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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Inland
Bundeswehr an der Fasia-Jansen-Gesamtschule in Oberhausen
Keine Bundeswehr in die Schulen
Von Ellen Diederich

Für den 31. August 2016 ist geplant, dass die Bundeswehr in der Fasia-Jansen-Gesamtschule in Oberhausen eine Informationsveranstaltung über Berufswahlmöglichkeiten durchführt. Die Benennung der Gesamtschule in Fasia Jansen Schule hat uns gefreut. Durch die Umbenennung und die Beschäftigung mit dem Leben Fasia Jansens kann eine Basis für Friedensarbeit gelegt werden. Die Kinder können von Fasia lernen, was Friedensarbeit ausmachen kann und dass sie weitergehen muss. Das ist gut so. Herr Burkart, der Leiter der Schule, forderte in einer Rede zum Volkstrauertag in der Gedenkhalle: Toleranz gegenüber anderen Meinungen. Diese Haltung habe Fasia Jansen vorgelebt. An der Schule, die jetzt ihren Namen trägt, sind Kinder aus 25 Nationen, da ist Toleranz und Verständnis anderen Kulturen gegenüber eine absolute Notwendigkeit. Toleranz kann niemals mit militärischen Mitteln erreicht werden.

Fasia war meine Freundin und, wie die WAZ zu ihrer Beerdigung schrieb, „meine Kampfgefährtin“. 16 Jahre lang bis zu ihrem Tod haben wir gemeinsam Friedensarbeit in verschiedenen Teilen der Welt und in Oberhausen gemacht. In hunderten von Aktionen und Veranstaltungen haben wir versucht, Aufklärung über die wahren Hintergründe von Kriegen zu machen. Aktionen für den Frieden bestimmten unser Leben.

Die Bundeswehr war und ist in unseren Analysen kein Instrument des Friedens. Sie ist seit 1990 an vielen Kriegen beteiligt. Frau von der Leyen ist die erste in der langen Liste der VerteidigungsministerInnen, die diese Kriege auch Kriege nennt und nicht mit verschleiernden Begriffen umschreibt. Sie ist Kriegsministerin, selbst der Stern macht mit diesem Begriff seinen Titel vom 28.8.2014 auf. Wahrlich, für uns Frauen ist die erste Ernennung einer Frau zur Kriegsministerin kein Erfolg, vor allem nicht im Kampf um die Emanzipation der Frau. Der Krieg wird nicht durch die Einbeziehung von Frauen weiblicher und damit menschlicher, wie ich es vor kurzem bei einer Debatte über die Einbeziehung von Frauen in die Bundeswehr hörte.

Eine lange Liste von Einsätzen der Bundeswehr in direkten Kriegsgebieten oder durch Bedrohungen betroffene Gebiete in verschiedenen Kontinenten ist traurige Realität. Der Beginn war am 16.8.1990. Er ging bis zum 13.9.1991 während des 2. Golfkrieges im Mittelmeer. Dann:

1991 in Diyabarkir – Türkei
1993 in Pnom Penh in Kambodscha
1992–1996 in der Adria und auf dem Balkan – IFOR und SFOR
1993–1995 in Somalia
1999 in Jugoslawien
Ab 2001 Dschibuti – Horn von Afrika
2002–2003 Enduring Freedom, Kuwait
2003 Mazedonien
2006 Kongo, Gabun
2000–2008 Äthiopien und Eritrea
1994–2008 Georgien
2002–2010 Enduring Freedom, Arabische Halbinsel, Mittel- und Zentral-Asien, Nordost-Afrika
2001–2002 Militärtransporte nach Istanbul
Ab 2002 Afghanistan
Ab 2005 „Luftraumsicherung“ über dem Balkan
Ab 2006 Seeraumüberwachung Küste vor Libanon
Ab 2008 Darfur
Ab 2008 Somalia
Ab 2010 „Luftraumsicherung“ über Island
Ab 2011 Südsudan
Ab 2012 Verteidigung Nato-Partner Türkei
Ab 2013 Mali
Ab 2014 Zentralafrikanische Republik
Ab 2014 Trainings Mission Afghanistan

In vielen Konflikten dieser Liste gab und gibt es Tausende Tote. Auch unter Beteiligung der Bundeswehr (Stichwort: Oberst Klein). So u.a. in Afghanistan, dem Land, in dem seit 32 Jahren Krieg ist. Die Bundeswehr ist heute bis auf ein kleines Kontingent abgezogen, war viele Jahre beteiligt.

Heute ist die Bundeswehr eine Freiwilligen-Armee. Jede/r der/die dort hingeht, ist sich also bewusst, dass er/sie eingesetzt werden kann, um zu töten.
In den Bundestagsdebatten, die vor der Entscheidung geführt wurden, waren SPD und Grüne zunächst gegen die Beteiligung. 1992 mit der „Petersberger Wende“ kam die Zustimmung.

Im Jahr 1999, bei der 50sten Jahrestagung der Nato in Washington D.C., wurde die neue Strategie auch offiziell beschlossen. Nicht mehr eine reine Verteidigungsarmee des Gebietes ihrer Mitgliedsstaaten sollte sie sein, sondern: „Die Nato ist auch dafür da, jederzeit den Zugang zu den Ressourcen der Mitgliedsländer zu sichern.“ Oder wie der frühere SPD-Verteidigungsminister Peter Struck es ausdrückte: „Unsere Freiheit wird auch am Hindukush verteidigt!“ Besteht diese Freiheit der NATO Länder darin, die Ressourcen Afghanistans besser ausbeuten zu können?

Neben riesigen Gasvorkommen sind vor einiger Zeit in Afghanistan Bodenschätze von nahezu einer Billion Dollar entdeckt worden. Da ist Lithium, ein heiß begehrter Stoff, der wegen seiner Energiedichte in Batterien als Anode verwendet wird. Es wird für Mobiltelefone, Laptops und in der Autoindustrie gebraucht. „Jetzt könnte das kriegsverwüstete Afghanistan, eines der ärmsten Länder der Welt, zum „Saudi-Arabien des Lithiums“ werden.“ Das schreibt das Pentagon in einem internen Bericht zu gewaltigen Mineralvorkommen im Land am Hindukush, aus dem die „New York Times“ zitiert. Darin geht es um unberührte Bodenschätze im Wert von nahezu einer Billion Dollar (825 Milliarden Euro), die US-amerikanische Geologen in Afghanistan entdeckt haben. Neben dem begehrten chemischen Element, das in ähnlicher Masse bislang nur in Bolivien gefördert wird, handelt es sich unter anderem um Eisen, Kupfer, Kobalt und Gold. „Das Potenzial ist atemberaubend“, sagte General David H. Petraeus, Oberkommandierender der US- und Nato-Truppen und Chef des Central Command dem Blatt.“ (Die Welt vom 14.6.2010)

Deutschland steht heute an vierter Stelle der Weltrangliste für die Lieferung von Waffen und anderen Kriegsmaterialen. Es ist unsere Verpflichtung, dafür zu sorgen, dass diese Waffenproduktionen beendet werden, durch sie gibt es jedes Jahr viele Tausend Tote, die Opfer der Rüstungsfirmen aus der Bundesrepublik Deutschland und deren genehmigte Waffenlieferungen in viele Länder, Kriegs- und Krisengebiete, geworden sind. Eine der Auswirkungen sind die Millionen Flüchtlinge, die verzweifelt versuchen, einen Ort zu finden, an dem sie ihr Leben in Frieden leben können.

Ich stelle mir vor, was Fasia zu einer Werbeveranstaltung der Bundeswehr in der nach ihr benannten Schule sagen würde:

„Wir brauchen gute Ausbildung und Arbeit für die jungen Menschen. Die Umwandlung von Kriegs- in zivile Produktion, Frieden als Schulfach in jeder Schule. Statt sie in Kriege zu schicken, sollten wir überlegen, wie diese ganze Misere entstanden ist, das Kriegsgeschrei, die realen Kriege in Syrien, Palästina, der Ukraine und an vielen Orten. Warum tauchen Begriffe auf wie die Benennung der Bundeswehrangehörigen als „Mutbürger in Uniform“ (Gauck), die Forderung nach einer familienfreundlicheren Bundeswehr der Kriegsministerin von der Leyen. Das ist doch wohl der Gipfel, jetzt sollen Kinder von Bundeswehrangehörigen hier besser versorgt werden, damit ihre Eltern ruhigen Gewissens los fliegen können um andere Kinder, Väter und Mütter zu zerbomben? Lasst uns Regionen des Friedens gründen, wo alte und junge Menschen, Deutsche und Menschen aus anderen Teilen der Welt, die jetzt hier sind, zusammen leben können, sich gegenseitig kennen lernen und unterstützen.“

Wir fordern: Keine Bundeswehr in die Schulen, schon gar nicht in die Fasia-Jansen-Schule, die dem Frieden gewidmet ist.

Online-Flyer Nr. 577  vom 31.08.2016

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