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WANTED - Julian Assange, ein Leben
Folge 6: MATHEMATIK ALS WEG IN DIE ZUKUNFT
Von Delphine Noels (Belgium4Assange) in Zusammenarbeit mit Marc Molitor, Pascale Vielle und Bogdan Zamfir - ins Deutsche übersetzt von Claudia Daseking

Ab Ende Oktober 2021 geht es in London wieder um den Antrag der USA auf Auslieferung von Wikileaks-Gründer Julian Assange. Am 27. Oktober 2021 wird das Berufungsgericht zum ersten Mal tagen. Die Zeit bis dahin begleitet die NRhZ mit einem CountDown von 34 Folgen über das Leben von Julian Assange. Sie wiederholt damit den Countdown von Belgium4Assange, der zum 4. Januar 2021 führte, als die britische Justiz ihr Urteil im Auslieferungsverfahren gegen Julian Assange in der ersten Instanz gesprochen hatte. Belgium4Assange schrieb dazu: "Was steht bei diesem Prozess auf dem Spiel? Inwiefern betrifft uns das persönlich? Schwierig, hierzu klare Vorstellungen zu haben, da so viele Falschmeldungen und Desinformationen kursieren... Tag für Tag zeichnen wir seinen Weg voller Überraschungen und Enthüllungen nach und richten den Blick auf die näheren Umstände einer der fundamentalsten Kämpfe unserer Zeit." (Auf der website pour.press auf Französisch nachzulesen). Hier jetzt Folge 6:


Im Jahr 2003 beginnt Julian Assange an der Universität von Melbourne Astrophysik zu studieren.

Warum Astrophysik? Sein Ziel war, über Ungerechtigkeiten in der Welt in mathematischen Begriffen und basierend auf der Quantenphysik nachzudenken. Noch ehrgeiziger, versuchte er, "...die Verbindung zwischen mathematischer Wahrheit und moralischer Notwendigkeit" aufzudecken. Er sagte später: "In der Quantenphysik muss man, um die Wahrheit zu erkennen, sein eigenes Verhalten beim Aufbau eines Experiments genau betrachten und sehen, wie stark das Ergebnis von dem beeinflusst wurde, was man getan hat und wie man es getan hat. (…) Man muss untersuchen, wie die Dinge konstruiert sind und wie man selbst seine eigene Sichtweise konstruiert hat (…). Je mehr ich mich mit den Eigenschaften der Quantenmechanik befasste, desto besser verstand ich, dass sie mir helfen könnte, das zu entwickeln, was ich aufzubauen versuchte: eine Theorie des Wandels, eine Theorie der vom Menschen initiierten Veränderung in der Welt."

Während dieser Zeit wird das Thema "Information" zu seiner Hauptbeschäftigung. Er stellt sich eine Informationspipeline vor, die sich auf den Zustand der Gerechtigkeit auswirkt. Er beobachtet die Pipeline mit Fragen: Wie bewegen sich die Nachrichten? Wer baut die Pipeline, wer bezahlt sie? Er sagt: „Ich fing an, Informationen als Materie zu betrachten, und ich begann zu untersuchen, wie sie unter Menschen und in der Gesellschaft zirkulieren und wie das Eintreffen neuer Informationen Veränderungen bewirkt. Stellen wir uns vor, es gibt eine Pipeline, durch die Material zu den Schnittpunkten fließen kann, die zu einen Zustand von Gerechtigkeit führen."

Zu dieser Zeit wurde ihm klar er, dass er ein "Informationsträger" werden könnte und er entwickelte einen Begriff vom "wissenschaftlichen Journalismus": Er würde darin bestehen, nicht Zugang zu redigierten Zeitungsartikeln zu geben, in denen die Informationen je nach Standpunkt des Journalisten voreingenommen sein können, sondern Zugriff auf alle Rohinformationen zu bieten, die von einem Kommentar des Journalisten begleitet werden können. Durch den Zugriff auf alle Informationen hat der Leser alles, was er und sie braucht, um sich eine eigene Meinung zu bilden.

Das Wikileaks-Projekt steht kurz vor seiner Konzeption.

Einer seiner alten Hackerfreunde, den Julian 2009 auf dem Chaos Congress (Treffen des Chaos Computer Club) getroffen hat, gibt ein Zeugnis von Julian darüber, was ihn dazu gebracht hätte, WikiLeaks zu erstellen: „Julian hat mir gesagt, dass seine Abschlussarbeit an der Universität von Melbourne durch ein Stipendium der US-Regierung finanziert wurde, genauer gesagt durch NSA- und DARPA-Gelder, die anscheinend für Grundlagenforschung im Bereich Sicherheit verwendet werden sollten. Es war eine Zeit, als die Bush-Regierung und das Verteidigungsministerium anscheinend einen großen Teil der Grundlagenforschung als geheim klassifizierten und aus dem Universitätsbestand abzogen. Diese Universitäten bekamen die Nachricht, dass sie nicht mehr an der Forschung arbeiten konnten, die sie machten, und dass das, was sie bereits getan hatten, als geheim eingestuft wurde. Sie waren nicht einmal autorisiert zu wissen, was sie bereits entdeckt hatten.

Laut Julian hat die US-Regierung ein solches Netz ausgeworfen, dass sogar wissenschaftliche Grundlagenforschung, deren Ergebnisse immer offen publiziert wurden, in das Netz der amerikanischen Geheimhaltung hineingefegt wurde. Wie Sie sich vorstellen können, hat das Julian nicht gefallen, da seine Arbeit auch von einer dieser Finanzierungslinien für Grundlagenforschung finanziert und jetzt abgezogen wurde... Hier haben wir also einen Nicht-US-Bürger einer ausländischen Universität, der ein Hochschulstudium absolviert, und die Regierung der Vereinigten Staaten kommt daher und entzieht ihm nicht nur die finanziellen Mittel und würgt sein Studium ab, sondern hindert ihn auch daran zu wissen, was genau finanziert wurde. Zu diesem Zeitpunkt, sagte Julian, beschloss er, sich der Aufdeckung von Organisationen zu widmen, die versuchten, Geheimnisse zu bewahren und Informationen zurückzuhalten, um die Massen ignorant und benachteiligt zu halten."

Dies war die 6. Folge der Serie Wanted – die Geschichte von Julian Assange, die Sie in die Herzkammer unserer Welt führt und Ihnen ihre versteckten Seiten enthüllt. Julian Assange ist jetzt bereit, WikiLeaks zu erfinden...


Quelle:

The most dangerous man in the world, Andrew Fowler, Skyhorse Publishing, 2011
The unauthorized autobiography, Julian Assange, Canongate Books Ltd, 2011.
Zeugnis des Hackerfreunds von Julian:
https://pando.com/2013/09/14/how-the-us-government-inadvertently-created-wikileaks/


Julians Lesetip:
Empire and Communications, Harlod Innis, Oxford: Clarendon, 1950


Link zu Folge 5: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27668
Link zu Folge 7: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27670


Siehe auch:

In einer Zeit, in der unter dem Deckmantel der Gesundheitsvorsorge eine ungeahnte digitale Überwachungsstruktur etabliert wird, fehlt WikiLeaks
Julian Assange: dem kommenden Überwachungsregime trotzen!
Von Erich Sturm
NRhZ 777 vom 22.09.2021
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=27648

Online-Flyer Nr. 777  vom 27.09.2021

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