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Arbeit und Soziales
Nach Jahren der Obdachlosigkeit setzt sich der reale Albtraum fort
Franks langer Spießrutenlauf
Von Frank Blumenfeld

Vor genau drei Jahren veröffentlichte ich meinen letzten Beitrag im Querkopf. Titel: "Das Ende des langen Spießrutenlaufs". Darin beschrieb ich, wie ich nach Jahren der Obdachlosigkeit und des andauernden Kampfes dagegen endlich eine neue Wohnung fand. Im Folgenden ein Abriss der Geschehnisse der letzten drei ein halb Jahre, die jedem Menschen die Sprache verschlagen werden.

Ende 2014 zog ich nach 4 Jahren Obdachlosigkeit in eine Wohnung, die sich zu einem späteren Zeitpunkt als absolute Bruchbude entpuppen sollte. In den ersten drei Monaten nach meinem Einzug stieß mir die extreme Hellhörigkeit der Wände negativ auf. Besonders in den Nächten, wenn es in der Wohnung über mir lautstark ‘rund’ ging bis in die frühen Morgenstunden. Ursache waren laute Diskussionen meines italienischen Nachbarn unter Beteiligung dessen Bruders und weiterer Gäste.

Nach drei Monaten platzte mir eines Nachts der Kragen. Gegen 2.30 Uhr rief ich hoch, ob das Ganze um diese Zeit nicht etwas leiser vonstatten gehen könne. Was darauf folgte, artete in einen regelrechten Krieg gegen mich aus, wogegen ich mich bis zum heutigen Tag zur Wehr setze.

Es begann damit, dass mir der Bruder des Nachbarn Hunderte SMS schickte. Die Nummer hatte er offensichtlich aus dem Querkopf, wo sie im Rahmen meines damaligen Wohnungsgesuches veröffentlicht worden war. Ich besorgte mir daraufhin eine andere Handynummer. Der Stalker wechselte die Taktik und schickte mir im Laufe der Zeit unter mehr als 20 verschiedenen Facebook-Profilen Tausende Nachrichten. Wegen meiner dort gegründeten Gruppe ‘Engagiert gegen Obdachlosigkeit’ konnte ich mein Profil nicht von öffentlich auf nicht öffentlich umstellen.

Mir blieb nur übrig, die entsprechenden Profile an die Betreiber zu melden und anschließend zu blockieren. Die letzten 5 Profile eröffnete dieser Stalker unter meinem Namen, wobei er beim letzten sogar mein Profilfoto hinein kopierte. Eine Anzeige gegen diesen Herrn bei der Staatsanwaltschaft Köln lief leider ins Leere, da sich nicht eindeutig genug nachweisen ließ, dass erder Übeltäter war, obwohl er Detail-Wissen wieder gegeben hatte, das keinem Fremden bekannt sein konnte. Dazu zählte seine Ankündigung per SMS, vor meiner Kellertür, ein großes Geschäft zu hinterlassen, was auch passierte. Dies war noch lange nicht der Gipfel.

Cirka ein halbes Jahr nach meinem Einzug erkrankte ich an Asthma. Ursache dafür war und ist nach meinem Empfinden Schimmel im Badezimmer, der wiederum von einem Wasserschaden in der Etage über mir Jahre vor meinem Einzug herrührt. Leider kann ich das jedoch nicht beweisen. Da besagter Schaden nicht fachgerecht beseitigt wurde, entstand Feuchtigkeit im Mauerwerk. Ich teilte dies meinem Vermieter mit. Dieser schaltete darauf einen Gutachter ein, welcher die Rückseite des Hauses mit einer Wärmebildkamera abtastete. Er besah sich auch mein Badezimmer und verneinte Feuchtigkeit im Mauerwerk.

Dabei wurde noch nicht einmal eine Probebohrung durchgeführt zur eingehenderen Überprüfung. Zur Beseitigung wurde bis unter die Decke gekachelt und eine Platte unter die Decke geklebt. Der Schimmel tauchte jedoch wieder auf. In der Mitte der neuen Kacheln entstand ein Riss, der die Kacheln seitdem nach innen drückt.

Die Alptraum-Nachbarn machten noch mehr ‘Druck’ als zuvor. Weihnachten 2016 war es wieder bis in die späten Nachtstunden über mir so laut, dass ich hoch ging. Ich wurde in die Wohnung gebeten. Nach einem zweistündigen Gespräch dachte und hoffte ich an den letzten Funken Menschlichkeit appelliert zu haben. Was für ein Trugschluss.

Der Nachbar zeigte mich einen Tag später bei der Polizei an wegen Körperverletzung. Angeblich hätte ich ihn geschlagen und ein Messer an den Hals gehalten. So kam es, wie es kommen musste: Es gab eine Anklageschrift und eine Gerichtsverhandlung gegen mich am 30.6.2017. Dort konnte ich glaubhaft anhand vorgelegter Atteste belegen, zum besagten Zeitpunkt an einem schweren Bandscheibenvorfall zu laborieren, an welchem ich später auch operiert wurde.

Der Bruder des Hauptmieters verwickelte sich derart heftig in Widersprüche, dass er schließlich zugab, bei der Polizei eine Falschaussage getätigt zu haben, ich ihm also keine Gewalt angetan hatte. Damit wurde das Verfahren gegen mich eingestellt. Gleichzeitig wurde gegen ihn ein neues wegen Falschaussage eingeleitet. Im schlimmsten Fall hätte mich die Angelegenheit 5 Jahre Gefängnis kosten können. Unschuldige, die aufgrund von Falschaussagen hinter Gittern landeten, gibt es bereits zur Genüge.

Die gesundheitlichen Probleme wurden nicht weniger. Im Gegenteil: Zum Asthma und dem oben genannten Bandscheibenvorfall gesellte sich eine Schlafapnoe, die im Schlaflabor festgestellt wurde.

Außerdem erkrankte ich aufgrund des Nachbarschafts-Terrors an schweren Depressionen, wegen derer ich seit nun mehr als zwei Jahren krank geschrieben bin. Hervorgerufen wurden diese durch Bedrohung, Falschaussagen, Lärmterror und Erpressungsversuche. So soll ich Fünftausend Euro in Monatsraten zu je 100 Euro bezahlen, dann würden mich meine Alptraum-Nachbarn nachts auch wieder schlafen lassen.

Momentan wird über mir immer noch eine laute Geräuschkulisse erzeugt, bevorzugt um kurz vor drei Uhr in der Nacht, in dem z.B. ein massiver Gegenstand auf den Boden fallen gelassen wird, der nicht nur mich aus dem Schlaf reißt. Einige Mietparteien sind wegen der Lärmbelästigung durch diese Alptraum-Nachbarn über mir bereits ausgezogen.

Dass der Hauptmieter seit seinem 21. Lebensjahr Tavor einnimmt, ein schweres Psychopharmaka, könnte ein Grund sein für dieses abnorme Verhalten. Ohne Zweifel ist er am Terror genauso beteiligt wie sein Bruder, den ich die letzten Monate nicht mehr gesehen habe. Dennoch wurde der Terror gegen mich nicht geringer, sondern nahm im Gegenteil sogar zu. So ist vor wenigen Monaten eine Frau mit zwei Hunden noch zusätzlich in die Wohnung über mir eingezogen.

Die Polizei brauche ich nicht mehr anzurufen. Dort verwies man mich wegen des Nachbarschaftskriegs auf den Privatklageweg. Der Weiße Ring, eine Opferschutzorganisation, die ich ansprach, blies in dasselbe Horn. Doch das war noch nicht der Gipfel.

Am 20.2.18 drohte mein Vermieter mir telefonisch die Kündigung an, sollten wir, also meine Alptraum-Nachbarn und ich, keinen Frieden geben. Mich veranlasste dies, Anfang April 2018 dem Kölner Mieterverein beizutreten. Die dafür anfallenden Beiträge musste ich selbst tragen, da meine Klage vor dem Sozialgericht Köln auf Übernahme der Kosten durch das Jobcenter scheiterte.

Zuvor führten zwei Mitarbeiter des Jobcenters, ein Herr und eine Dame, eine Wohnungsbegehung bei mir durch. Dabei legte der Herr eine Dreistigkeit an den Tag, die mich sprachlos machte. Immerhin ging es um die von mir genannten Schäden in der Wohnung. Dennoch öffnete er ohne mich zu fragen meine Kammertür, hinter der ich Werkzeug und andere private Dinge verwahre. Ich verbat es ihm. Seine Kollegin hatte ebenso Haare auf den Zähnen.

Zumindest gelang mir Ende letzten Jahres ein weiterer Sieg gegen das Jobcenter: Nach über zwei Jahren Kampf erhielt ich endlich die schriftliche Genehmigung, umziehen zu dürfen, wenn ich eine geeignete Wohnung finde. Bis dahin war dies immer abgelehnt worden, da angeblich keine Notwendigkeit bestand.

Bei meinem Einzug in meine aktuelle Wohnung hatte mir das Jobcenter bereits Steine in den Weg gelegt: Die erste Rate der Kaution war mir vom Hartz IV-Satz abgezogen worden, weil nur als Darlehen gewährt, obwohl der Gesetzgeber sie als einmalige Beihilfe vorsieht. Daraufhin beschritt ich wieder einmal den Rechtsweg und gewann auch diese Geschichte.

Eben so die folgende: Mir wurde als Erstausstattung nur eine Doppelkochplatte (kein Elektroherd) bewilligt. Also ging es wieder zum Sozialgericht. Dort erklärte eine Vertreterin des Jobcenters, eine Doppelkochplatte sei für einen Singlehaushalt ausreichend, da man überall kostengünstig einkaufen könne und es nicht teure Tiefkühlkost sein müsse.

Über 40 % aller Klagen von Hartz IV-Empfängern werden gewonnen. Würden sich mehr Betroffene zur Wehr setzen, könnte solchen Schikanen eher ein Ende gesetzt werden.

Von Hartz IV zum Thema Obdachlosigkeit: April 2016 gründete ich die Gruppe ‘Engagiert gegen Obdachlosigkeit’ auf Facebook, die noch immer fast eintausend Mitglieder hat. Inzwischen befinden sich dort über 240 Beiträge zu diesem Thema. Des weiteren sind über 1600 Anlaufadressen quer durch alle Bundesländer aufgeführt, wo es z.B. gratis Schlafsäcke für Obdachlose gibt.

Facebook entzog mir leider die Administrationsrechte. Wahrscheinlicher Grund: Innerhalb von fünf Wochen meldeten sich 70 Kredithaie, die meine Gruppe mit ihren dubiosen Angeboten fluteten. Zwar sind alle von mir reingesetzten Beiträge noch aufrufbar. Jedoch kann ich leider dort keine neuen mehr platzieren oder neue Mitglieder aufnehmen. Aufgrund der daraus entstandenen Schikanen habe ich zum Thema ‘Facebook’ Ende vorletzten Jahres einen separaten Bericht auf meiner Homepage veröffentlicht.

Bis zum heutigen Tag hindert mich Facebook auch massiv daran, über meine aktuelle Situation zu berichten. So wurde ein Beitrag dazu entfernt und nach meiner Beschwerde beim Support mit einer scheinheiligen Entschuldigung wieder freigegeben. Eine solche Zensur wird in Zukunft wohl der Vergangenheit angehören. Die Rechtsanwälte Steinhoefel aus Hamburg erwirkten eine einstweilige Verfügung gegen diesen Datenkraken, worin es auch um Zensur ging. Beschluss vom 23.3.2018, mehr dazu unter www.steinhoefel.de.

Da die Schwierigkeiten auf Facebook nicht aufhörten, gründete ich auf wize.life eine weitere Gruppe zum Thema ‘Obdachlosigkeit’, mit aktuell über 340 Beiträgen. Das Netzwerk trug vorher den Namen ‘seniorbook’. Um einem Rechtsstreit mit Facebook wegen der Endung ’-book’ zu entgehen, wurde der Name wize.life daraus. Das Echo dort fiel jedoch gering aus, weil der Großteil zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. Daraufhin stellte ich meine Arbeit dort ein. Eine Gruppe ist nur so gut wie die Mitarbeit ihrer Mitglieder. Zum Pausenclown eigne ich mich genauso wenig wie zum Alleinunterhalter. Außerdem entwickelte sich diese Seite sehr rechtslastig, so dass ich eine entsprechende Bewertung auf Trustpilot abgab. Selbstverständlich unter meinem richtigen Namen.

Wir Nutzer tragen dazu bei, ob ein Netzwerk steigt oder fällt. Die Betreiber sollten sich berechtigte Kritik vor Augen halten und nicht schweigen. Mittlerweile bin ich in 25 Netzwerken registriert. Aus gesundheitlichen Gründen bin ich nur sporadisch in dem einen oder anderen online.

Mein langfristiges Ziel ist, in allen relevanten Netzwerken zumindest die wesentlichen Anlaufadressen für Obdachlose in Deutschland zu verlinken. Dies wird mir fast unmöglich gemacht aufgrund meiner Alptraum-Nachbarn, die mich nicht zur Ruhe kommen lassen.

Eine weitere jüngere Begebenheit zog mir fast die Schuhe aus: Ende letzten Jahres wurde mir die Gaszufuhr für den Gasofen in meiner Wohnküche gesperrt. Ich kontaktierte daraufhin meinen Vermieter telefonisch Anfang November 2017. Er sagte mir zu, sich darum zu kümmern. Dies geschah aus mehreren Gründen nicht, die ich hier nicht näher erläutern möchte aus Rücksicht auf das hohe Alter meines Vermieters.

Am 3.4.2018 brachte der Schornsteinfeger den Stein ins Rollen, da er keine Messung vornehmen konnte. Nach zahlreichen Telefonaten stellte sich heraus, dass der mir unbekannte Gaszulieferer die Sperrung vornehmen ließ. In meiner letzten Wohnung, worin ich mehr als ein Viertel meines Lebens verbracht hatte, waren die Kosten für Gas in den Nebenkosten enthalten, da es eine Gaszentralheizung gab. Meine Wohnungen davor besaßen keine Heizung. Da ich keinerlei Info bekam, hier einen separaten Vertrag abschließen zu müssen, und der Zulauf bis Ende letzten Jahres funktionierte, bin ich mir keiner Schuld bewusst.

Inzwischen habe ich alles in die Wege geleitet, einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen und diesbezügliche Unterlagen dem Jobcenter Köln per Einschreiben zugeschickt. Gesetzlich sind sie dort verpflichtet 1,30 pro qm für Heizkosten zu übernehmen.

Ich bin gespannt, welche Steine mir dieses Mal in den Weg gelegt werden. Meine Erfahrungen lassen mich in dieser Hinsicht nichts Gutes erwarten. Weiteres dazu ist demnächst auf meiner Homepage nachzulesen.


Der Artikel von Frank Blumenfeld ist der Kölner Obdachlosen- und Straßenzeitung "Querkopf" entnommen - Ausgabe Juni 2018. Der Artikel ist - neben weiteren vorhergehenden, mehreren Interviews und zahlreichen schriftlichen Berichten - auch nachzulesen auf der website "frank/s homepage" unter "www.flowerfie1.square7.ch".


Online-Flyer Nr. 670  vom 22.08.2018

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