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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Lokales
Aufgabe der VHS oder Bestandsgarantie kein Thema im Kulturausschuss
Demokratie in Mülheim am Tiefpunkt?
Von Lothar Reinhard

Vergangenen Donnerstag war Kulturausschuss der Stadt Mülheim, u.a. mit dem MBI-Antrag konfrontiert, eine Bestandsgarantie für die Volkshochschule am heutigen Standort Bergstraße zu beschließen. Aber auch dazu gab es eine demokratische Bankrotterklärung wie bereits 2 Tage vorher im Umweltausschuss zum Abschuss der Tiere im Witthausbusch und dem selbst erzeugten Chaos mit der Rumbachsanierung.
 

Mülheimer BürgerInitiative für den
Erhalt der VHS
Quelle: MBI
Der Kulturausschuss verschob mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP und einer der zwei Grünen-Stimme den Antrag zur VHS in den Bildungsausschuss am 22. September! Der Kulturausschuss erklärte sich also einfach mehrheitlich für nicht zuständig, obwohl die VHS eine wichtige kulturelle Funktion in unserer Stadt hat. Ganz nebenbei ist der Kulturbetrieb auch für die VHS mit zuständig, doch wen interessiert das, wenn es um „große“ Politik geht, nämlich die geplante Vermarktung des VHS-Grundstücks!
 
Doch egal. Das WAZ-online-voting auf www.derWesten.de zur Zukunft der VHS ist eindeutig: Von 1718 Stimmen um 13.30 Uhr heute waren 59% für Erhalt und umfassende Modernisierung und 18% für Erhalt und nur das Nötigste sanieren. Also mehr als Drei Viertel für den Erhalt der VHS an der Bergstraße ohne Wenn und Aber!
 
Also: Die Absicht, die VHS zu schleifen, um das attraktive Grundstück zu verscherbeln, ist ein erneuter Großangriff auf lebenswichtige Infrastruktur in einer Großstadt wie Mülheim. Die VHS erfüllt zentrale Aufgaben im kulturellen, sozialen und integrationspolitischen Bereich. Es gibt auch kein annähernd gangbares Konzept, wie diese Pflichtaufgaben bei Aufgabe der heute zentralen und gut erreichbaren VHS in einem schönen Gebäude in bester Lage gewährleistet werden könnte.
 

Frau OB Dagmar Mühlenfeld verspricht
eine Sparkassen-Akademie
NRhZ-Archiv
 
Kein Ausschuss, keine BV vor Ort und wahrscheinlich auch kein die VHS finanzierendes Ministerium wurde mit dem Harakiri-Vorhaben der Mülheimer Stadtspitze bisher befasst. Nur der Rat Anfang Juli folgte völlig unüberlegt der Frau OB Dagmar Mühlenfeld blindlings mit dem vagen Versprechen einer Sparkassen-Akademie, wofür man „das Beste“ anbieten müsse, was die Stadt habe. Als der MBI-Sprecher die Bewerbung mit dem VHS-Grundstück als indiskutabel hinstellte und es als gravierenden Fehler bezeichnete, der Kaufhof-Bewerbung Konkurrenz zu machen, wurde die MBI gar von dem gemeinsamen Zusatzantrag auf zukünftig mehr bzw. überhaupt Behandlung der Bewerbung für die Spk-Akademie in den Fachausschüssen gelöscht. Inhaltlich ging aber keine/r auf die massiven Bedenken der MBI ein und SPD, CDU, Grüne, FDP und AfD stimmten für die Bewerbung mit den „Partnern“ MWB und Imoba, die auch nur auf MBI-Nachfrage in nicht-öffentlicher Sitzung überhaupt genannt wurden.
 
Die genaue Vorlage, was diese Immobilienfirmen für viel Geld für die Stadt anstelle der VHS planten, wurde dann Ende Juli als „Dringlichkeitsantrag“ von der Frau OB und dem CDU-Fraktionsvorsitzenden unterschrieben. Der Rat am 25.9. kann das dann nachträglich abnicken, wenn nicht, wäre das auch bedeutungslos. In dieser Vorabentscheidung wird auch der beabsichtigte Grundstückserlös bereits festgelegt. Als Begründung wird angegeben, der Sanierungsstau bei der VHS betrage 16 Mio. €.
 
Kein Kenner der Volkshochschule kann sich vorstellen, wofür diese 16 Mio. nötig sein sollten und inzwischen hat der Stadtsprecher auch bereits zugegeben, es ginge auch für 5 Mio. €, womöglich genauso aus der Hüfte geschossen wie die 16 Mio.€. Auch das ein klares Indiz, dass es hier nicht um seriöse oder gar vorausschauende Stadtplanung geht, sondern einzig darum, das hoch attraktive VHS-Grundstück vermarkten zu können, wofür auch immer. Am Mittwoch, einen Tag vor dem Kulturausschuss, kam die Vorlage „Änderung des Bebauungsplans „Bergstraße/Am Schloß Broich – Inn 28“. Die BV 3 am 4.9. und der Planungsausschuss am 16.9. sollen eine Überplanung der VHS beschließen. So schafft man Fakten. Unglaublich. Dazu passt dann genau, dass der Kulturausschuss sich weigerte, über die VHS als wesentlichen Ort der Kultur in Mülheim auch nur zu reden, geschweige denn Stellung zu beziehen durch Stimmen für oder gegen den MBI-Antrag.
 
Doch auch das war den Medien vor Ort keine Meldung wert, genauso wenig wie das blamable Theater im Kulturausschuss, der sich aus lauter Feigheit (oder Berechnung?) für nicht zuständig erklärte. Formalistisch gesehen dürfen alle Volksvertreter/innen mehrheitlich alles wegstimmen, was unangenehm ist oder der jeweiligen Vorgabe ihrer Fraktionsspitze widerspricht, politisch gesehen ist das aber ein Tiefschlag gegen die Demokratie, wenn die Mehrheit der gerade erst gewählten Volksvertreter sich weigert, über die Meinung der Mehrheit ihrer Wähler auch nur reden zu wollen. Und im Falle der VHS will die Mehrheit der Mülheimer Wähler/innen sicherlich nicht, dass sie verschwindet und das Grundstück verhökert wird!
 
Wenn „die Stadt“, sprich Verwaltung und Ratsmehrheit, die Geschichte mit der VHS genauso durchziehen wie Ruhrbania oder das Vermurksen der Verkehrsführung, wird das nicht gut enden, am Schlimmsten aber für die bereits schwer angeschlagene Demokratie vor Ort.
 
Das Klügste wäre, die Bewerbung mit dem VHS-Standort unverzüglich zurückzuziehen, eine seriöse Berechnung für evtl. Sanierungsmaßnahmen an der VHS vorlegen und unserer schönen VHS und den dort Lehrenden, Lernenden und sonstigen Nutzern eine Bestandsgarantie geben, damit die verursachte Verunsicherung ein Ende hat!(PK)
 
Lothar Reinhard ist Fraktionssprecher der Mülheimer BürgerInitiativen im Stadtrat (MBI).
 


Online-Flyer Nr. 474  vom 03.09.2014

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