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Lokales
Alfred Neven DuMont will es noch mal allen zeigen.
Was wird aus der "Frankfurter Rundschau"?
Von Franz Kersjes

Die "Frankfurter Rundschau" (FR) hat den Besitzer gewechselt. Da stellen sich Fragen: Wie wird der künftige Kurs des bislang links-liberalen Blattes sein? Und wie sieht die Zukunft der Beschäftigten aus?

Die Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg (MDS) hat von der SPD-Medienholding, der Deutschen Druck- und Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg (DDVG), 50 Prozent der Anteile und eine Stimme an der Druck- und Verlagshaus Frankfurt am Main GmbH erworben. Der Kaufpreis soll mindestens 35 Millionen Euro betragen. Damit ist MDS neue Mehrheitseignerin und Stimmführerin der "Frankfurter Rundschau". Die DDVG hält noch 40 Prozent der Anteile, die Karl-Gerold-Stiftung 10 Prozent. Die Genehmigung des Bundeskartellamts zum Anteilskauf soll voraussichtlich im September erfolgen.

Die DDVG, die vor zwei Jahren 90 Prozent der von der Pleite bedrohten FR gekauft hatte, und MDS wollen künftig vor allem sparen. In einer gemeinsamen Erklärung wird unter anderem betont, "dass weitere Maßnahmen zur Kostensenkung in Frankfurt ergriffen werden müssen, um die Grundlage für den weiteren Bestand und künftigen publizistischen Erfolg des angesehenen Traditionsblattes zu sichern".

Heinz Kiegeland, Sprecher der Geschäftsführung der Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg in Köln, sagt dazu in einem Interview: "Zwischen den Partnern wurden gemeinsame Kostenziele und -potentiale festgelegt, die wir momentan nicht weiter kommentieren wollen." Das kann nur bedeuten, dass besonders die Beschäftigten der Druckerei in Neu Isenburg weitere Opfer bringen sollen, damit die Renditeerwartungen erfüllt werden. Im Kaufvertrag mit der DDVG soll bereits eine Summe fixiert worden sein, die erreicht werden müsse. In dem Druck- und Verlagshaus wurden im Jahr 2002 noch knapp 1.700 Frauen und Männer beschäftigt. Mit den bereits vollzogenen Sanierungsmaßnahmen waren viele Entlassungen verbunden, wodurch die Zahl der Beschäftigten auf heute gut 730 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter reduziert wurde.

Der Medienforscher Horst Röper wertet den Eigentümerwechsel bei der "Frankfurter Rundschau" als weiteren Schritt zur Konzentration publizistischer Macht in Deutschland. Das Kölner Verlagshaus DuMont Schauberg werde mit der Übernahme der Mehrheit an der FR in der Hitparade der großen Verlage weiter aufsteigen, sagte Röper in einem Interview mit dem Deutschlandradio. "Die publizistische Macht dieser großen Verlagsgruppen in der Bundesrepublik ist schon beträchtlich, und man muss halt fürchten, dass sie weiter wächst." Zu den Folgen einer weiteren Pressekonzentration meint Röper: "Gerade dem Verleger DuMont, Alfred Neven DuMont, ist ja immer wieder vorgeworfen worden, dass er zwar auf der einen Seite viel für seine Redaktion tut, das heißt in Besonderheit, er zahlt ganz gut, auf der anderen Seite aber auch ständig in die Redaktion hineinregiert und Einfluss nimmt, auf die Aussagen in der Zeitung. Je mehr Zeitungen ihm gehören, desto mehr muss man befürchten, dass er eben Einfluss nimmt auf solche Aussagen. Und wir Zeitungsleser werden abhängiger von den Entscheidungen Einzelner, wirklich Einzelner, weil das Heer, das es einmal gegeben hat, von Verlegern, so ja nicht mehr steht, die Vielfalt also gefährdet ist."

Franz Kersjes im Jahr 2003 vor dem Amerikahaus in Köln
Franz Kersjes im Jahr 2003 vor dem Amerikahaus in Köln
Foto: Arbeiterfotografie


Die Präambel der Stiftungsverfassung der Karl-Gerold-Stiftung ist Bestandteil des Gesellschaftsvertrages. Darin heißt es, nach dem Willen des Stifters Karl Gerold solle die "Frankfurter Rundschau"  "sein und bleiben eine unabhängige, politisch engagierte, links-liberale Tageszeitung, verpflichtet dem Geist des Grundgesetzes und den Menschenrechten und ständig eintretend für das unbedingte Prinzip der Demokratie und für die soziale Gerechtigkeit". Das dürfte mit Alfred Neven DuMont schwierig werden. Der selbstgefällige Herrscher über sein Medienimperium in Köln und Halle hat ein enormes Geltungsbedürfnis mit der Folge, das er sich selbst grundsätzlich für den wichtigsten Entscheidungsträger hält. Der Ex-Karnevalsprinz, Ehrenpräsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger, ehemalige Präsident der Kölner Industrie- und Handelskammer, Ehrenbürger der Stadt Köln und einflussreiche Patron in der rheinischen Metropole wird Vorsitzender eines Herausgeberrates für die "Frankfurter Rundschau". Die Betroffenen werden sich noch wundern. Alfred Neven DuMont duldet Widerspruch selten.

Die zuständige Gewerkschaft ver.di fordert Garantien für die redaktionelle Unabhängigkeit und für die Arbeitsplätze in Verlag und Druckerei. Vom neuen Mehrheitsgesellschafter werden klare Zusagen über den Erhalt des Verlags- und Druckstandortes Frankfurt in einem einheitlichen Betrieb und die Einhaltung der mit ver.di abgeschlossenen Haustarifverträge verlangt. Ende 2006 laufen die Sanierungstarifverträge aus, die den Verzicht auf  Sondervergütungen wie das 13. Monatsgehalt einschließen. Dazu gibt es keine Alternativen, heißt es im Verlag. "Wir müssen auf der Kostenseite noch sehr viel tun", sagte Heinz Kiegeland der "Financial Times Deutschland".   

Es bleibt die Frage, warum sich Alfred Neven DuMont bei der "Frankfurter Rundschau" überhaupt engagiert. Wahrscheinlich wollte er sich noch einmal beweisen, dass er mit 79 Jahren unter den Zeitungsfürsten der wichtigste, der größte und einer der mächtigsten ist. Er will es noch mal allen zeigen. Und selbstverständlich erwartet er Dankbarkeit und Verehrung.
                                                                                                                     

Unser Autor Franz Kersjes war bis zu seiner Pensionierung Landesvorsitzender der IG Medien in NRW und macht seit zwei Jahren die "Welt der Arbeit" online.
 
Externer Link: "Welt der Arbeit" online

Online-Flyer Nr. 54  vom 25.07.2006

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