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Aktueller Online-Flyer vom 19. April 2024  

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Arbeit und Soziales
Keine Mehrheit bei ver.di für eine gesetzliche Regelung der Friedenspflicht!
DGB/BDA-Initiative durchgefallen
Von Peter Kleinert

Der Gewerkschaftsrat der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) hat in seiner Sitzung am Mittwoch vor einer Woche beschlossen, die gemeinsame "Tarifeinheitsinitiative" des DGB und der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) nicht länger mitzutragen und zu unterstützen. Noch im September 2010 hatte der Gewerkschaftsrat beschlossen, dass die gemeinsame DGB/BDA-Initiative bei sorgfältiger Abwägung der Vor- und Nachteile zum Gegenstand einer breiten Diskussion in ver.di gemacht werden solle.
 

Jetzt ein langes Gesicht? –
Arbeitgeberverbandspräsident Dr.
Dieter Hundt
NRhZ-Archiv
Mittlerweile liegen die im Vorfeld des ver.di-Bundeskongresses erfolgten Beschlussfassungen der Landesbezirks-, der Fachbereichs- und der Personengruppenkonferenzen vor. Danach lehnt eine Mehrheit der Delegierten erkennbar jede gesetzliche Regelung der Friedenspflicht - und zwar auch eine, die in Fällen sich überschneidender Tarifverträge verschiedener Gewerkschaften die Tarifeinheit auf dem Boden des Mehrheitsprinzips herstellen würde - grundsätzlich ab.
 
Der Gewerkschaftsrat bekräftigte zugleich, dass der Grundsatz der Tarifeinheit für ver.di seinen hohen Stellenwert für die Gewährleistung einer solidarischen und einheitlichen Interessenvertretung aller Beschäftigten in den Betrieben und Dienststellen behält. Tarifeinheit begrenze die Konkurrenz, sichere die Durchsetzungsfähigkeit der Belegschaften und fördere die gesellschaftliche Akzeptanz der Tarifautonomie. "Eine fortschreitende tarifliche Zersplitterung wäre fatal, weil den Schwächeren die Solidarität der Stärkeren verweigert würde. Grundsatz der Tarifpolitik muss die einheitliche Vertretung aller Beschäftigten im Betrieb sein", betonte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske.
 
Wie vom Gewerkschaftsrat beschlossen, werde daher die Diskussion fortgeführt, "...welche organisations-, betriebs- und tarifpolitischen Handlungsoptionen zu einer Herstellung beziehungsweise Sicherung der Tarifeinheit in den Branchen und Betrieben bestehen, in denen konkurrierende Berufsgruppengewerkschaften eigenständige Tarifverträge abschließen, beziehungsweise in denen eine entsprechende Entwicklung zukünftig droht", so Bsirske.
 
ver.di wird nun für die nächste DGB-Bundesvorstandssitzung einen entsprechenden Antrag einbringen, mit dem der DGB-Bundesvorstand aufgefordert wird, ebenfalls eine gesetzliche Regelung der Tarifeinheit nicht mehr anzustreben.
 
Bereits am 4. Mai hatte die NRhZ unter der Überschrift "Gewerkschaftsführer wollen Streikverbote per Gesetz - Hände weg vom Streikrecht!" darüber berichtet (1), dass die Führungen des Deutschen Gewerkschaftsbundes, von ver.di, der Industriegewerkschaft Metall und der IG Bergbau, Chemie, Energie die Regierung "Hand in Hand mit der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)" durch die von ihnen so genannte „Ausweitung der Friedenspflicht“ verhindern wollten, "dass in einem Betrieb konkurrierende Tarifverträge gelten". Da aber der den Fakten entsprechende Begriff "Streikverbot“ für dieses Ziel so hässlich klinge, hätten sie lieber "semantisch freundlich" für eine für „Ausweitung der Friedenspflicht“ plädiert.
 
Über diesen geplanten verfassungswidrigen Eingriff in Koalitionsfreiheit und Tarifautonomie empörten sich nicht nur engagierte Gewerkschaftsmitglieder, sondern auch der Verfassungs- und Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler. Arbeitgeberverbandpräsident Dieter Hundt hingegen hatte zu dieser Diskussion erklärt, er befürchte „englische Verhältnisse mit ausufernden Arbeitskämpfen", wenn die von ihm unterstützte Tarifeinheitsinitiative nicht durch käme. Und DGB-Chef Michael Sommer hatte „Krisen und Chaos“ an der „Tariffront“ für diesen Fall vorausgesagt. (PK)
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16469


Online-Flyer Nr. 304  vom 01.06.2011

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