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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Aktuelles
Kölner BürgerInnen protestieren gegen Hubschrauberlandeplatz in der Stadt
Samstag Widerstand auf dem KALKBERG
Von Peter Kleinert und Boris Sieverts

Gegen die umstrittene Entscheidung des Kölner Rates vom 20. Dezember, auf dem in der Bevölkerung beliebten Aussichtsplatz KALKBERG, einem Deponieberg der ehemaligen Chemischen Fabrik Kalk, demnächst eine über den angrenzenden Stadtteilen Lärm verbreitende Rettungshubschrau-berstation einzurichten, wird dort am kommenden Samstag, 14. Januar, ab 15 Uhr eine Protestkundgebung stattfinden. Treffpunkt und Zugang zum KALKBERG befinden sich an der Kalk-Mülheimer Straße/Ecke Istanbulstraße unter der Stadtautobahn. - Kölns Stadtdirektor Kahlen hat wegen seiner Haltung zu diesem Plan bereits einen Offenen Brief erhalten, den wir hier auch veröffentlichen.

Im Aufruf zu der Kundgebung heißt es, es werde sich am Samstag auf dem KALKBERG eine größere Menschenmenge versammeln, um gegen die Entscheidung des Stadtrates "zu protestieren, ein weithin sichtbares Zeichen zu hinterlassen und weitere publikumswirksame Schritte zu beraten." Geplant sei "unter anderem eine improvisierte, aber stetige Bespielung des Berges als Freizeitort mit Aussichtsplattform, Theaterbühne, großer Tafelrunde, Sport- und Spielangeboten sowie einem großen KALKBERG-Schriftzug in weißen Lettern ähnlich denen des Hollywood-Schriftzugs bei Los Angeles". In den betroffenen Stadtteilen Kalk und Buchforst sowie auch "in einer weiten Stadtöffentlichkeit, die sich für transparente und nachvollziehbare Entscheidungsfindungen in der Kölner Politik einsetzt, regt sich Widerstand dagegen, die Hubschrauberstation tatsächlich auf diesem tollen Aussichtspunkt inmitten eines dichten Wohngebietes zu platzieren. Als industrielles Monument, seltener Freiraum in einem extrem verdichteten Wohnumfeld und Aussichtpunkt von strategisch unübertrefflicher Lage" sei der Kalkberg für das rechtsrheinische Köln "ein Ort von zentraler symbolischer und realer Bedeutung".
 
Offener Brief an Stadtdirektor Kahlen

Sehr geehrter Herr Kahlen, 
ich war am 28. November bei der Bürgerinformationsveranstaltung zur geplanten Hubschrauberstation auf dem Kalkberg anwesend. Ich kenne und schätze den Kalkberg als großartigen Aussichtspunkt über das rechtsrheinische Köln. Da ich kein Anwohner bin, hatte ich mich bis dahin mit dem Lärmargument wenig befaßt, sondern war in erster Linie besorgt über den Verlust dieses bedeutenden und im weiten Umkreis einmaligen Landschaftselements für die Öffentlichkeit. Diese Bedenken konnten Sie nicht zerstreuen, als Sie darauf hinwiesen, daß Hubschrauberstation und Aussichtsplattform sich nicht ausschließen würden, zugleich aber deutlich machten, daß eine Aussichtsplattform unter diesen Umständen nur noch auf halber Höhe des Berges plaziert werden könnte.
Da der Kalkberg mit seiner bescheidenen Höhe eher einen Hügel als einen Berg darstellt und der Überblicksmoment erst auf seinem Gipfel durch die relative Höhe als höchster Ort im mittleren Umfeld zustande kommt, ist die Problematik eines großen landschaftlichen Verlustes, mit dem die Hubschrauberstation erkauft werden soll, mit dem Hinweis auf eine Plattform auf halber Höhe - auf der man dann schon fast auf Augenhöhe mit der Autobahn stünde - nicht aus der Welt geschafft. Sinn macht dieser Hinweis auf Gleichzeitigkeit von Hubschrauberstation und Aussichtspunkt nur, wenn Sie dem Aussichtspunkt den höchsten Punkt des Hügels sichern würden, aber dieser soll, nach Ihren Plänen, eingezäunt und der Sicherheitszone der Hubschrauberstation zugeschlagen werden.
Was mich aber wirklich entsetzt hat an jenem Abend in Buchheim war die offensichtliche Ignoranz gegenüber der Buchforster und der Kalker Bevölkerung, mit der Sie diesen Standort favorisieren und ihn durchzusetzen gedenken. Man muß sich den Ablauf der Ereignisse noch einmal deutlich vor Augen führen: Sie (als Vertreter der Stadt Köln) geben eine funktionierende Hubschrauberstation ohne Not auf (es sei denn man betrachtet den Wunsch eines Wohnungsbauunternehmens, das nebenan bauen möchte, als Not), prüfen anschließend über 20 Standorte anhand einer Punkteliste, die als Annäherung bestimmt nützlich ist aber natürlich kein stadtplanerisches, bürgerschaftliches und technisches Abwägen ersetzen kann und beantragen anschließend für den „Gewinner“ dieser Punkteliste als einzigen Standort eine Genehmigung um später, wenn dieser Standort strittig wird, darauf zu verweisen, daß man nun keine andere Wahl mehr habe, da sonst das ganze Genehmigungsverfahren von vorne beginnen müsse! Da soll noch jemand an eine Vorbehaltlose Prüfung der Standorte glauben?
Auf Ihrer Liste finde ich eine ganze Reihe Standorte, deren bessere Eignung Sie nur mit schwachen Argumenten bestreiten konnten. Da wären allen voran die Messedächer, deren immense Parkflächen über 90 Prozent des Jahres nur teilweise oder gar nicht genutzt sind. Sie liegen noch zentraler als der Kalkberg, sind über eigene Auf- und Abfahrtsrampen zur Stadtautobahn ebenso wie an das Stadtstraßennetz verkehrlich besser angebunden als dieser, bieten einen gefällefreien und zugleich ebenfalls erhöhten Standort und grenzen in einem Radius von 600m an keinerlei Wohnbebauung. Dass die Messe dieses Anliegen nicht freiwillig und mit offenen Armen empfangen würde, konnte man sich denken, nach allem, wie sie sich bisher als städtischer Akteur verhält. Eine Ablehnung durch die Messe unter so fadenscheinigen Argumenten wie Platzmangel (auf den Messedächern stehen 13 Hektar zur Verfügung, die Hubschrauberstation braucht nicht mal einen Hektar) und Statik (da kann man ja nur lachen: Auf die Gebäudedächer fahren tonnenschwere LKWs!) kann ja wohl nicht ernsthaft ein KO-Argument sein. Schließlich ist die Stadt Köln Eigentümerin der Messe und könnte hier ihren Einfluß geltend machen. Daß ein städtisches Unternehmen in zentraler Lage sich dauerhaft und häufig ohne Not jeglicher gesamtstädtischer Verantwortung entzieht als läge es irgendwo auf der grünen Wiese, ist unerträglich und macht „ihre“ Messe immer mehr Kölnern, besonders jenen von der rechten Rheinseite, zu einem feindlichen Areal. Wenn die Messe in dieser Lage bleiben will, muß sie sich doppelt kodieren lassen!
Aber wenn man, so wie Sie Herr Kahlen, offenbar von Anfang an auf einen Standort eingeschossen ist, freut man sich über solche Absagen womöglich sogar. Das gleiche gilt vermutlich für die Absage vom Flughafen, die zwar einen endgültigen Standort ausschließt, aber ihnen durchaus Zeit für einen längeren Übergang gewähren würde - eine Frist, die Sie auf der Informationsveranstaltung verschwiegen haben.
Aber vielleicht waren Sie auch gar nicht voreingenommen, sondern sind lediglich den Weg des geringsten Widerstands gegangen und vermuteten diesen auf einem Müllberg inmitten eines sozial schwachen Wohngebiets.
Ob Sie nun sachlich voreingenommen waren oder den Weg des vermeintlich geringsten Widerstands wählten: Ihre Argumente auf der Informationsveranstaltung gegen einige alternative Standorte zum Kalkberg konnten nicht überzeugen. Sie waren in mehreren Fällen kaum belastbarer als diejenigen der Messe und nahmen sich gegen die zusätzliche Lärmbelastung eines der am dichtesten bebauten und bereits heute einen Spitzenplatz in der Lärmbelastung einnehmenden Areale der Stadt teilweise ziemlich lächerlich und papieren aus.
Ich kannte Sie bis dahin nicht, Herr Kahlen. Vielleicht sind Sie ja sonst ein verantwortungsbewußter Stadtdirektor, der zum Wohle der Bürger seiner Stadt handelt und bemüht ist, Schaden bestmöglich von ihnen abzuwenden. Ich bin auch gar kein grundsätzlicher Feind von Lärm emittierenden Einrichtungen wie Autobahnen, Flughäfen oder Fabriken, auch nicht in der Stadt. Aber hier bekomme ich wirklich den Eindruck, daß Sie die ärmsten und einflußschwächsten Bürger dieser Stadt für ein Butterbrot verkauft haben. Wenn Sie den Weg des geringsten Widerstands bevorzugen, wird denjenigen, die für eine der zahlreichen besseren Lösungen sind, nichts anderes übrig bleiben, als den Widerstand zu erhöhen.
Mit freundlichem Gruß,
Boris Sieverts,
Büro für Städtereisen
Pellenzstr. 6
50823 Köln
borissieverts@gmx.de
tel. 01714160572
 
Die NRhZ hat über die umstrittenen Pläne der Stadtverwaltung und der Mehrheit im Stadtrat bereits zweimal berichtet: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17243, http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=13397


Online-Flyer Nr. 336  vom 11.01.2012

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