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Inland
Ministerin Bauer (Grüne) lud KIT Karlsruhe-Mitarbeiter ins Audimax
Distanzierung von Wahlversprechen
Von Dr. Dietrich Schulze

Die Grünen-Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kunst Theresia Bauer hatte zum 20. Dezember die Beschäftigten und Studierenden des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) zu einem Gespräch über die Weiterentwicklung des KIT-Gesetzes ins Audimax der Universität Karlsruhe eingeladen. Nur ca. 200 der 8.000 Beschäftigten und 50 der 20.000 Studierenden folgten ihrer Einladung. KIT soll unter dem Motto von "Autonomie und Exzellenz" in ein Privatunternehmen mit öffentlicher Finanzierung umgewandelt werden. Mit wirtschaftsdominiertem Aufsichtsrat, weitgehend mitbestimmungsfreier Organisationsstruktur und massenhaft befristeten Beschäftigungs-verhältnissen.

Aufkleber der Gewerkschaftlichen Studierendengruppe zur Urabstimmung zum Thema Zivilklausel an der Uni Karlsruhe im Januar 2009
NRhZ-Archiv
 
Das bedeutet nichts anderes als eine für freie Forschung und Lehre völlig unverträgliche Kombination von erstickender Bürokratie nach Innen und verringerter staatlicher Verantwortung nach Außen. In einem zu Beginn der Versammlung verteilten Flugblatt stellte die Initiative gegen Militärforschung an Universitäten unter dem Titel „Wessen Freiheit wofür?“ eine Reihe von Fragen an die baden-württembergische Ministerin und an die KIT-Leitung zu der oben geschilderten Entwicklung, insbesondere zur Zivilklausel.
 
Wie bereits in einer Presse-Erklärung der Initiative Ende September kritisiert, setzt die Ministerin immer mehr die verfehlte Schul- und Hochschulpolitik ihrer abgewählten konservativen Vorgänger fort und bricht damit Wahlversprechen. Obwohl Frau Bauer namens der Landtagsfraktionen Bündnis 90/Grüne und SPD im Juni 2009 für das KIT-Errichtungsgesetz entsprechend dem Urabstimmungsvotum der Studierenden die Aufnahme der Zivilklausel „Das KIT verfolgt im Rahmen seiner Aufgaben ausschließlich friedliche Zwecke“ beantragt hatte, will sie jetzt in Regierungsverantwortung nichts mehr davon wissen. Obwohl es entsprechende Wahlaussagen beider Regierungsfraktionen gibt und sie die Zivilklausel-Forderung kurz vor der Landtagswahl persönlich unterschrieben hatte, ebenso Winfried Kretschmann und Nils Schmid.
 
Wie zu hören war, spielte die Ministerin auf kritische Nachfragen in der Versammlung den "Guttenberg“. Sie könne heute gar nicht mehr verstehen, wie sie damals einen solchen Antrag unterstützen konnte. Ähnlich wie Ministerpräsident Kretschmann beim Bürgerdialog im Karlsruher Rathaus begründete sie ihre geänderte Position mit der Wissenschaftsfreiheit des Grundgesetzes, inzwischen sollen auch laut Grün-Rosa offenbar die Hochschulen für die Bundeswehr forschen.
 
Die Ablehnung der Zivilklausel aus Verfassungsgründen war bereits im Februar 2009 durch ein Gutachten von Erhard Denninger widerlegt worden. Die Studierendenvertretung UStA, die zuständigen Gewerkschaften ver.di und GEW und besorgte ParteifreundInnen bleiben bei der berechtigten Forderung nach der Zivilklausel, die für den Großforschungsteil weiter gültig ist, und offensichtlich mit dem Grundgesetz übereinstimmt.
 
 
Flugblatt der Initiative gegen Militärforschung an Universitäten
 
Wessen Freiheit wofür?
-          Freiheit für Ministerin Bauer, den Positionen vor der Landtagswahl z.B. zur Zivilklausel entgegen zu handeln?
-          Freiheit für den KIT-Vorstand, mittels autoritärer Strukturen den Interessen von Großindustrie und Militär z.B. für Drohnenkriege dienstbar zu sein?
-          Freiheit von öffentlicher Verantwortung, die Privatisierung mit staatlicher Unterfinanzierung, Zeitverträgen und morgen mit betriebsbedingten Kündigungen durchzusetzen?
-          Freiheit für KIT-Vorstand und Ministerium, Forschung für Atomreaktoren der 4. Generation entgegen der Energiewende fortzusetzen?
Wir sagen NEIN!
-          Freiheit der Beschäftigten und Studierenden, für ausschließlich friedliche Zwecke im Interesse der Allgemeinheit forschen, lehren, arbeiten und lernen zu dürfen?
Wir sagen JA! (1)
 
Frühere NRhZ-Artikel mit Bezug zu KIT

14.12. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17278
30.11. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17214
04.11. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17132
19.10. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17052
31.09. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=17002
31.08. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16885
03.08. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16794
25.05. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16547
18.05. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16511
04.05. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16473
22.04. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16452
13.04. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16399
30.03. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16350
23.03. http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16333
(PK)
 
(1) http://www.stattweb.de/files/civil/Doku20111220.pdf
 
 
Dr.-Ing. Dietrich Schulze, gehört zum Beirat der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative „Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit“.
dietrich.schulze@gmx.de
mobil 0160 9911 3131


Online-Flyer Nr. 334  vom 28.12.2011

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