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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Inland
Koalitionsverhandlungen für eine zukünftige deutsche Bundesregierung
Es darf nicht so bleiben
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Es gibt in der Tat viele verfahrene Probleme in Deutschland, die nicht gelöst werden, weil die Verantwortungsträger sie nicht erkennen. Der Mangel an Demokratieverständnis auf höchster Ebene ist dramatisch und desavouiert die Regierungsparteien, um die Balance zu finden und das Land richtig zu regieren. Es gibt keine Eliten in Deutschland als Grundlage für eine funktionierende Demokratie, d.h. es gibt keine höchst gebildeten Kreise, die mit Kompetenz und weiser Autorität das Land regieren können.

Nicht weiter gegen die großen Mehrheiten handeln

Katastrophal wäre, wenn die politische Spitze weiter gegen die großen Mehrheiten handelt. Die Politiker müssen endlich hören und verstehen, was die Menschen wahrnehmen und denken. Wo bleibt sonst ihr Demokratieverständnis? Aus dem Leitartikel von Christopher Caldwell, Senior Editor in der Financial Times vom 4./5.6.2005 wissen wir: "They (Americans) are for the most part, sympathetic to a stronger EU but are just as convinced that, without a freer, more open and more democratic political system, it will be neither attainable nor desirable."

In der Politik geht es um Programmatik, um Ziele für die Gesellschaft und Interessenausgleich, um sie zu erreichen. Was bietet in dieser Hinsicht eine Ampel-Koalition, was bieten ihre Kontrahenten aus CDU/CSU und AfD und wo verortet sich DIE LINKE? Das Ziel von weiterem Wirtschaftswachstum zu verfolgen, als ob darin die Lösung der gegenwärtigen sozialen Probleme liege, ist ein großer Denkfehler. Gerade diese Fehleinschätzung ist die Ursache des Scheiterns von Bundesregierungen auf sozialem Feld. Solange sie darauf bestehen, sind sie unfähig, realistische Zukunftsvisionen zu konzipieren. Neue katastrophale Folgen sind vorauszusehen.

Fehlbarkeit des deutschen politischen Systems

Fehlendes Verständnis von Staatsräson Deutschlands, fehlende funktionierende Rechtsstaatlichkeit, Abhängigkeit der Justiz von Parteien und Exekutive kennzeichnen in gravierendem Ausmaß die Fehlbarkeit des deutschen politischen Systems, das weit davon entfernt ist, eine klassische rechtsstaatliche Demokratie zu sein.

Die vernünftigen Kräfte aller Parteien sollten sich annähern aus Achtung des Souveräns, des Wählers, und aus Liebe zu Deutschland. Die Kanzler-Frage zu lösen ist Nebensache. Priorität sollte sein, gemeinsame Inhalte und Übereinstimmung über die politischen Ziele zu erreichen. Sonst ist Deutschland nicht regierbar. Nach einer guten nüchternen Überlegung und offenem Nachdenken würde sich eine Regierungsalternative profilieren. Eine Lösung, die dem Pluralismus entspräche. Folglich müsste die Linkspartei im Zentrum der Gespräche sein. Der Ausschluss der Linkspartei aus Sondierungen, feindselige, diffamierende Agitation und Fanatismus gegen sie offenbart einen gravierenden Mangel an demokratischer Kultur und hilft nur den rückständigen alten Kräften im Lande. Es wird offenbar, wie prekär die deutsche Demokratie in Wirklichkeit immer noch ist, wie sie immer noch in einer absurden antikommunistischen und antisozialistischen Dämonologie gefesselt bleibt.

Mangel an Rechtskultur

Eine Reihe von Ereignissen macht den Mangel an Rechtskultur und Zivilisation in Deutschland anschaulich. Dieses Defizit ist aber nicht neu, denn es tradiert seit Konrad Adenauer, der die territoriale Einheit Deutschlands opferte, indem er Westdeutschland lieber an eine fremde Macht band und unterwarf. Kanzler Helmut Kohl korrigierte diese Verfehlung nicht und so blieb die Staatsräson Deutschlands verkannt und verdreht, statt sie zur klaren Grundlage der deutschen Rechtskultur zu etablieren.

Da ist auch das Beispiel der Regierung unter SPD-Kanzler Helmut Schmidt mit seinem Verhalten zur Flugzeugentführung, die Mogadischu-Affaire 1977: Gerade der Mangel an rechtsstaatlichem Demokratieverständnis von Helmut Schmidt und seiner SPD-Entourage führte zum tragischen Verlauf bei der entführten Lufthansa-Maschine im Oktober 1977. Kanzler Schmidt verstieß gegen die Quintessenz der Demokratie, und zwar gegen das wesentlichste und wichtigste der Demokratie, nämlich gegen die Menschenrechte, gegen das Recht auf Leben, als er mit einer dreisten unberechenbaren Militäroperation ein Blutbad und das Leben von 91 Passagieren riskierte. Er machte sich damit verantwortlich für den Tod unschuldiger Passagiere als Folge seiner angeordneten unkalkulierbaren Befreiungsaktion. Treffend erlärte die Lufthansa-Hostess Gabriele Dillmann vor der Öffentlichkeit: "Ich hoffe, Sie können mich verstehen und meine Mitteilung weitergeben, auch an den Bundeskanzler: Wir werden alle sterben. Es wird hart sein. Wir sind alle zu jung zu sterben, auch die älteren unter uns, aber vielleicht ist es besser zu sterben als in einer Welt zu leben, wo es wichtiger ist, 9 Menschen im Gefängnis zu halten als 91 Menschen das Leben zu retten!"

Die Bundesregierung von Helmut Schmidt weigerte sich, mit den palästinensischen Entführern zu sprechen. Dagegen wollte die italienische Regierung kein Blutbad und keinen Ärger mit den Palästinensern. Trotz des Drucks der SPD-Bundesregierung ließ die italienische Regierung die Lufthansa-Maschine in Rom weiterfliegen. Ebenso handelten die arabischen Regierungen trotz aller Versuche des Bundeskanzleramtes von Helmut Schmidt, die Araber zu beeinflussen und sie zu bestimmen, das entführte Flugzeug zu stoppen.Aber die Araber wollten nicht in den Konflikt hineingezogen werden.

Bruch von Recht und Gesetz wie im Nazi-Faschismus der Vorfahren

Und heute: Verirrte NATO-Journalisten bleiben bei Bruch von Recht und Gesetz wie im Nazi-Faschismus ihrer Vorfahren. Was für eine liberale Demokratie soll das sein, die sich über Recht und Gesetz hinwegsetzt und überall mit dabei ist, Kriege zu führen und Menschen zu massakrieren? Ist diese Art von „Demokratie“ nicht als reiner Faschismus und Barbarei zu erkennen? Gerade seit dem unaufgeklärten US-Attentat 9/11 erleben wir den Verfall in faschistische Verhältnisse. Darüber sollten Redaktionen einmal besonnen und gründlich nachdenken, ohne mit falschen Gewissheiten verblendet und gelähmt zu bleiben.

Staatsraison gebietet: Abrüstungsinitiative vorantreiben, aus der NATO austreten, alle Truppenstationierungsverträge kündigen

Die zukünftige Regierung in Berlin sollte eine Abrüstungsinitiative vorantreiben. Von der Hochrüstung - konventionell wie atomar - geht eine unermessliche Gefahr aus, erst recht vom bestehenden US-Atombombenarsenal in Europa, darunter Deutschland. Die Modernisierung dieser tödlichen Waffen zu kleineren Atombomben, immerhin jede einzelne von der Stärke, die die USA auf Hiroshima abwarfen, senkt die Schwelle für einen Atomkrieg. Die zukünftige Regierung ist aufgerufen, aufgrund der Staatsräson Deutschlands den Austritt Deutschlands aus dieser aggressiven kriminellen NATO-Allianz anzumelden und alle Truppenstationierungsverträge für fremde Truppen zu kündigen. Das verlangt die Sicherheit ganz Europas und das Überleben der europäischen Bevölkerung. Alles andere geht das Risiko ein, dass der offen ausgesprochene US-Konfrontationskurs gegen Russland zum Krieg führt, dessen Schauplatz zweifellos Zentral-Europa sein wird, denn hier in Deutschland befinden sich die US-Befehlsbunker, stehen die US-Abschussrampen, die auf Russland zielen, hier werden die modernisierten US-Atomsprengköpfe lagern, hier ist das Gebiet, der Kriegsschauplatz, wofür in Pentagon-Schubladen schon lange US-Kriegspläne gegen Russland liegen.

Verfahrener Kurs der Bundesregierung - Einmischung in das Rechtssystem der Türkei

Evelyn Galinski stellt in ihrem Kommentar (26.10.2021) „Wenn Lügen, Aggressionen und Besatzung zur deutschen Staatsräson gehören“ den verfahrenen Kurs der Bundesregierung an den Pranger. Hier daraus einige Ausschnitte:

"Eine gefährliche Entwicklung liegt in der Luft und rückt in greifbare Nähe. In Zeiten der Feindbilder droht doch tatsächlich eine deutsche 'Kriegsministerin', A. Kramp-Karrenbauer, mit dem 'Weg der Abschreckung' gegenüber Russland, mit allen Konsequenzen der Nato-Strategien, die auch Nuklearwaffen nicht ausschließen... Da erdreistet sich eine auf der ganzen Linie gescheiterte Ministerin, die demnächst glücklicher Weise aussteigen wird, nur 76 Jahre nach Kriegsende des deutschen Angriffskrieges gegen Russland mit 27 Millionen Kriegstoten, einem Land, dem wir großes Leid wie die schreckliche Blockade und die Aushungerung von Leningrad zufügten, von dem fast jede russische Familie, auch die von Präsident Putin, betroffen war, die Drohung, notfalls auch einen nuklearen Krieg nicht auszuschließen. Und das einem Land, das Auschwitz befreite und dem wir so viel zu verdanken haben. Ausgerechnet die Einmischung von Ländern wie die USA, die bis jetzt nicht daran denken, ihr menschenrechtswidriges Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba zu schließen. Dort sitzen Gefangene ohne Anklage immer noch nach fast 20 Jahren hinter Gittern, denen man jegliche Rechte verweigert und noch nicht mal ein ordentliches Gerichtsverfahren gestattet. In ihrem weltweiten 'Krieg gegen den Terror' missachten die USA auch den europäischen Luftraum und benutzen europäische Länder für Entführungen und Folter, für geheime Lager, während die Europäer dazu beide Augen zudrücken und schweigen. Das alles gehört offensichtlich zu den immer wieder gepriesenen 'westlichen Werte'."

Ohne Respekt für die Souveränität eines Landes mischt man sich seitens des Westens gerade in das Rechtssystem der Türkei ein. Die Türkei hat sich inzwischen zu einem der wichtigsten Akteure in Katar, Somalia und Afghanistan entwickelt. Alles das geht gegen die US-Dominanz, gegen ihre NATO, wo man kurzsichtig und heuchlerisch agiert.

Als Präsident Erdogan Botschafter von EU-Staaten aus dem Land ausweisen wollte, versicherten jene Botschafter, sich an die diplomatischen Geflogenheiten halten zu wollen und die Wiener Konvention zu beachten, künftig vorsichtiger aufzutreten und die Souveränität der Türkei, ihre Gesetze zu respektieren. Erdogan sah diese Erklärung mit Genugtuung als Rückzug und Einlenken. Er verbat sich jegliche zukünftige Einmischung in die türkische Justiz. Die ganze Angelegenheit wurde dann seitens der Türkei vorerst als geklärt bezeichnet.

Ungeheuerlichkeit: Staatsräson in der Sicherheit eines anderen Landes

Evelyn Galinski weiter: "Einmalig in der Welt, da es sonst keinen Staat in der Welt gibt, dessen Regierung die Staatsräson in der Sicherheit eines anderen Landes besteht. Nicht einmal der wichtigste Verbündete, die USA, haben diese Ungeheuerlichkeit der 'Staatsräson für die Sicherheit Israels' verkündet. Es ist zu hoffen, dass nach Merkels Abgang auch dieser unsägliche Passus verschwindet, der weder ein geschriebener Rechtsbegriff noch ein Zeichen von Demokratieverständnis zeigt. Aber davon ist leider bei dieser neuen Ampelkoalition, deren 'zentraler Pfeiler' das transatlantische Bündnis und die Nato ist, nicht auszugehen..." („Wenn Lügen, Aggressionen und Besatzung zur deutschen Staatsräson gehören“ von Evelyn Galinski, 26.10.2021)

Mutig und entschlossen gegen alle diejenigen, denen ein Menschenleben nichts bedeutet

Pflichtbewusste Staatsbürger, ehrliche und intelligente Menschen kämpfen mutig und entschlossen gegen Korruption, Habgier und Gewalt, gegen Ungerechtigkeit, gegen alle diejenigen, denen ein Menschenleben nichts bedeutet. Gegen diese Verbrecher und ihre Komplizen ist hart, unermüdlich und mutig zu kämpfen. Es darf nicht so bleiben, dass die Herrschaft der Menschen über den Menschen zu einem verborgenen schamlosen Wahn mit gefährlichen Irren wird, die von den untersten Stufen bis zur den obersten Etagen agieren und agitieren; ein Wahnsinniger ist zu allem fähig: Das Verbrechen ist Teil des Lebens und Praxis dieser skrupellosen Kreise geworden. Erpressung und erpresst zu werden, wird ihre alltägliche Gewohnheit, ja Teil ihres täglichen Lebens, sowie Mord und Totschlag, und alles das ist ihnen erträglich!


Verfasst am 04.11.2021


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 780  vom 10.11.2021

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