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Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

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Kommentar
Was hat es mit Gerhard Hanloser und Peter Ullrich auf sich?
Doppelbödiges Spiel von Antideutschen?
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Es ist bemerkenswert, dass Autoren, die im "antideutschen" Spektrum – also als im Interesse imperialer Mächte wie USA und Israel operierende Kräfte – in Erscheinung getreten sind, (neuerdings) in einer Weise veröffentlichen, die zu ihrem sonstigen (früheren) Auftreten im Widerspruch zu stehen scheint. Zwei Autoren, bei denen diese Doppelbödigkeit auffällt, sind Gerhard Hanloser und Peter Ullrich, um deren Veröffentlichungen es auch in einer Reihe von Artikeln in der Neuen Rheinischen Zeitung (NRhZ) geht. Das ist Anlass für die folgenden Anmerkungen.

Gerhard Hanloser

So hat Gerhard Hanloser, Autor des 2019 erschienenen Buches "Querfront – Skizzen des antideutschen Betrugs" (1), z.B. mehrfach für das Schlachtschiff der "Antideutschen", das Wochenblatt "Jungle World" geschrieben – und das in einer den "Antideutschen" gemäßen Weise.

2014 verwendet er den imperialistischen Kampfbegriff "Assad-Regime", beschreibt "Rojava" als "fortschrittliches, multiethnisches und multireligiöses Projekt", ohne die Kollaboration der im ressourcen-reichen Norden Syriens operierenden "Volksverteidigungseinheiten YPG" mit den USA zu erwähnen, bei der es um den räuberischen Zugriff auf die Ölquellen, um Regime-Change (also die Beseitigung des gewählten Präsidenten Assad) und die Zerschlagung Syriens geht. (2)

2011 bezeichnet er Gaddafi als "libyschen Diktator" (3), und es findet sich in diesem Zusammenhang ein Satz wie dieser: "Tatsächlich kann man über die Unterstützung, die Gaddafi durch Venezuelas Westentaschendiktator Hugo Chávez erfährt, nur den Kopf schütteln." (3) Und der Tageszeitung "junge Welt", in der damals noch ein Werner Pirker antiimperialistische Positionen vertrat, verpasst er – wie so mancher Autor aus dem Spektrum der Herrschaftsmedien – das Attribut "stalinistisch". "Die stalinistische Junge Welt schnitzt sich die arabische Revolte einfach so hin, wie sie will", schreibt Hanloser (3), was gerne von anderen Autoren in der "Jungle World" aufgegriffen wird: "Gerhard Hanloser (Jungle World 16/2011) wies bereits darauf hin, dass sich die stalinistische 'Junge Welt' die vermeintlich antiwestliche Gefühlslage der arabischen Straße zurechtlügen muss, um die libysche Diktatur als authentischen Ausdruck der dortigen Zustände zu rationalisieren." (4)

Und auch noch 2018 war das Verhalten von Gerhard Hanloser nicht anders. Beim Kongress der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP) in Berlin wird er als Autor u.a. der "Jungle World" vorgestellt, sitzt er zusammen mit Werner Rügemer, der über die fragwürdige Rolle von Herbert Marcuse auf Seiten der USA spricht, auf dem Podium und hält eine Art Gegenreferat. Anders als Werner Rügemer stellt er Herbert Marcuse als jemanden dar, der für die USA (ehrenhaft) gegen den Hitler-Faschismus gearbeitet hat, ohne zu erwähnen, wie die USA den Hitler-Faschismus befördert haben. (Siehe NRhZ vom 21.03.2018 (5))

Die Verklärung von Herbert Marcuse betreibt Hanloser 2018 auch in der von ihm seinerzeit als "stalinistisch" verteufelten "jungen Welt". (Was ist da inzwischen mit der "jungen Welt" geschehen, in der Hanloser in den vergangenen Jahren häufiger schreibt als in "Jungle World"?) Während Springers "Welt" in nicht zu überbietender Deutlichkeit schreibt: "Linke Intellektuelle erforschten im Kalten Krieg neue Wege der Kommunismusbekämpfung. Zu ihnen gehörte auch der Philosoph Herbert Marcuse." (6) und Werner Rügemer in Marcuses Wirken und Denken "Rockefeller-Marxismus" diagnostiziert (7), wird das Operieren Marcuses für das US-Imperium in Hanlosers junge-Welt-Artikel über die 68-Bewegung ausgeblendet. Stattdessen geht es in erster Linie um Marcuses Eros-Betrachtungen. (8)

Peter Ullrich


Und auch Peter Ullrich, der in den Artikeln "Bedrohte Grundrechte durch Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs" von Annette Groth (9) und "Test der 'Arbeitsdefinition Antisemitismus' – Ergebnis: Mangelhaft" von Georg Meggle (10) erwähnte Autor des Gutachtens der Rosa Luxemburg Stiftung zur IHRA-Antisemitismus-Definition, in der er "gravierende Mängel" feststellt, ist in früheren Jahren in typisch "antideutscher" Weise in Erscheinung getreten.

Bei einer Veranstaltung der Initiative "Aachener Friedenspreis", über die die NRhZ am 01.02.2012 unter dem Titel "Phantom Antisemitismus – Israels Kampf um Aachen geht weiter beim Aachener Friedenspreis" berichtet hat (11), attackierte er – wie seinerzeit in Kreisen der zionistischen Israel-Lobby über Jahre üblich – auf perfide Weise Walter Herrmann und dessen "Kölner Klagemauer für Frieden und Völkerverständiung". Er projizierte – wie gewohnt aus dem Zusammenhang gerissen – die Karikatur, die auf krasse Weise das israelische Gaza-Massaker im Winter 2008/9 anprangert und die zeitweise an der Klagemauer – allerdings als Bestandteil eines in der deutschen Presse veröffentlichten DPA-Fotos von einer Demonstrantin in Indien, die ein Schild mit der Karikatur in Händen hält – zu sehen war, um Walter Herrmann und seiner Klagemauer Antisemitismus unterzuschieben. Im Stile von Henryk M. Broder kombinierte er die Karikatur zudem noch mit anderen Darstellungen, z.B. aus dem "Stürmer“ der Nazis.

Und in einem vom "Zentrum Technik und Gesellschaft" an der TU Berlin veröffentlichten "Forschungsbericht" zu den "Montagsmahnwachen für den Frieden", der im NRhZ-Artikel "Teile und Herrsche – Zur Auseinandersetzung über die 'alte' und 'neue' Friedensbewegung" (12) vom 18.06.2014 Erwähnung findet, ist folgender Satz zu lesen: „Besonders antiamerikanische und verschwörungstheoretische, aber auch antizionistisch-antisemitische und autoritäre Einstellungen haben eine teils große Verbreitung.“ Dieser Satz vereint in sich fast alle gängigen Kampfbegriffe zur Diskreditierung von Aufklärung und berechtigter Kritik an kriminellen Machenschaften der Kriegstreiber. Und im Stile der israelischen Hasbara (Propaganda) vermengt er undifferenziert die Begriffe "Antizionismus" und "Antisemitismus". Zu den Autoren des "Forschungsberichts" gehört Peter Ullrich.

Abschließende Fragen

Was hat es also mit Gerhard Hanloser und Peter Ullrich auf sich? Was verfolgen sie mit Veröffentlichungen, die in einer kritischen Öffentlichkeit positive Beachtung finden – Gerhard Hanloser mit seinem Buch "Querfront – Skizzen des antideutschen Betrugs" und Peter Ullrich mit seiner Kritik an der Antisemitismus-Definition der "International Holocaust Remembrance Alliance" (IHRA)? Haben sie einfach nur dazugelernt und sind geläutert, oder ist es eine Art von Umarmungsstrategie, die sie praktizieren, um sich in linke, kritische Kreise einzuschmeicheln? Stellen sie sich als Kritiker imperialer Mächte wie USA und Israel dar, um zu verdecken, dass sie in deren Sinne operieren? Wird die Antisemitismus-Definition kritisiert, um die Antisemitismus-Debatte zu befeuern und dabei gleichzeitig das Thema BDS aus dem Diskurs herauszuhalten? Wie ist es sonst erklärbar, dass die "linke" Rosa-Luxemburg-Stiftung die Antisemitismus-Definition kritisieren lässt, DIE LINKE aber gleichzeitig eine Anti-BDS-Erklärung in den Bundestag einbringt? Haben wir es im Sinne des Strategen Sunzi mit geschickt eingefädelten Täuschungsmanövern zu tun? Soll uns suggeriert werden, die "Antideutschen" seien entlarvt, hätten sich überlebt und damit ausgedient – nach der Devise: stelle etwas als schwach dar, was tatsächlich äußerst stark ist, stelle etwas als tot dar, was äußerst lebendig ist?


Fußnoten:

1 Gerhard Hanloser: "Querfront – Skizzen des antideutschen Betrugs"
Abgesang auf die Antideutschen
Buchbesprechung von Arn Strohmeyer
NRhZ 729 vom 11.12.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26427

2 Der Terror des IS, die Linke und der Frieden
Welche Waffen? Welche Kritik?
Gerhard Hanloser am 13.11.2014 in "Jungle World"
https://jungle.world/artikel/2014/46/welche-waffen-welche-kritik

3 Der Krieg in Libyen und die antiimperialistische Linke
Linke Neusortierung
Gerhard Hanloser am 21.04.2011 in "Jungle World" (16/2011)
https://jungle.world/artikel/2011/16/linke-neusortierung

4 Über die deutsche Linke und die arabischen Aufstände
Gaddafi muss weg!
Sebastian Voigt am 28.04.2011 in "Jungle World"
https://jungle.world/artikel/2011/17/gaddafi-muss-weg

5 Kongress der Neuen Gesellschaft für Psychologie (NGfP), Berlin, 8.-11.3.2018
Gesellschaft ohne Opposition?
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 651 vom 21.03.2018
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=24695

6 Warum arbeitete Marcuse für den US-Geheimdienst?
Linke Intellektuelle erforschten im Kalten Krieg neue Wege der Kommunismusbekämpfung. Zu ihnen gehörte auch der Philosoph Herbert Marcuse.
Richard Herzinger am 03.03.2011
https://www.welt.de/kultur/history/article12687621/Warum-arbeitete-Marcuse-fuer-den-US-Geheimdienst.html

7 Rockefeller-Marxismus?
Werner Rügemer über die Kapitalismus-Analyse der 1968er Ikone Herbert Marcuse
KROKODIL 24 (März 2018)

8 68er-Bewegung – Autoritäre Charaktere
Die linke 68er-Bewegung wurde von Anfang an attackiert. Doch die damals breit rezipierten Theorien aus dem Umfeld der Frankfurter Schule dienen noch heute der Entlarvung der Haltungen und Ideologien der Rechten
Gerhard Hanloser in "junge Welt" vom 31.01.2018
https://www.jungewelt.de/artikel/326420.autorit%C3%A4re-charaktere.html

9 Der Kampf um Meinungsfreiheit und für die Gemeinnützigkeit von Organisationen, die gegen Rechtsextremismus kämpfen
Bedrohte Grundrechte durch Instrumentalisierung des Antisemitismusvorwurfs
Von Annette Groth
NRhZ 729 vom 11.12.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26426

10 Test der "Arbeitsdefinition Antisemitismus"
Ergebnis: Mangelhaft
Von Georg Meggle
NRhZ 724 vom 06.11.2019
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=26319

11 Israels Kampf um Aachen geht weiter beim Aachener Friedenspreis
Phantom Antisemitismus
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 339 vom 01.02.2012
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17451

12 Zur Auseinandersetzung über die "alte" und "neue" Friedensbewegung
Teile und Herrsche
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann
NRhZ 463 vom 18.06.2014
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=20469

Online-Flyer Nr. 729  vom 11.12.2019

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