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Aktueller Online-Flyer vom 28. März 2024  

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Kommentar
Kommentar vom "Hochblauen"
Soweit Parolen tragen
Von Evelyn Hecht-Galinski

Es ist Ostern und ich mache mir Gedanken. Da lese ich doch tatsächlich in der FAZ: "Sowjetisches Erbe, lebendiger denn je. - Der Umgang mit den Kritikern des Putin-Kurses in Russland weckt alte Erinnerungen." Müsste es nicht viel eher so heißen: "Deutsches Erbe, lebendiger denn je. - Der Umgang mit den Kritikern des medialen und politischen Kurses gegen Putin weckt alte Erinnerungen."? Die mediale Hetze geht ungebremst weiter, sowohl gegen sogenannte, mit dem Unwort des Jahres verunglimpfte "Putin-Versteher" als auch gegen die friedliche Bürgerprotestbewegung auf den Montagsdemos.

Auch die Süddeutsche Zeitung will da nicht abseits stehen und schreibt unter dem Titel: "Putins rechte Freunde" einen Hetz-Artikel. Ebenso direkt darunter auf der Seite ein Artikel, Titel "Am Rande der Paranoia," über die angebliche Hetze gegen Kreml-Kritiker, Künstler und jüdische Organisationen. Liest man diesen Artikel, bleibt allerdings nichts als heiße Luft übrig. Z.B. wird kritisiert, dass jüdische Organisationen diesen Maidan unterstützen, aber vergessen zu erwähnen, dass der Oberrabbiner Russlands, Berel Lazar, die ukrainischen Juden für Kritik an Putin getadelt hat. (1)
 
Als positives Beispiel möchte ich hier auch das Handelsblatt vom 15. April erwähnen, das ein ausgezeichnetes Interview mit dem russischen Bahnchef und Putin-Vertrauten, Wladimir Jakunin führte: "Langjährige Gehirnwäsche", worin Jakunin die feindliche Gesinnung vieler US-Senatoren kritisierte.
 
Ein Senator, der besonders Front gegen Russland macht, der sich ständig auf dem Maidan tummelte und jetzt eine US-Bewaffnung der Ukraine fordert, ist der Republikaner und US-Senator Mc Cain, der sich schon einmal während seiner vielen Israel Besuche und wegen seiner Freundschaft zum "jüdischen Staat" überlegte, zum Judentum zu konvertieren, aber wegen der Beschneidung dann doch lieber einen Rückzieher machte.
 
Ein besonders aktiver US-Unterstützer ist Stefan Kornelius von derselben Münchner Zeitung, die ich schon erwähnte. So schreibt er in einem Kommentar unter dem Titel "Die stille Drohung", um die Peinlichkeit und die Intrigen der CIA in der Ukraine und den (geheimen!) Besuch von CIA-Chef John Brennan in Kiew schönzuschreiben folgendes. "Aber John Brennans Anbandelungen in Kiew lassen den US-Geheimdienst geradezu stümperhaft wirken angesichts der grün Uniformierten im Osten, angesichts der perfekten Koordination der Besetzungen aus dem Nichts..." (2) Unbedingt erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang, dass Kornelius Mitglied der Atlantikbrücke ist. (3)(4) Außerdem werden ihm enge Verbindungen zur Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) nachgesagt.
 
Ich stieß schon öfter auf die engen Verbindungen deutscher Journalisten zu den Herrschenden in den USA. Gekrönt werden sie vom Besuch der Berliner US-Botschaft bei US-Botschafter Murphy, einem ehemaligen Goldman Sachs Investment Banker. (5) Wozu braucht die NSA eigentlich die Überwachung, wenn die USA doch sowieso freiwillig Informationen geliefert bekommen? Wahrscheinlich ist das "Murphys Gesetz?" Da wundert es auch nicht, wenn die ARD/SWR-Journalistin Golineh Atai mit dem "Hanns-Joachim-Friedrichs-Preis" für Fernsehjournalismus ausgezeichnet wird. Dazu die schon fast lächerliche Begründung der Jury, angesichts ihrer "embedded" ARD Reportagen: "Atai überzeugte die Jury mit ihren ruhigen, abwägenden und keiner vordergründigen Zuspitzung verfallenden Reportagen und Interviews aus der arabischen Welt und aus dem Krisenstaat Ukraine."(6)
Ich denke, dass Hanns-Joachim-Friedrichs im Grabe rotiert angesichts dieser Preisverleihung an eine der umstrittensten deutschen Korrespondentinnen. Wenn der Mainstream-Journalismus weiter so belohnt wird, dann bekommt bestimmt nächstes Jahr Sabine Adler vom DLF für ihre "ausgewogenen" Ukraine-Reportagen auch diesen Preis verliehen. Immer wenn ich Kleber im ZDF sehe, sehne ich mich an die ruhigen Tage von Friedrichs zurück!(6a)
 
Ein letztes Wort zu Jutta Ditfurth: Nachdem ich ihr Buch über ihre Familiengeschichte gelesen habe, verstehe ich natürlich warum JuDit so ist, wie sie ist: "Der Baron, die Juden und die Nazis - Reise in eine Familiengeschichte."
Schon Nahum Goldmann, ein ehemaliger Präsident des Jüdischen Weltkongresses, stellte fest, dass die Deutschen mit braunen Flecken auf ihrer Weste (und daraus resultierend, auch die Nachkommen) besonders gut für jüdische Interessen zu "handlen" sind. Durch die deutsche Schul(d)bildung ist Jutta Ditfurth ein besonderes Beispiel für die philosemitische Nachkriegsgeneration. Ihre übersteigerte Empathie lässt sie überall braunes Gedankengut und braune Männchen sehen. Sie wollte ihren Namen ändern, was ihr mit Recht verweigert wurde, warum auch? Schließlich heißt sie nicht "Jolanda Dickfurz". So strich sie nur das "von" aus ihrem Namen, sehr verständlich!
 
Vielleicht hat sie auch das halbe Jahr nach ihrem Abitur in einem "höheren Töchterheim" geprägt, oder dass der Vater Hoimar von Ditfurth ein berühmter Psychiater war. Auch ihre fast paranoische Bekämpfung der Anthroposophen habe ich noch in allzu schlechter Erinnerung. Ich ging auf eine Waldorfschule, bewusst von meinen Eltern gewählt, ohne dass sie oder ich Anthroposophen waren. Ich habe auf diesem Schulweg nur Toleranz kennen gelernt, schon allein aus der Tatsache heraus, dass wir so viele verschiedene Nationalitäten in der Klasse hatten.
So regte ich mich über eine Medienkampagne von Report Mainz auf, der ich heftig widersprach. Hier ein Interview mit mir zu diesem Thema in der TAZ aus dem Jahr 2000. Titel: "Verbale Diffamierung." (7)(8)(9)
Schon damals wunderte ich mich über diese diffamierende Kampagne gegen die Waldorfpädagogik, die mich sehr an die aktuelle Kampagne gegen die heutigen Montagsdemonstrationen und Ken Jebsen erinnert.
Nach Anzeigen, die ich in mehreren deutschen Zeitungen veröffentlichte, war der Erfolg überwältigend. Ich bekam hunderte von Briefen jüdischer BürgerInnen aus aller Welt, die mich im Widerstand gegen dieses Verleumdungen unterstützten. Diese Briefe waren so interessant und anrührend, dass ich plane, sie als Buch herauszugeben. Es waren sogar Briefe aus Israel dabei, wo es mehrere Waldorfschulen gibt!
 
Nochmal zu JuDit: Sie erlaubte sich meiner Meinung nach eine empörende Entgleisung in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, wo sie als Abgeordnete der ÖkoLinx-Bewegung saß, als sie 2004 diesen schlimmen Vergleich brachte: Hartz IV zwinge die Betroffenen in einen "Reichsarbeitsdienst". Zudem hatte sie die darin vorgesehenen Ein-Euro-Jobs als "staatlich verordnete Zwangsarbeit" bezeichnet. In diese unterste Schiene passt auch ihr "Offener Brief", in dem sie die NRhZ auf der Seite der "neuen Rechten" sieht. Die NRhZ und Peter Kleinert brauchen sich nicht zu grämen über ihre Ankündigung, nun keine Texte mehr von ihr veröffentlichen zu dürfen. Auch ich verwahre mich als langjährige Kommentar-Schreiberin der NRhZ dagegen, von der "Antifaschisten-Ikone" Ditfurth in Verbindung mit rechten Kreisen gebracht zu werden. Das gilt auch für meine Beiträge bei KenFm als Redaktionsmitglied. Wir brauchen auch keine Belehrung über Antisemitismus und Antisemiten, denn das Bewusstsein dafür, hat uns, meinen Mann und mich, als Nachfahren der Verfolgten geprägt. Durch unsere Erfahrungen, unsere Familiengeschichten haben mein Mann und ich eine Antenne für diese Personen.
 
Merke: "Ein Antisemit ist jemand, der Juden nicht mag, nur weil sie Juden sind." Daher hüte man sich aber auch vor Philosemiten, die eine andere Form des Antisemiten darstellen und eine übersteigerte Liebe zu Juden pflegen, nur weil sie Juden sind! Allerdings leide ich nicht unter dem Verfolgungswahn, überall Antisemiten zu sehen oder rechte Unterwanderung - schon gar nicht in der NRhZ oder bei Ken Jebsen!
 
Warum beschäftigt sich JuDit nicht mit dem Frankfurter Bankensystem, sie lebt doch im Auge des Taifuns, der Schere zwischen Arm und Reich, die sich immer mehr auseinander dividiert, der zwischen den Faschisten in der Ukraine und der menschenrechtsverletzenden Politik des israelischen Besatzer Regime? (10) Mehr als bedauerlich ist auch, dass sie, anstatt Kritik auszuhalten, nun in verbale und diffamierende Rundum-Ausschläge verfällt. Es gäbe genug anderes zu tun für eine früher ernst zunehmende Soziologin. Schade, dass sie nun ihre Reputation verspielt hat! (PK)
 
(1) http://www.israel-nachrichten.org/archive/8725
(2) http://www.sueddeutsche.de/politik/moskau-als-choreograf-der-krise-putins-druck-auf-die-ukraine-ist-uebermaechtig-1.1937957-2
(3) http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_von_Mitgliedern_der_Atlantik-Br%C3%BCcke
(4) http://www.heise.de/tp/artikel/41/41551/1.html
(5) http://jvbb-online.de/Interkulturelles-Netzwerk.1258.0.html
(6) http://linknews.de/hinter-der-fichte.html
(6a) http://hinter-der-fichte.blogspot.fr/2014/04/zdf-kleber-der-hauptmann-von-kopenick.html
(7) http://www.taz.de/1/archiv/archiv/?dig=2000/05/13/a0156
(8) http://www.waldorf.net/html/texte/wortwechsel.htm
(9) http://www.thebee.se/comments/Germany/report-short.htm
(10) http://www.taz.de/Debatte-Nahost-Friedensprozess/!136850/ 

Evelyn Hecht-Galinski ist Publizistin und Autorin. Ihre Kommentare für die NRhZ schreibt sie regelmäßig vom "Hochblauen", dem 1165 m hohen "Hausberg" im Badischen, wo sie mit ihrem Mann Benjamin Hecht lebt.
2012 kam ihr Buch "Das elfte Gebot: Israel darf alles" heraus. Erschienen im tz-Verlag ISBN 978-3940456-51-9 (print), Preis 17,89 Euro.   
 
 


Online-Flyer Nr. 455  vom 23.04.2014

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