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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Inland
Unter US-Erpressung zustande gekommen, deshalb juristisch null und nichtig
Deutsche Einheit: Kein Vorbild
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Dem Leitartikel von Heribert Prantl in der Süddeutschen Zeitung „Unvollendet“ (SZ, 2.10.2018) ist völlig zuzustimmen. Nur ein wesentlicher Aspekt, den er übergeht und der die Rechtsgültigkeit des Vertrages zur deutschen Einheit betrifft, veranlasst folgende Stellungnahme. Die deutsche Einheit ist kein Vorbild für beide koreanischen Staaten oder für irgendein anderes geteiltes Land, nachdem sie unter NATO-Vormundschaft auf Washingtoner Diktat hin erfolgte und somit weiter US-Truppen und US-Atomwaffen auf deutschem Boden stationiert sind. Gründlich betrachtet kam die deutsche Einheit in der Tat unter Erpressung zustande, nämlich unter starkem US-Druck, das gesamte Deutschland in die NATO zu fesseln. Dies war die US-Bedingung und die US-Entscheidung, nicht die freie Entscheidung Deutschlands. Jeder Akt unter Erpressung ist null und nichtig. Diese Schlussfolgerung ist rechtmäßig unbestritten. Nach erklärter Nichtigkeit eines Aktes, werden die Dinge juristisch gesehen auf den vorhergehenden Zustand zurückgebracht, d.h. bezogen auf Deutschland und den Einheitsvertrag besteht die Teilung weiter und die DDR ebenso. Heribert Prantl versäumt es, in seinem Kommentar auf diesen Willensmangel im Vertragsabschluss unter erpresserischen Druck einzugehen.

Überstrapazierter Begriff "Freiheit" zum Vertuschen der unverantwortlichen Stagnation der Politik

Mit dem überstrapazierten Begriff "Freiheit" gehen weiter Lügen, Deformation und Verdrehung der Geschichte einher, um die Wahrheit und unverantwortliche Stagnation der Politik medial und politisch zu vertuschen.

Bleiben wir bei der so genannten Freiheit. Getrieben von der Anziehungskraft des westlichen Konsums, stürmten die Ost-Deutschen in Ausübung ihrer neuen Freiheit in die Konsum-Tempel West-Berlins. Aber umso vielfältiger und attraktiver das Konsum-Angebot da war, desto größer ihre Enttäuschung, als sie nichts davon kaufen konnten. Die Frustration ging weiter und wurde noch größer, als sie bald ihre Arbeit verloren. Das Erwachen war bitter. Damit begann die nüchterne Überlegung, die im Crescendo immer mehr Menschen erfasste und allgemeine Wut verursachte – bis heute.

In der DDR glücklicher
    1999 berichtete die Tageszeitung "USA Today": "Als die Berliner Mauer zusammenbrach, stellten sich die Ostdeutschen ein Leben in Freiheit vor, wo es Konsumgüter im Überfluss gab und wo Not und Bedrängnis der Vergangenheit angehörten. Zehn Jahre später bekennen bemerkenswerte 51 Prozent, dass sie im Kommunismus ein glücklicheres Leben geführt hatten." (junge Welt, 8./9.11.2014)
Nach der Wiedervereinigung gab es im Osten ein neues Sprichwort: "Alles, was die Kommunisten über den Kommunismus erzählt haben, war eine Lüge, aber alles, was sie über den Kapitalismus gesagt haben, hat sich als die reine Wahrheit erwiesen."

DDR-Jahre waren europäische Friedensjahre
    Im Widerspruch zu den Thesen des zeitgenössischen Aufarbeitungszirkus war die taumelnde DDR eine glückliche Phase der deutschen Geschichte. Es gab keine Ausbeutung, keinen Angriffskrieg auf andere Länder. (Die Lebensbedingungen für alle Menschen waren in der DDR gesichert, ebenso wie auch eine hervorragende Bildung, d.A.). Solange es die DDR gab, lebten die Deutschen in Frieden mit sich und ihrer Umwelt. Zumindest nicht im Krieg. Die Deutschen überfielen niemanden, und sie wurden von niemandem überfallen. Das hebt die Jahre zwischen 1949 und 1990 heraus und hebt sie ab von der Zeit davor und danach. ... Die DDR-Jahre waren europäische Friedensjahre, ihre Politik war Friedenspolitik ... Wenige Monate nach dem Ende der DDR kehrte der Krieg nach Europa zurück. ... In den letzten drei DDR-Jahrzehnten war kein Bürger der Republik an einer vielseitigen und gesunden Ernährung gehindert. Mangel herrscht bis heute in den Hinterhöfen des freien Westens, wo tagtäglich rund 40.000 Kinder an Hunger und Unterernährung (laut UNICEF) zugrunde gehen. Das sind Mangelgebiete, auf denen sich unsere geschätzten Aufarbeiter einmal betätigen könnten. Zu diesen gehörte die DDR nicht. Dieser Staat hat seinen Beitrag dazu geleistet, dass das abgrundtief schlechte Bild vom Deutschen und von Deutschland, wie es 1945 weltweit Gemeingut war, sich relativ rasch und tiefgreifend verbesserte. ("Die Regel - nicht die Ausnahme" von Matthias Krauß, junge Welt, 8./9.11.2014)

Gründung der DDR Ehrenrettung für Deutschland - Anlass zu allgemeinem Stolz

Angesichts dieser Lage ist es völlig daneben, ja total fehl am Platz, sich für die DDR zu entschuldigen. Auf diese schäbige Weise beugen sich Vertreter der Partei DIE LINKE dem unwürdigen Druck der Medien und der Verdrehung der Geschichte im post-nazistischen Deutschland und verfallen in Unrecht gegenüber der DDR. Allein die Gründung dieser antifaschistischen deutschen Republik ist eine Ehrenrettung für Deutschland nach dem verbrecherischen Faschismus der Nazis und gibt Anlass zu allgemeinem Stolz.

DDR nicht in umfassender Katastrophe untergegangen
    25 Jahre nach dem Mauerfall flammt nun wieder die Debatte darum auf, ob man die DDR "Unrechtsstaat" nennen sollte. Denn sie war bestimmt kein Rechtsstaat im Sinne des Bonner Grundgesetzes. Übrigens waren 1989 etwa 90 Prozent aller auf der Welt existierenden Staaten keine Rechtsstaaten im Sinne des Bonner Grundgesetzes. Die kann man freilich jetzt alle "Unrechtsstaaten" nennen. So gesehen war die DDR nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Und die Bundesrepublik war nicht die Regel, sondern die Ausnahme. ... Die DDR ist jedenfalls nicht in einer umfassenden Katastrophe untergegangen wie Deutschland in den drei vorangegangenen staatlichen Phasen seit 1871. Ob man das auch einmal von dem sagen kann, was sich um uns herum in der Gegenwart entfaltet, lässt sich getrost bezweifeln. ("Die Regel - nicht die Ausnahme" von Matthias Krauß, junge Welt, 8./9.11.2014)

Die Aufteilung Deutschlands in zwei Staaten eine amerikanische Entscheidung

William Blum, überzeugter Antikommunist im gehoben Dienst des Außenministeriums in Washington, vom US-Krieg in Vietnam desillusioniert, quittierte 1967 den Dienst für die US-Regierung und wurde einer der profiliertesten Kritiker der US-amerikanischen Außenpolitik. Mitte der 1970er Jahre arbeitete er in London mit dem früheren CIA-Offizier Philip Agee an der Enthüllung von Verbrechen des US-Geheimdienstes. Blums Klassiker »The Killing of Hope« (»Zerstörung der Hoffnung« im Zambon-Verlag erschienen), ist ein ebenso spannendes wie erschütterndes Dokument, das die globalen Operationen der CIA seit dem Zweiten Weltkrieg, einschließlich denen in der DDR, auflistet. Hier auszugsweise einige Passagen:

    Die Aufteilung Deutschlands in zwei Staaten im Jahr 1949 – die zur Bühne für 40 Jahre Kalten Krieg und Feindseligkeit werden sollten – war eine amerikanische Entscheidung und keine sowjetische.

    DDR massiven Spionage- und Subversionsangriffen ausgesetzt

    In den 1950er Jahren haben die amerikanischen Kalten Krieger von der Bundesrepublik Deutschland aus eine krude Sabotage- und Subversionskampagne gegen Ostdeutschland durchgeführt, um die wirtschaftliche Entwicklung des Landes zu schwächen und den Verwaltungsapparat zu untergraben. Die CIA und andere US-Geheimdienste und militärische Dienste rekrutierten und finanzierten Aktivistengruppen und Einzelpersonen in West- und Ostdeutschland, um sie dann für die Durchführung von Maßnahmen auszubilden und auszurüsten, die von Jugendkriminalität bis zu Terrorismus reichten – alles mit dem Ziel, den Menschen in Ostdeutschland das Leben so schwer wie möglich zu machen und auf diese Weise ihre Unterstützung für die Regierung zu schwächen.

    Es war ein bemerkenswertes Unterfangen. Die Vereinigten Staaten und ihre Agenten verwendeten Sprengstoff, sie begingen Brandstiftungen, verursachten Kurzschlüsse und setzten andere Methoden ein, um Kraftwerke, Werften, Kanäle, Hafenanlagen, öffentliche Gebäude und Verkehrsmittel, Tankstellen, Brücken etc. zu beschädigen oder Güterzüge entgleisen zu lassen. …

    Das »Woodrow Wilson International Center for Scholars« in Washington, das sich aus konservativen Kalten Kriegern zusammensetzt, hat in einem Arbeitspapier (Nr. 58, Seite 9) seines »Cold War International History Projekts« festgestellt: »Die offene Grenze in Berlin hat die DDR massiven Spionage- und Subversionsangriffen ausgesetzt. Wie die beiden Dokumente im Anhang zeigen, gab die Schließung der Grenze dem kommunistischen Staat mehr Sicherheit.«

    Im Laufe der 1950er Jahre beschwerte sich die Sowjetunion wiederholt bei ihren einstigen Verbündeten im Westen und bei den Vereinten Nationen über bestimmte Sabotage- und Spionageaktivitäten und forderte die Schließung der Büros bestimmter Agentengruppen in der BRD, wobei sie Namen und Adressen nannte. Ihre Beschwerden stießen stets auf taube Ohren. Unweigerlich mussten die Ostdeutschen daher bei Einreisen aus dem Westen schärfere Kontrollen durchführen, bis schließlich die berüchtigte Mauer gebaut wurde.

    Ostdeutschland komplett entnazifiziert

    Ostdeutschland wurde komplett entnazifiziert, während in der BRD auch nach mehr als ein Jahrzehnt nach dem Kriegsende zahlreiche ehemalige Faschisten höchste Ämter in der Exekutive, der Legislative und der Judikative bekleideten. Nicht verwunderlich, dass der Rechtsextremismus hierzulande völlig vernachlässigt wurde.

    Sowjetunion: Osteuropa nie wieder Plattform für einen Angriff aus dem Westen

    Osteuropa wurde deshalb kommunistisch, weil Hitler das Gebiet – mit Zustimmung des Westens – für den Aufmarsch zum Angriff auf die Sowjetunion genutzt hat, um ein für allemal den Bolschewismus auszulöschen. Die Sowjetunion hat in den beiden Weltkriegen etwa 25 Millionen Menschen verloren. Es konnte also nicht überraschen, dass sie nach 1945 entschlossen war, alles zu tun, damit Osteuropa nicht wieder als Plattform für einen Angriff aus dem Westen genutzt werden konnte.

    („Mythos des Kalten Krieges“ von William Blum, Übersetzung Rainer Rupp, junge Welt, 8./9.11.14, Subtitel d.A.)

Deutsche Einheit, ein DDR-Anschluss ohne Referendum zugunsten einer totalen US-Hegemonie

Deutschland hat nach dem 8.11.1989, also in fast 30 Jahren seine Einheit noch nicht vollendet. Gerade in diesen entscheidenden Jahren ist alles zugunsten einer totalen US-Hegemonie in Europa zerfallen und zerbrochen. Der Beitritt der DDR zur BRD war nicht mehr und nicht weniger als ein Anschluss. Nicht einmal ein Referendum kam zustande, wie im Fall des Beitritts der Krim zur Russischen Föderation im März 2014. In Deutschland gab es kein Referendum, keine Konsultation der Bevölkerung nach Art.146 des Grundgesetzes. Dieser Artikel mit seinem Gebot zur freien Volksabstimmung wartet noch auf seine Anwendung und ist anzusetzen, um die Einheit Deutschlands grundgesetzmäßig zu erzielen. Das Diktat der USA ließ sich prompt hören durch die Präsenz von US-Außenminister James Baker in Bonn am 9. November, um die US-amerikanische Bedingung für den Lauf der Dinge zu diktieren, nämlich der Verbleib ganz Deutschlands in der NATO. Die US-Regierung sah durch Deutschlands, durch Europas Einheit die Existenz ihrer Sicherheitsstruktur und damit ihre Kontrolle über Europa in Gefahr. Also keine Selbstbestimmung für die Deutschen, sondern Durchsetzung der USA-NATO-Militär-Struktur und damit der US-Hegemonie.

Europäische Integration durch Annäherung an Russland

Die Öffnung der Grenze bot die faktische Gelegenheit, eine gesamteuropäische Sicherheitsordnung mit Russland aufzubauen. Kanzler Helmut Kohl, Außenminister Hans-Dietrich Genscher und der russische Präsident Michail Gorbatschow begriffen diese dringende politische Integration für Europa. Washington nutzte die Gelegenheit, alles zu tun, um die europäische Integration durch die Annäherung Berlins an Moskau zu verhindern. Bis heute noch ist Washington damit erfolgreich beschäftigt.

Kollaps des Vertrauens

Von einem "Kollaps des Vertrauens" hat Gorbatschow inzwischen gesprochen. So bezeichnet er die Krisen der letzten Jahre. Den Ursprung dieser Krisen sieht er gerade in den Ereignissen der 90er Jahre.

    Damals haben sich Top-Politiker der "westlichen Welt" zu Siegern im Kalten Krieg erklärt und Anspruch auf eine Spitzenposition in der Welt erhoben, sagte Gorbatschow am 8.11.2014 in einer Sitzung des auf seine Initiative gegründeten Forums Neue Politik. "Das, was in den zurückliegenden Monaten geschah, würde ich als einen Kollaps des Vertrauens charakterisieren. Das Vertrauen, das wir durch gemeinsame Bemühungen bei der Beendigung des Kalten Krieges geschaffen hatten."

    "Das Vertrauen wurde aber nicht gestern untergraben, sondern viel früher. Die Wurzeln der jetzigen Situation liegen in den Ereignissen der 90er Jahre", betonte er.

    Das Ende des Kalten Krieges sei erst der Anfang eines Weges zu einem neuen Europa, einer sicheren Welt und einer neuen Weltordnung gewesen. "Statt aber einen Mechanismus der europäischen Sicherheit zu entwickeln und eine umfassende Demilitarisierung der europäischen Politik vorzunehmen - ... haben sich der Westen und insbesondere die USA zu Siegern im Kalten Krieg erklärt."

    "Sie nutzten den geschwächten Zustand Russlands und das Ausbleiben eines Gegengewichts aus und erhoben Anspruch auf eine Monopolstellung und auf ein Dominieren an der Spitze der Welt", sagte er. Die Ereignisse der letzten Monate, unter anderem die Situation in der Ukraine, waren "eine Folge der kurzsichtigen Politik". "Kurz aufgezählt: Nato-Erweiterung, Jugoslawien, Kosovo, Raketenschildpläne, Irak, Libyen, Syrien, so Gorbatschow.

    ("Gorbatschow: Kollaps des Vertrauens in der Welt ist Folge des Dominanz-Anspruchs des Westens", RiaNovosti, 8.11.2014)


Verfasst am 3.10.2018 unter Bezugnahme auf Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 2.10.2018: „Unvollendet“ von Heribert Prantl

Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war tätig im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.


Online-Flyer Nr. 677  vom 10.10.2018

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