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Aktueller Online-Flyer vom 25. April 2024  

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Globales
Vortrag am Tag vor der Vereidigung von Donald Trump als 45. US-Präsident
Trump, die USA und Europa: Wird alles anders?
Von Werner Rügemer

Die deutsche Bundeskanzlerin erklärte zu Trumps Amtsantritt: „Wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand.“ Diese populistische Behauptung der wichtigsten politischen Projektionsfigur des transatlantischen Kapitals in Europa erweist sich als faktenwidrig. Zudem handeln Investoren, Agenturen, Militärs und Geheimdienste mit Sitz in den USA auch relativ unabhängig von „ihren“ Regierungen. Der Blick hierfür wird in der EU, insbesondere in Deutschland durch die rosarote Obama- und Clinton-Brille getrübt.

Einige Vorbemerkungen

Auch in der Wahl der neuen US-Präsidenten Donald Trump zeigt sich die absolute Vormachtstellung der USA im „westlichen Kapitalismus“. Keine Wahl in einem anderen westlichen Staat kann das ganze westliche System so erschüttern. Ängstlich, verwirrt, abwehrend rätseln und stottern die Eliten in der Europäischen Union: Was wird uns geschehen? Ist Trump böse oder doch nicht so?


Vortrag von Werner Rügemer im Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Köln, 19.1.2017 (Fotos: arbeiterfotografie.com)

Zur Wahlmanipulation: US-Geheimdienste und die Leitmedien der Wahlverlierer behaupten die Manipulation der Wahl durch „die Russen“: Nichts ist bewiesen, wird aber von den EU-Leitmedien nachgebetet. Bewiesen aber ist folgendes: Die Wahl wurde durch das US-Wahlsystem manipuliert: Obwohl Hillary Clinton 2,7 Millionen Stimmen mehr als Trump hatte, hat sie die Wahl verloren. Das Wahlsystem stammt aus dem 18. Jahrhundert. Damit die bevölkerungsärmeren Südstaaten im Kongress nicht benachteiligt werden sollten, wurden zur Ermittlung der Zahl der Wahlmänner auch die Sklaven mitgezählt, obwohl die gar nicht wählen durften. Keine der beiden großen Parteien hat bisher versucht, dieses System aus dem US-Sklavenhalterstaat abzuschaffen. Hinzukommen die vielen Methoden, mit denen Millionen der ärmeren und vor allem schwarzen US-Bürger und Migranten vom Wählen abgehalten bzw. ausgeschlossen werden. Hinzukommt, dass die Wahlkämpfe der beiden großen Parteien vor allem von den Reichen finanziert werden, die auch die Abgeordneten auf Bundes- und Staaten-Ebene dauerhaft bespenden. Das Politiksystem der USA manipuliert die Wahlen extrem in sozialer und rassischer Hinsicht.

Zum Nationalismus: Trump wird wegen seines Mottos „America first“ – Amerika zuerst – als Nationalist kritisiert. Diese Kritik trifft zu. Sie trifft aber auch auf Hillary Clinton und Obama zu. Und sie trifft auf die beiden etablierten US-Parteien zu. Auch für sie waren und sind die Vereinigten Staaten der exzeptionelle Staat, der zur alleinigen Führung der Welt berufen ist, geweiht von Gott. God bless you! Gott segne euch! rief auch Obama den Absolventen der Militärakademie von Westpoint zu. Die USA sind für beide sich abwechselnden Regierungsparteien „God’s own Country“. Die Zusammensetzung jeder noch so kleinen Regierung irgendwo auf dem Planeten ist für beide US-Regierungsparteien eine Frage der nationalen Sicherheit – also nicht der Sicherheit der anderen Nation, sondern der Nation USA.

Zum Sexismus und Rassismus: Trump wird als Sexist und Rassist kritisiert, zu Recht. Doch auch die von Hillary Clinton repräsentierte, im Westen vorherrschende Haltung ist sexistisch und rassistisch, natürlich auf raffiniertere Weise. Dazu gehört die Sexualisierung der Menschenrechte durch die Konzeption GLBT (Gay Lesbian Bisexual Transgender = Schwul, Lesbisch, Bisexuell und Geschlechtswechsel). Die Freiheit der sexuellen Orientierung und der Geschlechtswahl wird verbunden mit der höheren kapitalistischen Leistungsfähigkeit. Bei mehr „feministischer“ Einfärbung wird „lesbisch“ vorangestellt, dann lautet die Abkürzung LGBT. In der GLBT- bzw. LGBT-Community werden Listen der so aufgestiegenen Milliardäre geführt (Modemacher wie Giorgio Armani, Silicon Valley-Finanzier Peter Thiel…). Unternehmen wie Microsoft und McKinsey fördern die Bildung von internen GLBT-Gruppen – deren Freiheit ist wichtiger als die Freiheit zu kollektiver gewerkschaftlicher Betätigung. Hillary Clinton behandelte die GLBT im Wahlkampf als privilegierte Zielgruppe. GLBT/LGBT wird unter dem Label „Menschenrechte“ auch gezielt gegen unliebsame Regierungen im Ausland eingesetzt, allerdings nicht bei den Verbündeten, die es am notwendigsten hätten, etwa in den Golfstaaten.

Diese Art Sexismus und Rassismus hat aus der emanzipatorischen Frauenbewegung, die für die Rechte aller Frauen, etwa auch im Arbeitsleben, eintrat, nur die Forderung übriggelassen, dass Frauen in Führungspositionen aufsteigen sollen, in Unternehmen und Politik. Nur die nach ganz oben aufgestiegene Frau ist eine gute Frau. Für equal pay und erhöhten Mindestlohn für die schwarzen und mexikanischen und auch weißen Arbeiterinnen, sei es in den US-amerikanischen oder mexikanischen Autozulieferfabriken, hat sich eine wie Clinton noch nie eingesetzt. Im Gegenteil: Zur Globalisierung nach Art der Clintons, Obamas, der Wall Street gehört das gnadenlose weltweite Ausbeuten der möglichst billigen und rechtlosen Arbeit von Frauen und Migrantinnen. Instrumente sind etwa die Freihandelsabkommen wie NAFTA, 1994 beschlossen unter dem „demokratischen“ US-Präsidenten William Clinton. Gegen die Arbeitsverhältnisse bei McDonalds und bei den ausgelagerten US-Niederlassungen in Mexiko, Puerto Rico, Taiwan, China haben die Clintons noch nie protestiert. Zu der von ihnen geförderten Praxis gehört die überproportionale Belegung der US-Gefängnisse mit Angehörigen der schwarzen Minderheit. Dazu gehört der Hochsicherheitszaun an der Grenze zu Mexiko, an dem straflos Grenzschützer Zivilpersonen erschießen dürfen und der unter dem US-Präsidenten William Clinton zu bauen begonnen wurde. Während der acht Regierungsjahre von US-Präsident Obama wurden pro Jahr durchschnittlich 400.000 Migranten, vor allem Mexikaner abgeschoben. Das alles hat die herrschende Gutmenschen-Meinungsmache in der Kritik an Trump verdrängt.

Zum Populismus: Trump wird auch als Populist kritisiert. Diese Kritik trifft zu. Sie trifft aber auch für Hillary Clinton und Obama zu. Populismus bedeutet: Ich verspreche der Mehrheit der Bevölkerung etwas, was den Mehrheitsinteressen beziehungsweise der Mehrheitsstimmung entspricht, fange damit Stimmen, mache aber nach der Wahl etwas anderes oder sogar das Gegenteil. Ich klage zwar das Establishment an, bekomme aber Geld von ihm und arbeite anschließend mit ihm zusammen. Trump beschwor das „american people“, dem er die Macht zurückgeben will, vergaß aber, die Mächtigen und Reichen zu benennen. Das machte auch Obama („Yes we can“). Er gewann seine Wahl mit dem Versprechen, die Atomrüstung zu reduzieren, das von der UNO beschlossene Abkommen zur Beendigung aller Atomwaffentests zu verabschieden, das Folterlager Guantanamo aufzulösen, den gesetzlichen Mindestlohn von 7,25 Dollar zu erhöhen, die von den USA geführten Kriege zu beenden, den Siedlungsbau in den palästinensischen Gebieten zu stoppen, die bisher transparenteste Regierungsweise zu entwickeln, eine Krankenversicherung für alle US-Bürger einzuführen. Er erweckte Hoffnungen für die immer noch unter Diskriminierungen leidenden Schwarzen. Obama wollte den privaten Verkauf tödlicher Schusswaffen an Bürger einschränken. Davon blieb nichts übrig. Obama machte oder ermöglichte oder erduldete das Gegenteil: Er holte seinen Finanzminister von der Wall Street, von Goldman Sachs, wie es sein Vorgänger, der Republikaner Bush, auch schon getan hatte. 166 Staaten haben das Abkommen zur Beendigung aller Atomwaffentests ratifiziert – aber die USA nicht. Die Atomrüstung wird ausgeweitet und modernisiert. Das Folterlager Guantanamo bleibt bestehen. Der gesetzliche Mindestlohn blieb bei 7,25 Dollar. Die bisherigen Kriege wurden weitergeführt, nur mit anderen Methoden und anderen Waffen. Neue Kriege in Syrien, Libyen und Jemen kamen hinzu. Der Siedlungsbau in der Westbank ging weiter. Obama stellte nicht mehr Transparenz her, sondern noch weniger und brachte mehr als jeder seiner Vorgänger Whistleblower, die Verbrechen aufgedeckt hatten, ins Gefängnis. Die Krankenversicherung wurde nach den Wünschen der Versicherungsindustrie kastriert und ist für die Hälfte der bisher Unversicherten weiterhin nicht zugänglich. Die überproportionale Inhaftierung von Schwarzen und die polizeiliche Tötung von Schwarzen nahmen zu. Es wurden noch mehr Schusswaffen verkauft.

Unter der Präsidentschaft von Obama wuchs die Armut, und es wuchs der Reichtum. Und auch die Trump-Milliardäre konnten noch reicher und noch frecher werden.

Damit kommen wir zur Funktion von US-Präsidenten: Sie liegt zwischen einem hilflosen Frühstücksdirektor und einem systemrelevanten Demagogen. Ihre Wahlkampfmaschinen bauen populistisch jeweils ihren neuen Präsidentschafts-Kandidaten auf, während und weil der Populismus des Vorgängers seine Wirkung verloren hat. Bitte vergleicht Obamas und Trumps Antrittsreden am 21. Januar 2009 und 21. Januar 2017: Beide geißeln diffus die Fehler der Vorgänger, beklagen den Verlust von Jobs und versprechen neue Jobs, kündigen den Bau von Brücken, Straßen und Schulen an, versprechen die Wiederherstellung des Vertrauens, wollen „dem Volk“ die Macht zurückgeben, wollen Amerika neu machen, und am Ende: „God bless America!“ Und bei diesem das Volk zermürbenden Wechselbad zwischen den beiden regierungsfähigen Populismus-Varianten bleiben die Ungewählten sowieso auf ihren Posten: die reichen Wahlkampf- und Abgeordnetenbespender und sowieso die Ungewählten in Unternehmen, Militär, Geheimdiensten, Ministerien, Hedgefonds, Medien, Ratingagenturen, PR-Agenturen und Lobbyistenvereinigungen. An denen kommt auch Trump nicht vorbei.

Wodurch unterscheiden sich nun aber Trump und Obama?

Sie vertreten zwei unterschiedliche Milieus der Mächtigen und Superreichen. Obama vertritt die global operierenden US-Konzerne und die traditionellen Wall Street-Investmentbanken und deren globalen Profit- und Herrschaftsanspruch.


Vortrag von Werner Rügemer im Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Köln, 19.1.2017

Trump vertritt das Lumpenproletariat der High Society, die Selfmade-Milliardäre und ihre Familienclans. Sie treten ungehobelt und unverschämt auf. Sie treten ungebildet auf, was aber nur das Zerrbild der pervertierten Gebildetheit der Gegenseite darstellt. Zu Trumps Milieu gehören nicht die Wall Street-Banken wie Goldman Sachs, sondern regionale Immobilien-Mogule und Hedgefonds-Manager, die durch Spekulationen in der Finanzkrise reich wurden; zum Milieu gehören nicht die IT-Weltkonzerne wie Hewlett Packard, sondern asoziale Silicon Valley-Aufsteiger; zu seinem Milieu gehören nicht die Öl-Multis wie Exxon, sondern der milliardenschwere Fracking-Unternehmer; zum Trump-Milieu gehören nicht die globalen Fast Food-Ketten wie McDonalds, sondern der milliardenschwere Eigentümer der im Ausland unbekannten Fast Food-Kette Carl’s and Hardee‘s, der Trumps Arbeitsminister wird.

Diese beiden Milieus sind zwei Schichten der US-High Society. Das Wall Street-Milieu mit den politischen Führungsfiguren Obama und Clinton hat mit seinem Populismus seine Wähler enttäuscht und weltweit an Ansehen verloren. Gleichzeitig wollen nun auch Trumps Multimilliardäre in der einzigen Weltmacht politisch mitmischen. Deshalb kam aber auch Trump nicht daran vorbei, sich seinen Finanzminister und den Direktor seines Wirtschaftsbeirats doch von Goldman Sachs zu holen. Den Chef der Börsenaufsicht holte er sich von der etablierten Wall Street-Kanzlei Sullivan & Cromwell, aus der schon die beiden Brüder John Foster und Allen Dulles hervorgingen, der US-Außenminister und der CIA-Chef nach dem 2. Weltkrieg. Und als seinen Außenminister berief Trump nicht seinen Fracking-Kumpel, sondern doch den Chef des Öl-Weltkonzerns Exxon. Und manche Minister und Berater kommen aus dem vorher kritisierten Washingtoner Establishment, zum Beispiel der uralte Präsidenten-Sicherheits-Dauerberater Henry Kissinger.

Trumps Milliardärsmilieu ist seit einiger Zeit auch auf nationaler und globaler Ebene zwar zunehmend wirtschaftlich aktiv, aber politisch unerfahren und z.B. mit den global ausgreifenden Medien wie der New York Times und CNN nicht vernetzt. Man experimentiert mit Twitter und neuen digitalen Techniken. Man hat einen anti-staatlichen Affekt, merkt aber selbst, dass man für die erweiterten eigenen Profite, etwa für flächendeckende Niederhaltung der Löhne und Privatisierung der Schulen, doch den Staat braucht. Dieses Milieu tastet sich an die große Politik erst heran und äußert sich vor allem bei internationalen Fragen widersprüchlich, etwa zur NATO, zum Freihandel und zur Konstellation der anderen Mächte und Machtgruppen wie Russland, China und der EU. Zwischen den beiden Milieus, jedenfalls vor allem auf der politischen und medialen Ebene – weniger auf der militärischen und wirtschaftlichen – kann es zu weiteren heftigen Auseinandersetzungen kommen.

Mit Trump wird aber nur die Entwicklung deutlicher, die bereits mit US-Präsident Bush nach dem Attentat 2001 in New York begonnen hat und unter Präsident Obama fortgeführt wurde. Diese Entwicklung wurde und wird wegen der rosaroten Clinton- und Obama-Brille auf den Nasen der populistisch eingefangenen Europäer bisher geschönt und verdrängt.

Kommen wir zur Leitfrage: Was würde mit Trump anders werden?

Und würden die Europäer mit und wegen oder sogar gegen Trump etwas anderes machen? Dazu betrachten wir, wie sich der Einfluss von US-Akteuren auf die EU seit 2001 entwickelt hat, also während der Präsidentschaften von George Dabbeljuh Bush und Barack Obama, und wie die EU darauf reagiert hat und ob sich dies mit dem neuen US-Präsidenten ändern würde.


Moderatorin Anne Schulz beim Vortrag von Werner Rügemer im Bürgerzentrum Alte Feuerwache, Köln, 19.1.2017

Beginnen wir beim Militär. Trump will mit seinem Motto „America First“ und „Make America great again“ weiter die USA als einzige Supermacht, und er will sie noch stärker als bisher. Er hält die NATO für obsolet, aber er hält an ihr fest. Obsolet ist für Trump nur, dass die meisten Verbündeten zu wenig selbst bezahlen und zu wenig aufrüsten. Die Europäer, sagt er, sollen mehr zur NATO beitragen. Das ist aber keineswegs neu.

Schon seit zwei Jahrzehnten bringen EU-Staaten – sogar die „neutralen“ Staaten Schweiz und Österreich – zusätzliche militärische und geheimdienstliche Mittel auf, um in wechselnder Zusammensetzung, direkt und indirekt, bei US-initiierten Kriegen dabei zu sein, ob in Ex-Jugoslawien, Afghanistan, Irak und Libyen. Dabei spielt auch das gewachsene eigene Interesse, die weltweite Expansion europäischen Kapitals eine wichtige, wenn auch schamhaft hinter dem Großen Bruder versteckte Rolle - bisher. Die „größere eigene Verantwortung“, die europäische Militaristen neuerdings einfordern, wurde schon seit zwei Jahrzehnten schrittweise praktiziert.

Seit dem Krieg gegen Jugoslawien in den 1990er Jahren haben die USA mit Zustimmung der EU weitere zusätzliche Militärstützpunkte in Europa eingerichtet, so in Bosnien (1996), im Kosovo (1999), aber auch in EU- und NATO-Mitgliedsstaaten, nämlich in Großbritannien (2000), der Türkei (2001), Rumänien (2005) und Bulgarien (2007) und zahlreiche vor allem in Deutschland.

Die USA und die NATO haben die Vereinbarung, nach der deutschen Vereinigung nicht Richtung Russland vorzudringen, gebrochen. Die Nicht-Auflösung der NATO und ihre Erweiterung nach dem Ende der Sowjetunion erweist die Gründungslüge: Es ging nicht um den Kampf gegen den Sozialismus, sondern um die Eroberung des eurasischen Kontinents. Der Terrorangriff auf das New Yorker World Trade Center im Jahre 2001 war der bisher einzige NATO-Bündnisfall: Die USA verlangen bis heute die Unterstützung der angegriffenen USA in ihrem „Krieg gegen den internationalen Terrorismus“, und die europäischen NATO-Mitglieder stimmen dieser völkerrechtswidrigen Kriegserklärung zu. (1)

Deutschland, wo die rosarote Clinton-Obama-Brille die weiteste Verbreitung hat, beherbergt im Vergleich der EU- und NATO-Mitgliedsstaaten bis heute die weitaus meisten US-Militärstützpunkte. Zwar wurde die Zahl der Soldaten verringert, aber gleichzeitig haben die USA ihre Stützpunkte neuen strategischen Anforderungen angepasst. Zum Beispiel: Weil die US-Militärs sonst niemand fanden, der bereit gewesen wäre, nahm die Bundesregierung im Jahre 2008 zusätzlich AFRICOM auf: Von Stuttgart-Vaihingen und von deutschem Boden aus organisieren die US-Militärs ihre Operationen in Afrika, bewaffnete Drohnen inklusive, in alleiniger US-Souveränität.

Seit Jahren bauen die USA ihren größten Militärflugplatz und überhaupt den größten Militärstützpunkt außerhalb der USA in Deutschland auf, im rheinland-pfälzischen Ramstein. Das Hauptquartier für alle NATO-Luftwaffen AIRCOM koordiniert von Ramstein aus den Einsatz von nuklear bestückbaren Raketen verschiedener Art und Reichweite, Drohnenflüge, Truppen- und Gefangenentransporte.

Schon US-Präsident Obama hatte die europäischen NATO-Mitglieder aufgefordert, ihr Militärbudget auf mindestens zwei Prozent des Bruttosozialprodukts zu erhöhen. Bisher (über)erfüllen – neben den USA selbst - nur die Musterknaben Großbritannien, Türkei, Griechenland, neuerdings auch Polen und Estland diese Forderung. Die NATO hat sich bereits 2014 insgesamt und formell Obamas Forderungen angeschlossen. Erst aus dem Munde Trumps fällt als böse auf, was der gute Obama schon gefordert hatte.

Die Bundesregierung unterwirft sich auch der internationalen Konvention, die das US-Außenministerium für Verkauf und Einsatz bewaffneter Drohnen im Oktober 2016 vorgegeben hat. Damit unterstützen die Bundesregierung und weitere EU-Staaten nun auch ausdrücklich die in jeder Hinsicht rechtswidrigen ferngesteuerten Hinrichtungen nach Art von US-Präsident Obama und verletzen damit auch die in den EU-Staaten noch geltenden Rüstungsexport-Kontrollen. (2) Es gibt keine Hinweise darauf, dass die EU wegen Trump das revidiert.

Unter Obama proklamierten die USA Russland zum Systemfeind. Die EU und die europäischen NATO-Mitglieder zogen mit. Vor allem US-Akteure bereiteten den regime change in der Ukraine vor und zwangen EU-Regierungen und die EU-Wirtschaft zum Boykott gegen Russland. Die EU-Eliten haben sich der postfaktischen Hetze gegen Russland und der militärischen Bedrohung Russlands angeschlossen.

Möglicherweise liegt im Verhältnis zu Russland der einzige, relative Unterschied Trumps gegenüber Obama. Vielleicht, vielleicht nimmt die US-Regierung unter Trump den Boykott zurück. Vielleicht zieht eine Trump-Regierung große wirtschaftliche Deals vor. Andererseits kann die mögliche, relative Verständigung mit Russland aber die Quelle eines größeren Konflikts werden: Russland soll von seiner Kooperation mit China, dem Hauptfeind Trumps, getrennt werden. Schon in der kalten Kriegs-Zeit bemühten sich die USA, die damalige Sowjetunion und China gegeneinander aufzustacheln. Dafür baute US-Präsident Nixon mit seinem Sicherheitsberater Kissinger gute Beziehungen mit Peking auf. Aber wird Trump auch die US- und NATO-Aufmärsche an Russlands Grenze zurückpfeifen? Und würden die Bundesregierung und die EU dann ihre zusätzliche Aufrüstung zurücknehmen? (3)

Kommen wir zum Globalen Krieg gegen den Terrorismus.

Bekanntlich hat sich die deutsche Bundeskanzlerin nicht darüber beschwert, dass ihr Telefon und die Telefone ihrer Regierungsmitglieder durch US-Geheimdienste abgehört werden. Offensichtlich betrachtet sie das sogar als Auszeichnung, als Bestätigung ihrer Wichtigkeit. Aus der mitregierenden SPD tönte Wirtschaftsminister Gabriel, man werde nicht weiter über TTIP verhandeln, solange die National Security Agency NSA sich nicht an deutsche Gesetze halte. (4) Doch hielt Gabriel schnell seine ansonsten große Klappe und kämpfte verbissen für TTIP. „Abhören unter Freunden geht gar nicht“, ließ Europas mächtigste Duckmäuserin verlauten. Aber das Abhören geht weiter.

Als der NSA-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages den ehemaligen US-Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden als Zeugen berufen wollte, beauftragte die Bundesregierung die US-Kanzlei Rubin Winston Diercks Harris & Cooke, um sich bescheinigen zu lassen: Der Versuch, Snowden zu holen, sei eine „kriminelle Verabredung“, stelle eine „Hilfe beim Diebstahl“ von US-Eigentum dar sowie eine „Verschwörung“ (conspiracy) gegen die USA. Wir können hier lernen, wie nach US-Gesetzen eine Verschwörung einer deutschen Regierung gegen die USA konstruiert werden kann. So sieht eine echte Verschwörung aus.

Das Bundesverfassungsgericht urteilte gegenüber dem Ausschuss: Die Selektoren-Liste des deutschen Geheimdienstes BND, des NSA-Datenlieferanten, darf geheim bleiben. (5) Dabei ging es nicht nur um Daten von vermuteten Terroristen, sondern auch von  Bürgern und Unternehmen. (6)

Die Bundesregierung baut mit dessen Umsiedlung nach Berlin den BND aus, etwa durch eigene Satelliten und mithilfe der Bundeswehr und des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Deutschtümler unter den Linken interpretieren dies als Loslösung von den USA. Doch das Gegenteil ist der Fall. Wie die Bundeskanzlerin zum 60. Jahrestag des BND betonte, soll die Zusammenarbeit mit den befreundeten Geheimdiensten vertieft werden. (7)

Die EU unterstützte oder duldete die Folter durch US-Geheimdienste in Europa. Man stelle sich nur einmal den Weltskandal vor, es wäre Russland, das in einem widerrechtlich seit über hundert Jahren besetzten Teil eines anderen Staates, nämlich in Guantanamo ein Folterlager mit zwischendurch 700 nicht verurteilten Gefangenen betreibt. Was für ein Skandal! Aber nein, die westlich verblödeten Menschenrechtler vom Schlage Gauck schweigen dazu eisern.

Am weltweiten Foltern von Menschen, die vom CIA als Terroristen angesehen wurden, beteiligten sich mindestens die drei EU-Mitgliedsstaaten Polen, Rumänien und Litauen. (8) Die EU übte sich in Vasallen- und Unrechtstreue. Der Europäische Menschenrechts-Gerichtshof verurteilte 2014 die polnische Regierung, zwei in Polen von der CIA gefolterten Menschen jeweils 100.000 Euro Entschädigung zu zahlen. (9) Kein Gericht verurteilte die Täter aus den USA, sie wurden nicht einmal beim Namen genannt, man forderte nicht ihre Auslieferung. So verurteilen sich die Europäer gegenseitig selbst und lassen die Supermacht unangetastet. Würde sich das gegenüber einem US-Präsidenten Trump ändern? Wohl kaum.

2015 annullierte der Europäische Gerichtshof  das Safe Harbour Agreement zwischen der EU und den USA: Das Datenschutzgefälle zu Lasten von EU-Bürgern sei zu groß. Das Nachfolgeabkommen Privacy Shield vom Juli 2016 erlaubt aber US-Geheimdiensten weiter einen praktisch unbegrenzten massenhaften Datenzugriff, „wenn sie terroristische Gefahren wittern“, so der ehemalige Datenschutzbeauftragte der Bundesregierung, Peter Schaar. (10)

Trump will den Kampf gegen den Terrorismus verschärfen. Das könnte recht unterschiedliche Formen annehmen. Wenn etwa konsequent der IS zerstört wird, wie Trump ankündigte, und wenn zudem die finanzielle, mediale und logistische Unterstützung sogenannter „Rebellengruppen“ beendet wird, und wenn auch die engen Verbündeten wie Saudi-Arabien hier zurückgepfiffen würden, dann wäre das gut. Ob Trump die bisherige US-Politik hier wesentlich ändern will oder kann, ist zweifelhaft. Die US-Leitmedien sind gegen ihn, und er steht selbst unter dem Druck der US-Geheimdienste wegen seiner bisherigen Haltung zu Putin. Und würden Merkel und Juncker ihre Unterstützung für den US-Krieg gegen den Terrorismus aufgeben, wegen Trump?

Kommen wir zum Thema: US-Geheimdienste in europäischen Unternehmen.

Gegen den Autokonzern Daimler ermittelte die New Yorker Staatsanwaltschaft wegen Bestechung in mehreren anderen Staaten. Im Jahre 2010 zahlte dann Daimler 180 Millionen Dollar Strafe. Der Vergleich enthielt der Auflage, dass Daimler seine 280.000 Mitarbeiter auf allen Kontinenten und alle seine dortigen Lieferanten den US-Anti-Terrorismus-Auflagen unterwirft, an deutschen, EU- und anderen nationalen Gesetzen vorbei. Drei Jahre lang platzierte die US-Heimatschutz-Behörde den Ex-FBI-Direktor Louis Freeh als Aufsicht in die Compliance-Abteilung des Konzerns. Daimler ist auch weiter berichtspflichtig, etwa über die Gehaltszahlungen und Kontobewegungen seiner Mitarbeiter. Ähnliches gilt für andere ausländische Konzerne, die in den USA Niederlassungen unterhalten und es gilt für die tausenden US-Unternehmen, die in der EU tätig sind. (11)

Im letzten Jahr hatte das deutsche Unternehmen Aixtron in Herzogenrath bei Aachen dem Verkauf an einen chinesischen Konzern zugestimmt. Wirtschaftsminister Gabriel gab die Genehmigung. Aber der deutsche Minister widerrief die Genehmigung sofort, nachdem US-Geheimdienste auf das nationale Sicherheitsinteresse der USA hinwiesen und Obama das Verkaufsverbot bestätigte. (12)

Im Oktober 2015 entließ die Commerzbank vier Angestellte ihrer Hamburger Filiale auf Anweisung des US-Finanzministeriums. Sie hatten Finanzierungen für die staatliche Reederei des Iran abgewickelt, die nach deutschem und europäischem Recht legal waren. Die Commerzbank akzeptierte wie Daimler einen Vergleich: Sie verzichtete auf diesen Geschäftsbereich, zahlte 1,3 Milliarden Dollar Strafe und bekommt wie Daimler bis 2018 einen Aufpasser in die Bank, der die Einhaltung der US-Anti-Terrorismus- und die Boykott-Regeln überwacht und an die US-Behörden berichtet.

Mehrere solcher geheimdienstlicher Eingriffe in deutsche Unternehmen wurden inzwischen bekannt. Selbst die US-freundliche Frankfurter Allgemeine Zeitung vermutet, dass es unter dem „noblen Ziel“ der Terrorismus-Bekämpfung um einen „verdeckten Wirtschaftskrieg“ geht. (13) Die deutsche Bundesregierung und die EU unterstützen oder dulden diesen Wirtschaftskrieg. Würden sie bei Trump ihr Verhalten ändern?

Trump als US-Präsident will die Anti-China-Politik Obamas und Clintons eher noch verschärfen, und das Abkommen mit dem Iran hält er für schlecht. Ob Merkel, Gabriel & Juncker im Interesse des demokratischen Rechtsstaats und der deutschen und europäischen Wirtschaft dem etwas entgegensetzen?

Kommen wir zu den neuen US-Investoren in der EU. Dazu zunächst die Frage: Wie wurde in Deutschland und der EU die Finanzkrise aufgearbeitet? „Die Finanzkrise kommt aus den USA“, erklärte der damalige Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD). Doch die Bundesregierung sah sich unfähig zu eigener Aufarbeitung und holte sich Hilfe aus den USA.

Die Bundesregierung beauftragte die US-Wirtschaftskanzlei Freshfields, die beiden Banken-Rettungs-Gesetze zu entwerfen. Die weitere Beratung in Sachen Finanzkrise holten sich Kanzleramt und Finanzministerium bei den wichtigen Mitverursachern der Finanzkrise wie Goldman Sachs, Barclays und Deutsche Bank. (14)

Die Bundesregierung engagierte Goldman Sachs, Morgan Stanley, KPMG, Freshfields, White & Case, Mayer Brown und Rothschild als Berater der Bankenrettungs-Behörde Soffin. (15)

Die Troika aus Europäischer Kommission, Europäischer Zentralbank und IWF beauftragte den größten Kapitalorganisator der Welt und US-Regierungsberater, Blackrock – zu ihm komme ich noch ausführlich -, die Risikoanalysen für die Bankenrettungen in Irland,  Griechenland, Großbritannien und Zypern zu erstellen. (16)

Diese komplizenhafte Unterwürfigkeit der EU-Verantwortlichen manifestierte sich auch, als der langjährige Präsident der Europäischen Kommission, José Barroso, nach seiner Amtszeit 2016 als Berater für EU-Angelegenheiten zur Wall Street, zu Goldman Sachs wechselte: Da wächst zusammen, was schon länger zusammengehört. (17)

In der EU wurde nach der Finanzkrise zunächst heftige Kritik an den Mitverursachern, den drei marktbeherrschenden US-Ratingagenturen Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch, geübt. EU-Kommissarin Viviane Reding z.B. forderte die „Zerschlagung der amerikanischen Ratingagenturen“. Es sollte endlich eine europäische Ratingagentur gegründet werden. Der Beschluss des Europäischen Parlaments vom 8. Juni 2011 war aber eine Beerdigung zweiter Klasse: Erstens: Gegen den Antrag der Linken sollte die neue Ratingagentur keine öffentliche sein, sondern eine private, wie die amerikanischen. Zweitens: Die Europäische Kommission erhielt den Auftrag für eine „Machbarkeitsstudie“. Drittens: Das Vorhaben ist verschwunden. Die Kreditkonditionen der EU-Mitgliedstaaten hängen weiter von den Bewertungen von Standard & Poor’s, Moody’s und Fitch ab. Die Bundesregierung und die Europäische Kommission bestehen auch auf diesem Gebiet nicht auf europäischer Souveränität, und auch eine Trump-Regierung wird auf dieses hübsche Herrschaftsinstrument nicht verzichten.

Schließlich: Wie verhalten sich die neuen US-Finanzakteure in der EU? Und wie verhält sich die EU zu ihnen?

Während die politisch und medial gelenkte Aufmerksamkeit seit der Finanzkrise den Banken und ihrer Regulierung gilt, wurden mit und nach der Finanzkrise neue Kapitalorganisatoren viel mächtiger. Sie sind keine Banken und unterliegen deshalb auch nicht der Bankenregulierung. Sie sind dem allgemeinen Publikum immer noch weitgehend unbekannt, obwohl sie inzwischen mächtiger sind als die traditionellen Banken. Diese neuen Finanzmächtigen trampeln seit über einem Jahrzehnt, auch unter der Präsidentschaft von Barrack Obama, nach Trump-Manier weltweit in anderen Staaten herum und setzen sich frech und  weithin ungehindert auch in der EU über Gesetze und Regeln hinweg.

Kommen wir zuerst zur obersten Etage dieser neuen Finanzmächtigen. Das sind die großen Kapitalorganisatoren wie Blackrock, Vanguard, State Street, Fidelity, Capital Group & Co. Sie haben nach der Finanzkrise ihre Rolle als die wichtigen Miteigentümer der großen Aktiengesellschaften in den USA und in der EU ausgeweitet. In den USA wurde 2011 erwogen, Blackrock & Co zu regulieren. Doch deren  Lobby trieb das der Obama-Regierung aus. Die Europäische Kommission schloss sich ohne Diskussion der US-Entscheidung an. (18)

Blackrock & Co sind inzwischen nicht nur in allen DAX-Konzernen bestimmende Miteigentümer, sondern sind dies auch in allen großen Banken und Unternehmen diesseits und jenseits des Atlantiks. Sie drängen auf Fusionen, bei Banken und bei Fluglinien, ebenso im Chemiebereich wie jetzt bei Bayer und Monsanto. Sie schränken den Wettbewerb ein, erhöhen Preise, quetschen die industrielle Substanz aus, nutzen systemisch Finanzoasen, dezimieren die Arbeitsplätze und treiben die Niedriglöhnerei voran. Sie betreiben neben den Börsen in black pools den wachsenden Bereich der nicht regulierten und anonymen Finanzgeschäfte – Finanzwetten, Kreditvergabe und Wertpapierverkäufe. Die Finanzaufsichten wie die Bafin in Deutschland und die ESM in der EU werden unterlaufen. (19) Merkel und Juncker schweigen dazu.

Kommen wir zur darunter liegenden Etage dieser Trampel-Investoren. Ähnlich, aber mit geringerem Volumen kaufen sogenannte Private Equity-Fonds wie Blackstone, Carlyle und KKR lukrative, nicht börsennotierte Mittelstandsunternehmen. Diese Investoren bürden den gekauften Unternehmen die Kaufkredite auf, bauen Arbeitsplätze ab, verlagern Betriebsteile ins Ausland oder schließen sie. Das rief zu Beginn kurzzeitig heftige Kritik hervor. Dem damaligen Arbeitsminister Franz Müntefering (SPD), der 2004 die Bezeichnung „Heuschrecken“ populär machte, wurde die Kritik schnell ausgetrieben, auch mit dem Vorwurf des Antisemitismus. Dem „lukrativen Beuteschema“, wie es im jetzt Handelsblatt heißt, wurden allein in Deutschland in den letzten Jahren still und leise 5.900 Mittelstandsunternehmen unterworfen. (20)

2016 beschloss die Europäische Kommission, dass der Apple-Konzern 13 Mrd. Euro an Gewinnsteuern in der EU nachzahlen muss, die er durch die Nutzung der Finanzoase Dublin hinterzogen hat. Allerdings klagt die irische Regierung dagegen, weil die Entscheidung ihr Geschäftsmodell infrage stellt. Es war allerdings mithilfe der EU eingerichtet worden. (21) Die EU fördert zudem und deckt selbst die internationale Steuerflucht.

Die EU praktiziert deshalb hier nur eine populistische Symbolpolitik. Sie geht nur gegen Apple vor. Und sie geht nicht gegen die komplizenhafte  Luxemburger Steuerbehörde und gegen den US-Wirtschaftsprüfkonzern Price Waterhouse Coopers vor, die gemeinsam von 2002 – 2010 die Steuern für 343 multinationale Konzerne, darunter neben Apple u.a. auch Amazon, Pepsi und Heinz, unter 1 Prozent drückten und 2015 aufflogen. „LuxLeaks“ war der Name für diesen Skandal, der schnell keiner mehr war. Dagegen verurteilte die Luxemburger Justiz die beiden Whistleblower, die die kriminellen Akte ans Licht gebracht hatten. (22) Übrigens war der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, als langjähriger Regierungschef Luxemburgs für den Ausbau zur Finanzoase verantwortlich. Und übrigens: Donald Trump lobt in seinem BILD-Interview Juncker als einen „angenehmen Herrn“. Die EU mit Merkel und Juncker dürfte wohl an dieser Praxis nichts ändern, und das dürfte Trump, dem Anhänger von möglichst niedrigen Unternehmenssteuern, auch gefallen.

Übrigens: Wie stehen Konzerne aus der EU zu Trump? Im transatlantischen Finanzmilieu herrscht ohnehin nicht die Aufregung auf der medialen und politischen Vorderbühne. Transatlantisch aktive Konzerne aus der EU hatten schon vor der Wahl keine Vorbehalte gegen einen neuen US-Präsidenten Trump. Bayer, BASF, Deutsche Bank, Fresenius, der französische Chemiekonzern Sanofi, die United Bank of Switzerland und der britische Rüstungskonzern BAE spendeten im US-Wahlkampf, wie vorher auch schon, sowohl für den Republikaner Trump wie für die Demokratin Hillary Clinton, diesmal allerdings spendeten sie mehr für Trump. Übrigens: In allen genannten Unternehmen sind die neuen Finanzmächtigen wie Blackrock & Co Miteigentümer. Europäische Konzerne und Banken nutzen die niedrigen Steuern, niedrigen Arbeitsstandards, die hohen Staatssubventionen und großen Steuerfluchtmöglichkeiten in den USA. Auch von hier aus ist kein Widerstand gegen Trump zu erwarten, im Gegenteil.

Kommen wir jetzt zum Einfluss der neuen Internet-Ökonomie. Im Laufe des letzten Jahrzehnts haben ein Dutzend US-Konzerne die Führung der weltweiten Internet-Ökonomie übernommen. An der Spitze der digitalen Plattformen stehen Apple, Google/Alphabet, Microsoft, Facebook und Amazon. Sie betreiben und kontrollieren die zentralen Knotenpunkte des Internets und dringen in immer mehr Geschäftsfelder ein. Sie spähen die privaten Daten ihrer Nutzer aus und verwerten sie unkontrolliert. Auch sie kooperieren mit den US-Geheimdiensten.

Die Europäische Kommission versucht – auch hier nur in Einzelfällen - immer wieder, die Marktmacht der US-Giganten zumindest einzuschränken. Seit 2010 hat die Kommission drei Anti-Kartell-Verfahren gegen Google eingeleitet, weil der Konzern seine 90 Prozent-Marktstellung bei Suchdiensten missbraucht. Ein Ergebnis ist nicht abzusehen. (23) Die Kommission verhängte 2009 gegen den Chiphersteller Intel ein Bußgeld von 1,06 Mrd. Euro wegen Kartellverstößen während der Jahre 2002 – 2007; das Widerspruchsverfahren hängt immer noch beim Europäischen Gerichtshof.

Google nimmt seit 2015 verstärkt Einfluss auch auf traditionelle Medien in Europa. Google schüttete 2016 aus seinem „Innovationsfonds“ 24 Millionen Euro an 124 Medien in der EU aus. Mit der Auswahl – in Deutschland etwa Spiegel online, Berliner Morgenpost, Deutsche Welle und taz – zeigt Google, dass der Konzern nicht einfach, wie es auch Facebook von sich behauptet, ein inhaltsneutraler Technologieanbieter ist, sondern zum herrschenden westlichen Mainstream der Kriegshetzer gegen Russland und China gehört. (24)

Ebenso befinden sich die neuen, internetbasierten Unternehmen der share economy wie Uber, Airbnb, Parship und Flixbus mehrheitlich in der Hand von US-Investoren. Vielfach verletzen sie geltende Regulationen in Europa. Die Europäische Kommission und die Regierungen der EU-Staaten schauen dem Treiben komplizenhaft zu. Vereinzelt leisten etwa Taxifahrer in europäischen Großstädten Widerstand; Stadtverwaltungen wie in Barcelona und Berlin versuchen, die Zweckentfremdung von Wohnraum durch Airbnb einzuschränken. (25) Wo kein wirksamer Widerstand ist, machen Uber & Co einfach weiter.

Eigentlich bekannt, aber irgendwie übersehen: US-Berater als Mitregenten. Auch sie agieren unabhängig von US-Präsidenten. Berater aus den USA haben seit der Finanzkrise ihre Tätigkeiten in der EU verstärkt.  Dies sei am Beispiel Deutschland verdeutlicht. Wie schon erwähnt: Die Kanzlei Freshfields war durch Finanzminister Steinbrück mit dem Entwurf der beiden Banken-Rettungsgesetze beauftragt worden. Sie berät die Bundesregierungen schon seit 2002 bis heute z.B. beim größten Public Private Partnership-Projekt, Toll Collect (LkW-Maut auf Autobahnen). Als die enge Beziehung Steinbrücks mit Freshfields bekannt wurde – die Kanzlei zahlte ihm Honorare für Vorträge – schaltete Steinbrück die Wirtschaftsprüfer Ernst & Young ein, um sich von einem anderen US-Beratungsunternehmen einwandfreies Verhalten bescheinigen zu lassen.

Freshfields berät traditionell Unternehmen und Banken. Freshfields beriet Banken auch bei dubiosen Finanzprodukten, etwa den Cum-Ex-Geschäften, wo ein doppeltes, gleichzeitiges wirtschaftliches Eigentum fingiert wird. Es diente der betrügerischen doppelten Steuererstattung. (26) Die Kanzlei hatte schon Ende der 1990er Jahre ähnliche Praktiken des Cross Border Leasing (fingierter Verkauf von öffentlicher Infrastruktur europäischer Städte an US-Banken – in Köln die gesamte Kanalisation, die Messehallen und Straßenbahnen) gedeckt. (27)

Auch zivilgesellschaftliche Organisationen greifen auf Freshfields zurück, wenn es brenzlig wird und Skandale verursacherschonend bewältigt werden müssen, so beim Allgemeinen Deutschen Automobilclub ADAC und beim Deutschen Fußballbund DFB. Ernst & Young durchleuchtet den Deutschen Olympischen Sportbund, um ihn im Auftrag des Innenministeriums für das Ziel von mehr Olympia-Medaillen zu reformieren. (28)

McKinsey und Accenture gestalten im Dauerauftrag die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter unternehmensfreundlich um. (29) McKinsey beriet die Arbeitsministerin von der Leyen beim Thema Fachkräftemangel. McKinsey berät das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BAMF, wie es noch mehr Flüchtlinge noch schneller aus Deutschland herausschaffen kann.

Während SPD-Verteidigungsminister Rudolf Scharping die Bundeswehr wenigstens noch vom deutschen US-Imitat Roland Berger beraten ließ, beauftragte Verteidigungsministerin von der Leyen das Original. Sie holte 2014 die McKinsey-Direktorin Katrin Suder als Staatssekretärin ins Ministerium, gleichzeitig auch den McKinsey-Juniorpartner Gundbert Scherf als Berater für nationale und internationale Rüstungskäufe. Scherf konnte zwei Jahre später übergangslos zu McKinsey zurückkehren – der Beratungskonzern machte ihn als höchstrangigen Rüstungsinsider Deutschlands erfreut zum Partner, also zum Miteigentümer. (30)

Die einzigartige Insiderposition dieser Mitregenten wird erst klar, wenn man – wie bei Freshfields schon erwähnt – auch ihre gleichzeitige oligopolistische Dauerberatung für die Privatwirtschaft einbezieht. Ratingagenturen, Unternehmensberater, Wirtschaftskanzleien, Wirtschaftsprüfer durchleuchten und strukturieren auch die wichtigen Banken und Unternehmen. Das Bilanzprüfungs- und Testiergeschäft etwa der 30 DAX-Konzerne haben die US-Big Four – Price Waterhouse Coopers, KPMG, Ernst & Young, Deloitte – unter sich aufgeteilt und agieren zudem noch in der Doppelfunktion als Steuerberater, d.h. als Vermittler der für jede Steuer-, Haftungs- und Öffentlichkeitsflucht günstigsten Finanzoasen-Produkte. Auch ihre arbeitsrechtliche Vertretung vertrauen Konzerne in Deutschland zunehmend den deutschen Niederlassungen von US-Kanzleien wie Squire Patton Boggs, DLA Piper, Littler und Hogan Lovells an. (31) Alle diese Berater sind natürlich auch den Vorgaben des US-Patriot Act und des Kampfes gegen den internationalen Terrorismus verpflichtet.

In seiner zurückhaltenden Art hat jetzt der Bundesrechnungshof Alarm geschlagen: Die wachsende Dauer- und ressortübergreifende Beratung durch McKinsey & Co, zudem unter Ausschluss des Wettbewerbs, erhöhe das „Risiko der Fremdsteuerung“ und führe zum Verlust „der Gestaltungskompetenz“ des Staates. (32) Staat und Regierung werden entmachtet. Die Bundesregierung nimmt diese zutreffende Feststellung schweigend hin. In Brüssel sieht es ähnlich aus.

Wer sind Trumps europäische Wunschpartner?

Der Präsident Trump wird mit seinem Motto „America first“ die US-Dominanz in der EU nicht zurückfahren, im Gegenteil. Das Vordringen der neuen, unregulierten, trampeligen US-Investoren hat er bisher nie kritisiert. Solche wie Uber schaffen ja auch in den USA einige, wenn auch schlechte Arbeitsplätze. Möglicherweise würde er die militärische Komponente abschwächen – dazu müsste er sich aber gegen das eigene Militär und die eigenen Geheimdienste durchsetzen. Die bisherigen Verhandlungen über das Freihandelsabkommen TTIP führt er nicht fort. Die zögernden Widerstände der Europäischen Kommission in den Verhandlungen waren den USA sowieso schon zu viel. (33) Wenn wir uns das Verhalten der genannten US-Investoren und ihrer Berater in Deutschland und in der EU ansehen, dann könnte man allerdings vermuten: Die brauchen TTIP fast gar nicht mehr. Die wissen: Mit der EU, mit Merkel, Gabriel, Schäuble, Juncker & Co  können wir sowieso umspringen wie wir wollen. Wenn die Widersprüche in der EU noch stärker werden, wird das noch leichter. Aber der Appetit einerseits und die Unterwerfung andererseits haben natürlich beide keine Grenzen.

Kommen wir zum wichtigsten Wunschpartner Trumps in Europa: Großbritannien.

Trump begrüßt den Brexit und will ihn nutzen. Trump will die wirkmächtige Allianz zwischen Ronald Reagan und Margret Thatcher wiederbeleben. Diese Allianz der 1980er Jahre hat den transatlantischen Kapitalismus neoliberal umgekrempelt und auch das Vordringen von US-Kapital in der EU, damit übrigens sehr stark auch in Großbritannien befördert. Auch die britischen Eliten wollen den Brexit jetzt nutzen, um die special relationship mit den USA zu vertiefen, politisch, militärisch und wirtschaftlich. Die undemokratische EU ist den britischen Eliten nicht undemokratisch genug. Auch die britische Regierung will wie Trump die Unternehmenssteuern drastisch senken und gleichzeitig den großen Unternehmen noch mehr staatliche Subventionen gewähren.

Die britische Regierung will sich von den Einwanderungsregeln der EU befreien und die Abschöpfung von brauchbarem ausländischem Personal strenger regeln. Auch die ohnehin laxen EU-Richtlinien zur Regelung der Arbeits- und Pausenzeiten, zum jährlichen Urlaub, zum Mutterschaftsurlaub, zum Schutz von Leiharbeitern und zu equal pay sind den britischen Unternehmern schon lange ein Dorn im Auge. (34) Das trifft sich übrigens mit der Praxis des von Trump berufenen Arbeitsministers, der die Gewinne in seiner fast food-Kette auch mit extremer Niedriglöhnerei herausholt.

Die britische Regierungschefin hat am 17. Januar 2017 den Brexit bekräftigt und konkretisiert. Großbritannien soll seine globale Funktion verstärken, aus der EU austreten, soll aber neu verhandelte, gute Zugriffe auf den kontinentalen Markt behalten. Mit den USA und mit der EU sollen getrennte Freihandelsabkommen geschlossen werden. Was das in der Realität bedeutet, kann man schon jetzt an folgendem erkennen: Ohne auf die Brexit-Verhandlungen zu warten, schaffen die neuen Finanzakteure Fakten. Blackrock, Großaktionär sowohl der Frankfurter wie der Londoner Börse, strickt seit einem Jahr an der Fusion beider Börsen, und der rechtliche Sitz soll in London sein. (35) Die beiden größten Tabakkonzerne, der britische BAT und der US-amerikanische Reynolds, vollziehen jetzt ihre Megafusion. Auch hier mischen Blackrock & Co als Aktionäre mit.

Die britische Regierungschefin kündigte aber auch an, dass der britische Geheimdienst stärker als bisher dazu beitragen soll, „Menschenleben in der EU zu retten“. Bekanntlich ist der britische Geheimdienst mindestens so eng mit den US-Geheimdiensten verknüpft wie der deutsche BND. Für May ist auch die Mitgliedschaft in der NATO selbstverständlich. Austritt aus der EU ja, aber kein Austritt aus der NATO. Die britische Regierungschefin betonte, dass britische Truppen auch weiter gegen Russland in Polen und Estland aufmarschieren. Großbritannien soll seine Mitgliedschaft im UNO-Sicherheitsrat mehr als bisher nutzen und mit der EU eine gemeinsame Sicherheitspolitik entwickeln. Diese Teile der Rede der britischen Regierungschefin haben übrigens die meisten Medien in Deutschland nicht berichtet und das haben auch die plapperigen Mitglieder der Bundesregierung nicht kommentiert.

Kommen wir zum zweiten wichtigen Wunschpartner Trumps in Europa: Deutschland.

Merkel hat sich als erster deutscher Regierungschef erfrecht, einem gewählten US-Präsidenten Bedingungen für die Zusammenarbeit zu stellen. Allerdings ging es nur um die wolkige Software wie die Rechte des Individuums. Von der hardware, also den Geheimdiensten, der NATO, den universellen Menschenrechten, den Arbeitsrechten, dem Klimaschutz sowie den Investitionen sprach sie nicht. Es ist anzunehmen, dass sie sich wie auch sonst dann am populistischen Gossenblatt BILD-Zeitung orientiert. BILD hat ein paar Tage vor der Amtseinführung mit einem zweiseitigen Interview und schönen Fotos an den neuen US-Präsidenten angeschleimt. BILD-Herausgeber Kai Diekmann bezeichnete Trump als „verstörend ehrlich“ und hob Trumps Aussage hervor: „Ich liebe Deutschland.“ (36)

Trump hat in seinem Interview erklärt, dass die „EU ein Mittel zum Zweck für Deutschland“ ist und dass die Bundeskanzlerin eine „großartige Anführerin“ ist, nur ihre Flüchtlingspolitik sei katastrophal. Das ist aber untergeordnet. Möge die EU zerfallen, sagt Trump. Aber Deutschland soll wichtigster Verbündeter bleiben. Da braucht Frau Merkel nicht viel dazutun. Das läuft auch ohne sie. Denn Deutschland beherbergt die meisten US-Militärstützpunkte und die meisten US-Investoren und die meisten US-Berater. Frau Merkel muss nur danebenstehen und über ihre Laut-Sprecher ihren Wahleseln und Wahleselinnen ständig die populistischen Essentials wiederholen: „Wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand“. „In Deutschland geht es uns allen gut.“

Die von den EU-Eliten nun verstärkt benutzte Chiffre „Verteidigung Europas“ bedeutet: Die deutsche Verteidigungsministerin von der Leyen und die EU-Außenbeauftragte Mogherini wollen jede militärische Lücke, die die USA vielleicht lassen werden, europäisch schon jetzt überkompensieren. Mit dem angeblichen Rückzug der USA aus Europa ist der Anlass gefunden, um alte Gelüste neu zu rechtfertigen. Märkte, Rohstoffe, Transportwege sollen militärisch global gegen Konkurrenten – vor allem China und Russland - beherrscht bzw. neu erobert werden, mit und ohne die USA. Aber von einem Austritt aus der NATO ist bei der deutschen Regierung genauso wenig die Rede wie bei der britischen Regierung.


Montage: Rudolph Bauer
 
Wie kommen wir zu einem demokratischen, sozialen und sicheren Europa?

Wenn Trump erklärt, dass andere Länder wie China US-Arbeitsplätze „gestohlen“ haben, dass „unsere Mittelklassen“ verarmt wurden und dass „der Reichtum aus unserem Land verschwunden ist“, dann leugnet er auf primitive, populistische Weise die größte Reichtums- und Machtanhäufung, an der sein Milieu teilhat und die je in einem Staat bestanden hat.

„Noch nie haben so viele Menschen in der EU nicht von ihrer Arbeit leben können“, gibt etwa der französische Ministerpräsident Manuel Valls öffentlich zu. (37) In der transatlantischen Gemeinschaft der NATO-Staaten, im angeblich reichsten Land, den USA ebenso wie in der Europäischen Union sinkt das Einkommen der Mehrheit der Menschen, steigt für sie die Unsicherheit des Lebens von der Kindheit bis ins Alter. Unternehmer und ihre Hilfstruppen pressen den Beschäftigten routinemäßig Millionen unbezahlter Mehrarbeit ab. In den Unternehmen herrscht Angst, die freie Meinung wird unterdrückt. Neben der Armut blüht der schamlose Reichtum. Arbeitslose werden verachtet und sterben früh. Wenn zudem die Militäretats kräftig erhöht werden, und wenn die öffentliche Infrastruktur nur noch privat betrieben werden soll, weil in Deutschland und in der EU die Schuldenbremse greift, wird die Mehrheit der Menschen mit weiteren Belastungen überhäuft.
Die Zustimmung zu den missmutig gewählten Regierungsparteien sinkt im freien Fall. Die westliche Demokratie ist zur Fassade des rücksichtslosen egoistischen Reichtums pervertiert. Regierende Christen wie Merkel und Juncker sind so gnadenlos unbarmherzig wie regierende Sozialisten in Frankreich und Deutschland.

Um das überschuldete Armenhaus EU mithilfe des EU-Nationalismus zusammenzuhalten, konkurriert Merkel populistisch mit denen, die als populistisch gebrandmarkt werden. Merkel will nach Trumps Vorbild nun ebenfalls plötzlich mehr „Politik für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen“ machen. Sie will sich stärker an die Menschen wenden, „die sich als Modernisierungsverlierer sehen“. (38) Aber genauso wie Trump und Valls verdeckt auch Merkel mit ihrem leitmedial verstärkten Populismus die Täter und deren Praktiken, weswegen es die diffus sogenannten „Globalisierungsverlierer“ gibt. „Globalisierung“ ist im Munde von Merkel ein präfaktisches Verdunkelungs-Klischee aus der Wall Street-Küche.

Mit Merkel, Gabriel, Juncker & Co kann ein demokratisches, soziales, sicheres und friedliches Europa nicht verteidigt werden. Da sind andere, da sind auch wir gefordert. Wir müssen uns auf die vollständigen Menschenrechte beziehen, zu denen auch soziale und Arbeitsrechte gehören. Nötig ist die demokratische und soziale Neugründung Europas. Dazu gehört eine europäische Sicherheitsarchitektur, die Russland einschließt.

Der scheidende Kriegstreiber Obama hat mit seinen Militärs vor Trumps Amtseinführung noch schnell die seit Jahrzehnten größten Truppen- und Munitionstransporte und Aufmärsche gegen Russland inszeniert. Rechte und extrem populistische Regierungen wie in Polen sind dafür die engsten Bündnispartner. Das ist gewiss keine Alternative zu Trumps noch unklarer Strategie. Deshalb: nach Obama und mit Trump: Die Auflösung des transatlantischen Aggressionsbündnisses NATO ist dringlicher denn je.


Fussnoten:

1 Was sagt der NATO-Vertrag über den „Bündnisfall“?, www.ag-friedensforschung.de/themen/voelkerrecht/buendnisfall.html
2 Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke: Haltung der Bundesregierung zu einem verantwortungsbewußten Umgang mit bewaffneten Drohnen, Bundestagsdrucksache 18/10070, 17.10.2016
3 Das Verhältnis der Trump-Regierung zu Israel und die möglichen Rückwirkungen auf die EU werden hier  ausgeklammert.
4 Top-Ökonom kritisiert Anti-USA-Kurs Gabriels, Handelsblatt 25.10.2013
5 US-Schützenhilfe für die Bundesregierung, Spiegel online 1.5.2014
6 NSA-Spionageziele bleiben geheim, Handelsblatt 15.11.2016
7 Merkel würdigt BND als unverzichtbar, www.bundesregierung.de 28.11.2016
8 Siehe die Berichte des Beauftragten des EU-Parlaments, Dick Marty
9 www.juwiss.de/100-2014, 5.8.2014
10 Peter Schaar: Die Zukunft des transatlantischen Datentransfers, HandelsblattJournal November 2016, S. 16
11 Werner Rügemer: Durchleuchteter Arbeiter, junge Welt 28.1.2015
12 Handelsblatt 4.11.2016
13 Deutscher auf USA-Terrorliste wegen Exporten nach Iran, FAZ 1.12.2016
14 Beziehungen von Geschäfts- und Investmentbanken zur Bundesregierung, Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Die Linke, Bundestagsdrucksache 17/12332, 14.2.2013
15 Wie sich PWC und KPMG die Bälle zuspielen, Wirtschaftswoche 11.6.2009
16 Heike Buchter: Blackrock. Eine heimliche Weltmacht greift nach unserem Geld. Frankfurt/Main 21015, S. 72 ff.
17 José Manuel Barroso appointed non-executive chairman of Goldman Sachs International and Advisor to Goldman Sachs, www.goldmansachs.com/media-relations, London July 8, 2016
18 Buchter, S. 25 ff.
19 Werner Rügemer: Blackrock-Kapitalismus, Blätter für deutsche und internationale Politik 10/2016, S. 75ff.
20 Lukratives Beuteschema, Handelsblatt 23.11.2016
21 Irland klagt gegen Apple-Steuernachzahlung, Süddeutsche Zeitung 2.9.2016
22 Tageblatt (Luxemburg) 29.6.2016
23 Google rebuts Antitrust Claims in Europe, New York Times 3.11.2016
24 www.netzpolitik.org 17.11.2016
25 Ders.: Die Uberisierung des Abendlandes, Freitag 24.11.2016
26 Freshfields beriet die britische Bank Barclays bei den Cum-Ex-Geschäften, Die Welt 23.6.2016
27 Werner Rügemer: Cross Border Leasing. Die heimliche Globalisierung der Städte, Münster 2002, S. 61ff.
28 Unternehmensberater stellen DOSB schlechtes Zeugnis aus, Zeit online 14.11.2016
29 Werner Rügemer / Elmar Wigand: Die Fertigmacher. Köln 2015, S. 159
30 Von der Leyens Rüstungsbeauftragter geht zurück zu McKinsey, Spiegel online 13.9.2016
31 Werner Rügemer / Elmar Wigand: Die Fertigmacher. Köln 2015, S. 84 sowie weitere Berichte auf www.arbeitsunrecht.de
32 Rechnungshof kritisiert Regierung für teure Beraterverträge, Spiegel online 9.11.2016
33 Vergleiche die gemeinsame Erklärung der beiden Verhandlungsleiter Cecilia Malmström und Michael Froman vom 17.1.2017, in der die vielen ungeklärten Fragen aufgelistet werden.
34 Ben Kentish: Brexit: 10 ways the EU protects British Workers‘ rights, Independent 17.1.2017
35 Werbung für die Börsenhochzeit, Handelsblatt 17.1.2017
36 Was an ihm deutsch ist? BILD Deutschland 16.1.2017
37 Alarmruf an Europa, Süddeutsche Zeitung 18.11.2016; Handelsblatt 18.11.2016
38 Merkel tritt wieder an, Süddeutsche Zeitung 20.11.2016


Siehe auch:

Videoaufzeichnung des Vortrags von Werner Rügemer
Wird mit Trump alles anders? Was ändert sich für Europa?
Von Arbeiterfotografie
NRhZ 597 vom 25.01.2017
http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=23493

Online-Flyer Nr. 598  vom 01.02.2017

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