom 15. August 2025  

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Globales
Zum apolut-Gespräch mit Peter Orzechowski
Vorsicht Falschbehauptung in Sachen Souveränität Deutschlands
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Bei Apolut ist am 1. August 2025 ein Gespräch mit Peter Orzechowski, Autor des im Kopp-Verlag erschienenen Buches "Besatzungszone - Wie und warum die USA noch immer Deutschland kontrollieren" als Video veröffentlicht (1). Dieses Gespräch enthält unzutreffende Behauptungen - insbesondere hinsichtlich des Austauschs diplomatischer Noten im Zuge des 2+4-Vertrags, mit dem 1990 BRD und DDR vereinigt worden sind. Es geht dabei um die Frage, ob die diplomatischen Noten die Aussage des 2+4-Vertrags "Das vereinte Deutschland hat... volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten." aushebeln oder nicht.

Im Gespräch mit Peter Orzechowski ist folgende Passage enthalten (ab Minute 14).

    Interviewer: Ja, und offiziell wird ja auch behauptet, diese alliierten Vorbehaltsrechte seien mit dem Beitritt der DDR zur BRD im Oktober 1999 [1990?] oder spätestens mit dem 2+4-Vertrag 1991 beendet worden, richtig? Was stimmt denn da überhaupt?

    Peter Orzechowski: Da stimmt natürlich nichts, denn es wurden bei diesem von den genannten 2+4-Vertrag hinterher, das ist ganz interessant, zwei Wochen danach hat man Noten ausgetauscht, also die 2+4-Mächte. Wer war das? Zwei ist also Bundesrepublik Deutschland, Deutsche Demokratische Republik und vier sind eben die früheren Alliierten, die auch in der Feindstaatenklausel genannt werden, also Frankreich, Großbritannien, USA und Russland. Also zwei Wochen nach Unterzeichnung des 2+4-Vertrags wurden diese Noten ausgetauscht, und diese Noten sagen, dass die bisherigen Stationierungsrechte der Alliierten weiter gelten. Das heißt: kann man ja sagen, aber wir sind ja trotzdem souverän geworden durch den 2+4-Vertrag. Ja, de Jure vielleicht, de facto aber nicht. Also selbst wenn es so drin steht, dass wir jetzt souverän wären. In dem Moment, wo ich aber sag, nee, nee,... eure Rechte sind unangetastet, ihr dürft weiter das Kontrollrecht ausüben in Deutschland, wo ist dann wirklich die Souveränität? Auf deine Frage noch mal ganz konkret. Nein, die 2+4-Verträge haben keine Souveränität nach sich gezogen. Das muss man ganz klar sagen.

    Interviewer: Also kann man sagen, weil du ja gerade gesagt hast, da sind Noten ausgetauscht worden, die sind ja, glaube ich, auch gar nicht der Öffentlichkeit bekannt geworden, weil es so eine Art geheime Verträge sind, geheime Zusatzprotokolle. Das heißt, die, wie du ja gesagt hast, die schränken dann im zweiten Schritt die vorgebliche Souveränität Deutschlands dann doch wieder ein.

Dazu ist zu sagen.

    Zu Falschdarstellung 1: Am 12. September 1990 wurde der 2+4-Vertrag unterzeichnet. Er enthält den Satz: "Das vereinte Deutschland hat... volle Souveränität über seine inneren und äußeren Angelegenheiten." In der Tat gibt es den Notenwechsel ca. zwei Wochen danach - am 25. September 1990. Und es gibt auch die Aussage des Auswärtigen Amtes dazu, in der es heißt: "Der ursprünglich auf unbegrenzte Zeit abgeschlossene Aufenthaltsvertrag [Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland - auch Truppenstationierungsvertrag genannt] gilt auch nach Abschluss des 2+4-Vertrags weiter...". Fakt ist aber, dass der Satz weitergeht - und zwar mit der Aussage: "...er kann nun aber mit einer zweijährigen Frist gekündigt werden." Und so steht es tatsächlich auch in den ausgetauschten Noten. Das ist ganz entscheidend. Damit ist die Behauptung, mit dem Notenwechsel sei die Souveränität Deutschlands ausgehebelt, eindeutig widerlegt. Die Aussage des Auswärtigen Amtes findet sich auf dessen website in einem Beitrag vom 19.12.2019 zum Truppenstationierungsrecht. (2)

    Zu Falschdarstellung 2: Auch die Behauptung, welche Staaten an dem Notenwechsel beteiligt gewesen seien, trifft nicht zu. Russland war definitiv nicht beteiligt. Im ersten Schritt (25. September 1990) waren es neben Deutschland die drei Staaten USA, Frankreich und Großbritannien. In einem weiteren Schritt (16. November 1990) kamen noch Dänemark und Luxemburg hinzu.

    Zu Falschdarstellung 3: Die ausgetauschten Noten sind nicht geheim. Sie sind sehr wohl öffentlich zugänglich - als Bundesgesetzblatt (3).


Fußnoten:

1 Im Gespräch: Peter Orzechowski (1. August 2025)
Die beschränkte Souveränität Deutschlands
https://apolut.net/im-gespraech-peter-orzechowski-2/

2 Auswäritges Amt: Truppenstationierungsrecht, 19.12.2019
https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/regelbasierte-internationale-ordnung/voelkerrecht-internationales-recht/truppenstationierungsrecht-217066

3 Bundesgesetzblatt Jahrgang 1990, Teil II, Seiten 1390 bis 1393 (Punkt 3: Kündigung mit 2-Jahres-Frist)
Notenwechsel vom 25. September 1990 zum Vertrag über den Aufenthalt ausländischer Streitkräfte in der Bundesrepublik Deutschland
3 http://natoraus.de/bgbl290042_99955.pdf

Online-Flyer Nr. 850  vom 11.08.2025

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