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Glossen
Saudi Arabien mit Bomben und Panzern im Jemen
Deutsche Waffen machen Flüchtlinge
Von Ulrich Gellermann

Im Berliner Innenministerium haben sie auf die Land-Karte geschaut: Prima, der Jemen liegt nicht am Mittelmeer. Selbst wenn ein Boot voller Flüchtlinge durch das Rote Meer führe, spätestens im Suez-Kanal wäre Schluss mit Flucht. Auch der Landweg nach Europa ist ziemlich unmöglich. Aufatmen. Zwar sind dank einer von Saudi Arabien geführten Militärintervention im Jemen nach UN-Angaben im Land bereis 1,4 Millionen Menschen als Binnenflüchtlinge unterwegs. Wie lange es die im Land hält, ist ungewiss. Deshalb stellt sich die UN schon mal auf 100.000 Flüchtlinge in den nächsten sechs Monaten ein. Ordentliche Flüchtlinge, die außer Landes fliehen. Aber nach Deutschland werden sie es nicht schaffen.

Saudi Arabien und Jemen
NRhZ-Archiv
 
Es sind alles lupenreine Demokratien, die von den Saudis angeführt seit dem 26. März 2015 im Jemen Krieg führen: Bahrain, Katar, Kuwait, die Vereinigten Arabischen Emirate, Jordanien, Marokko und der Sudan. Gottseidank werden sie von noch reineren Demokratien, den Vereinigten Staaten von Amerika, Frankreich und Großbritannien logistisch unterstützt. Die USA zum Beispiel helfen freundlicherweise mit jeder Menge Streubomben aus. Schon lange exportieren die Vereinigten Staaten Drohnen in den Jemen, immer schön zielgenau. Als jüngst mal eine Hochzeitsgesellschaft dabei drauf ging, hat das jemenitische Parlament den Einsatz von Drohnen verboten. Das Gelächter in Washington war bis nach Berlin zu hören.
 
In Berlin wird nur vornehm geschmunzelt: Zwischen 2001 und 2014 billigte die deutsche Regierung Rüstungsverkäufe im Wert von fast 2,6 Milliarden an die saudische Diktatur. Das sichert Profite der deutschen Rüstungsindustrie. Auch die anderen Länder der Jemen-Überfall-Aktion sind in den Kundenbüchern der deutschen Industrie verzeichnet. Feuerleiteinrichtungen, Kriegsschiffe, Munition, Kleinwaffen sowie Fahrzeuge und Panzer sind die wesentlichen Exportgüter. Natürlich wurden Tornado-Panavia Kampfbomber auch schon geliefert. Das ist bei Saudi Arabien besonders pikant. Denn Hilfsgelder und Investitionen fließen vom saudischen Verteidigungsministerium nicht nur in den Syrien-Krieg, sondern auch in die pakistanische Rüstungsindustrie. Weitgehend gesichert ist eine Beteiligung Saudi-Arabiens am pakistanischen Atom-Programm. Macht nichts. Denn die Saudis sind FREUNDE der deutschen US-FREUNDE und außerdem gute Kunden.
 
Jetzt bereitet die Saudische Militärkoalition eine Großoffensive auf die jemenitische Hauptstadt Sanaa vor. Deutsche Panzer (mit Öl-Dollars bezahlt) rücken bereits in das östlich von Sanaa gelegene Gouvernement Ma´rib vor. Zwar sagt das UN-Welternährungsprogramm bereits jetzt, dass durch die saudische Blockade 6,5 von den 24 Millionen Jemeniten von einer Hungersnot bedroht sind. Aber die Jemeniten sind den Initiatoren und Freunden der Operation Decisive Storm „Sturm der Entschlossenheit“ einfach noch nicht schlank genug.
 
Auch in Deutschland herrscht Entschlossenheit vor: Entschlossen schweigt die Bundesregierung zu ihrem Anteil am neuesten Kriegsverbrechen ihrer Freunde. Entschlossen schweigen auch die Freunde der neuen deutschen Verantwortung in den Medien. Die SÜDDEUTSCHE ZEITUNG schafft es in diesen Tagen, einen ganzseitigen Artikel über die vom Krieg gefährdeten "märchenhaft schönen" Bauten in der jemenitischen Hauptstadt zu verbrechen, ohne mit einem einzigen Wort auf die wirkliche deutsche Verantwortung einzugehen: Die Ausrüstung der arabischen Kriegsparteien mit teuren und effektiven deutschen Waffen.
 
"Was die Frage der ankommenden syrischen Flüchtlinge anbelangt, so sehe ich ehrlich gesagt keine Mitverantwortung Deutschlands" erbricht die Kanzlerin zum Flüchtlingsthema. Und natürlich kann man das Wort syrisch jederzeit gegen afghanisch oder irakisch austauschen. Immer hatte und hat die Bundesrepublik Deutschland ihre schmutzigen Finger in den Kriegen des nahen und mittleren Ostens. Ob Kanzlerin oder Medien: Die vorgetragene Empathie gegenüber den Flüchtlingen ist nichts anderes als miese Heuchelei, solange die deutsche Mitschuld nicht benannt wird. Aber vielleicht begrüßt ja die Merkel bald doch den ersten jemenitischen Flüchtling in Berlin mit den Worten: "Das hast Du doch prima gemacht." Und der junge Mann bekommt dann ganz sicher einen Ausbildungsplatz bei "Rheinmetall". Dort kann er dann lernen, wie man die guten deutschen Leopardpanzer zusammenschraubt, die dann ohne Umwege an Saudi Arabien geliefert werden. (PK)
 
Diesen Artikel haben wir mit Dank von Ulrich Gellermann übernommen: http://www.rationalgalerie.de/home/deutsche-waffen-machen-fluechtlinge.html
 


Online-Flyer Nr. 527  vom 09.09.2015

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