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WANTED - Julian Assange, ein Leben
Folge 9: DIE ERSTEN LEAKS - DIE KENIA-AFFÄRE (2007)
Von Delphine Noels (Belgium4Assange) in Zusammenarbeit mit Marc Molitor, Pascale Vielle und Bogdan Zamfir - ins Deutsche übersetzt von Claudia Daseking

Ab Ende Oktober 2021 geht es in London wieder um den Antrag der USA auf Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Am 27. Oktober 2021 wird das Berufungsgericht zum ersten Mal tagen. Die Zeit bis dahin begleitet die NRhZ mit einem CountDown von 34 Folgen über das Leben von Julian Assange. Sie wiederholt damit den Countdown von Belgium4Assange, der zum 4. Januar 2021 führte, als die britische Justiz ihr Urteil im Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange in der ersten Instanz gesprochen hatte. Belgium4Assange schrieb dazu: "Was steht bei diesem Prozess auf dem Spiel? Inwiefern betrifft uns das persönlich? Schwierig, hierzu klare Vorstellungen zu haben, da so viele Falschmeldungen und Desinformationen kursieren... Tag für Tag zeichnen wir seinen Weg voller Überraschungen und Enthüllungen nach und richten den Blick auf die näheren Umstände einer der fundamentalsten Kämpfe unserer Zeit." (Auf der website pour.press auf Französisch nachzulesen). Hier jetzt Folge 9:


Jetzt ist es an der Zeit, WikiLeaks der Öffentlichkeit vorzustellen und seine Fähigkeiten zu testen.

2007 besucht Julian Assange mit seinem Freund Matt Smith das Weltsozialforum in Nairobi. Er hofft, mehrere NGOs vor Ort treffen zu können, die bei dieser Veranstaltung anwesend sein würden. Sobald er Kenia betritt, fühlt er sich sofort mit dem Land und Afrika insgesamt verbunden. Er nimmt auch das hohe Maß an Korruption im politischen System Kenias wahr.

Seit 2002 ist Mwai Kibaki an der Macht. Er wurde mit Unterstützung einer Anti-Korruptions-kampagne gewählt, die nach 24 Jahren Regierungszeit von Daniel Arap Moi bei der Bevölkerung sehr populär war. Kurz nach seinem Wahlsieg 2002 beauftragte Kibaki die britische Firma "Kroll Associates", die Korruption während der Regierungszeit von Moi zu untersuchen. Die Firma hat einen sehr detaillierten und belastenden Bericht erstellt, aber Kibaki beschließt, ihn nicht zu veröffentlichen. Mit diesem Schritt streut er den Bürgern Kenias Sand in die Augen. Er war eine Täuschung, die nur dazu diente, Wähler zu bekommen und an die Macht zu gelangen. Sobald er auf dem Stuhl des Präsidenten sitzt, hört er hier nicht auf. Er schafft ein alarmierendes System zur Unterdrückung der Meinungs- und Pressefreiheit. (Die Büros von Standard, einer großen kenianischen Zeitung, werden auf Anordnung der politischen Machthaber durchsucht.) Kenia bereitet sich auf die Wahlen 2007 vor und Kibaki beabsichtigt, für eine weitere Amtszeit zu kandidieren. Dazu erhält er Hilfe vom ehemaligen Präsidenten Moi!

Angesichts dessen legt Julian die Hände nicht in den Schoß. Wikileaks veröffentlicht auf seiner Website den Bericht von Kroll Associates, den Präsident Kibaki geheim halten wollte. Die britische Zeitung The Guardian gab die Informationen weiter und verursachte in der internationalen Presse einen Aufschrei. Der Bericht enthüllt die Existenz eines Netzwerks aus Scheinfirmen, geheimen Trusts und Strohmännern, die mehr als zwei Milliarden Dollar an öffentlichen Geldern gestohlen haben, und zeigt, wie die Finanzen des kenianischen Staates auf der ganzen Welt gewaschen wurden, durch den Kauf von Immobilien und Unternehmen in London, New York und Südafrika einschließlich einer 10.000 Hektar großen Ranch in Australien. Die Beträge, um die es ging, waren kolossal und vergleichbar mit der Plünderung durch Kleptokraten wie Mobutu (Zaire), Marcos (Philippinen), Abacha (Nigeria), Suharto (Indonesien) und Fujimori (Peru). Viele westliche Länder sind an diesen Operationen beteiligt: ??Australien, Belgien, Brunei, Kanada, Finnland, Deutschland, die Cayman-Inseln, Israel, Italien, Japan, Jersey, Liechtenstein, Liberia, Luxemburg, Malawi, Namibia, die Niederlande, Puerto Rico, Russland, Somalia, Südafrika, Sudan, die Schweiz, die Vereinigten Arabischen Emirate, Uganda, das Vereinigte Königreich, die USA und Zaire.

 Und Julians Hypothese über die Notwendigkeit eines Projekts wie Wikileaks bestätigt sich: Die Veröffentlichung dieses Berichts verändert das Ergebnis der Wahlen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, hier war er: Wikileaks ist ein entscheidendes Werkzeug für das ordnungsgemäße Funktionieren von Demokratien.

Wikileaks setzte seine Veröffentlichungen über Kenia fort. Im November 2008 brachte die Publikation mit dem Titel „The Cry of Blood“ Julian Assange den Amnesty International Medienpreis 2009 ein. Bei der Verleihung der Amnesty International Awards am 3. Juni 2009 nahm Julian Assange den Preis entgegen und sagte: "Es ist ein Zeichen des Mutes und der Stärke der kenianischen Zivilgesellschaft, dass diese Ungerechtigkeit dokumentiert wurde. Dank der mutigen Arbeit von Organisationen wie der Oscar Foundation, dem KNHCR, der Mars Group Kenya und anderen hatten wir die Unterstützung, die wir brauchten, um diese Mordtaten auf der ganzen Welt zu verbreiten. Ich weiß, dass sie keine Ruhe geben werden, und dass wir keine Ruhe geben werden, bis der Gerechtigkeit genüge getan ist. "

Bitteschön. Das war die neunte Folge von WANTED, der Serie, die Sie zur Herzkammer unserer Welt führt und Ihnen ihre verborgenen Seiten enthüllt.
Morgen wird Julian ein erstes Dokument über das US-Gefängnis in Guantánamo erreichen…



Quellen:

The most dangerous man in the world, Andrew Fowler, Skyhorse Publishing, 2011
The unauthorized autobiography, Julian Assange, Canongate Books Ltd, 2011.
Artikel im Guardian:
https://www.theguardian.com/world/2007/aug/31/kenya.topstories3
https://www.theguardian.com/world/2007/sep/01/politics.kenya
Berichterstattung von afrikanischen Medien zu den Wikileaks-Enthüllungen in Kenia::
https://www.jeuneafrique.com/dossiers/afrique-la-bombe-wikileaks/
https://www.jeuneafrique.com/137721/politique/wikileaks-le-cocktail-africain/
Das Buch “WikiLeaks Files, The World according to US Empire » éditions VERSO, 2016 cwidmet ein Kapitel Afrika.

Links auf der WikiLeaks-Seite:

Murder in Nairobi: Wikileaks related human rights lawyers assassinated
Kenya: The Cry of Blood - Report on Extra-Judicial Killings and Disappearances, Sep 2008
Kenyan assassinations: slain human rights lawyer Oscar Kamau Kingara letter to the International Criminal Court, 1 Jan 2009
Oscar Foundation - assassinated Kamau Kingara final report - The Veil of Impunity, 9 Oct 2008
Oscar Foundation letter to Minister for Internal Security over extra-judicial killings in Kenya, 14 Oct 2008
US Ambassador to Internal Security head over Kenyan assassination
Kenya: Waki Commission of Inquiry into Post-Election Violence final report, 15 Oct 2008
Cooperate with FBI, Raila tells Kenya police
Demonstrators accuse police over disappearance of kin
International Criminal Court will handle politicians but who will tame police
Raila now attacks security agencies
Two Kenyan rights activists shot dead
UN group to probe poll chaos deaths
UN probe indicts Kenya on police killings


Link zu Folge 8: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27671

Link zu Folge 10: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27673


Siehe auch:

In einer Zeit, in der unter dem Deckmantel der Gesundheitsvorsorge eine ungeahnte digitale Überwachungsstruktur etabliert wird, fehlt WikiLeaks
Julian Assange: dem kommenden Überwachungsregime trotzen!
Von Erich Sturm
NRhZ 777 vom 22.09.2021
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27648

Online-Flyer Nr. 777  vom 30.09.2021

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