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Aktueller Online-Flyer vom 24. April 2024  

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Kommentar
Berlin bleibt ohne Letztentscheidungsrecht bei den Wasserbetrieben
Trotz Rückkauf der RWE-Anteile
Von Ulrike von Wiesenau

Die 14. Sitzung des Sonderausschusses "Wasserverträge" am 2. November im Abgeordnetenhaus von Berlin galt der Klärung der Frage, ob das Land nach dem Rückkauf der RWE-Anteile seine Position bei den Berliner Wasserbetrieben stärken konnte.

Gerlinde Schermer (rechts) und Ulrike von Wiesenau vom Wassertisch-Untersuchungsausschuss "Klaerwerk" vor dem Berliner Abgeordnetenhaus
Quelle: Berliner Wassertisch
 
Die Gestaltungshoheit bei den Berliner Wasserbetrieben hatten bislang die Konzerne RWE und Veolia, doch SPD und CDU hatten mit der Bestätigung des Rückkaufvertrages im Abgeordnetenhaus einen grösseren Einfluss des Landes in Aussicht gestellt, da der Senat dann auch 50% an der RWE Veolia Berlinwasser Beteiligungsgesellschaft (RVB) halte und anstelle von RWE Partner von Veolia in der Beteiligungsgesellschaft sei. Doch das Letztentscheidungsrecht der öffentlichen Hand beim Berliner Wasser ist auch im neuen Vertrag nicht gewährleistet. Der Senat hat 650 Millionen Euro ausgeben, ohne bei den Wasserbetrieben mehr Einfluss zu gewinnen, das Land hält nun insgesamt 75 Prozent der Anteile, ohne vergleichbaren Einfluss zu haben.
 
Der Verdacht drängt sich auf, dass der Senat gar kein Interesse daran hat, für sich mehr Einfluss durchzusetzen. Staatssekrekretärin Margaretha Sudhof liess im Ausschuss erkennen, dass sich der Senat mit Veolia einvernehmlich einigen möchte und bestätigte damit die Vermutungen des Wassertisch-Untersuchungsausschuss "Klaerwerk", wonach mit Veolia geheime Verhandlungen geführt werden. Eines ist klar: Der Konzern wird mit aller Macht darauf hinwirken, dass der Senat ihm die betriebliche Führung und somit die Gestaltungshoheit bei den Berliner Wasserbetrieben überlässt um seine Profite abzusichern.
 
Es sieht danach aus, dass der Senat allen gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Veolia aus dem Weg gehen wird. In der Sitzung des Sonderausschusses war zu erfahren, dass die neue Beteiligung des Landes in der RVB nicht einmal garantiert, von Veolia angestrengte Schiedsgerichtsverfahren zu blockieren. Die Erfahrungen mit dem Konzern lassen erwarten, dass Veolia das Land Berlin mit diversen millionenschweren Schiedsgerichtsverfahren überziehen wird, um seine Interessen durchzusetzen.
 
Auch die 60 Mio. Euro Entlastung, die den Berliner Wasserkunden in Aussicht gestellt wurden, müssen noch vom Aufsichtsrat bestätigt werden. Dabei sollte die vorübergehende Absenkung der Trinkwasserpreise, die weit hinter den Forderungen des Bundeskartellamts zurückbleibt und die Abwassertarife, die auf den Rechnungen weit mehr ins Gewicht fallen, unangetastet lässt, doch als massgeblicher Erfolg dieser Rekommunalisierung verkauft werden.
 
Doch selbst wenn die Trinkwasserpreise temporär um 15 % gesenkt werden sollten, müssten die Berlinerinnen und Berliner wegen der weiter für Veolia bestehenden Gewinngarantie die Preissenkung über den Gewinnanteil des Senates mitfinanzieren. Diese Gelder aber werden dem Senat im klammen Landeshaushalt fehlen und an anderer Stelle kompensiert werden müssen.
 
Schon jetzt zeichnet sich ab, dass die sogenannte "Rekommunalisierung" die Schieflagen von damals zementiert und um neue ergänzt: Der verfassungswidrige Konsortialvertrag mit Veolia bleibt bestehen, den Berliner Wasserbetrieben wird weiteres Kapital entzogen, die ungleiche Gewinnverteilung zwischen dem Land und den privaten Anteilseignern wird fortgesetzt. RWE wird der Rückzug vergoldet, Veolia wird mit der berüchtigten Gewinngarantie weiterbedient und kann trotz Ausscheidens von RWE weiter die verfassungswidrige betriebliche Führung durchsetzen.
 
Der Berliner Wassertisch stellt fest: Eine juristische Anfechtung der Wasserverträge bleibt unabdingbar, um eine Rekommunalisierung der Berliner Wasserbetriebe zu verwirklichen, die diesen Namen verdient: Es darf keine Verpflichtung zur Gewinnerzielung geben, die demokratische Kontrolle des kommunalen Unternehmens unter Einbeziehung der Bevölkerung muss festgeschrieben werden. In die Änderung des Betriebe-Gesetzes müssen auch die weiter geltenden Verträge einbezogen werden. Denn keine Anfechtung oder Änderung des Gesetzes macht Sinn, wenn nicht gleichzeitig sichergestellt wird, dass die verfassungswidrigen Verträge nicht durch die Hintertür das Gesetz aushebeln.
 
Nichts ist gut beim Berliner Wasser. Doch der Wasser-Volksentscheid hat eine Trendwende im öffentlichen Bewusstsein eingeleitet: Der Glaube an die Leistungskraft privater Investoren ist massiv geschwunden, die Menschen haben erkannt, dass die zentralen Bereiche der Daseinsvorsorge dem Zugriff gewinnmaximierender Konzerne entzogen werden müssen und in Bürgerhand gehören. (PK)


Online-Flyer Nr. 379  vom 07.11.2012

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