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Wirtschaft und Umwelt
Für ein Tunnelsystem zwischen Rhein-Main und dem Großraum Köln
Die Entvölkerung würde gestoppt
Von Willi Pusch

Für die Bürgerinitiative im Mittelrheintal gegen Umweltschäden durch die Bahn e.V. hat Willi Pusch einen Brief an alle Bundes- und Landtagsabgeordnete gesendet, in dem es um das Westerwald-Taunus-Tunnelsystem geht.

Gegen zunehmenden Bahnlärm im Mittelrheintal
Quelle: www.bahnlaerm-mittelrhein.de
 
Sehr geehrte Bundestags- und Landtagsabgeordnete,
die Initiativen, den Güterzugverkehr aus dem Rheintal zu verlegen, haben sich in den letzten Wochen konkretisiert. Wir erlauben uns, Ihnen die Vorschläge vorzustellen und bitten Sie, uns Ihre Position zu erläutern.
 
Ausgang: Zurzeit fahren täglich ca. 450 Güterzüge pro Tag durch das Rheintal. Nach der Eröffnung des Gotthard-Tunnels wird sich die Zahl aller Voraussagen ca. auf 600 pro Tag erhöhen. Die bestehenden Trassen im Rheintal werden diese Kapazitäten nicht bewältigen können. Eine weitere Einschränkung des Personenverkehrs ist zu befürchten.
 
Dr.-Ing. Rolf Niemeyer hat vor zwei Jahren einen Tunnel von Wiesbaden bis Troisdorf für den Bundesverkehrswegeplan ab 2015 angemeldet. Er hat damit den Westerwald-Taunus-Tunnel als erster ernsthaft ins Gespräch gebracht. Sein Vorschlag ist aber nur eine Grundlage für eine Alternative und kein ausgearbeitetes Projekt. Unabhängig davon haben Dr.-Ing Gottfried Ilgmann und Günter Ederer in ihrem Buch: „Deutschland im Stau“ eine Tunnellösung zwischen Wiesbaden und Koblenz vorgeschlagen und zusammen mit dem Planungsbüro Martin Vieregg grob berechnet.
 
Ein zweiröhriges Tunnelsystem, ausschließlich für Güterverkehr würde für die 80 km Wiesbaden-Koblenz nach heutiger Berechnung höchstens 4 Mrd. Euro kosten. Als Vergleich wurden die Kosten für den 9,4 km langen Katzenbergtunnel in Südbaden herangezogen, der im Herbst 2013 eingeweiht wurde und dessen Baukosten sich auf 40 Millionen Euro pro Kilometer beliefen. Das Tunnelsystem zwischen Wiesbaden und Koblenz, das jederzeit bis Troisdorf verlängert werden kann, würde weitgehend im Berg verlaufen und nur an wenigen geeigneten und lärmunempfindlichen Senken an die Oberfläche geführt werden. Dies erleichtert die Bauarbeiten. Da er im Gegensatz zu dem Katzenbergtunnel nicht auch für ICE-Züge bis zu 250 km/h ausgebaut werden müsste und für Güterzüge andere Parameter vorliegen, würden die Baukosten eher niedriger sein. Der Aushub für einen Güterzugtunnel würde nur zirka zwei Drittel eines mit Personenzügen zu befahrenden ICE-Tunnel betragen.

Gegen Bahnwahnsinn auch der Innenminister von Rheinland Pfalz Roger Lewentz (Mitte)
Quelle: www.bahnlaerm-mittelrhein.de
 
Ein Rechenbeispiel: Ein Vollzug mit festgelegter Spezifikation (Hakenlast, Nutzlast, Auslastung, Laufweite 600 km als Ganzzug oder mit Einzelwagenverkehr) zahlt jetzt 25 000 Euro. Die Erhöhung des Trassenpreises durch den Tunnel beträgt 600 Euro. Die gegen zu rechnende Einsparung durch kürzere Umlaufzeiten beträgt 250 Euro. Per Saldo beträgt die Mehrbelastung also 350 Euro, 350 Euro von 25 000 Euro sind 1,4%. Der Trassenpreis durch den Tunnel wird bestimmt durch die hohe Frequenz, und eine Abschreibung von 60 Jahren ist für Tunnelbauwerke üblich.
 
Wir, die Bürgerinitiativen im Rheintal, sehen in dem Westerwald-Taunus-Tunnelsystem eine Chance, die Wettbewerbsfähigkeit des „Systems“ Schiene zu erhöhen. Die Kapazität und die Rentabilität des Güterverkehrs auf der Achse Genua-Rotterdam im Allgemeinen und zwischen den Wirtschaftszentren Baden-Württemberg den Nordseehäfen im Besonderen würde damit wesentlich verbessert. Es gibt kein zweites Bahnprojekt in Deutschland, wahrscheinlich sogar in ganz Europa, das einen solchen hervorragenden Nutzen-Kosten-Faktor aufweist, wie ein Tunnelsystem zwischen Rhein-Main und dem Großraum Köln.
 
Wir erlauben uns, hier an die ICE-Trasse Nürnberg-Erfurt zu erinnern, die nach zirka 10 Milliarden Euro Kosten nach ihrer Fertigstellung 2017 pro Richtung von zwei Zügen in der Stunde befahren wird. Noch weniger Verkehr ist auf der ICE-Strecke Würzburg-Fulda.
 
Neben der Schaffung der nötigen Kapazität für den Güterverkehr würde als weiterer volkswirtschaftlicher Nutzen die Erholung des Rheintals als Tourismus-Schwerpunkt und bevorzugtem Wohn- und Arbeitsgebiet möglich werden. Die Entvölkerung würde gestoppt. Der volkswirtschaftliche Verlust, der durch den unerträglichen Lärmpegel von bis zu 110 Dezibel eintritt, wird zurzeit hingenommen.
 
Dass durch eine entsprechende Linienführung des Tunnelsystems auch die Städte Mainz, Wiesbaden, Koblenz und Bonn vom Güterzuglärm befreit würden, wie auch alle anderen Städte und Gemeinden, ist für die Bürgerinitiativen mehr als nur ein begrüßenswerter Nebeneffekt. Aber da bisher, Lärm bei der Berechnung der Nutzen-Kosten-Relation nicht bewertet wird, machen wir ausdrücklich auf die wirtschaftliche Notwendigkeit des Tunnel-Systems für ganz Deutschland und nicht nur für die Rheintalbewohner aufmerksam.
 
Nicht zu unterschätzen sind auch die Möglichkeiten, die sich für einen verstärkten Personen-Nahverkehr und eine Ergänzung der S-Bahn-Systeme zwischen Köln und Bonn, zwischen Bingen und Mainz und anderen Strecken ergeben, die jetzt schon völlig überlastet sind.
 
Eine belastbare unabhängige Vorstudie für das Projekt sollte klären, wo der günstigste Verlauf der Tunnelabschnitte sein sollte, auf welche Durchschnitts- und Höchstgeschwindigkeit die Strecke ausgelegt werden soll und wie sie finanziert werden kann. Dabei darf es keine Tabus geben – sondern das Ziel muss sein, das Projekt so schnell wie möglich so umzusetzen, dass es nicht durch Haushaltszwänge verschoben oder gar abgelehnt wird und dass seine Dimensionen so ausgelegt sind, dass es sich rechnet.
 
Die bisher auch in Erwägung gezogenen Ausgleichstrassen von Köln über Segen, Gießen nach Frankfurt und von Mannheim über Saarbrücken, Trier, Gerolstein nach Köln sehen wir sehr kritisch. Sie sind teilweise Eingleisig, nicht elektrifiziert, haben Höhenunterschiede bis 400 Meter und sind in Teilabschnitten (Gießen-Frankfurt) auch heute schon überlastet.
 
Nachbemerkung: Das Gesamtprojekt des Tunnelsystems von Rhein-Main bis in den Raum Köln wird bei aktuellen Baukosten zirka 6 Milliarden kosten. Das ist weniger als Stuttgart, 21, viel weniger als die ICE-Strecken Köln-Frankfurt und Nürnberg-Erfurt, etwa so viel wie der Berliner Flughafen und ein Bruchteil der Summen, die durch eine verfehlte Verkehrspolitik pro Jahr entstehen.
Mit freundlichen Grüßen
 
Willi Pusch
für die Bürgerinitiative im Mittelrheintal gegen Umweltschäden durch die Bahn e.V.  WILLI PUSCH, RHEINUFERSTRASSE 44, D-56341 KAMP-BORNHOFEN, www.bahnlaerm-mittelrhein.de, www.rheintal-21.de
(PK)


Online-Flyer Nr. 479  vom 08.10.2014

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