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Wirtschaft und Umwelt
Deutsche Umwelthilfe siegt vor Gericht gegen das Land Hessen
Streit um „Saubere Luft“
Von Daniel Hufeisen

Kurzfristige Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge notwendig – Hessische Landesregierung wurde vom Verwaltungsgericht Wiesbaden auf Antrag der DUH dazu verurteilt, kurzfristig alle zumutbaren Maßnahmen zur Luftreinhaltung zu ergreifen, um Stickstoffdioxidbelastung in beiden Städten auf den gesetzlichen Grenzwert zu reduzieren.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat erneut zwei Gerichts-verfahren gegen das Land Hessen und dessen Umweltministerin Prisca Hinz wegen Überschreitung der Luftqualitätsgrenzwerte gewonnen. Im Februar 2015 hatte der Umwelt- und Verbraucherschutzverband wegen anhaltender zu hoher Stickstoffdioxid-Belastung (NO2) in Limburg an der Lahn geklagt. Bereits im November 2013 hatte sie Klage wegen der schlechten Luft in Offenbach eingereicht. Die bisher umgesetzten Maßnahmen, so die Auffassung der DUH, haben in beiden Städten die Luftqualität nicht genügend verbessert und schützen die Gesundheit der Einwohner nicht ausreichend. Seit dem 1. Januar 2010 gilt für Stickstoffdioxid europaweit ein durchschnittlicher Jahresgrenzwert von 40 µg/m3. Sowohl Limburg als auch Offenbach überschreiten diesen seit 2010 konstant. 

„Der Richterspruch ist eine Ohrfeige für die Hessische Landesregierung. Das Hessische Umweltministerium muss endlich konkrete Maßnahmen wie die Aussperrung von schmutzigen Diesel-Fahrzeugen gegen die schlechte Luft in Offenbach und Limburg ergreifen. Es geht nicht, dass insbesondere sozial Schwache, Kranke und kinderreiche Familien, die wegen der niedrigen Mietkosten an stark befahrenen Straßen wohnen müssen, weiterhin hochgiftige Diesel-Abgase einatmen müssen. Die Rechtslage ist eindeutig – auch im schwarz-grün regierten Hessen geht Gesundheitsschutz vor ‚Freie Fahrt für Diesel-Stinker‘“, fordert Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden betonte, Hessen sei verpflichtet, einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der dafür sorgt, dass der Grenzwert „im Rahmen des tatsächlich Möglichen und rechtlich Verhältnismäßigen“ eingehalten wird. In der Folge muss das Hessische Umweltministerium jetzt einen Zeitplan vorlegen, der aufzeigt, mit welchen Maßnahmen die Luft in Limburg und Offenbach bis zur Einhaltung der geltenden Grenzwerte erreicht wird. Das Gericht machte deutlich, dass es finanzielle oder wirtschaftliche Aspekte nicht als Argument gelten lässt, von Maßnahmen zur Einhaltung der Immissionsgrenzwerte abzusehen. Die Haltung der Bundesregierung, die argumentiert hatte, dass mit einer Einhaltung des NO2-Immissionsgrenzwertes an den entsprechenden Messstandorten nicht vor 2020 zu rechnen sei, bezeichnete das Gericht als rechtswidrig und folgt damit der Argumentation der DUH. 

Das Umweltbundesamt hatte im Jahr 2013 eine Bestandsaufnahme der deutschen Luftreinhaltepläne erstellt und 110 Maßnahmen erfasst, die geeignet sind, die NO2-Konzentration zu senken. „Die zuständigen Behörden dürfen sich nicht länger zurückzulehnen und sich auf die Hoffnung beschränken mit Einführung der Euro-6-Norm für Pkw werde eine Annäherung an den Luftqualitätsgrenzwerte erreicht“, so Resch. „Der aktuelle Abgasskandal zeigt, dass selbst die modernsten Euro-6-Diesel-Pkw im Durchschnitt 700 Prozent mehr des Diesel-Gifts NO2 ausstoßen als erlaubt. An den Realemissionen gemessen entspricht dies dem Euro 2 Grenzwert der 90er Jahre. Wir fordern für solche schmutzigen Diesel-Pkw ein Fahrverbot in hochbelasteten Innenstadtbereichen, angefangen mit Wiesbaden, Limburg und Offenbach ab 2016.“ 

Im Juni 2015 hatte die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren wegen anhaltender Überschreitung der NO2-Grenzwerte gegen Deutschland eingeleitet. Hauptursache für die hohe Belastung mit NO2 sind die Emissionen aus dem Verkehrssektor, in erster Linie von Diesel-Fahrzeugen. Die EU-Kommission bekräftigt, dass Maßnahmen, wie das Verbot von Dieselfahrzeugen in städtischen Gebieten und die Förderung von Hybrid- oder Elektroautos oder anderer Fahrzeuge, die ohne Schadstoffausstoß betrieben werden können, einen wesentlichen Beitrag zur Problemlösung leisten könnten. 

Die DUH hat in der Vergangenheit wiederholt die Umsetzung von Luftreinhaltemaßnahmen juristisch erstritten. Im September 2013 stärkte das Bundesverwaltungsgericht Leipzig die Klagebefugnis von Umweltschutzorganisationen und ermöglichte ihnen, unzureichende Maßnahmen zur Luftreinhaltung gerichtlich überprüfen zu lassen. Hintergrund war eine Klage der DUH gegen das Land Hessen wegen anhaltender Luftschadstoffbelastung in Darmstadt. 

„Das Urteil des Verwaltungsgerichts Wiesbaden gewährt wie zahlreiche andere Urteile davor, ein Recht auf saubere Luft. Diese Entscheidung kann Hessens Umweltministerium nicht ignorieren und muss deshalb in allen betroffenen hessischen Städten effektive Maßnahmen zum Schutz von Umwelt und Gesundheit umsetzen“, sagt Rechtsanwalt Remo Klinger von der Kanzlei Geulen & Klinger, der die Klage der DUH eingereicht hatte. 

Die beiden Urteile des Verwaltungsgerichts Wiesbaden zu Limburg und Offenbach finden Sie unter diesem Link: http://l.duh.de/p081015a (PK)

Kontakte:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
Mobil: 0171 3649170, E-Mail: resch@duh.de
DUH im Internet: www.duh.de, Twitter: https://twitter.com/Umwelthilfe

Prof. Dr. Remo Klinger, Rechtsanwalt
Mobil: 0171 2435458, E-Mail: klinger@geulen.com

 

 

 

 

 



Online-Flyer Nr. 532  vom 14.10.2015

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