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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Globales
Scheitern des Neoliberalismus in ganz Europa ein Tabu
Plünderndes neoliberales System mit seinen Interventionskriegen
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Das wahre wirtschaftliche Problem, das ganz Europa betrifft, ergibt sich aus dem Scheitern des Neoliberalismus und der Europa-Politik. Dieses Scheitern bleibt medial und politisch tabu, unantastbar. Zu Recht sagte Ulrike Guérot, Politologin an der European School of Governance: "Man muss erst einmal sagen, welches Europa man befürwortet. Dieses sicherlich nicht. Da sind wir in einer ganz großen Krise, in einer institutionellen und politischen Krise, nicht nur in einer Griechenland-Krise." (ARD-Fernsehsendung "Hart aber Fair" am 23.6.2015)

Deutsches Establishment in seinem Nerv getroffen

Abgesehen von diesem seltenen Lichtblick in den Medien geht die Wirklichkeit an Medien und EU-Politikern vorbei. Die griechische Bevölkerung hat zuerst die bisherige neoliberale Politik abgewählt, die geradewegs zu ungeahnter Plünderei und Verarmung führt. Abgewählt waren deshalb die griechischen Schwesterparteien von CDU/CSU und SPD. Die Regierungsmacht gelang in die Hände der griechischen Schwester von der Partei DIE LINKE. Damit war das deutsche Establishment in seinem Nerv getroffen. Es zeigte sich paralysiert.

Inkompetenz in Sachen Europa-Politik bei den etablierten Parteien: Währungsunion ohne politische Union nicht machbar

Die Inkompetenz in Sachen Europa-Politik bei den etablierten Parteien ist offen anzusprechen. Ulrike Guérot, Politologin an der European School of Governance sinngemäß in ARD-Talkshow "Hart aber Fair", 23.6.2015: "Der Chef der Europäischen Zentralbank Herr Draghi sagte 2012, wir werden alles in unserer Macht stehende tun und es wird genug sein. Das war das Versprechen der Europäischen Zentralbank, das uns drei Jahre lang in dem Krisenwahnsinn gehalten hat, weil die Politik nicht geliefert hat. ... Wir haben die politische Union seit 20 Jahren verschleppt. Wir alle in der Politik, die sich mit dem Thema beschäftigten, wussten, dass wir eine Währungsunion ohne politische Union nicht machen können. Es kann innerhalb einer Währungszone keine nationalen Volkswirtschaften geben." Das heißt, entweder die europäischen Regierungen der Euro-Zone schließen sich als Föderation zusammen unter einer gemeinsamen Regierung mit gemeinsamem Parlament und formen damit eine einzige Volkswirtschaft oder aber die gemeinsame Währung wird sich nicht halten lassen und die EU in ihrer jetzigen Form zerstören. Dem plündernden neoliberalen System mit seinen Interventionskriegen überall folgen humanitäre Katastrophen und Flüchtlinge in einem nie gesehenen Ausmaß.

Volksentscheid zur EU der Kürzungs- und Streichdiktate und Bankenrettungen

Seit der Meldung damals der Regierung in Athen, ein Volksentscheid über das Kürzungsdiktat der Gläubiger durchführen zu wollen, nahm die Präsenz deutscher und EU-Reaktionäre in den Medien und Politik-Sendungen zu. Die griechische Stimme war und ist auch heute nicht mehr zu hören, kein begründetes Kontra aus dem Lager der Linken. Aber würde auch in Deutschland ein Volksentscheid stattfinden, um die deutsche Bevölkerung über dieses Europa der Kürzungs- und Streichdiktate, der Bankenrettungen mit Milliarden von Steuergeldern zu konsultieren, wäre das Nein überwältigend und kategorisch. Ein ungerechtes, korruptes, unverschämt anmaßendes und egoistisches Europa will niemand, und es nutzt auch niemanden außer einer kleinen Minderheit der extrem Reichen. <Heute steht die EU für einen Abbau von Grundrechten und sozialen Leistungen, zunehmender Privatisierungen öffentlicher Güter und Dienstleistungen und eine Militarisierung und Aufrüstung, was vielen Menschen Armut bringt.

Aufrüstung und Einkreisung Russlands durch die EU zusammen mit den USA

Laut Lissabon-Vertrag soll schrittweise eine „gemeinsame Verteidigungspolitik“ der EU entstehen, die zu einer „gemeinsamen Verteidigung“ führen soll. Ausdrücklich soll das mit der NATO-Mitgliedschaft der betreffenden EU-Staaten und der NATO-Politik vereinbar sein.... Aufrüstung und Einkreisung Russlands betreibt die EU schon heute zusammen mit den USA im Rahmen der NATO. Mitten in Europa wurde unter maßgeblicher Mitwirkung der EU ein Kriegsherd in der Ostukraine zwischen zwei Staaten geschaffen, deren Angehörige vor 75 Jahren gemeinsam in der Roten Armee ihr eigenes Land und … Länder Europas vom Faschismus befreiten. Zugleich schottet sich die EU mehr und mehr nach außen ab.> („Die reaktionäre EU“ von Dorothea Maltasiadis, UZ 17.5.19, Subtitel d.A.)

Hegemoniale wilhelminische EU-Politik à la Bismarck

Der Vorschlag des neoliberalen Präsidenten Frankreichs Emmanuel Macron, hauptsächlich mit deutschen Steuergeldern eine Europäische Armee aufzubauen, ist prinzipiell abzulehnen. Eine EU-Armee ist ein völliger Humbug und hat keinen Sinn bevor es keine EU-Außen- und Sicherheitspolitik gibt. Paris und Berlin sollten zuerst definieren, was sie erreichen wollen. Eine hegemoniale wilhelminische EU-Politik à la Bismarck braucht Europa nicht. Es war zutreffend, dass die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer den Pariser Vorschlag zur EU desavouierte. Allerdings hat Berlin seine Gegenposition nicht bekanntgegeben. Macrons grundsätzliches politisches Versagen hat seine Ursachen in seiner neoliberalen Wirtschaftspolitik, die Sozialkürzungen, Lohndrückerei und prekäre Arbeit bedeuten, was er und seine Freunde in der ganzen EU verwirklicht sehen wollen. Außenpolitisch hat sich Macron nicht groß von seinen Vorgängern unterschieden. Er steht für ein neokoloniales Frankreich, das im Nahen Osten mit Krieg interveniert, wofür er bei den traditionellen westdeutschen Parteien Union, FDP und Grüne Verbündete findet. Frankreichs kriegerisches Bündnis mit Saudi-Arabien und Großbritannien stößt in Deutschland auf keinen nennenswerten Widerstand, schon gar nicht seitens der Berliner CDU/CSU/SPD- Regierung – eine besorgniserregende Konstellation. Mit den impertinenten französischen Interventionisten unter Macron und seinen befreundeten Kriegstreibern ist jedenfalls keine EU konstruktiv für den Frieden zu gestalten.

Europäische Union als neoliberales Imperium: Im Zentrum Deutschland hinter Frankreich versteckt - Deutschland als wohlwollender Hegemon

In diesem Zusammenhang publizierte „Le Monde Diplomatique“ auf der Titelseite einen Beitrag von Wolfgang Streeck, emeritierter Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung Köln, unter der Überschrift „Ein europäisches Imperium im Zerfall“. Darin heißt es treffend:

"Was ist die Europäische Union? ...Der Begriff … eines neoliberalen Imperiums: ein hierarchisch strukturierter Block aus nominell souveränen Staaten, dessen Stabilität durch das Machtgefälle vom Zentrum zur Peripherie aufrechterhalten wird. Im Zentrum der EU steht Deutschland, das mehr oder weniger erfolgreich versucht, sich hinter Kerneuropa, das es zusammen mit Frankreich bildet, unsichtbar zu machen... Deutschland möchte als Continental Unifier – wie die Briten es nannten – nicht gesehen werden, auch wenn es in Wirklichkeit genau das ist. Dass es sich hinter Frankreich versteckt, ist eine Machtressource für Frankreich. Wie andere imperiale Länder, z.B. die Vereinigten Staaten, versteht sich Deutschland als wohlwollender Hegemon... Nichthegemoniale Peripheriestaaten müssen von Eliten regiert werden, die das Zentrum mit seinen besonderen Strukturen und Werten als Modell für ihr eigenes Land betrachten, oder zumindest bereit sein müssen, ihre interne soziale, politische und wirtschaftliche Ordnung so zu organisieren, dass sie mit dem Interesse des Zentrums kompatibel ist, das Imperium zusammenzuhalten. Solche Eliten an der Macht zu halten ist für den Bestand des Imperiums von entscheidender Bedeutung. Wie die amerikanische Erfahrung zeigt, kann dies mit Unkosten bei demokratischen Werten, wirtschaftlichen Ressourcen und sogar Menschenleben verbunden sein." („Abgeschrieben“, junge Welt, 16.5.2019)

Ein solches Imperium ist mit humanistischen demokratischen Werten nicht zu vereinbaren. Um das Scheitern des Neoliberalismus insgesamt zu erfassen und eine neue politische Orientierung für eine menschliche Gesellschaft zu schaffen, ist es lohnend und erleuchtend, sich mit der Enzyklika „Laudate Si“ von Papst Franziskus zu beschäftigen. Parallelen finden sich in dem jüngsten Aufruf des Juso-Vorsitzenden, Kevin Kühnert, der ein Beben im Willy-Brandt-Haus verursachte, aber beim reaktionären SPD-Vorstand auf taube Ohren stößt.

Enyklika „Laudate Si“: Dialog zwischen Politik und Wirtschaft im Dienst des Lebens

"Die Politik darf sich nicht der Wirtschaft unterwerfen, und diese darf sich nicht dem Diktat und dem effizienzorientierten Paradigma der Technokratie unterwerfen. Im Hinblick auf das Gemeinwohl besteht für uns heute die dringende Notwendigkeit, dass Politik und Wirtschaft sich im Dialog entschieden in den Dienst des Lebens stellen, besonders in den des menschlichen Lebens. Die Rettung der Banken um jeden Preis, indem man die Kosten dafür der Bevölkerung aufbürdet, ohne den festen Entschluss, das gesamte System zu überprüfen und zu reformieren, unterstützt eine absolute Herrschaft der Finanzen, die keine Zukunft besitzt und nach einer langwierigen, kostspieligen und scheinbaren Heilung nur neue Krisen hervorrufen kann. Die Finanzkrise von 2007/2008 war eine Gelegenheit für die Entwicklung einer neuen, gegenüber den ethischen Grundsätzen aufmerksameren Wirtschaft und für eine Regelung der spekulativen Finanzaktivität und des fiktiven Reichtums. Doch es gab keine Reaktion, die dazu führte, die veralteten Kriterien zu überdenken, die weiterhin die Welt regieren... Es geht schlicht darum, den Fortschritt neu zu definieren. Eine technologische und wirtschaftliche Entwicklung, die nicht eine bessere Welt und eine im Ganzen höhere Lebensqualität hinterlässt, kann nicht als Fortschritt betrachtet werden." (Papst Franziskus in Enyklika „Laudate Si“)

Das öffentlich-rechtliche Fernsehen ist aufgerufen, einen speziellen Beitrag zu produzieren, um die Enzyklika "Laudate si" mit Fachleuten zu erhellen. Es enthält Programm-Leitgedanken der Partei DIE LINKE und könnte schon bald die Grundlage für ein überholtes Programm der christlichen Unionsparteien werden. Immerhin rief die CDU-Vorsitzende Angela Merkel anlässlich der Feier zum 70-jährigen CDU-Bestehen ihre Partei auf, selbstkritisch und bereit zu sein, sich zu verändern. (ZDF-Heute, 29.6.2015). Aufgeklärte Medien sollten dabei helfen, die Politik aus der Stagnation heraus zu bekommen.


Verfasst am 26.05.2019 unter Bezugnahme auf ARD-Fernsehen (WDR): „Presseclub“ am 12.5.2019: „Schicksalswahl für Europa. Alarmismus oder ernste Gefahr?“

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.

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