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Wirtschaft und Umwelt
Offener Brief an die Regierung in Stuttgart: PROKON und die Energiewende
An Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Offener Brief von PROKON-MitarbeiterInnen
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann,
Die Vorgehensweise der EnBW hat den stets im Sinne des Verfahrens mit öffentlichen Statements erfreulich zurückhaltenden Insolvenzverwalter, Herrn Dr. Penzlin, am 11.06.2015 zu einer klarstellenden Information an die Gläubiger veranlasst:
Mit freundlichen Grüßen aus Itzehoe am 18.06.2015
(1) http://www.schwaebische.de/wirtschaft/aktuelle-achrichten_artikel,-Prokon-Geschaedigte-haben-die-Wahl-_arid,10243803.html
(2) http://www.prokon.net/content/wp-content/uploads/Verfahrensinformation_150611.pdf
Online-Flyer Nr. 515 vom 24.06.2015
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Wirtschaft und Umwelt
Offener Brief an die Regierung in Stuttgart: PROKON und die Energiewende
An Ministerpräsident Winfried Kretschmann
Offener Brief von PROKON-MitarbeiterInnen
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident Winfried Kretschmann,
wir wenden uns heute als ein Kreis von PROKON-MitarbeiterInnen an Sie und sprechen ausschließlich im Namen der Unterzeichner. Sicherlich verfolgen auch Sie aufmerksam den derzeitigen Kampf um den in die Insolvenz geratenen Windkraftpionier PROKON aus Itzehoe. Die Fortführungsalternativen hat der Insolvenzverwalter in seinen Plänen vorgestellt: Die Gläubiger können sich nun entscheiden, entweder wandelt sich PROKON in eine Genossenschaft oder wird durch die EnBW übernommen. Die Beteiligung der EnBW in diesem Verfahren, als Unternehmen, welches weitestgehend in öffentlicher Hand ist (Land Baden-Württemberg und verschiedene Landkreise), dürfte Ihre besondere Aufmerksamkeit genießen. Grundsätzlich begrüßen wir die durch beide Insolvenzpläne in Aussicht gestellte und für ein Insolvenzverfahren recht hohe Quote zur Gläubigerbefriedigung sowie die Option auf den Erhalt zumindest eines Großteils der Arbeitsplätze bei PROKON. Allerdings haben wir als Mitarbeiter, Bürger und Genussrechtsinhaber auch Bedenken.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann
NRhZ-Archiv
Mit Ihrer Wahl zum ersten Ministerpräsidenten, der von Bündnis 90/Die Grünen gestellt wurde, haben die Bürger in Baden-Württemberg sich u. a. stark für die Energiewende ausgesprochen. Die politische Intention, mit der seit Ende der 1990er Jahre angestoßenen Liberalisierung des Strommarktes war sicherlich nicht zuletzt die Verteilung der Energiewirtschaft auf viele Schultern. „Dezentrale Strukturen“ und die Energiewende in der „Mitte der Gesellschaft“ sind hier die Stichworte. Genossenschaften, wie es sie im Energiesektor bereits gibt, erscheinen als die passendste – weil demokratische – Rechtsform, um dieses Ziel umzusetzen. Das Genossenschaftsmodell beinhaltet eine Bürgerbeteiligung und gibt so jedem Einzelnen die Möglichkeit, sich aktiv für die Energiewende zu engagieren. Eine Konzentration des Marktes auf wenige „große Player“, wie sich der Vorstandvorsitzende der EnBW ausdrückt, wirkt da auf uns eher wie ein Schritt zurück. Zudem unterliegen Genossenschaften strengeren Kontrollmechanismen durch den Prüfungsverband als manch andere Unternehmen, die Kapitalbeteiligungen an den erneuerbaren Energien anbieten. Auch Dirk Güsewell, verantwortlich für den Bereich Windenergie bei der EnBW äußerte jüngst gegenüber der Norddeutschen Rundschau, dass die Energiewende bei EnBW im Zentrum stehe: „Sie ist für uns der Dreh- und Angelpunkt der weiteren Entwicklung des Unternehmens.“.
Mit Ihrer Wahl zum ersten Ministerpräsidenten, der von Bündnis 90/Die Grünen gestellt wurde, haben die Bürger in Baden-Württemberg sich u. a. stark für die Energiewende ausgesprochen. Die politische Intention, mit der seit Ende der 1990er Jahre angestoßenen Liberalisierung des Strommarktes war sicherlich nicht zuletzt die Verteilung der Energiewirtschaft auf viele Schultern. „Dezentrale Strukturen“ und die Energiewende in der „Mitte der Gesellschaft“ sind hier die Stichworte. Genossenschaften, wie es sie im Energiesektor bereits gibt, erscheinen als die passendste – weil demokratische – Rechtsform, um dieses Ziel umzusetzen. Das Genossenschaftsmodell beinhaltet eine Bürgerbeteiligung und gibt so jedem Einzelnen die Möglichkeit, sich aktiv für die Energiewende zu engagieren. Eine Konzentration des Marktes auf wenige „große Player“, wie sich der Vorstandvorsitzende der EnBW ausdrückt, wirkt da auf uns eher wie ein Schritt zurück. Zudem unterliegen Genossenschaften strengeren Kontrollmechanismen durch den Prüfungsverband als manch andere Unternehmen, die Kapitalbeteiligungen an den erneuerbaren Energien anbieten. Auch Dirk Güsewell, verantwortlich für den Bereich Windenergie bei der EnBW äußerte jüngst gegenüber der Norddeutschen Rundschau, dass die Energiewende bei EnBW im Zentrum stehe: „Sie ist für uns der Dreh- und Angelpunkt der weiteren Entwicklung des Unternehmens.“.
Für uns ist unter diesem Gesichtspunkt jedoch völlig unverständlich, warum die EnBW das Genossenschaftsmodell für die Fortführung von PROKON in der Öffentlichkeit so stark kritisiert und sich mit teilweise unrichtigen Zahlendarstellungen zum Genossenschaftsmodell auf den EnBW Informationsveranstaltungen positioniert, wie beispielsweise bei einem Termin gestern in Hamburg, bei dem auch ein Vertreter Ihrer Landesregierung anwesend war.
Des Weiteren finden sich in der medialen Darstellung zum Thema verschiedene diskreditierende Aussagen zum Genossenschaftsmodell. An dieser Stelle sei exemplarisch nur ein Beispiel aus der Schwäbischen Zeitung zitiert:
„…In der modernen Stuttgarter EnBW-City sitzt Portfolioentwickler Dirk Güsewell vor Zetteln voller Zahlen. Es ist das vom Konzern durchgerechnete Genossenschaftsmodell des Insolvenzverwalters. Vieles ist rot unterstrichen. Weil die Genossenschaft enorme Kredite abstottern muss, schmilzt laut Modell über Jahre das Eigenkapital weg. Folge: Es wird nicht investiert. Windparks veralten, Umsatz schrumpft, Stellen fallen weg. „Die Zukunft der Gesellschaft wäre im Genossenschaftsmodell alles andere als einfach“, sagt Güsewell. Das EnBW-Modell sei dagegen zukunftsträchtig…“ (1)
„…Als Insolvenzverwalter halte ich beide Insolvenzpläne für tragfähig. Beide Planvarianten ermöglichen nach meiner und der Einschätzung meines Beraterteams eine stabile Sanierung von PROKON, einen langfristigen Fortbestand des Unternehmens und eine nachhaltige Weiterentwicklung des Unternehmens….“ (2)
Quelle: http://www.prokon.net/content/wp-content/uploads/Verfahrensinformation_150611.pdf
Diese unausgewogene Darstellung von Seiten der EnBW kann auch nicht in Ihrem und dem von Ihrer Partei verfolgten politischen Interesse sein. Die Partei Bündnis 90/Die Grünen darf sich zu Recht auf die Fahnen schreiben, die politische Kraft in Deutschland zu sein, die die Energiewende von Anfang an unterstützt und maßgeblich mit gestaltet hat. Aber genauso haben die Investoren von PROKON, Kleinanleger aus der Mitte der Gesellschaft maßgeblich dazu beigetragen, die Erneuerbaren Energien bis zum heutigen Erfolg zu führen. Ohne ihr Engagement wäre es der Belegschaft von PROKON nicht möglich gewesen, 318 WEA mit einer Leistung von 537,0 MW zu errichten und im Eigenbestand zu betreiben sowie eine erhebliche Projektpipeline in Deutschland, Polen und Finnland zu entwickeln.
Dass auch der EnBW Konzern – unter massivem politischen und wirtschaftlichen Druck – die Erneuerbaren Energien für sich entdeckt hat, ist im Sinne der Energiewende sehr zu begrüßen.
Wofür wir aber keinerlei Verständnis haben, ist, dass ein Konzern, welcher fast ausschließlich der öffentlichen Hand gehört und mithin den Bürgern Baden-Württembergs, mit Ihnen als obersten Repräsentanten, in der vorab beschriebenen Art und Weise den Genossenschafts-Insolvenzplan verunglimpft und damit unter Nutzung der Konzernmacht unfair und unter dem Schüren von Ängsten gegen die Genussrechts-Gläubiger vorgeht, die ihr bisheriges Engagement für eine lebenswerte Zukunft bei PROKON im Rahmen einer Genossenschaft fortführen möchten und welche sich maßgeblich mit mehr als 10.000 Menschen im Verein "Die Freunde von Prokon e. V." ehrenamtlich und mit bescheidenen finanziellen Mitteln ausgestattet für ihre Ziele engagieren.
Mit der Fortführung von PROKON als Genossenschaft wären zwei Unternehmen auf dem Markt, die die Energiewende kontinuierlich vorantreiben werden. PROKON kann zudem auch den Bürgern eine Plattform bieten, die sich ausschließlich im Bereich der erneuerbaren Energien engagieren wollen und eben nicht an einem Unternehmen beteiligen möchten, dass weiterhin auch Kohle- und Atomkraftwerke betreibt. Diese Möglichkeit würde den Bürgern genommen, wenn EnBW PROKON kauft.
Schließlich würde mit dem Kauf von PROKON der Energiewende Geld „entzogen“ werden. Dabei handelt es sich immerhin um einen Betrag von mehr als 500 Mio. Euro. Es ist nicht gewährleistet, dass die derzeitigen Gläubiger dieses Geld wieder komplett im Bereich der erneuerbaren Energien investieren werden. EnBW wiederum hätte beim Genossenschaftsmodell 500 Mio. Euro „übrig“, um sie zusätzlich sinnvoll im Sinne der Energiewende zu investieren, z. B. für neue Projekte in diesem Bereich. Denkbar wäre zudem eine Zusammenarbeit beider Unternehmen z. B. im Bereich Service und Betriebsführung von Windparks, nachdem nun Kontakte zwischen beiden Unternehmen geknüpft wurden. Ein Win-Win-Szenario, dem auch Sie sich sicher nicht verschließen können.
Das Gebot der EnBW auf PROKON beweist, dass PROKON ein werthaltiges Unternehmen mit einer tollen und zukunftsweisenden Ausrichtung ist. Und auch wir erkennen das lobenswerte Ziel der EnBW an, sich für den Ausbau der Erneuerbaren stark zu machen. Die Übernahme durch die EnBW ist mit Sicherheit für alle Beteiligten im Verfahren auch die bessere Lösung als eine Zerschlagung von PROKON. Aber im Sinne der Energiewende ist dies nur die zweitbeste Lösung. PROKON als Genossenschaft bedeutet, dass sich viele tausend Bürger und viele motivierte Mitarbeiter weiterhin für das Ziel einer dezentralen sauberen Energieversorgung einsetzen können, von der wir alle gemeinsam profitieren.
Wir möchten Sie auffordern, in Ihrer Funktion als Spitzenpolitiker der Partei Bündnis 90/Die Grünen, als Ministerpräsident von Baden-Württemberg und als Repräsentant eines der Hauptaktionäre der EnBW Einfluss auf den Vorstand der EnBW zu nehmen und diesen (mit Verweis auf die Stellungnahme des Insolvenzverwalters vom 11.06.2015) zu einem fairen Umgang mit den Konkurrenten beim Werben um die beste Lösung für PROKON zu veranlassen. Haben Sie vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen aus Itzehoe am 18.06.2015
(1) http://www.schwaebische.de/wirtschaft/aktuelle-achrichten_artikel,-Prokon-Geschaedigte-haben-die-Wahl-_arid,10243803.html
(2) http://www.prokon.net/content/wp-content/uploads/Verfahrensinformation_150611.pdf
Online-Flyer Nr. 515 vom 24.06.2015
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