NRhZ-Online - Neue Rheinische Zeitung - Logo
SUCHE
Suchergebnis anzeigen!
RESSORTS
SERVICE
Unabhängige Nachrichten, Berichte & Meinungen
Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

zurück  
Druckversion

Sport
Duisburg strauchelt in Wolfsburg, Bad Neuenahr mit 7:0 Kantersieg
Jena: Land unter im Paradies
Von Bernd J.R. Henke

Als der FF USV Jena noch im Mai im Deutschen Pokalendspiel stand, zwar nicht gewann, aber in Augenhöhe mit dem Pokalmeister FCR 01 Duisburg spielte, war nicht zu übersehen, dass der Verein in der neuen Saison sich zum Sorgenkind der Liga entwickeln würde. Zwar wusste man in Jena um die Stärke des SC 07 Bad Neuenahr, doch offenbarte das Trauerspiel im Paradies – so nennt man in Jena die Gegend um den Fußballplatz – am Sonntagmorgen gnadenlos die Schwächen des Teams von Trainer Thorsten Zaunmüller. Duisburg, Pokalendspielgegner damals im Kölner RheinEnergieStadion, verlor nicht so hoch, aber nicht weniger wichtig mit 3:2(2:1) gegen den VfL Wolfsburg.. Duisburg und Jena stecken in der Krise, die einen im Oberhaus, die anderen im Unterhaus der Liga.



Nationalspielerin Lena Goeßling (SC 07) |  Foto: Jan Kuppert, Potsdam

Als sich der Frühnebel auf dem Sportplatz des Universitätssportzentrums Mitte der ersten Halbzeit verzogen hatte, stand es bereits 0:3 und die Spielerinnen aus Bad Neuenahr konnten die ersten Sonnenstrahlen genießen. Nach einer kurzen Abtastphase besorgte Nationalspielerin Celia Okoyino da Mbabi innerhalb von fünf Minuten die ersten beiden Tore für Bad Neuenahr. Riesige Lücken in der Abwehr und zu langsame Antizipation der Aktionen der stürmenden Gäste machten dies auch zum Kinderspiel für die Rheinland-Pfälzerinnen. Ein satter Schuss in die rechte Ecke (17.) und ein weiteres Tor nach einem Steilpass in die Nahtstelle der Abwehr (22.) sorgten für die frühe Führung. Dann hatten die Fußballerinnen vom FF USV Jena eine halbe Torchance, Neuenahr schaltete blitzschnell um und Nicole Rolser versenkte die präzise Flanke von rechts per Kopf zum 0:3 (26.). In der 39. Minute traf Mbabi zum dritten Mal in die Maschen 0:4. Halbzeit.

Blankes Entsetzen

Danach dasselbe Bild, Jena war zu passiv, reagierte nur, wartete auf den Ball und schaute zu. Bad Neuenahr hingegen Gedanken schnell - während die komplette Jenaer Hintermannschaft in Ruhe eine Mauer stellen wollte, zappelte der Ball plötzlich im Netz. Alles korrekt, denn die Schiedsrichterin hatte den Arm gehoben und damit einen indirekten Freistoß angezeigt - 0:5 (53.). Ein weiterer Freistoß von der Mittellinie kann von Peggy Kuznik im Strafraum angenommen werden, ihr Drehschuss landet im Tor (64.). Den Schlusspunkt durfte wieder Peggy Kuznik setzen, ein schnell ausgeführter Einwurf und ein Fehler von Jana Burmeister sorgten für den peinlichen 0:7 Endstand. Die konsequente und eiskalte Chancenverwertung der Gäste und eine – zwar Ersatz geschwächte – aber dennoch lustlose Jenaer Mannschaft hinterließen bei den Zuschauern blankes Entsetzen.


Land unter im Paradies - 0:7 Klatsche |  Foto: Lothar Weisner

Rücken stärken

Jena ist hochgradig abstiegsgefährdet. Liegt es am neuen Trainer, liegt es am Weggang der Schlüsselspielerin Yvonne Hartmann, deren Liebe zur ehemaligen Trainerin Heidi Vater ein anderes Netzwerk bot, wir werden es nie erfahren. Dazu ist die Zeit zu schnelllebig. Vermutungen dazu gibt es viele, die Spielerinnen von Jena müssen die Probleme auf dem Spielfeld lösen. Das Paradies kann noch gerettet werden – ob Trainer Zaunmüller das Ruder herumreißen kann, bleibt fraglich.

Ein gelernter „Wessie“ wie er wird es schwer haben, sich auch gegen unberechtigte Vorurteile durchzusetzen. Die engagierten Fans und zahlreichen Vereinsmitglieder sind doch ein großes Plus für diese ostthüringische Region. Die Vereinsführung und das Präsidium von Jena sind gefordert, dem Trainer den Rücken zu stärken oder die Bremse zu ziehen. Ein schwieriges Unterfangen, denn versagt hat die Mannschaft auf dem Platz und nicht der Trainer.

Nationales Trikot

Der Trainer der Kurstädterinnen Thomas Obliers hat es da zur Zeit einfacher. Bundestrainerin Silvia Neid nominierte zuverlässige Kickerinnen aus seinem Kader   für das Länderspiel gegen Australien in Wolfsburg. In der 22-köpfigen Auswahl stehen mit Lena Goeßling und Celia Okoyino da Mbabi zwei Spielerinnen, wobei Goeßling in den Planungen von Silvia Neid erneut eine Rolle in der Abwehr zugedacht wurde. Neben den beiden nominierten steht Bianca Rech auf der Abrufliste. Die Stimmung im Verein in Verbindung mit der Leistungsbilanz in der Bundesliga ist so gut, dass der Sponsor und neue SC 07- Ausrüster Hummel die Bad Neuenahrer Fußballerinnen Lydia Neumann, Ramona Petzelberger und Sara Doorsoun zu einem Fotoshooting einlud. Heraus kamen dann di­e "Hummel-Angels.“ Das Endprodukt des Foto-Shootings ist eine Anzeige für Hummel-Produkte im Stile einer Werbung für die "Drei Engel für Charlie." Den S­pielerinnen machte die abwechslungsreiche Auf­gabe viel Spaß und die Anzeige kann sich sehen lassen.



Die Hummel-Angels werben |  Foto: Sport Hummel

Shopping

Der Kantersieg in Jena war ideal für das Torverhältnis des Vereins. Der FCR 01 Duisburg, der international in der Champions League mitmischt, steht in der Liga nur zwei Punkte vor den Kurstädterinnen, der ehemalige Wundersturm der Duisburger Löwinnen brachte es bisher auf achtundzwanzig Tore, davon allein zwölf Tore  durch Inka Grings, Bad Neuenahr ist insgesamt mit vierundzwanzig Toren kaum schlechter. Auch außerhalb des Sportplatzes geben die Spielerinnen eine gute Figur ab. Anfang Oktober unterstützt­en Teile der Mannschaft das VIP-Shopping im Bad Neuenahrer Kaufhaus Moses. Der Warenhaus-Partner der SC 07-Frauen stellte an einem Abend in seinem Haus die neue Winterkollektion vor und hatte dazu zahlreiche Stammkunden eingeladen. Und die konnten nicht nur über die neue Mode staunen, sondern auch noch zu guten Rabatten einkaufen.


Fotoshooting im Atelier |  Foto: Sport Hummel

Unverkrampft

In Bad Neuenahr hat man erkannt, dass gerade regionale Sponsoren den Bekanntheitsgrad von Fußballerinnen nutzen können. Sponsoring lebt vom Geben und Nehmen. Die unverkrampfte Mentalität der Spielerinnen hilft dabei immens. Die Fußballerinnen des SC 07 unterstützten das Moses-Team um die Inhaber Martina und Norbert Wittenberg nach Kräften, verteilten Häppchen, Getränke. Damit hat sich das Abend-Shopping vor allem für die Fans des Bad Neuenahrer Frauenfußballs doppelt gelohnt. Im Einsatz waren Lena Goeßling, Laura Störzel, Marie Pyko, Stefanie Kuljevan Heck, Ramona Petzelberger, Isabell Stümper, Jasmin Stümper, Katharina Sternitzke, Luna Witt und Eva Langenfeld.  Der SC 07 Bad Neuenahr steht im Achtelfinale der Deutschen Pokalmeisterschaft. Am 24. Oktober 2010 empfängt man die Mannschaft des 1.FC Saarbrücken. Und der FF USV Jena empfängt zu Hause den Bundesliga Spitzenreiter 1. FFC Turbine Potsdam.



Simone Laudehr |  Foto: Jan Kuppert, Potsdam

Diva

Der VfL Wolfsburg - die launische Diva - empfing vor einer Kulisse mit 3187 Zuschauern den amtierenden Deutschen Pokalmeister FCR 01 Duisburg. Die Diva leckte noch an den Wunden der Niederlage im Nordderby  gegen den Hamburger SV. Ziemlich defensiv nach Hinten gerückt begannen die Wölfinnen, die VfL-Ersatztorfrau die US-Amerikanerin Jaime Souza war in Standardsituationen unsicher. Die Löwinnen reagierten darauf ohne Biss und  ohne Kapital zuschlagen aus der allgemeinen Verunsicherung der Wolfsburgerinnen. Ein Indiz dafür, dass die Krise in Duisburg manifestiert ist, umständlicher Spielaufbau ohne Tempo, so spielte Frankfurt in der letzten Saison. Außer der biestigen Simone Laudehr auf der Außenposition zeigte keine der Löwinnen ihre Krallen. Nationalspielerin Alexandra Popp verstärkte von Anfang an die Abwehr und fehlte in der kreativen Offensive.



Kozue Ando |  Foto: Jan Kuppert, Potsdam

Schonung

Die Diva wachte langsam auf. Konter waren angesagt. Nach Balleroberung schalteten die Wolfsburgerinnen schnell auf Angriff um und brachten mit genialen  Direktkombinationen und Schwerpunkt verlagernden Diagonalbällen vor allem durch die 1,59 cm große Schweizer Nationalspielerin Martina Moser die Duisburger Abwehr ein ums andere Mal in Verlegenheit. Auf diese Weise fiel dann auch das 1-0 durch Martina Müller (29.) in Zusammenarbeit mit Moser. Kurz danach konterte Duisburg durch ein Tor durch die japanische Nationalspielerin Kozue Ando (33.), die nach fatalem Ballverlust der  Wolfsburgerin  Eve Chandraratne  und klugem Pass der Löwin Jennifer Oster den Ausgleich erzwang.  Einen schwereren Schnitzer  von Abwehrspielerin Alex  Popp nutzte die seit Wochen in Bestform spielende Ungarin Zsanett Jakabfi   kurz vor der Pause zur 2:1 Führung (43.). „Die U-20-Weltmeisterin Popp war fern ihrer Bestform. Die Dauerbelastungen sind bei ihr spürbar. Weniger Spielminuten wie ihrem Fall sind mehr. Schonung bei ihr wäre angesagt,“ erklärte Fußballexperte Joe Blaha.                               

Fernschuss

Nach der Pause kam Duisburg immer besser ins Spiel, der VfL schwächelte, hatte aber ein Riesenglück, dass Kozue Ando knapp im Abseits stand (48.) und Simone Laudehr mit ihrem Kopfball nach einer Grings Ecke nur die Latte traf (68.). Erst ein langer Ball von Verteidigerin Anne van Bonn über das halbe Feld auf Laudehr, deren präziser Pass Inka Grings erreichte, die nicht lange fackelte (78.) und den 2:2 Ausgleich erzielte. Die Diva rappelte sich im Gegenzug auf. Verena Faißt überraschte mit einem sechzig Meter Fernschuss die träumende Duisburger Hintermannschaft und die überragende Mittelstürmerin Nationalspielerin Martina Müller hob den Ball über die zu weit im Feld vor dem Tor stehende Torfrau Ursula Holl lupfend  (81.) zum Siegtreffer ins Netz. Das war die Entscheidung.



Inka Grings |  Foto: Jan Kuppert, Potsdam

Räume

Duisburg hatte die größeren Spielanteile, Wolfsburg lauerte auf Konter und hatte mit Zsanett Jakabfi, Martina Moser und Martina Müller drei scharfe

Lena Steinbach
(Bayer 04 Leverkusen)
Foto: Bayer
Waffen in Bestform. „Wir haben die Fehler des Gegners nicht genutzt, aber unsere Fehler führten zu Toren. Vor allem der dritte Treffer darf niemals fallen“, monierte Voss-Tecklenburg. „Gegen die Topteams stehen wir sehr defensiv und können auf Konter warten. Dadurch haben wir die Räume, die wir brauchen", erklärte VfL-Trainer Ralf Kellermann die Siegesserie seiner Elf gegen die Spitzenmannschaften. Der VfL Wolfsburg bleibt der Favoritenschreck Den 1.FFC Frankfurt, Turbine Potsdam und jetzt Duisburg haben sie zu Hause zerlegt. Und in vierzehn Tagen im Achtelfinale der Pokalmeisterschaft wird wieder der FCR 01 Duisburg anreisen. „Das wird ganz schön eng werden für Löwinnen gegen die Wölfinnen,“ vermutet Fußballexperte Joe Blaha.

Verliererstraße


Ganz anderer Sinnhaftigkeit war das erste Duell der beiden Aufsteiger in Leverkusen. Bayer 04 Leverkusen empfing den Herforder SV.  Gegen den aggressiv und offensiv aufspielenden Herforder SV tat sich Leverkusen in der ersten Halbzeit schwer und brauchte einiges Glück, um den eigenen Kasten sauber zu halten und mit Glück bis zur Pause mit 2-0 in Führung zu gehen. Die frühe Führung nach bereits sechs Minuten durch Lena Steinbach kam der Werkself dabei entgegen. Zehn Minuten vor der Halbzeit erhöhte schließlich Shelley Thompson (36.) und brachte Herford einmal mehr auf die Verliererstraße.

In der zweiten Hälfte gelang Marith Prießen nach etwas über einer Stunde

Shelley Thompson
(Bayer 04 Leverkusen)
Foto: Bayer
das vorentscheidende dritte Tor (63.). Ein Freistoß der U-20-Weltmeisterin aus 40 Metern senkte sich über Frau und Maus hinweg ins Herforder Gehäuse. Das 4:0 war schließlich eine Eigenproduktion des Leverkusener Nachwuchses. Nach einen Zuckerpass der 17-jährigen Laura Eßer erzielte die gleichaltrige U-17-Nationalspielerin Natalie Moik  (73.) ihr erstes Bundesliga-Tor. Zum kurzzeitigen 5:0 traf erneut Shelley Thompson (84.), ehe zwei Minuten später Laura Feiersinger der Ehrentreffer (86.) für die Gäste aus Herford gelang.




Anschluss zur Spitze

In der Tabelle hat Leverkusen nun mit zehn Punkten nur einen Zähler mehr als Saarbrücken und Essen, sowie zwei mehr als Jena, das erneut auf einen Abstiegsrang abrutscht. Mit vier Punkten vor der Werkself führt der Hamburger SV die untere Tabellenhälfte weiterhin an. Die Hamburgerinnen schafften mit einem Heimsieg gegen Bayern München das, was Leverkusen vor zwei Wochen nicht gelungen war. Dem Hamburger SV gelang nach dem Sieg im Nordderby gegen den VfL Wolfsburg beim 2:1 (0:1) der siebte Tabellenplatz. Dabei waren es die Münchner Gäste, die dank Sarah Puntigam (33.) noch zur Pause in Führung lagen. Im zweiten Durchgang sorgten jedoch Aferdita Kameraj (61.) und Ana Maria Crnogorcevic (86.) für die Wende. Durch den 2-1 Erfolg feiern die Hanseatinnen ihren dritten Sieg in Folge und halten weiterhin Anschluss an Mannschaften wie Bad Neuenahr, Wolfsburg, Bayern und sogar den FCR Duisburg, von dem sie mittlerweile lediglich drei Punkte trennen. (HDH)

Online-Flyer Nr. 271  vom 13.10.2010

Druckversion     



Startseite           nach oben

KÖLNER KLAGEMAUER


Für Frieden und Völkerverständigung
FOTOGALERIE