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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Globales
Wer Böses sät, erntet Böses
Die Terror-Makers
Von Izzeddin Musa

Als die Allianz der Willigen, angeführt von George W. Bush, den Irak im Jahre 2003 mit einer Lüge und gegen das Völkerrecht überfiel und Saddam Hussein stürzte, öffnete sie, ohne es zu wissen, die Tore der Hölle. Saddams Armee, ausschließlich sunnitisch, wurde aufgelöst und in alle Himmelsrichtungen zerstreut. Diese, nun arbeits- und perspektivlos, bildete den Kern von Al-Qaida in Irak, aus der später sich der so genannte „Islamischer Staat in Irak und Syrien" (ISIS, auch ISIL) abspaltete, der die Amerikaner rachsüchtig bekämpfte und schwere Verluste beifügte, bis der Nachfolger von Bush, Barack Obama, sich dafür entschied, seine Soldaten aus dem Irak zurückzuziehen. Die Saat des Bösen war bereits gelegt und die Terrorgeschichte nahm ihren Lauf. Wer also glaubt, die Terroristen wären vom Himmel gefallen, der ist naiv und irrt gewaltig. Der Terror ist schon bei uns angekommen, ist unter uns – und erst recht seine Macher.


Gemälde von Ursula Behr, 2009

Saudi Arabien, „Musterdemokratie“ und nachahmenswertes Beispiel für Menschenrechte, Demokratie und Freiheit, nahm diese versprengte Sunniten-Armee an sich und indoktrinierte sie mit seiner wahhabitisch-salafistisch-extremistischen (Un-)Islamrichtung, finanzierte und bewaffnete sie, um sie dann gegen Andersgläubige, hauptsächlich Schiiten, aber auch Anhänger eines moderaten Islams, einzusetzen. Die Saudis finanzierten auch – und tun es immer noch – die kostenlose Koranverteilung in Europa und anderswo. Hierbei konnten ihre Handlanger viele willige perspektivlose und verkrachte Existenzen für ihre Ideologie in aller Öffentlichkeit rekrutieren, damit sie nach Syrien eingeschleust werden, um dort das verhasste Alawiten-Assad-Regime, einer Sekte der Schiiten, zu bekämpfen. Die Koranverteilung und der Versuch zur Rekrutierung geht bis heute, auch nach den Pariser und Brüsseler Anschlägen, was ich am heutigen Tag, mitten auf dem Theaterplatz in Bad Godesberg, selbst beobachten konnte.

Verdeckte Zusammenarbeit mit Terrorbanden

Für die Einschleusung der Rekrutierten war und ist immer noch der sunnitische Neo-Sultan vom „Osmanischem Reich“, Recep Tayyeb Erdogan, zuständig. Die Gelüste des Sultans sind durch Gebietseinverleibung auf syrischer Seite begründet. Allerdings müssten diese Willigen zunächst ein Kampftraining auf neo-osmanischem Boden absolvieren, wurden dann bewaffnet und nach Syrien weiter geleitet. Der Sultan, der keine gegenteilige Meinung oder Widerspruch in seinem Land zulässt, etablierte wohlwollend eine verdeckte Zusammenarbeit mit den Terrorbanden. Schließlich, fanden sich in Syrien Terroristen aus 80 verschiedene Ländern und Nationalitäten, darunter über Fünftausend Europäer, die sich mehrheitlich Daesh angeschlossen haben. Die Terroristen aus Europa wurden an der Ausreise gen Syrien nicht gehindert, ja gar mehrheitlich ermutigt, die Reise durch die Türkei anzutreten. Dass „Diese“ kampferprobt und noch viel mehr stärker radikalisiert, eines Tages wieder zurückkehren werden, konnte man sich in Europa nicht vorstellen. Man dächte, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Einerseits, ein Regime-Change in Syrien zu erreichen, andererseits, werden diese Terroristen dort getötet und wir haben sie los. Die Politiker und ihre Geheimdienste in der westlichen Welt haben sich diesbezüglich gewaltig geirrt.

Nach der Schah-Ära erhob das Wahhabiten-Herrscherhaus in Saudi Arabien den Anspruch auf die Führungsrolle in der Region, die ihm der Iran, nach der 1979er Revolution, streitig macht. Nun galt es, die schiitische Achse Iran-Irak-Syrien-Hisbollah zu brechen. Um dieses Ziel zu erreichen, war den Saudis jedes Mittel recht. Die Frage drängt sich hier auf: „Warum eigentlich Saudi Arabien keine Probleme mit dem Schiitentum und den schiitischen Nachbarn, vor 1979, zur Zeiten des Schahs, hatte“? Die Antwort ist denkbar einfach. Der Schah war ein Freund und Liebling Israels und der USA. In dieser Zeit waren Saudis nichts anderes als mucksmäuschenstille Bedienstete der USA. Die Machtgelüste erwachten erst, als die USA ihren „Freund und Liebling“ fallen ließen, da sahen die Wüstensöhne ihre Zeit für gekommen, um den Thron der Macht zu erklimmen. Die islamische Revolution mit Ayatollah Khomeini sollte kein Hindernis sein, wie sie dachten.

USA haben keine Freunde, sondern nur Interessen

Dass die Amerikaner keine Freunde, sondern lediglich nur eigene Interessen haben, die sie über alles stellen, können die arabischen „Freunde“, aber auch die Europäer, nicht verstehen und nicht nachvollziehen.

Um das verhasste, noch „schwache“ Mullah-Regime in Iran, das den saudischen Interessen im Wege steht, niederzureißen, haben die „Kamelreiter“ den, nach dem Fall des Schahs, erstarkten Saddam Hussein als Instrument eingesetzt, um einen Krieg gegen den Iran vom Zaun zu brechen. Der „Ahnungslose“ Saddam wüsste nicht, dass es galt, auch ihn am Ende zu schwächen, damit er zukünftig keine Gefahr mehr für sie darstellen und ihre Interessen bedrohen kann. Die Falle gegen den Größenwahnsinnigen schnappte 1991 zu. Der Rest hierüber ist bekannt.

Würde man den Iran besiegen, bräche die schiitische Achse in sich zusammen. Also, wurde das Instrument Saddam von den USA mit Waffen und von Saudi Arabien mit Milliarden-Dollarregen überschüttet. Ein achtjähriger Krieg, 1980 bis 1988, begann. Amis, inklusive Israel, und Saudis hegten noch einen geheimen Wunsch, der darauf zielte, nicht nur den Iran in den Anfängen zu ersticken, sondern, auch Saddam, vor dem sie sich fürchteten und als ein Dorn im Auge betrachteten, zu schwächen. Deshalb sollten die Emirate den Iran unterstützen, damit beide Seiten, der Irak und der Iran, sich an einander so lange zu zerreiben, bis beide geschwächt sind. Keiner der beiden sollte als klarer Sieger herausragen.

Als der Krieg, mit unzähligen Opfern auf beiden Seiten, nach acht Jahren zu Ende ging, zog der Iran daraus eine Lehre und baute sich, auf allen Ebenen und Gebieten, auf und tut es unaufhörlich weiter, um auf gleicher Augenhöhe mit dem Westen dazustehen. Und er hat es auch geschafft. Andersherum versanken die Herrscher auf der arabischen Peninsula im Tiefschlaf und versenkten astronomische Milliarden und Abermilliarden von US-Dollar in den Sand, in Waffen-Geschäften, zu Gunsten der USA, Frankreich, Großbritannien und Deutschland, um unsinnige Kriege, gegen souveräne Staaten wie Syrien, Irak und Yemen zu führen. Sie haben es aber total versäumt, für einen Teil der verschleuderten Milliarden, etwas Verstand zu ersteigern.

Ein dreckiges Spiel

Die amerikanische Rolle im ganzen Theater, um es gelinde auszudrücken, war und ist ein dreckiges Spiel. Der US-Präsident und „Nobelpreisträger für Frieden“ hat uns weiß machen wollen, dass der Krieg gegen Daesh zehn oder gar zwanzig Jahre dauern wird. Er hat damit nichts anderes gemeint, als die Region, voran Syrien und Irak, solange zu zerfleddern, bis alles auseinander fliegt. Die USA wollten eingangs nie, dass Daesh für immer vernichtet wird. Oft haben sie in Irak „irrtümlich“ Waffen und Munition für diese Terrororganisation runter geworfen. Die USA haben auch die Saudi-Mörder-Allianz gegen den Yemen gutgeheißen und ermutigt anzugreifen. Sie profitierten auch durch die Lieferung von unendlich viele Waffen, um das arme, aber schöne Land und seine Menschen und gesamte Infrastruktur zu zerstören. Im Endeffekt und zum Glück, ohne einen Sieg davon zu tragen. Die erbärmliche Rolle der Vereinigten Staaten von Amerika in Libyen ist uns immer noch in Erinnerung. Nutznießer von diesem ganzen „Arabischen Tiefwinter“ ist einzig und allen Israel.

Zurück zu Europa. Man dachte, diese ganze Entwicklung, in der Region des Nahen und Mittleren Ostens, sei weit entfernt und gehe uns nichts an. Ein Schelm, wer sich dabei böses denkt. Die USA und die Europäer sind nur noch Gefangene und Sklaven ihrer Wirtschaftinteressen und abhängig von Petrodollars, wofür sie auch bereit wären, ihre “heiligsten“ Werte über Bord zu werfen. Sie haben dabei nicht gedacht, dass der, von ihnen exportierte, Terror irgendwann zurück nach Europa unweigerlich wieder heimkehren wird.

Das Verhalten und Vorgehen, gegen das Assad-Regime und das Atom-Abkommen mit Iran, das der französische Präsident François Hollande und sein, zum Christentum konvertierter, Außenminister Laurent Fabius, Angehörige der „Grande Nation“ im Nachbarland Frankreich, an den Tag legten, ist bester Beweis dafür, wie sie sich für Saudi Arabien prostituierten, nach dem milliardenschweren Waffendeal. Unzählige Male hat sich Fabius, gegen das Abkommen mit dem Iran, das kurz vor dem Abschluss stand, quer stellte und jede politische Lösung in Syrien torpedierte, um Israel und Saudi Arabien zufrieden zu stellen. Es ist kein Geheimnis, dass die französischen Geheimdienste den Wunsch äußerten, mit den syrischen Geheimdiensten verdeckt zu kooperieren, um den Terror zu bekämpfen. Die syrische Seite verlangte, eine Zusammenarbeit könne in punkto Sicherheit erst dann erfolgen, wenn man gleichzeitig auf diplomatisch-politischem Terrain gemeinsam arbeitet. Das heißt, sich für eine politische Lösung einzusetzen. Die Führung der „Grande Nation“ lehnte ab, um Israel nicht zu erzürnen und den Milliarden-Waffen-Deal mit Saudia nicht zu gefährden. Folglich lehnte Syrien eine Kooperation ab.

Deutschland ist nicht viel besser dran. Ob nun Merkel, Steinmeier oder Gabriel, sie alle gaben sich die Klinke im Königspalast in Riad in die Hand. Sie lieferten verfassungswidrig Waffen zum reaktionärsten Regime und warfen damit ihre alle „Werte“ über Bord.

Geopolitische Spielereien endlich unterlassen

USA und Europas Verhalten führte zur Stärkung der Terrorgruppen von ISIS, Al-Nusra-Front und andere. Nachdem ISIS nun den Anspruch nicht mehr nur auf den Irak und Syrien begrenzt, sondern auf eine weltweite wahhabitische (Un-)Islamherrschaft erhebt, nennt er sich ab dann „Islamischer Staat“. Der „IS“ steht inzwischen, nachdem sich auch Russland im Konflikt eingriff, in Syrien wie auch im Irak, auf einem steilen Hang und läuft von einer Niederlage zur Nächsten. Er befindet sich auf dem Rückzug und sucht Rückzugsgebiete in allen Herrenländern, vorzugsweise Europa, mit „Willkommenskultur“ - „wir schaffen das“. Endlich haben die USA und Europa dies bemerkt und meinen es jetzt ernst, den Terror bekämpfen zu wollen. Aber sie werden nicht verhindern können, dass viele, sehr viele sich, versteckt im Kleide eines syrischen oder irakischen Flüchtlings, Zuflucht finden werden. Vorzugsweise Deutschland. Was danach kommt, wäre eine „Daesh-Scharia“ in Europa. Wer sollte das verhindern, wenn die Mörder von Paris und Brüssel durch das halbe Europa, mit Übernachtungen in Ulm und anderswo, unbehelligt herumtollen konnten? Man scheint, den Ernst der Lage nicht bedacht zu haben. Mit Recht fordert der russische Außenminister Sergei Lawrow Europa auf, die geopolitischen Spielereien in der Nahostregion endlich zu unterlassen und den Terror gemeinsam zu bekämpfen, um zu einer ehrlich gemeinten politischen Lösung in Syrien kommen zu können.

In Europa hat man die Terror-Drohungen, die uns auf Deutsch, Französisch, Englisch und Arabisch, durch zahlreiche Medien, erreichten, nicht ernst genommen. Sonst hätte der Top-Terrorist, Drogenkonsument, „IS-Ideologieanhänger und Vollstrecker“, Abdelsalam Salah, über vier Monate lang in seinem Geburtsort Molenbeek, unbehelligt vom Geheimdienst, herumtollen können, bevor er endlich gefasst wurde.

Wir sind in Europa jetzt diesem Terror ausgeliefert, weil man hier das alles nicht wahrhaben wollte und vorgesorgt hat. Man wird diese Terroristen nichts oder sehr wenig entgegensetzen können. Die Mörder wollen Zivilisten töten. Wenn die Flughäfen gut gesichert sind, gehen sie in Metro-Stationen. Und wenn diese auch gut gesichert sind, gehen sie einfach ins Kino, ins Stadium oder auf ein Volksfest. Also, dort wo viele ahnungslose und unschuldige Menschen sind. Solche Ziele sind zahlreich und mannigfaltig.

Die Politikerkaste der westlichen Welt ist gefordert und sollte endlich aus ihrem Tiefschlaf aufwachen und sich nicht mehr in die inneren Angelegenheiten der Staaten des Nahen Ostens einmischen. Sie sollten ihre Ressourcen nicht ausplündern, sie nicht nur als Absatzmarkt benutzen und endlich auf gleicher Augenhöhe betrachten und behandeln, vor allem, sie nicht mit dem Vorwand und Schein der Freiheit, Demokratie und westlicher Grundwerte zu überfallen. Erst dann, können Frieden und Eintracht erreicht werden. Solange wir das nicht tun, bleibt die große Frage: Wer wird der Nächste nach Madrid, London, Frankfurt, Paris, Ankara und Brüssel sein?


Dr. Izzeddin Musa, geb. 1938 in Haifa, Palästina. Die Familie zog 1945 nach Nablus. Sie floh vor den Übergriffen der Terrorgruppen Stern-Bande und Irgun. In Nablus besuchte er die Grundschule. Ende 1956 beendete er seine Schulausbildung mit dem Abitur in Nablus und kam Anfang 1957 nach Deutschland. Hier studierte er Naturwissenschaften und promovierte. Als Diplom-Geologe arbeitete in einem Ingenieurbüro in der Nähe von Köln und machte sich dann selbstständig. 1991 gründete er zusammen mit einer Gruppe von Deutschen und Deutsch-Palästinensern einen gemeinnützigen Verein: Gesellschaft zur Humanitären Unterstützung der Palästinenser e.V. Seit einigen Jahren gibt er eine Zeitschrift im Internet (www.palaestina-stimme.de) heraus. Inzwischen ist er Rentner.

Online-Flyer Nr. 555  vom 30.03.2016

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