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Lokales
Spannende Telefongespräche von Promis auf dem ersten Kölner Blogger-Kongreß
2. Josef Ackermann und Angela Merkel
Von Werner Rügemer

Begeistert waren die Teilnehmer beim ersten Kölner Blogger-Kongreß, weil der Publizist, NRhZ-Autor und Kölner Karls-Preis-Träger 2008, Werner Rügemer, ganz ohne Hilfe von WikiLeaks Abschriften von Telefonaten einiger Promis bekommen hatte und diese nun - stilistisch leicht bereinigt - dem Publikum im Kunsthaus Rhenania mit Schauspielern vorführte. Das zweite dieser Telefongespräche fand zwischen Josef Ackermann, Deutsche Bank, und Angela Merkel am 22. November 2010 statt: Die EU muss Irland retten! Dabei wurden auch die Hauptgedanken der Neujahrsansprache der Kanzlerin entwickelt. Zu den weltweiten Geschenkaktionen der Deutschen Bank zu Weihnachten siehe auch deren Pressemitteilung vom 20.12.2010. - Die Redaktion


Muss von Herrn Ackermann noch einiges lernen - Angela Merkel
Fotos: Herbert Sauerwein
 
 
Ackermann
Hier Ackermann. Hallo Frau Bundeskanzlerin. Wie geht es Ihnen?
 
Merkel:
Guten Tag Herr Ackermann. Schwierige Zeiten. Wir haben die letzten Tage gar nicht miteinander gesprochen.
 
Ackermann:
Ich war in Brüssel, bei der EU-Kommission, bei der Europäischen Zentralbank. Da wollte ich doch auch Sie sehr, sehr herzlich bitten: Zeigen Sie klare Kante! Irland muss gerettet werden. Der Euro muss gerettet werden.
 
Merkel:
Wir machen doch schon alles. Was sollen wir denn noch tun?


Josef Ackermann: "Das ist gut für Deutschland"
 
 
Ackermann:
Keine Einschränkungen für die Banken, definitiv. Keine sogenannten Regulierungen. Und die Staaten müssen sparen und ihre Kredite bedienen. Es darf kein Gerede geben, dass Banken vielleicht auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen.
 
Merkel:
Ich musste doch die Bevölkerung ein bißchen beruhigen. Aber wenn wir jetzt auch noch Irland retten, dann hört das nie auf. Dann kommt Spanien, Italien, am Ende noch Deutschland. Das wird teuer.
 
Ackermann:
Liebe Frau Bundeskanzlerin, die deutschen Banken haben den Immobilienboom in Irland mitfinanziert. Erstmal hat der irische Staat die Schulden übernommen. Aber der ist überfordert. Deswegen muss die Europäische Union helfen. Irland muss gerettet werden, sonst geht das zu Lasten der deutschen Banken. Und Sie dürfen kein Land fallen lassen!
 
Merkel:
Wo sollen wir denn das ganze Geld hernehmen?
 
Ackermann:
Mensch Mädchen: Wir geben Ihnen Kredit und schon ist Irland gerettet. Das ist gut für Deutschland. Für unsere Konkurrenzfähigkeit im globalen Finanzmarkt.
 
Merkel:
Unser Botschafter in Washington hat mir einen Bericht geschickt: Danach muss die Deutsche Bank in New York demnächst 554 Millionen Dollar Strafe zahlen, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Eine halbe Milliarde! Die Deutsche Bank hat „kriminelles Fehlverhalten“ eingeräumt. Ich zitiere das wörtlich aus dem Bericht. Das ist doch ein Imageschaden für die Deutsche Bank und den Standort Deutschland!
 
Ackermann:
Nun regen Sie sich mal nicht künstlich auf, Frau Merkel! In Deutschland wird das doch kaum jemand bemerken. Weder der Spiegel noch die Süddeutsche noch das Fernsehen noch die Kirchen werden uns dafür an den Pranger stellen, das weiß ich jetzt schon. Das zahlen wir aus der Portokasse. Unsere Konkurrenten Goldman Sachs und United Bank of Switzerland zahlen auch immer wieder solche Erfolgs-Nebenkosten.
 
Merkel:
Niemand hat der CDU seit ihrer Gründung soviel gespendet wie die Deutsche Bank. Gerade deshalb mache ich mir Sorgen. Die Deutsche Bank hat die bankrotte Bank Oppenheim gekauft. Die Kölner Staatsanwaltschaft bereitet eine Anklage gegen den bisherigen Vorstand vor. Das ist doch auch nicht gut für Ihr Image, für unser Image.
 
Ackermann:
Die Finanzkrise war eine große Chance für uns. Wir sind stärker und größer daraus hervorgegangen. Richtig, wir haben Oppenheim gekauft, zum Beispiel. Aber wir retten das Kerngeschäft, die Verwaltung von sechstausend großen Vermögen. Das bleibt in Deutschland und in guten Händen.
 
Merkel:
Auch an Ihrem Kauf der Postbank gibt es Kritik. Dieses Kleingeschäft ist doch gar nicht Ihr Metier, Herr Ackermann.
 
Ackermann:
Da haben wir etwas gelernt. Von manchen wurde in der Finanzkrise unsere Systemrelevanz angezweifelt. Frau Bundeskanzlerin, da hatten Sie manchmal Mühe, das Volk bei der Stange zu halten. Übrigens, bei dieser Gelegenheit: nochmals vielen Dank dafür. Aber wenn wir jetzt mit der Postbank die 14 Millionen Kleinkunden übernehmen, da haben Sie immer ein unschlagbares Argument, wenn wir mal wieder gerettet werden müssen.
 
Merkel:
Sie machen mir aber Spaß! Die nächste Bankenrettung wird noch schwieriger.
 
Ackermann:
Aber Schätzchen, du brauchst keine Angst zu haben. Die Deutsche Bank ist jetzt eine SEIFI.
 
Merkel:
SEIFI?
 
Ackermann:
Das kennen Sie nicht? Die japanische Finanzaufsicht hat uns jetzt zur SEIFI erklärt. Das ist englisch und bedeutet Systemically Important International Financial Institution. Systemisch wichtiges internationales Finanzinstitut.
 
Merkel:
Ach ja? Klingt wie unser deutsches „systemrelevant“.
 
Ackermann:
Genau, aber jetzt global. Und wir sind SEIFI Number One in the world, vor Goldman Sachs und United Bank of Switzerland, verstehen Sie? Deshalb nochmals mein Appell, Frau Bundeskanzlerin: Bleiben Sie fest. Irland muss gerettet werden. Der Euro muss gerettet werden. Damit Deutschland seine Stellung weiter ausbaut, als führender Finanzstandort, in Europa, in der Welt.
 
Merkel:
Das ist für mich nicht so einfach. Die Redenschreiber im Kanzleramt brüten schon jetzt über meiner Neujahrsansprache. Ich muss den Deutschen die Angst nehmen vor der teuren Irland- undsoweiter-Rettung. Ich kann da nicht einfach die Erfolge der Deutschen Bank loben.
 
Ackermann:
Mensch Merkelchen. Erwähnen Sie die Banken gar nicht. Beschwören Sie den Euro und dass der Wohlstand der Deutschen vom Euro abhängt. Sagen Sie nichts vom Sparen. Loben Sie die Deutschen, dass sie pünktlich und fleißig arbeiten und die Finanzkrise bewundernswert gut gemeistert haben. Sie sollten auch was Christliches einflechten, denn wozu finanzieren wir eine christliche Partei! Wenigstens ein paar Emotionen, wie das unsere Bank zu den Feiertagen auch macht.
 
Merkel:
Was machen Sie denn?
 
Ackermann:
Wir machen weltweit Geschenkaktionen für bedürftige Menschen. Unsere Mitarbeiter schreiben Briefe vom Weihnachtsmann an arme Kinder. Unsere Mitarbeiter backen Plätzchen und lesen den Kindern Geschichten vor.
 
Merkel:
Geschichten? Was für Geschichten?
 
Ackermann:
Wunderbare Geschichten. Ich lasse sie Ihnen durch unsere Presseabteilung zuleiten. Ich komme nächste Woche mal wieder im Kanzleramt vorbei. Ich wünsche Ihnen bis dahin ein schönes Regieren, Frau Bundeskanzlerin.
 
Merkel:
Ich freue mich auf Ihren Besuch, Herr Ackermann.
 
 
Ein weiteres Telefongespräch von Herrn Ackermann mit Herrn Steinbrück folgt in der nächsten NRhZ-Ausgabe. Das erste Gespräch zwischen Ackermann und Gerhard Schröder finden Sie unter http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=16235 (PK)


Online-Flyer Nr. 292  vom 09.03.2011

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