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Ein Streifzug durch das Alltagsleben
Auf der Suche nach dem Floh
Von Anneliese Fikentscher und Andreas Neumann

Es war am 27. Oktober 2013. An diesem Tag machte sich ein Kölner Arbeiterfotograf auf die Suche nach einem Floh. Es war an einem Ufer, das nach einem großen deutschen Politiker benannt ist. Er wird hier geehrt, weil er sich und die Westzonen den Westmächten verkauft hat, damit die – das sind besonders die so genannten Amerikaner – hier hören und lesen können. Sein Name ist Konrad Adenauer. Das Ufer am Rhein in Köln heißt demnach Konrad-Adenauer-Ufer. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Viel ist auch in diesen Tagen von Mithören und Mitlesen die Rede. Es findet großes Interesse, was andere schreiben und sprechen. Auch vor 81 Jahren war das nicht anders. Auch zu der Zeit ging es schon um den Floh. Auf Seite 26 im Heft vom 5. Januar 1932 war es zu lesen – geschrieben von Peter Panter alias Kurt Tucholsky in der „Weltbühne“.


Flohmarkt am Konrad-Adenauer-Ufer am Rhein in Köln
Alle Fotos: Klaus Franke, arbeiterfotografie.com


Assoziationen an das Land, das gerne mitliest und in dem Jahr für Jahr am Tag des Kolumbus der Indianer-Genozid gefeiert wird


Assoziationen an die Verbrechen von Hiroshima und Nagasaki und die Ostermärsche gegen den Atomtod


Assoziationen an die Macht der Medien – beim Blick über den Rhein auf die ehemaligen Messehallen – von denen inzwischen ein Medienkonzern Besitz ergriffen hat


Assoziationen an deutsches Kulturgut…


Assoziationen, Assoziationen, Assoziationen...



































Der Floh

Im Departement du Gard – ganz richtig, da, wo Nîmes liegt und der Pont du Gard: im südlichen Frankreich – da saß in einem Postbüro ein älteres Fräulein als Beamtin, die hatte eine böse Angewohnheit: sie machte ein bißchen die Briefe auf und las sie. Das wußte alle Welt. Aber wie das so in Frankreich geht: Concierge, Telefon und Post, das sind geheiligte Institutionen, und daran kann man schon rühren, aber daran darf man nicht rühren, und so tut es denn auch keiner.

Das Fräulein also las die Briefe und bereitete mit ihren Indiskretionen den Leuten manchen Kummer. Im Departement wohnte auf einem schönen Schlosse ein kluger Graf. Grafen sind manchmal klug, in Frankreich. Und dieser Graf tat eines Tages folgendes: Er bestellte sich einen Gerichtsvollzieher auf das Schloß und schrieb in seiner Gegenwart an einen Freund:

Lieber Freund!

Da ich weiß, dass das Postfräulein Emilie Dupont dauernd unsre Briefe öffnet und sie liest, weil sie vor lauter Neugier platzt, so sende ich Dir inliegend, um ihr einmal das Handwerk zu legen, einen lebendigen Floh.

Mit vielen schönen Grüßen
Graf Koks

Und diesen Brief verschloß er in Gegenwart des Gerichtsvollziehers. Er legte aber keinen Floh hinein. Als der Brief ankam, war einer drin.

Peter Panter
In: Die Weltbühne, 05.01.1932, Nr. 1, S. 26.

Online-Flyer Nr. 431  vom 06.11.2013

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