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Kommentar
Wie ist es in den USA wirklich um Demokratie und Menschenrechte bestellt?
Der Fall Snowden zeigt es!
Von Brigitte Queck

Demokratie heißt, aus dem Griechischen übersetzt, Volksherrschaft. Demokratie heißt, dass die Politik durchgängig im Interesse des Volkes und zu seinem Wohle gestaltet werden muss. In den USA ist das offensichtlich nicht der Fall! Mehr als 2,25 Mrd. (nach amer. R.) Amerikaner, vor allem Schwarzamerikaner, befinden sich in den USA hinter Gittern. Damit haben die USA - gemessen an der Zahl der Einwohner - die höchste Gefangenenzahl der Welt! Das berichtete die Menschenrechtsorganisation Human Watch Right (HWR) in Washington unter Berufung auf das Statistikbüro des amerikanischen Justizministeriums aus dem Jahre 2006.

Edward Snowden
Quelle: Avaaz.org.jpg
 
Auch der Fall des im Mordprozess um den Tod des unbewaffneten schwarzen Teenagers Trayvon Martin in Florida am 13.07.2013 in allen Punkten freigesprochenen Mitgliedes der Bürgerwehr, des US-Polizisten Zimmerman, durch die Geschworenen, bei dem der Antrag der Staatsanwaltschaft in keinster Weise Berücksichtigung fand, zeigt das. Dieser Gerichtsprozess ist ebenso ein symptomatischer Fall von Rassendiskriminierung und Verstoß gegen die Menschenrechte in den USA! Mittlerweile protestieren dagegen in den USA Tausende von Menschen. (1) Trotzdem spielen sich die US/NATO überall als Demokratie und Menschenrechtsvertreter in der ganzen Welt auf, denen es nachzueifern gilt!
 
Nun hat Edward Snowden, bis dato Geheimdienstmitarbeiter der CIA und NSA mit seinen Enthüllungen über das weltweite Ausspionieren von Menschen, Organisationen, ja selbst von Verbündeten, durch die USA, ihnen einen Spiegel vors Gesicht gehalten. Im „Guardian“ vom 6. Juni 2013 zeigte sich Snowden enttäuscht über die Machtstrukturen in den USA. Sie würden sich auf Kosten der Freiheit des Volkes immer weiter ausbreiten und keiner Kontrolle unterliegen. “Ich will nicht in einer Welt leben, in der alles, was ich sage, alles, was ich mache, der Name jedes Gesprächspartners, jeder Ausdruck von Kreativität, Liebe oder Freundschaft, aufgezeichnet wird“, sagte Snowden in dem noch in Hongkong aufgenommenem Video.
 
Warum aber wird Snowden weltweit von den USA gejagt und warum werden von ihnen sogar Länder bedroht, die er um Asyl gebeten hat, da doch spätestens im Rahmen des Skandals um das Echelon-Abhörsystem (der von einer speziell gegründeten Kommission des Europäischen Parlaments untersucht wurde) bekannt geworden sein dürfte, dass Washington die NSA und ihre technologischen Fähigkeiten ausnutzt, um auch engste Verbündete, oder besser NATO-Vasallen, auszuspionieren?!
 
Rainer Rupp, lange Jahre Mitarbeiter der Hauptverwaltung Aufklärung des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR, der unter dem Decknamen „Topas“ Dokumente der höchsten Geheimhaltung aus dem Hauptquartier der NATO in Brüssel an die HVA lieferte (Es war ihm zu verdanken, dass im Kontext des NATO-Manövers „Able Archer“ kein Nuklearkrieg ausbrach und der zum „Dank“ dafür 10 Jahre später verhaftet und vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu 12 Jahren Haft verurteilt wurde.) erklärte dazu folgendes: „Es ist Snowdens großes Verdienst, dass er für die elektronische Bespitzelung der US-Bürger und Verbündeten im Ausland große Mengen hieb- und stichfester Beweise geliefert hat, die auch von den glühendsten Atlantikern nicht länger ignoriert werden können.“ Das erklärt die scheinheilige Empörung vieler unserer Politiker, die in Snowden alles andere als einen Held sehen, dem Asyl gewährt werden sollte.
 
Von allen armseligen Reaktionen unserer Politiker sind die Pirouetten des sozialdemokratischen Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz, die unterwürfigsten. In den Medien hatte er sich höchst empört gezeigt, „ja, zutiefst geschockt“ bezüglich der umfassenden Spionage der USA. Aber auf die Frage, ob das Europäische Parlament nun Sanktionsmaßnahmen gegen Washington ins Auge fassen sollte, wiegelte Schulz ab. Die Amerikaner wüssten, „wie geschockt die Europäer“ seien. Und Washington würde nun sicher alles tun, „auch ohne Androhung von EU-Sanktionen, die Situation zu entschärfen.“ (3)
 
Erich Schmidt-Eenboom, Leiter des Forschungsinstitutes für Friedenspolitik in Weilheim, der 2005 durch die Aufdeckung des Journalistenabhörskandals durch den BND bekannt wurde und zahlreiche Bücher über die Arbeit der Geheimdienste verfasst hat, führte zur Bedeutung Snowdens aus:
1. „er entlarvte, dass das Versprechen der US-Regierung, die eigenen Bürger nicht abzuhören, eine Lüge ist;
2. die Snowden- Enthüllungen schaden Obama am meisten, weil sie sein nach außen projiziertes Bild des Bürgerrechtlers und Liberalen zerstören;
3. die USA können jetzt nicht mehr andere Staaten an den Pranger stellen, da sie nun selbst an einem solchen stehen.“
So hätten die USA vor 4 Monaten offiziell den chinesischen Militärnachrichtendienst angeklagt, die „Washington Post“ und die „New York Times“, den US-Regierungsapparat und wichtige Industrieunternehmen gehackt zu haben. Als Snowden in Honkong landete, kehrte sich die vormalige Entrüstung der USA über die Chinesen gegen sie selbst. Diese konnten mit Recht kontern, dass da jemand mit Steinen geworfen hat, der selbst im Glashaus sitzt. Die USA wären nun nicht mehr in der Lage, weder die Russen, noch die Chinesen „wegen Cyberwarfare anzuprangern, weil sie da selbst die Nummer Eins sind!!“ (4)
 
Für die USA-Regierung und die großen Konzernmedien ist der Whisteleblower Snowden ein Verräter und Spitzel. Man wirft ihm vor, dass er sich mit seinen Informationen ins Ausland abgesetzt habe. Nicht erwähnt wird dabei, dass es in den USA zwar ein Gesetz zum Schutze von Whistleblowern gibt, aber Obama während seiner Amtszeit mehr Whistleblower gnadenlos juristisch verfolgt und ins Gefängnis geworfen hat, als alle US-Präsidenten vor ihm zusammengenommen. So hätte unter den gegenwärtigen Bedingungen in den USA Snowden keinerlei Chance gehabt. Es kann davon ausgegangen werden, „dass Snowden wegen der großen Brisanz seines Materials als ‚feindlicher Kämpfer‘ abgestempelt worden und erst einmal spurlos - ohne ein Recht auf Anwalt oder ein Gerichtsverfahren - in einem der Guantanamo ähnlichen US-Geheimgefängnisse ’verschwunden‘ wäre.“ (5)
 
Snowden betonte während des Treffens im Transit des Moskauer Flughafens Scheremetjewo, am 12.07.2013, das auch ausländische Journalisten verfolgten, er habe mit seinen Enthüllungen lediglich Gebrauch vom Recht auf Informationsfreiheit gemacht, das die Verfassung der Vereinigten Staaten und die auch von Washington ratifizierte UN-Menschenrechtskonvention garantieren. Deshalb sei seine Verfolgung in den USA rechtswidrig. (6)
 
Mittlerweile fordert auch die Menschenrechtkommissarin der UNO, Navi Pillary, internationalen Schutz für den Enthüller des US-Skandals. Wer Informationen über mögliche Verstöße gegen die Menschenrechte offenlege, habe ein Recht darauf. „Der Fall Snowden zeigt, wie wichtig es ist, Respekt für die Privatsphäre sicherzustellen“, sagte Pillay der UNO-Mitteilung zufolge. Die nationalen Rechtssysteme müssten nach den Bestimmungen der UNO-Menschenrechtscharta gewährleisten, dass Informanten, die Verstöße gegen Menschenrechte aufdecken, dies ohne Angst vor Strafverfolgung tun können. Spionageprogramme von Geheimdiensten, die keiner hinreichenden öffentlichen Kontrolle unterliegen, würden die Gefahr der Verletzung von Menschenrechten und grundlegenden Freiheiten mit sich bringen. (7) Alle UN-Original-Nachrichten aus dem Pressezentrum der Vereinten Nationen zum Thema Snowden wurden in allen Sprachen gesperrt!!
 
Als ehemalige DDR-Bürgerin empört es mich, wie einige Politiker und bürgerliche Medien der Bundesrepublik, nachdem ihnen Snowden gezeigt hat, dass die von ihnen gepriesene westliche Demokratie und deren Menschenrechte nicht existent sind, bewusst ein Gleichheitszeichen zwischen dem Geheimdienst eines sozialistischen Staates wie der DDR, der im Sinne der überwiegenden Zahl seiner Bevölkerung tätig war und diese vor den Angriffen kapitalistischer Staaten schützte, und den Geheimdiensten eines kapitalistischen Staates, die im Interesse des Kapitals tätig sind, setzen! Occupy spricht vom Kapital, wie man weiß, von nur ca. 0,1 % der Gesamtbevölkerung!
 
Trotzdem werden die Reichsten der Reichen und deren Kollaborateure, denen ein Staat des Volkes immer ein Dorn im Auge sein wird, solange es Staaten mit einem anderen Gesellschaftssystem als das westliche gibt, nicht müde, die DDR und andere sozialistische, bzw. Staaten mit einem anderen Entwicklungssystem, als Nichtdemokratien bzw. Diktaturen zu diffamieren.
 
Vergleichen wir doch mal die 40 Jahre des Bestehens der DDR mit den Jahren des Bestehens der Bundesrepublik Deutschland. Während die Armee der DDR während ihres 40-jährigen Bestehens nur der Verteidigung ihrer Grenzen diente (Übrigens schreibt dies auch das Grundgesetz der BRD, ja Artikel 1 des NATO-Vertrages selbst vor!) führt die Armee der Bundesrepublik Deutschland seit Jahren im Rahmen der NATO Krieg. Gegen Jugoslawien war es im Jahre 1999 sogar ein Angriffskrieg, der Tausende von Menschen dort das Leben kostete und atomar verwüstetes Land, vor allem im Kosovo, hinterließ, den die NATO ja zu verteidigen vorgab, bevor sie Jugoslawien in die „Steinzeit“ zurückbombte! Zurück blieb ein zerstückeltes Land, dessen Rohstoffe sich nun die Geier der westlichen Monopolbourgeoisie einverleibt haben und nunmehr ein begehrliches Auge nicht nur auf den Nahen Osten, sondern, wie der kürzliche Besuch Obamas zeigte, auf ganz Afrika werfen! (PK)
 
 
(1) www.news.at/a/mehr-2-25-mrd-gittern-usa-gefangenenanteil-191349
(2) http://www.heise.de/newsticker/meldung/EU-Rat-und-Kommission-bleiben-bei-Echelon-untaetig-70153.html
(3) ND,13/14.07.2013, „Ja, meine Freunde, wir haben euch ausspioniert“
(4) ND, 10.07.2013 „Wer im Glashaus sitzt…“
(5) R. Rupp, a.a.O.
(6) ND, 13/14.07.2013
(7) Christliche Leidkultur (Schweiz) vom 13.07.2013 “UNO fordert Schutz Snowdens“
 
Brigitte Queck ist Dipl. Staatswissenschaftlerin für Außenpolitik und  Vorsitzende des Vereins "Mütter gegen den Krieg e. V. in Berlin-Brandenburg. 


Online-Flyer Nr. 416  vom 24.07.2013

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