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Aktueller Online-Flyer vom 16. April 2024  

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Im artclub Köln
„JETZT - Performance-s-pur“
Von Carola Willbrand

Neue PerformanceAktivitäten in Köln erscheinen seit Ende letzten Jahres!
Unter dem Namen ‚PAErsche’ stellt sich eine regelmäßige Veranstaltung zur Performance-Kunst im Orangerie-Theater im Volksgarten Köln vor. PAErsche ist Arbeitstitel des Aktions-Labor NRW www.paersche.org. Der nächste Performanceabend wird dort am 10. Mai um 20.30 Uhr stattfinden. PerformanceKünstlerInnen, die sich beteiligen möchten, können ab 18 Uhr kommen und auch den Abend mitgestalten. Es soll eine Plattform sein, die allen, die Performances machen, offen stehen soll und die Möglichkeit bieten soll, sich und ihre Arbeit zu präsentieren.

Der artclub war ‚gerappelt’ voll. Auch vor dem Schaufenster tummelten sich die Zuschauer. Ich kam etwas später und sah von der ersten Performerin, Marita Bullmann, fast nichts. So dass ich mir erlaube, Parzivals Beschreibung zu zitieren: „Marita Bullmann zog sich auf der Schaufensterbühne bis auf die Unterwäsche aus. Unter einem mit Wasser gefüllten und an der Decke befestigten Luftballon blies sie einen weiteren Luftballon auf bis dieser laut platzte. Zeitgleich platzte der über ihr schwebende Wasserballon und durchnässte sie.“ (Parzival) Ich persönlich kann dazu vermerken, dass dieser Ballonzipfel mit einem ausgedünnten Ballonrestteil den ganzen Abend über der Schaufensterbühne hängen blieb und die anderen Performances begleitete, die dort stattfanden.

Petra Deus stellte zwischen den einzelnen Darbietungen kurz die PerformerInnen vor. Nach Marita Bullmann erschienen auf der Schaufensterbühne Inge Broska und Gerda Nettesheim. Immer wieder arbeiten diese beiden Künstlerinnen zusammen in eigenartig surrealistischen Klangperformances. Die Holzbildhauerin Gerda Nettesheim holt aus ihren Skulpturen mittels Schlaginstrumenten den Klang oder auch manchmal Lärm. Gerda Nettesheim drehte im Takt eine überdimensionierte Nudelrolle, die in einem Holzständer hing zur Musik von Johann Strauss. Ab und zu kam auch eine alte Metallwanne, die sie mit einer Säge bearbeitet, zum Einsatz. Inge Broska tanzte wild Walzer im Arm einen Strauss Rosen, dessen  Blüten durch den Raum flogen und einen wunderbaren Duft hinterließen. Nach gymnastischen Übungen auf dem Boden, tanzte Inge Broska wieder Walzer, aber diesmal mit einem herzigen Kuscheltier im Arm. Ein rührendes sehnsuchtsvolles aber auch kurioses Schmunzelbild!


Inge Broska tanzt und Gerda Nettesheim schlägt Geräusch
Foto: Carola Willbrand

Parzival blies im zweiten Raum des artclub eine Meterlange Plastiktüten-Skulptur auf mit einem alten Staubsauger-Gebläse. Dieser ‚Virus’ – wie Parzival erklärte – schlängelte sich immer größer werdend fröhlich über die Köpfe hinweg bis er Luftlos zusammensackte.


Parzival erklärt seinen Virus | Foto: Carola Willbrand

Ruth Knecht legte ihren Schatten aus; ausgeschnitten aus hellgrauem Samtstoff auf dem sie kleine Knochen verteilte. Säuberlich rollte sie Stoff und Knochen ein, packte alles zusammen und verschwand wieder.


Ruth Knecht mit ihrem Schatten | Foto: Carola Willbrand

Boris Nieslony liess im ersten Raum  einen kleinen Gummiball einmal aufspringen, verschwand dann durch die rechte Türöffnung in den zweiten Raum um nach einer Minute aus der linken Türöffnung zu treten und zu sagen: "Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit".


Boris Nieslony ‚tischt’ | Foto: Carola Willbrand

Ralf Vormbusch streute mit Sand "DEUTSCHLAND IM KRIEG" mit Jahreszahlen auf den Boden des zweiten, mittleren Raumes. Er entzündete Weihrauch und kehrte die Sand-Worte in Form eines Rechtecks zusammen. Es wirkte wie ein Grab. Eine rote Grabeskerze stellte er auf und kniete, umhüllt von Weihrauch-Schwaden nieder. Der Geruch und der Staub nahm einem fast den Atem wie diese ernsthafte Gedenkhandlung!


Ralf Vormusch und sein Sandbild | Foto: Carola Willbrand

Draußen gegenüber dem artclub, vor dem Eingang der Alte Feuerwache streute Karin Griessbauer das Motto des Abends, die Worte "JETZT" auf den Boden. Jetzt markierte den Beginn eines neuen Performanceteils. Denn Mehrere begannen gleichzeitig zu agieren. Mark Met las Texte in Niederländisch und Deutsch vor; Petra Deus agierte mit  Karin Griessbauer und Elke Mark tauchte wie eine ‚verkehrtes’ Rotkäppchen in einem kleinen weißen Gummiregenmäntelchen auf.


Mark Met liest vor, das‚Weißkäppchen’ Elke Mark erscheint hinter seiner rechten Schulter, während Petra Deus (rechts) und Karin Griessbauer in Taubstummensprache‚ sich unterhalten’.
Foto: Carola Willbrand

Karin Meiner hielt einen kleinen Monitor mit einem Film der Marx-Brothers. Sie stand ganz unauffällig ‚dabei’, neben dem Publikum, auf die Agierenden blickend. Auch ging sie vor die Tür und blickte durch das Schaufenster. Diese Bilder zusammen gaben die Vorstellung eins ‚verrückten’ Theaters, in dem Sinne, dass sich die Wahrnehmung ‚ver-rückt’, verschiebt. In meinem Kopf tummelten sich plötzlich die unterschiedlichsten Bilder eines absurden Theaters – „warten auf Godot“ von Beckett; „Die Stühle“ von Eugène Ionesco. (und „Die kahle Sängerin“ ….und…), und (Kinder)Märchen und ….Zwar machte jede Person ihr Ding, aber im Kopf (jedenfalls bei mir) entwickelten sich durch das Zusammenspiel eine eigene kleine Geschichte.


Mark Met rezitierte aus seinen niederländischen Briefen an eine vielleicht fiktive Person, während rechts neben ihm ‚Weißkäppchen’ ohne Arme stand und im Hintergrund an die Wand gelehnt Karin Meiner ihren Marx-Brothers-Monitor hielt.

Petra Deus stand plötzlich links neben Mark Met, an dem Ausschnitt des Kleides hing ein Kleiderbügel, in ihrer Hand eine Schneekugel, aus der sie zu ‚weissagen’ schien.


Foto: Carola Willbrand

Karin Griessbauer las einen Text von einer Folie ab, die auf dem Boden lag. Mark Mets Stimme wurde immer energischer, lauter; er begann zu gestikulieren. Elke Mark erschien hinter der Schaufensterscheibe. Ich stand die ganze Zeit draußen und alle Fotos, die ich machte, machte ich von draußen durch die Scheibe hindurch. Elke stand da und bewegte sich langsam an der Scheibe entlang, die sich zunehmend vernebelte. Ich vermutete, Elke Mark besprühte mit Wasser aus einer unsichtbaren Sprühflasche (versteckt in ihrem weißen Gummimäntelchen) das Fenster. Man nimmt an einem Ereignis teil, das man sehen will und langsam verschwindet die Sicht!


Elke Mark sprühte, Mark Met erhob seine Stimme und die Hand, Karin Meiner zeigte noch immer den Monitor | Foto: Carola Willbrand

Mark Met verließ die Bühne. Elke Mark hatte plötzlich statt des weißen Regenmäntelchens eine Art BallerinaRock auf dem Kopf. Der Rock allerdings war die Bekleidung eines Regenschirms mal gewesen.


Elke Mark und ihr KopfPutz. | Foto: Carola Willbrand

Elke Mark beschloß den Abend mit einem Klangkonzert, das sie aus dem Regenschirmrock zauberte. Denn als sie später den Regenschirmrock von ihrem Kopf gleiten ließ, erschien ein Dings mit dem sie wunderbar melodisch den Tisch auf der Bühne, das Fenster, den Fensterrahmen zum Klingen brachte. Später erzählte Elke Mark, dass es eine Art Klanggabel aus einer Uhr war.


Elke Mark macht Scheibenmusik. | Foto: Carola Willbrand

Es war ein schöner Abend, dieser Performance-s-pur-artclub-Abend. Nahtlos, ja fast spielerisch entwickelte sich der Abend von einer Performance zur anderen begleitet von einem interessierten Publikum! Und es wäre auch sehr schön, Neugierige und Interessiert würde den nächsten Performance Abend am 10.Mai 2011 im Orangerie-Theater im Volksgarten besuchen! (PK)

Online-Flyer Nr. 297  vom 13.04.2011

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