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Globales
Rede bei der Mahnwache #HaendeWegVonVenezuela am 13. April 2019 in Berlin
Unselige Tradition beim Umgang mit Putschisten und Diktatoren
Von Gerhard Mertschenk (Alexander v. Humboldt-Gesellschaft)

Mit der völkerrechtswidrigen Anerkennung des selbsternannten Interimspräsidenten Juan Guaidó in Venezuela setzt die jetzige Bundesregierung mit dem SPD-Außenminister Heiko Maas eine lange unsägliche Tradition deutscher Regierungen beim Umgang mit Putschisten und Diktatoren fort. Diese Tradition reicht zurück bis ins Jahr 1936, als die deutsche Regierung, sprich die faschistische Hitler-Regierung, am 18. November 1936, also nur 4 Monate nach dem Militärputsch, den Putschistengeneral Franco als "legitime spanische Regierung" anerkannte und damit die rechtmäßige Regierung der Republik Spanien als "illegitim" erklärt, so wie gegenwärtig der gewählte Präsident der Bolivarischen Republik Venezuela als unrechtmäßiger Machthaber bezeichnet wird.

Übrigens, Großbritannien und Frankreich hielten damals eine längere Schamfrist ein und vollzogen diesen Schritt erst nach 2 1/2 Jahren am 27. Februar 1939, also kurz vor der militärischen Niederlage der Spanischen Republik, mit der der Bürgerkrieg endete und in eine blutige faschistische Diktatur mündete. So ein Umgang mit Putschisten und Diktatoren wurde von der Bundesregierung konsequent fortgeführt.

Bereits am 22. März 1955 – knapp 10 Jahre nach der Niederlage des faschistischen Deutschland und 20 Jahre nach Anerkennung des Diktators Franco durch Hitler – wurde dem blutrünstigen Diktator Hector Trujillo aus der Dominikanischen Republik die höchste Auszeichnung der Bundesrepublik, die Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen. Übrigens einen Monat, nachdem der Schah von Persien, Reza Pahlavi, die gleiche Auszeichnung in Empfang nehmen durfte – eine saubere Gesellschaft, die von Bundespräsident Theodor Heuss mit solcher Ehrung bedacht wurde.

Und es ging weiter. Im Mai 1957 weilte der kubanische Mörder-Diktator Fulgencio Batista auf Einladung der damaligen Adenauer-Regierung zu einem Staatsbesuch in der BRD. Am 28. Mai 1957, also zu einer Zeit, als die revolutionäre Rebellenarmee in der Sierra Maestra unter Fidel Castro, Raul Castro, Che Guevara und Camilo Cienfuegos für Freiheit und Demokratie, gegen die blutige Diktatur in Kuba kämpfte, erhielt dieser menschenverachtende Batista ebenfalls diese höchste Auszeichnung, die die BRD zu vergeben hat: Die Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der BRD – und ebenfalls aus den Händen des damaligen Bundespräsidenten Theodor Heuss.

Und damit war noch nicht Schluss mit dieser schändlichen Reihe. 1959 wurde auch dem blutigen Diktator Luis Anastasio Somoza in Nicaragua diese höchste Auszeichnung überreicht.

Eine Traditionslinie beim Umgang mit Putschisten, die – wie wir nun am Beispiel Venezuelas erleben dürfen – aufrechterhalten wird. Dieses Mal zögerte der SPD-Außenminister Heiko Maas nicht so lange wie damals Hitler; er wartete keine 4 Monate, sondern anerkannte den selbsternannten Präsidenten in Venezuela schon nach einigen Tagen. So handelt eine Regierung, die sich als Rechtsnachfolgerin des faschistischen Dritten Reiches betrachtet. Ist das nun überraschend? Nein, denn pikant ist bei der ganzen Geschichte, dass Bundespräsident Theodor Heuss derselbe Theodor Heuss war, der am 24. März 1933 als Abgeordneter der Deutschen Staatspartei im Reichstag für das Ermächtigungsgesetz Hitlers stimmte, das Gesetz, durch das Hitler diktatorische Vollmachten übertragen bekam. Damit schließt sich der Kreis. Eine Hand, die für Hitlers Diktatur stimmte, hat keine Probleme damit, blutigen Diktatoren die Sonderstufe des Großkreuzes des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland zu verleihen.

Ob sich SPD-Außenminister Heiko Maas dieser unrühmlichen Tradition bewusst war, als er den selbsternannten Präsidenten Venezuelas anerkannte? Oder ist die Unterwürfigkeit unter die Trump-Politik so stark, dass derartige Überlegungen erst gar keinen Platz haben und das Völkerrecht ausgeblendet wird?

Wir rufen die Bundesregierung auf: Lassen Sie das Spiel mit dem Feuer! Rufen Sie die venezolanische Opposition, die alle Verhandlungs- und Vermittlungsangebote ablehnt und in der Person von Juan Guaidó sich sogar für eine militärische Intervention ausspricht, lieber auf, diese destruktive Haltung aufzugeben und eine Lösung zum Wohle des venezolanischen Volkes zuzulassen. Wir fordern: Respektierung des Völkerrechts. Keine Einmischung von außen in die inneren Angelegenheiten Venezuelas. Hände weg von Venezuela.

Online-Flyer Nr. 701  vom 17.04.2019

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