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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Krieg und Frieden
Syrer in Frieden leben lassen
Kein Hitler und kein Obama
Von Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait

Der US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow haben sich in Genf sachlich verstanden, als sie sich für das Abkommen zum Waffenstillstand in Syrien am 9.9.2016 abgestimmt haben. Im russisch-amerikanischen Genfer Abkommen vom 9.9.2016 wurde schon vereinbart, die Terrorgruppen IS, Al-Nusra und ähnliche gewalttätige Milizen militärisch anzugreifen gemäß aller abgeschlossenen UN-Instrumente. Das war keine Farce, wie Tomas Avenarius zynischerweise und als ein oberflächlicher Ignorant schreibt („Syrien – Putins garstiges Kalkül“, SZ, 5.10.2016). In der Tat verpflichten alle Syrien betreffende Resolutionen der UN und Abschlussdokumente internationaler Konferenzen dazu, die terroristischen Organisationen in Syrien militärisch zu bekämpfen. Auf dieser völkerrechtlichen Grundlage konnten sich der US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergej Lawrow in Genf am 9. September 2016 darauf einigen, zusammen gegen alle terroristischen Organisationen vorzugehen. Das Pentagon als Unterstützer der Rebellen machte jedoch genau dies nichtig. Aber der deutsche Bundesjustizminister Heiko Maas erkannte öffentlich die Notwendigkeit an, die UN-Resolutionen gegen den Terror umzusetzen. In diesem Zusammenhang äußert sich auch der UN-Botschafter Russlands, Witali Tschurkin sonnenklar: „Das Hauptziel in diesem Teil der Welt (Nahost) ist, alle Terroristen von dort zu verdrängen.“

Friedensstörer in Obamas Umgebung und im Pentagon ohne Respekt für Recht und Gesetz

Das Problem bzw. das Hindernis, das Avenarius gewollt oder ungewollt in seinem Kommentar „Syrien – Putins garstiges Kalkül“ (SZ, 5.10.2016) übersieht, lag und liegt woanders, und zwar bei den US-Falken in der Umgebung des US-Präsidenten Obama und im Pentagon. Diese Kriegstreiber, Komplizen von Dschihadisten und bewaffneten Islamisten, unterminieren die Außenpolitik Obamas und seines Außenministers John Kerry und heizen die Gewalt in Syrien weiter an durch Rebellen und Dschihadisten, die sie mit Panzern und schweren Waffen unterstützen. Als Kriegstreiber, die gegen Recht und Gesetz verstoßen, spekulieren sie mit der Fortsetzung des Massenmordes in Syrien mit weiterer Bewaffnung ihrer Rebellen, die sie auf diese Weise gleichgültig wie skrupellos zum sinnlosen Sterben verurteilen. Der US-Präsident Obama konnte oder wollte deshalb nicht seinen Außenminister Kerry bei seiner erfüllten Mission in Bezug auf Syrien stärken und ihn sich gegen diese Falken und Neokons durchsetzen lassen. Daran scheiterte das gut eingefädelte russisch-amerikanische Abkommen, um Syrien zu befrieden. So versteht sich die Wahrnehmung im russischen Aussenministerium: "Die Regierung von Barack Obama ist nicht in der Lage, die Schlüsselbedingungen für unsere Zusammenarbeit im Interesse einer Beendigung des Syrien-Konflikts zu erfüllen. Die USA hätten niemals ernsthaften Druck auf die dschihadistische Al-Nusra-Front gemacht." („Washingtons Pakt mit dem Teufel“ von dpa/Reuters/jW, junge Welt, 5.10.2016)

Auch 70 Jahre nach den Nürnberger Prozessen ein Angriffskrieg immer noch  Kriegsverbrechen

Ein gescheiteter Außenminister John Kerry hat dann seine Frustration wie üblich in verbalen Propaganda-Lügen und Verleumdungen gegen den Präsidenten Syriens und gegen Russland entladen. Ergebene Journalisten bei den US-gelenkten deutschen Medien dienten als Ventil für den frustrierten Amerikaner. Zuerst der Presseclub am Sonntag 2.10.2016, wo die Mehrheit der eingeladenen Gäste als Propagandisten fungierten und fast unisono Lügen und Desinformation verbreiteten. Jürgen Todenhöfer war zu schwach und sicherlich unter Druck, um sich gegen die tendenziösen anwesenden Journalistinnen durchsetzen zu können. Der Presseclub zielte eigentlich darauf, Todenhöfer unglaubwürdig dastehen zu lassen oder von ihm abzulenken, nachdem er sein Aufsehen erregendes Interview mit einem Kommandeur einer Organisation der Al-Nusra Front in der Region von Aleppo im Kölner Stadt-Anzeiger veröffentlichte. In diesem Interview erklärt der Nusra-Kommandeur, er und seine Mitkämpfer würden von den USA direkt unterstützt. Das veröffentlichte Interview verbreitete sich blitzartig und massiv im Internet. Aber deutsche Journalisten und Publizisten zeigen sich erbärmlich feige, schlecht ausgebildet oder wegen Existenzängsten auf Anpassungskurs an US-Propaganda. Sie wollen das US-amerikanische Regierungsverhalten, das sich schon gegen das erste  einstimmige UN-Friedensabkommen (Genf, 30.6.2012) richtete, nicht erkennen, erst recht nicht, was dahinter steht: Der US-Militärindustriekomplex und die westlichen Erdöl- und Erdgas-Konsortien.

Lehre aus den Nürnberger Prozessen einsehen

70 Jahre nach den Nürnberger Prozessen gegen Kriegsverbrecher, gegen Richter, gegen Industrielle und Führungskräfte der Wirtschaft wollen und können die Nutznießer und Anhänger der Finanz- und Industriemafia nicht die Lehre aus den Nürnberger Prozessen einsehen und sie auf die aktuelle prekäre westliche Außenpolitik anwenden, und zwar, dass ein Angriffskrieg weiterhin ein Kriegsverbrechen ist und versuchter Mord ein Straftatbestand, selbst wenn oder erst recht, wenn die Mord-Planung auf den höchsten Etagen der westlichen Demokratien erfolgt. Die Erkenntnis und Offenlegung dieser strafrechtlichen Tatbestände und ihr zugehöriges Verhalten passt nicht in die Interessenlage des US-Militärindustriekomplexes und ihrer Nutznießer. Umso beschämender dabei, dass die gegenwärtige Mord-Planung auf höchster Ebene der westlichen Demokratien wie jetzt hinsichtlich Syrien, ihrer Bevölkerung und Regierungsmitglieder, zwangsläufig an ein ähnliches Déjà-Vue im 20. Jahrhundert erinnern lässt, als Mord auf höchster Ebene der damaligen verbrecherischen Machthaber geplant und die Beweise dafür schließlich in Nürnberg der Weltöffentlichkeit bekannt gemacht wurden.

Große Differenzen in Bezug auf das weitere Vorgehen hinsichtlich Syrien

Der US-Außenminister stößt inzwischen in Europa auf wachsende Skepsis und Distanz: Bei seinem jüngsten Auftritt in Brüssel am 4.10.2016, wurde er nicht einmal von EU-Offiziellen empfangen, auch gab es keinen Auftritt von ihm bei der NATO. Kerry musste mit einer unbedeutenden unpolitischen Einrichtung (German Marshall Fund) Vorlieb nehmen. („Kerry: Wir lassen die Syrier nicht im Stich“ von SZ, 5.10.2016). Deutsche Nachrichtensendungen wie ZDF-Heute und ARD-Tagesschau am 4.10.2016 erwähnten nicht einmal die Institution, wo Kerry auftrat, als sie über seine Pressekonferenz dort kurz berichteten. Das lässt erahnen, dass unter den Regierungen der EU-Staaten große Differenzen in Bezug auf das weitere Vorgehen hinsichtlich Syrien vorherrschen. Tage zuvor hatte US-Präsident Obama die Bundeskanzlerin Angela Merkel aus nicht bekannten Gründen angerufen. Danach plapperte jemand aus dem Bundeskanzleramt – nicht die Bundeskanzlerin – dieselbe Tirade mit dem Stichwort „Barbarei“ nach, die zuvor die US-Botschafterin bei der UN in New York von sich gab. Aber am Abend (30.9.2016) gab ZDF-Heute um 19 Uhr den Originalton bezüglich Syrien sachlich bekannt mit dem Auftritt des UN-Botschafter Syriens, Baschar Al-Dschafari, der ganz kühl die in Umlauf gebrachten Fälschungen hinsichtlich seines Landes richtig stellte: "Wir töten keine Zivilisten, wir morden nicht unser Volk, wir bombardieren keinen Hilfskonvoi. Das machen die Terroristen, die Amerikaner, die Briten und ihre französischen Verbündeten." (ZDF-Heute am 30.9.2016,19 Uhr). 

Was zu tun ist für Frieden in Syrien

Wenn die europäischen Staaten und die USA den Krieg in Syrien wirklich beenden wollen, wissen sie genau, was sie tun müssten, nämlich:
* alle Waffenlieferungen und Finanzströme an die Rebellen und Bewaffneten stoppen;
* Sanktionen gegen die syrische Bevölkerung aufheben; und
* diplomatische Beziehungen mit der Regierung Syriens wiederherstellen.

Sich von Terroristen trennen

Oppositionelle müssen sich unverzüglich von Terroristen trennen, bevor sie am Tisch der Verhandlungen mit der syrischen Regierung sitzen. Feindselige Menschen gehören zu keinem politischen Prozess und haben keinen Platz bei Friedensgesprächen.

Zurückfinden auf das völkerrechtliche Terrain

Es ist an der Zeit, daß westliche Staaten, die sich auf ihrem außenpolitischen Weg verirrt haben und völlig aus der Bahn geworfen sind, den richtigen Weg zurückfinden auf  völkerrechtliches Terrain, das die UN-Charta für alle Mitglieder der Vereinten Nationen vorschreibt. Darauf kommt es an, ob sie die Syrer in Frieden leben lassen werden, wie es alle Völker verdienen. 

Widersprüchliches Verhalten der US-Politik gegenüber Syrien


Ein Außenminister, der Sanktionen gegen die Syrer verhängen lässt und gewalttätige Gruppierungen den Zugang zu schweren Waffen und Finanzierung zur weiterem Massenmord und Verwüstung in ihrem Land erlaubt, zeigt die Inkongruenz und das widersprüchliche Verhalten der US-Politik gegenüber Syrien: Wie will sich die US-Regierung weiter für eine Beendigung der Feindseligkeiten in Syrien einsetzen, indem sie Präsident Baschar Al-Assad stürzen will, unter Bewaffnung und Finanzierung aller Art von feindseligen Elementen, Terroristen eingeschlossen. Diesen Gegensatz, diesen Widerspruch beim US-Regierungsverhalten versteht niemand, nicht einmal John Kerry selbst. Das klar zu machen, fehlt im SZ-Artikel "Schreckliche Kriegswaffen" vom 5.10.2016 aus Brüssel und Kairo (warum wohl Kairo und nicht etwa Damaskus?) von Daniel Brössler (DBR) und Paul Anton Krüger (PKR).

Friedensprozess den Syrern mit ihren wahren Freunden überlassen

Der US-Außenminister wusste seine Aufgabe für den Frieden zu erfüllen, als er das Abkommen für den Waffenstillstand mit Russland am 9.9.2016 in Genf vereinbarte und unterzeichnete. Paradoxerweise war es das State Department, das danach dasselbe  Abkommen, das der US-Außenminister abgestimmt hatte, kündigte und damit auf die gemeinsame Terror-Bekämpfung mit Russland verzichtete. Washington entlarvt sich so völlig inkompetent und unglaubwürdig hinsichtlich aller Bemühungen, den Weg in Syrien zum Frieden zu ebnen. Obama hat einen Pakt mit dem Teufel geschlossen und ist unfähig oder nicht willig, sich davon loszusagen. Der Friedensprozess ist den Syrern und ihren wahren Freunden zu überlassen. Animositäten aus dem Ausland sind fernzuhalten.

Das internationale Gesetz füllt Macht-Vakum

Nach dem Untergang der Gewaltherrschaft Hitlers gab es ein Macht-Vakuum in Deutschland, bzw. in Europa. Als Folge der Nürnberger Prozesse entstanden 1946 die Vereinten Nationen. Die UN-Charta schreibt das Völkerrecht fest, das Angriffskrieg und Gewalt verbietet. Das internationale Gesetz füllt seitdem das Macht-Vakuum. Mit anderen Worten, nicht die ungezügelte Macht eines Sheriffs am Rande von Recht und Gesetz soll gelten, wie es Hubert Wetzel impliziert oder hinnimmt in seinem Leitartikel „Finstere Zukunft“ (SZ, 4.10.2016), sondern die Staatsmacht im Rahmen der Vernunft und des Gesetzes ist einzusetzen. Um die Herrschaft des Rechtes über jede Willkür eines beliebigen Sheriffs anzuerkennen und sich daran zu halten, benötigt die Weltstaatengemeinschaft keinen Hitler und auch keinen Obama.

Pflicht der Justiz

Jeder Rechtsstaat, jedes Mitglied der Vereinten Nationen ist heute verpflichtet, sich an das Völkerrecht zu halten und die Justiz jedes zivilisierten Staates, jedes UN-Mitglieds, ist verpflichtet, den Verantwortungsträgern, die sich über das Recht und Gesetz erheben, den Prozess zu machen, um sie zur Rechenschaft zu ziehen.


Unter Bezugnahme auf:

Süddeutsche Zeitung (SZ) vom 4.10.2016: Leitartikel „USA und Syrien – Finstere Zukunft“ von Hubert Wetzel
SZ vom 5.10.2016: „Kerry: Wir lassen die Syrer nicht im Stich“
SZ vom 5.10.2016: „Schreckliche Kriegswaffen - Außenminister Kerry beschuldigt Russland im Syrien-Konflikt“ von DBR, PKR
SZ vom 5.10.2016: Kommentar „Syrien – Putins garstiges Kalkül“ von Tomas Avenarius


Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war jüngstes Mitglied im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit, die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen, einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland, für die deutsche Friedensbewegung, für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen. Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin “Perfiles Liberales”, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (so zum Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.

Online-Flyer Nr. 583  vom 12.10.2016

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