NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

zurück  
Druckversion

Medien
Eine lockere Folge von Leserbriefen und Kommentaren
Hajos Einwürfe
Von Hajo Kahlke

Es ist die inflationäre Verwendung von Begriffen wie Rassist, Antisemit und Nazi; die Hass-Kampagne gegen die begonnene sozioökonomische Befreiung Zimbabwes, die in einen Putsch gemündet ist; eine Europa-Tümelei, die ein Europa der Banken, Bosse und Bomber propagiert; und die hemmungslose Verwendung von Vokabeln wie "Machtergreifung" und "Gleichschaltung", denen "Hajos Einwürfe" diesmal gewidmet sind. Die Neue Rheinische Zeitung versteht sich im Verbund mit der Vierteljahresschrift DAS KROKODIL als ein Forum, das zum Nachdenken anregen, eingefahrene, verkrustete Denkstrukturen aufbrechen bzw. der bewusst lancierten Desorientierung des Denkapparats – besonders der Linken – entgegenwirken will. Hajos kurze Texte sollen dazu ihren Beitrag leisten. Die Neue Rheinische Zeitung bringt deshalb in loser Folge von ihm verfasste Leserbriefe und Kommentare, die bei den Angeschriebenen nur selten das Licht der Öffentlichkeit erblicken.


Wahrlich ein starkes Stück Deutschland

Rassist, Antisemit und Nazi – seit geraumer Zeit schon werden diese Begriffe hemmungslos inflationär zugeschrieben. Und nun erklärt die junge Welt auch noch Warschauer Demonstranten, die auf einem Foto offensichtlich polnische Nationalfahnen tragen, im Erläuterungstext zu diesem Foto dann kurzerhand zu "Nazis". Da auf dem Foto keinerlei wirkliche Nazi-Fahnen oder -Symbole zu erkennen sind, diffamiert die junge Welt also die ehrwürdige weiß-rote Fahne Polens als Nazi-Fahne! Wahrlich ein starkes Stück Deutschland, das die junge Welt hier aufführt.

Leserbrief zum Artikel "Verstoßene Soldaten" von Reinhard Lauterbach, junge Welt vom 15.11.2017, Seite 10


Hass-Kampagne gegen die begonnene sozioökonomische Befreiung Zimbabwes


Sehr geehrte Damen und Herren, die westlichen Herrenmenschen inklusive ihrer Lohnschreiber haben das Ende der rassistischen Apartheid in Südafrika und Rhodesien nur mit der Maßgabe akzeptiert, dass die wirtschaftlichen Macht- und Besitz-Verhältnisse dort nicht angetastet würden. Dies nannten sie wie zum Hohn dann eine "Politik der Versöhnung". Lange Zeit folgte Mugabe dieser Vorgabe und die Herrenmenschen waren mit ihm zufrieden. Dann aber begann er, das vom Siedler-Kolonialismus geraubte Land zu enteignen (auch noch entschädigungslos!) und an dessen ursprüngliche, rechtmäßige Eigentümer, nämlich die Afrikaner, zurück zu geben. Und prompt wurde er vom Westen zum "korrupten Despoten" ernannt, wurde – mal stärker, mal schwächer – eine andauernde Hass-Kampagne gegen ihn bzw. im Grunde die begonnene sozioökonomische Befreiung Zimbabwes geführt. Parallel dazu tat der Westen alles, Zimbabwe wirtschaftlich zu schädigen, Missstände und Schwierigkeiten (an denen – und sei es auch eine Dürre-Katastrophe – selbstverständlich immer Mugabe irgendwie schuld war) noch größer werden zu lassen. Selbst wenn der jetzt "endlich" (so Putsch-Befürworter Bräuer) stattgefundene Staatsstreich aktuell eine rein inner-zimbabwische Sache sein sollte, so ist er doch auch Folge dieser jahrzehntelangen westlichen Destabilisierungskampagne. Allerdings würde es nicht verwundern, wenn es beim Putsch so ausschließlich zimbabwisch nun auch nicht zuging – vielleicht erfährt man eines Tages per Wikileaks mehr.

Leserbrief zum Artikel "Endlich" von Daniel Bräuer zum Putsch in Zimbabwe, Rhein-Neckar-Zeitung vom 16.11.2017


Europa-Tümelei

Sehr geehrte Damen und Herren, was früheren Generationen die Deutsch-Tümelei war, wird der heutigen Jugend, kaum weniger eindringlich, in Form einer Europa-Tümelei beigebracht. Waren es früher angebliche Deutsche Werte, die die Jugend zu verstehen und zu leben habe, so werden heute Europäische Werte erfunden und beschworen. Werte, die im Grunde ein Hirngespinst sind, denn real gibt es sie genauso wenig wie etwa 'asiatische' oder 'alpine Werte'. Was es hingegen real gibt, ist eine lange schlechte Tradition (west)europäischen Strebens nach Vorherrschaft über den Rest der Welt. Wohl kein anderer Kontinent hat der restlichen Welt soviel Schaden und Unrecht zugefügt wie der europäische. Aber das tut der Tümelei keinen Abbruch. Dabei wird die falsche Glorifizierung Europas komplettiert durch die falsche sprachliche Gleichsetzung Europas mit der EU. Mit jener EU (EG, EWG), die von Anfang an ein Projekt des Kapitals war, ein Europa der Banken und Bosse. Doch damit nicht genug, jetzt will diese EU ihre Konfrontationspolitik (Russland-Sanktionen!) durch eine umfassende Militarisierung (einschließlich eines Gebots zur beständigen AUFrüstung!) noch auf die Spitze treiben, will sie zum Europa der Banken, Bosse und Bomber werden. So ist es nur folgerichtig, dass jene braven, in die "Woche für Europa" eingebundenen, SchülerInnen des Bunsen-Gymnasium dann auch deutlich machten, für "ein offenes und vor allem vielseitiges" Europa eintreten zu wollen, während ein nicht-aggressives, friedliches Europa offensichtlich nicht auf ihrer Prioritäten-Liste stand.

Leserbrief zum Artikel "Schüler setzten ein Zeichen für Europa" von Lena Scheuermann, Rhein-Neckar-Zeitung vom 16.11.2017



Hemmungslose Verwendung der Vokabeln "Machtergreifung" und "Gleichschaltung"

Wenn die EU ihr Mitgliedsland Polen wegen der dortigen Russophobie, NATO-Servilität und antiöstlichen Konfrontationssucht kritisieren würde, wäre das ja in Ordnung. Aber da stimmen die beiden völlig überein! Nein, es geht darum, dass die EU sich als Obersouverän Polens aufführt, dass sie unter dem Vorwand "Wahrung der Unabhängigkeit der Justiz" die – selbstverständlich immer parteipolitisch beeinflusste – Besetzung der obersten Gerichte in Polen entscheiden will. Paradigmatisch will die juEU die nationale Souveränität eines Mitgliedslandes im Bereich der Justiz aushöhlen, wenn nicht abschaffen, um dem Ziel eines, notabene dann deutsch dominierten Einheitseuropa einen wichtigen Schritt näher zu kommen. Diese Anmaßung der EU gegen Polens Souveränität ist zugleich auch ein Kampf gegen die ungelittene regierende PiS. Denn die ist zwar genauso pathologisch antirussisch und antikommunistisch wie ihre sog. liberale Parteienkonkurrenz, aber ansonsten geistig-moralisch nicht richtig auf Linie, sondern in hohem Maße politisch unkorrekt. Somit muss diese PiS diffamiert werden. Und die junge Welt, die neulich die polnische Nationalfahne als eine von "Nazis" präsentiert hat, macht da mit und bedenkt die PiS ohne jegliche Hemmung nun mit den üblicherweise speziell auf die NSDAP gemünzten Vokabeln "Machtergreifung" und "Gleichschaltung".

Leserbrief zum Artikel "Laut gebellt" von Reinhard Lauterbach, junge Welt vom 17.11.2017, Seite 3

Online-Flyer Nr. 638  vom 22.11.2017

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE