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Aktueller Online-Flyer vom 29. März 2024  

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Aktionsbündnis: „Ihr werdet uns nicht los, wir Euch schon!“
Wieder Demo gegen "Stuttgart 21"
Von Kostas Koufogiorgos und Peter Kleinert

„Sie wollen uns schlicht zeigen, wer der Herr im Haus ist, wer die Herrin in der Bundesrepublik ist“, erklärte Hannes Rockenbauch vom Aktionsbündnis gegen das seit Jahren umstrittene Bahnhofsprojekt "Stuttgart 21" am Samstag vor etwa 8.000 ProjektgegnerInnen auf dem Schlossplatz, die dort für einen sofortigen Baustopp und einen modernisierten Kopfbahnhof demonstrierten. Weil die Bundeskanzlerin sich inzwischen für den Weiterbau und Unterstützung des Bahnkonzerns ausgesprochen hat, bekam sie dafür jetzt die Quittung mit Plakaten wie „Mutti weg!“, „Merkeldämmerung“, und „Angie braucht den Tiefbahnhof wie der Pharao die Pyramide“.

Das Motto der Demo: Merkel - besonders beliebt in Stuttgart
Alle Fotos: Kostas Koufogiorgos
  
Von der Kundgebung sollte eigentlich ein Appell an den Bahn-Aufsichtsrat ausgehen, in seiner Sitzung Anfang März den endgültigen Ausstieg aus dem Projekt zu beschließen. Dieser – so wurde bekannt – erwäge aber nun, die im Dezember bekannt gewordenen Mehrkosten von bis zu 2,3 Milliarden Euro für "Stuttgart 21" bei den "Projektpartnern" Baden-Württemberg und Stuttgart einzuklagen, nachdem sich auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) für das inzwischen bis zu 6,8 Milliarden Euro teure Vorhaben ausgesprochen hat, das ursprünglich "nur" 4,5 Milliarden kosten sollte.


Zitate von Stuttgart 21-Befürwortern
 
Brigitte Dahlbender, Landesvorsitzende vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) warnte die grün-rote Landesregierung, sich - wie von der Bahn gefordert - an den 2,3 Milliarden Mehrkosten für "Stuttgart 21" zu beteiligen. Sollte es bei den Grünen Gedankenspiele geben, dafür die Landeskasse zu öffnen, sei dies ein nicht akzeptabler Dammbruch. Denn: „Die 2,3 Milliarden Euro sind nur die Spitze des Eisbergs.“ Hannes Rockenbauch und Brigitte Dahlbender riefen die BürgerInnen dazu auf, in ihrem Protest nicht nachzulassen. Stuttgart 21 werde sich nicht von allein erledigen. Die wachsende Wut über das Projekt müsse in häufigere und mächtige Demonstrationen umgemünzt werden. „Ihr werdet uns nicht los, wir Euch schon“, rief Rockenbauch.


Wasserwerfer – erinnert an den "schwarzen Donnerstag"
 
Der Politikwissenschaftler, Journalist und Buchautor Franz Alt, der 20 Jahre lang das Politmagazin Report moderiert hatte, plädierte für eine „Bürgerbahn statt Größenwahn“. Statt Milliarden in ein Großprojekt zu stecken, solle die Bahn die Stilllegung von 25.000 Streckenkilometern und 12.000 Bahnhöfen in den letzten Jahren rückgängig machen. Die Bahn müsse die Bedürfnisse der Menschen erkennen; ihnen seien vor allem sichere, pünktliche und preiswerte kurze und mittlere Verbindungen wichtig.


Menschenkette um den S21-Bauzaun mit einem Foto-Transparent der S21-Befürworter
 
Hier ein Zitat aus seiner Rede "Vom Elend der Großprojekte" (1): "Wir alle sind Zeugen des langsamen Sterbens von Großprojekten in Deutschland. Das war so beim Dahinsiechen des Transrapid und das ist so bei Stuttgart 21 und beim neuen Flughafen in Berlin. Warum ist die Bewegung gegen Stuttgart 21 noch immer so machtvoll, dass die Mächtigen Angst vor uns haben? Weil sich hier viele tausend Menschen nachhaltig informiert und zusammengefunden haben. Und weil wir ein Gespür dafür haben, was menschlichem Maß entspricht und was in menschlichen Größenwahn ausartet.


Am Bahnhof vorbei zum gerodeten Schloßgarten
  
Für gigantische Großprojekte werden ganze Landschaften oder Stadtteile platt gemacht. Für gigantische Großprojekte kommt es zu irreparablen ökologischen Schäden, zu einem immensen Energieeinsatz und zu riesigen Schadstoff-Emissionen. Oder es werden unverantwortliche Sicherheitsrisiken wie bei der Atomkraft eingegangen.

Kundgebung auf dem Schloßplatz
 
Wir sind nicht grundsätzlich gegen Großprojekte. Die Energiewende hin zu 100% erneuerbaren Energien ist ein sinnvolles Großprojekt. Aber dieses sinnvolle Großprojekt wird eher von den Bürgerinnen und Bürgern organisiert als von der Regierung oder von den Großkonzernen. Die Minister Altmaier und Rösler bremsen eher als dass sie die Energiewende vorantreiben. Ein weiteres sinnvolles Großprojekt, Frau Merkel und Herr Gruber, wäre zum Beispiel die Renaissance der Flächenbahn in ganz Deutschland. Aber es geschieht das Gegenteil: in den letzten Jahrzehnten sind 25.000 Kilometer Schienen stillgelegt und zwölftausend Bahnhöfe abgerissen worden. Es ist einfach Hybris, wenn eine Großstadt in Mitteleuropa ihre urbane Gepflegtheit mindestens zehn Jahre aufgeben soll – zehn Lebensjahre für eine ganze Generation - nur, damit einige Züge einige Minuten schneller fahren. Freundinnen und Freunde, das ist objektiv Wahnsinn..." (PK)
 
(1) Die ganze Rede von Franz Alt finden Sie auf http://www.sonnenseite.com/
  
Mehr Informationen über "Stuttgart 21" finden Sie unter http://www.bei-abriss-aufstand.de/
 


Online-Flyer Nr. 395  vom 27.02.2013

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