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Lokales
Grundrechtekomitee zum Neven DuMont-Prozeß gegen die NRhZ
"Opportunismus nicht überwunden"
Von Wolf Dieter Narr

"In Sachen Neven DuMont und andere - Über die Ahnungslosigkeit und Unfähigkeit von Gerichten über historische Sachverhalte angemessen zu urteilen" und "Über die anhaltende politisch moralische Indolenz des Alfred Neven DuMont" - Diese Sätze hat das Komitee für Grundrechte und Demokratie einem Text vorangestellt, in dem Professor Wolf Dieter Narr das Kölner Landgerichtsurteil (siehe NRhZ 45) gegen die NRhZ-Mitarbeiter Albrecht Kieser und Peter Kleinert kommentiert. Die Redaktion.

Das uns nur in wesentlichen Auszügen zugängliche Urteil stellt von niemand bestritten fest, dass sich die Familie Neven DuMont zwischen 1938 und 1941 von deutschen Juden zwangsweise aufgegebene Grundstücke naziwohlfeil zu eigen gemacht hat. Kieser u.a. haben Familie und Verlag Neven DuMont vorgehalten, von der Enteignung deutscher Juden profitiert zu haben. Der Klage der in Vergangenheit und Gegenwart reichen und bereicherten Familie und ihres Verlags, die die Feststellung ihrer opportunistischen Bereicherung vor bald 70 Jahren nicht auf sich ruhen lassen wollten, hat das Kölner Landgericht nun stattgegeben. Die unbestrittenen Sachverhalte, sprich die zeitgünstigen Grundstücksschnäppchen bleiben davon unberührt.

Alfred Neven-DuMont - will nicht wahrhaben
Foto: NRhZ-Archiv


Karikatur: Kostas Koufogiorgos
Karikatur: Kostas Koufogiorgos
www.koufogiorgos.de


Das Urteil des Landgerichts zu Köln demonstriert schlaglichtartig folgende, unverändert bedrückende Sachverhalte:

1. Die meisten bundesdeutschen Gerichte waren und sind offenkundig nicht in der Lage, historische Sachverhalte, insbesondere solche, die sich "braun, geradezu tiefbraun" (K. Adenauer) zwischen 1933 und 1945 zugetragen haben, irgend angemessen juristisch zu beurteilen. Dass dem so ist, hängt zum Teil mit der in vielerlei Hinsicht unveränderten Rechtslage zusammen. Dass dem so ist, hat jedoch auch damit zu tun, dass bundesdeutsche Gerichte und ihre Richter in ihrer herrschenden Mehrheit verengt rechtspositivistisch historische Sachverhalte, hier die nazistischer Herrschaft, sträflich missachten. Darum ist ihre Rechtssprechung bar zureichender tatbestandlicher Fundamente.

2. Verlag und Familie Neven DuMont wollen offenkundig wie die meisten Bundesdeutschen nicht wahrhaben, die nach 1945 kräftig kaum unterbrochene Karrieren gemacht und alte Reichtümer durch neue ergänzt haben, dass sie wie andere im fast allumfassenden Kontext der Banalität des Bösen gelebt haben. Davon haben sie und andere gewollt/ungewollt,
bewusst/unbewusst profitiert, wenn sie sich nicht vom gesamten herrschenden nazistischen Kontext in ihrem Verhalten distanzierten.

3. Indem Verlag und Familie ihre vergangene Mitläuferschaft, die für sie und viele andere in diverser Weise profitabel gewesen ist (s. neuerdings Götz Alys Untersuchung zu "Hitlers Volksstaat"), heute noch verleugnen und sich gerichtlich weißwaschen lassen wollen, belegen sie nur, dass sie ihren jeweils machtgestützten Opportunismus nicht überwunden haben. Denkmale lassen sich leicht bauen. Entscheidend aber wären Lernprozesse in der Gegenwart. Diese fehlen.

Dr. Wolf  Dieter Narr ist Politikwissenschaftler an der FU Berlin, Vorsitzender des Berliner Instituts für Bürgerrechte und öffentliche Sicherheit und Mitbegründer des Komitees für Grundrechte und Demokratie, Aquinostr. 7 - 11, 50670 Köln, Tel.: 0221 - 97269 -30, Fax: - 31, info@grundrechtekomitee.de, www.grundrechtekomitee.de

Zum Thema "Arisierung" können Sie in dieser NRhZ-Ausgabe auch den Film "Der Jude - Eigentumsfragen in Teltow nach der Wiedervereinigung" herunterladen.




Online-Flyer Nr. 48  vom 14.06.2006

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