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Medien
Wie Jugendliche zum brutalen "Mainstreamshooter-Spielen" verführt werden
Jugendschutz in Frage gestellt
Von Günter L. Huber

Der Medienforscher Dr. Rudolf H. Weiß hat im September 2013, wie uns das Institut für Medienverantwortung in Erlangen mitteilte, seine zusammenfassende Nutzungsstudie über das Spielverhalten Jugendlicher mit einem Beobachtungszeitraum von insgesamt fünf Jahren veröffentlicht: Seit 2008 wurden insgesamt 837 Schülerinnen und Schüler aus allen traditionellen Schularten und aus drei Bundesländern nach ihren Nutzungsgewohnheiten bezüglich der jeweiligen Mainstreamshooter mit identischen Fragestellungen befragt. So wird in der Studie u.a. berichtet, dass im Verlauf von knapp fünf Jahren der Anteil der durchschnittlich 14,1 Jahre alten Jungen, die den Mainstreamshooter spielten, stark angestiegen ist: von 53% bei "Grand Theft Auto IV" im Jahr 2008 bis auf 67% bei "Call of Duty-Black Ops2" im Jahr 2013. Hier einige Ausschnitte aus dem Text von Dr. Weiß:
 

Gameshop-Werbung im Netz
Die Anzahl der Jungen, die den Kriegsshooter aber schon ganz durchgespielt haben, hat sich seit Call of Duty-Modern Warfare 2 im Jahre 2010 verdoppelt, denn jeder zweite 14-jährige Schüler hatte 2013 Black Ops2 bereits ganz durchgespielt. Auch der Besitz des jeweils verkaufsstärksten Shooters hat sich im Verlauf von vier bis fünf Jahren verdoppelt.
 
Besonders bedenklich ist es, dass sich die Zahl der Jungen mit extrem langem und täglichem Zocken ebenfalls verdoppelt hat. Damit wird zum wiederholten Male die Wirkungslosigkeit des Jugendmedienschutzes bei elektronischen Gewaltmedien belegt. Immer weniger können sich den gigantischen Werbekampagnen durch Hersteller und Vertreiber dieser Spiele entziehen, die systematisch mindestens ein halbes Jahr vor der Markteinführung im Herbst des jeweiligen Jahres, über alle denkbaren Kanäle und Medien beginnen.
 

Dr. Rudolf H. Weiß bei einem Vortrag
Quelle: paed-tag_2007-01.jpg
Bei der GamesCom in Köln wird immer im August der Startschuss gegeben und der neueste brutale Shooter in Szene gesetzt, so wie für dieses Jahr GTA V mit Blick auf das Weihnachtsgeschäft. SPIEGEL-ONLINE berichtete am 16.9.2013 ausführlich über diesen extrem brutalen, ab 18 freigegebenen, Shooter unter http://www.spiegel.de/netzwelt/games/test-24-stunden-mit-grand-theft-auto-v-a-922457.html. Bevor der Spiegel-Autor Christian Stöcker nach seinen berichteten 20 Stunden an Spielerfahrung im Selbstversuch neugierig weiter mit GTA V zockt, sollte er sich allerdings einmal in die Rolle eines 14-Jährigen versetzen, der vermutlich die im November erscheinende PC-Version auf seinem diesjährigen Gabentisch zu Weihnachten schon sehnlichst erwartet. Dieser aktuelle Artikel auf Spiegel-Online vom 07.10.2013 ruft nach einem notwendigen „Skandal“ da in Shootern ständig gegen die elementarsten Menschenrechte verstoßen wird: http://www.spiegel.de/netzwelt/games/wasd-menschenrechte-in-kriegs-shootern-a-924707.html
 
Da es bei Nutzungsstudien primär um Spieldauer, Spielformen allein oder in der Gruppe, Beschaffungsarten und Beschaffungswege geht, kann von Herrn Weiß keine Aussage über Medienwirkungen gemacht werden. Dies ist anderen Untersuchungsprojekten vorbehalten, an denen Wissenschaftler des Vereins „Mediengewalt-Internationale Forschung und Beratung e.V.“ ebenfalls vielfach beteiligt sind (siehe unter www.mediengewalt.eu/Forschung). Die vollständige Nutzungsstudie finden Sie hier: www.mediengewalt.eu/blog.
 
Abschließend möchten wir unseren eindringlichen Appell als verantwortungsbewusste und unabhängige Medienwissenschaftler von „Mediengewalt e.V.“ an die politischen Entscheidungsträger wiederholen, über solche besorgniserregenden Ergebnisse von Nutzungsstudien ernsthaft nachzudenken, vor der Wirtschaft nicht länger in die Knie zu gehen und endlich Konsequenzen für den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag der Länder zu ziehen. (PK)
 
Dr. Günter L. Huber, Prof. i.R. der Universität Tübingen, Institut für Erziehungswissenschaft, ist Vorsitzender des e.V. "Mediengewalt Internationale Forschung und Beratung"


Online-Flyer Nr. 428  vom 16.10.2013

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