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Inland
"Sonderbehandlung" für den Freiburger gemeinnützigen Verein Cafe Palestine
Offener Brief an die Uni Freiburg
Von Evelyn Hecht-Galinski

Unsere Autorin Evelyn Hecht-Galinski hat am 19. April, 16:38:42 MESZ, unter dem Betreff "Protest" der Albert-Ludwigs-Universität in Freiburg unter der Adresse info@verwaltung.uni-freiburg.de einen Offenen Brief zugemailt. Sie erwartet darauf eine Antwort an ihre eigene Mail-Adresse evelyn.hecht-galinski@gmx.de. Hier der Offene Brief im Wortlaut: 
 
Sehr geehrte Damen und Herren,
als ehemalige Referentin im Cafe Palestine in Freiburg und seit 20 Jahren "Neu-Badnerin", möchte ich auf das schärfste protestieren gegen diese Art der "Sonderbehandlung" gegenüber dem Verein Cafe Palestine. Jetzt kann ich auch verstehen, warum die Freiburger Universität im Rahmen der Exellenzinitiative ihren Elite-Status verlor. Wie sagte Uni-Rektor Hans-Jochen Schiewer nach der Pleite: "Wir sind mit unserem Zukunftskonzept gescheitert." Wohl wahr! Wenn man so offensichtlich "Neutralität" wahrt, indem man dem Cafe Palestine und dem hoch angesehenen französischen Chirurgen Christophe Oberlin aus Paris die Vermietung eines Raumes nach vorheriger Zusage verweigerte, indem man den Verein diffamierte und  unwahre Anschuldigungen gegen diesen erhob, im Gegenzug aber hochpolitische Veranstaltungen der Konrad-Adenauer Stiftung und der Deutsch Israelischen Gesellschaft (DIG) zulässt, so sagt das alles!
 
Ich meine speziell die Veranstaltung mit Prof. Michael Wolffsohn, dem Historiker und ehemaligen Bundeswehr-Professor, der sogar Folter befürwortete. Der Titel dieses Abends am 23. April: "Friedensformel für Nahost - Bundesrepublik Jordanien-Palästina. Passt sehr gut zu der "Wolffsohn Friedensformel" Transfer der Palästinenser von der Westbank nach Jordanien, die er auch im DLF vortrug. Verstehen Sie so eine Veranstaltung als mit dem Recht und der sogenannten Neutralität vereinbar? Sollte nicht aufgrund der Vergangenheit und unsäglicher Geschichte auch gerade in der Freiburger Uni heute Meinungsfreiheit für alle engagierten Demokraten gelten? Und nicht nur für die DIG oder ähnliche Organisationen?
 
Wie können Sie sich als Universität von einem Regierungsdirektor und seinem Umfeld so beeinflussen lassen? Zeigte nicht schon das falsche Vorgehen der Stadt Freiburg, in Person des grünen Oberbürgermeisters Dr. Dieter Salomon 2010, während der Nakba-Ausstellung über die Flucht und Vertreibung der Palästinenser, als erst das Verwaltungsgericht diese Ausstellung ermöglichte, wie hier mit zweierlei Maß gemessen wird? Die Universität Freiburg wird am 3. Mai 2013 hoffentlich vor dem Verwaltungsgericht Unterricht über Meinungsfreiheit und Artikel 5 des Grundgesetzes, einem Menschenrecht, erhalten, das nicht umsonst im vorbildlichen Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland festgeschrieben ist.
 
Bedauerlich, dass eine Universität dieses Ranges erst durch Klagen auf den demokratischen Anspruch der Meinungsfreiheit hingewiesen werden muss! Es reicht nicht, Titel wie Elite und Exellent anzustreben, man muss sich diese auch verdienen. Wir ALLE engagierten Bürger werden diese Vorgänge an der Freiburger Uni weiter beobachten und diese Vorgänge nicht schweigend hinnehmen.
Mit protestierenden Grüßen
Evelyn Hecht-Galinski, Publizistin
Malsburg-Marzell
 
Einen Tag vorher, am 18. April 2013, hatte die Badische Zeitung zu diesem Konflikt einen Artikel mit der Überschrift "Café Palestine klagt gegen die Uni -  Keinen Raum für einen Vortrag" veröffentlicht. Hier auch der BZ-Artikel im Wortlaut:
 
Dieser Vorgang ist ungewöhnlich: Der Freiburger Verein Café Palestine hat eine Feststellungsklage gegen die Albert-Ludwigs-Universität eingereicht. Die Vermietung eines Raumes der Uni war dem Verein nach einer Überprüfung nicht gewährt worden. Und so wird denn nun am 3. Mai verhandelt, was am 11. Dezember vergangenen Jahres nicht wie beantragt hatte stattfinden können.
 
Café Palestine hatte für den Abend des 11. Dezember einen Vortrag geplant: Der französische Chirurg Christophe Oberlin von der Faculté Denis Diderot in Paris war eingeladen für einen Vortrag über plastische Chirurgie in Gaza. Der sollte, so der Wunsch der Veranstalter, an der Uni stattfinden. Im Juli 2012 wurde der Antrag an die Verwaltung gestellt. Im September erhielt der Verein eine Absage.
 
Hintergrund: Regierungsdirektor Willaredt habe, so heißt es in einer Presseerklärung von Café Palestine, nach einer inhaltlichen Prüfung mitgeteilt, dass für die geplante Veranstaltung keine Räume an der Uni zur Verfügung gestellt werden können. Café Palestine fasste nach und wollte genaueres zu dieser Prüfung erfahren, in einem Schreiben zwei Wochen später kam die Erklärung: Aus Gründen der Neutralität könne keine Überlassung von universitätseigenen Räumen und Flächen an politische Parteien und Vereinigungen erfolgen.
 
Auf diese Mitteilung hin führte der Verein aus, er sei weder politische Partei noch politische Vereinigung, sondern vielmehr ein eingetragener gemeinnütziger Verein, der sich als Forum für Kultur, Politik und Gesellschaft im Nahen und Mittleren Osten verstehe. Offenbar jedoch recherchierte man von Seiten der Uni weiter. Ein namhafter Historiker, so ist aus dem Umfeld von Café Palestine zu erfahren, unterstützte Walter Willaredt zu ungunsten des Vereins. Der empört sich in der Pressemitteilung: "Durch einseitige "Recherche" einzelner Mitarbeiter der Universität wurden haltlose und diffamierende Unterstellungen gegen Café Palestine und seine ReferentInnen erhoben." Unter anderem wurde dem Verein vorgeworfen, bei den Veranstaltung werde zu Verfassungsbruch und Rechtsbruch aufgerufen.
 
Mit den Unterstellungen sei der Ruf der Veranstalter geschädigt und das Recht auf freie Meinungsäußerung missachtet worden, so der Vorwurf. Im übrigen werde etwa der Deutsch-Israelischen-Gesellschaft regelmäßig ermöglicht, Veranstaltungen in der Uni abzuhalten. Das heißt: "Politische Hintergründe und die sogenannte Neutralität können keine Ausschlusskriterien sein." Die Uni möchte sich zur Sache nicht äußern: Man sei in einem schwebenden Verfahren. Das wird vor dem Verwaltungsgericht verhandelt. Dort hatte man 2010 zu Gunsten von Café Palestine entschieden, als der Verein gegen die Stadt antrat: Damals ging es um das Verbot der "Nakba"-Ausstellung – über Flucht und Vertreibung der Palästinenser. (PK)
 


Online-Flyer Nr. 402  vom 20.04.2013

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