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Krieg und Frieden
Der Beginn des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt
Mussolinis Überfall auf Äthiopien (Teil 2 und Schluss)
Von Gerhard Feldbauer
Rivalen auf dem Balkan und in Afrika
Die widerstreitenden Interessen zeigten sich als Erstes in der Österreichfrage. Der von Hitler angestrebte „Anschluss“ beunruhigte Rom, das im Falle einer gemeinsamen Grenze um das deutschsprachige, früher österreichische Südtirol, seine Kriegsbeute aus dem Ersten Weltkrieg fürchtete. Außerdem lag von Wien aus der Balkan in greifbarer Nähe, eine Einflusssphäre, die Italien für sich beanspruchte. Als am 25. Juli 1934 die SS-Standarte in Wien nach der Ermordung von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit einem Putsch das Signal zum Einmarsch geben wollte, sicherte Mussolini Österreich Unterstützung zu und schickte demonstrativ vier Divisionen an die Brennergrenze. In Berlin übergab Mussolinis Botschafter, Vittorio Cerruti, Außenminister von Neurath eine scharfe Protestnote. In der offiziösen Presse Roms wurde Berlin für die Ermordung von Dollfuß verantwortlich gemacht und von einer „Clique von Mördern und Päderasten“ gesprochen. Hitlers Botschafter von Hassel berichtete nach Berlin, dass „die Atmosphäre so gefährlich sei wie beim Kriegsausbruch 1914/15.“ Hitler gab nach und verschob den Anschluss.
Der zehn Jahre vor Hitler an die Macht gekommene Mussolini sah sich zu dieser Zeit nicht nur als „Führer des Faschismus“ über Italien hinaus, sondern geistig auch über Hitler erhaben. In dieser Haltung hatte ihn die erste Begegnung mit dem deutschen „Führer“ am 14. Juli 1934, die sehr distanziert verlief, bestärkt. Wie Hitlers Entscheidung in der „Österreichfrage“ elf Tage später bewies, hatte sich der „Duce“ durchgesetzt. Mussolini, der sich gern mit Cäsar verglich und entsprechende geschichtliche Vergleiche liebte, versäumte nicht, das deutlich zu machen und die „historische Überlegenheit Italiens“ ins Feld zu führen. Auf einer Kundgebung am 6. September 1934 in Bari verkündete er: „Dreißig Jahrhunderte Geschichte erlauben uns, mit einem souveränen Mitleid auf gewisse Ideen von jenseits der Alpen zu blicken, die von einer Brut vertreten werden, welche wegen Unkenntnis der Schrift unfähig war, Dokumente ihres Vorhandenseins zu hinterlassen, als Rom einen Cäsar, Vergil und Augustus besaß.“
Mussolini bei seiner Festnahme im Jahr 1903
Bild: Cantonspolizei Canton Bern
Der „Duce“ fürchtete Hitlers Rivalität auch in Afrika, wo Deutschland im Ersten Weltkrieg seine Kolonien verloren hatte und eine starke koloniale Fraktion ihre Rückgabe bereits unmittelbar nach dem Machtantritt von den Westmächten forderte. Wie Mussolini später, 1940/41, mit den Überfällen auf Griechenland dem deutschen Vorstoß auf den Balkan zuvorkommen wollte, beabsichtigte er, sich auch mit der Annexion Äthiopiens eine Ausgangsbasis für weitere Eroberungen in Afrika und eine Vormachtstellung gegenüber Hitler zu sichern.
Deutsche Kanonen nach Addis Abeba
Hitler versuchte zunächst, Mussolini die 1934 für Wien bezogene Position heimzuzahlen. Das entsprach bereits zu dieser Zeit dem Ziel, Mussolini dem Führungsanspruch Hitlerdeutschlands zu unterwerfen. Im Auftrag des Heereswaffenamtes gingen über anonyme Kanäle nach Addis Abeba Mausergewehre und Maschinengewehre mit Patronen, Handgranaten Panzerrabwehrkanonen mit Munition und Medikamente. Das Kriegsgerät stammte aus der Produktion von Rheinmetall-Borsig. Von den Waffen wurden die Firmenzeichen entfernt. In der Schweiz ließ das Heereswaffenamt Örlikon-Kanonen kaufen und nach Äthiopien verschicken. Die Lieferungen umfassten einen Wert von drei Millionen Reichsmark. Später folgten noch mehrere kleine Lieferungen als Geschenke.
Offiziell wurde Italien versichert, dass „die Reichsregierung weder Waffenlieferungen an den Negus noch die Anwerbung deutscher Freiwilliger für Abessinien zulassen würde“. Nach dem anfänglichen Scheitern der italienischen Offensive, worüber der deutsche Botschafter in Rom, Ullrich von Hassel, am 17. Januar 1936 Hitler informierte, kam es jedoch zu einem Meinungsumschwung in Berlin. Er war auch eine Reaktion auf das Angebot Mussolinis vom 6. Januar 1936, die Differenzen über die Österreichfrage beizulegen. Nach der Niederschrift Hassels habe der „Führer“ danach erklärt, dass „ein Zusammenbruch des Faschismus in Italien (...) im höchsten Grade unerwünscht“ sei und „wir müssten alles tun, um zu vermeiden, dass sich die mannigfache Gegnerschaft der Welt gegen das autoritäre Regierungssystem auf uns als einzigen Gegenstand konzentriere.“ Es läge „auch in unserem Interesse, dass Italien als Faktor im europäischen Spiel nicht allzu sehr geschwächt würde“.
Klerus feierte Mussolini
Nach der Eroberung schloss Rom Äthiopien mit Eritrea und Somaliland zur Kolonie Italienisch Ostafrika zusammen. Vittorio Emanuele III. setzte sich die äthiopische Kaiserkrone auf und der römische Klerus feierte Mussolini als „einen wunderbaren Duce, der das Kreuz Christi in alle Welt trägt.“ Pius XI. zwang den Äthiopiern auf den Trümmern der koptischen Kirche eine ihnen fremde Religion auf. Der Mailänder Kardinal Ildefonso Schuster feierte im Dom der Stadt die „Heldentaten“ des italienischen Heeres, das in seiner Pflichterfüllung „das Licht der Zivilisation nach Äthiopien getragen“ habe.
Mussolini bei seiner Befreiung durch deutsche Soldaten
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503A-07 / Toni Schneiders / CC-BY-SA
Für das Kapital waren reiche Rohstoffquellen erobert worden: Eisen, Kupfer, Mangan, Schwefel, Nickel, Platin und Gold. Einige Zehntausend arbeitslose Italiener fanden für einige Jahre Arbeit in der eroberten Kolonie. Während für unzählige Äthiopier ein Hungerdasein begann, transportierten Frachter das Getreide des Landes nach Italien. Es gelang jedoch nicht, Äthiopien völlig zu unterwerfen. Die Stämme unter Führung ihrer Ras (Fürsten) aber auch selbständige Partisanenabteilungen, die sich vor allem aus früheren Soldaten und Offizieren zusammensetzten, kontrollierten die schwer zugänglichen Bergregionen und Wüstengebiete. Um den Widerstand zu zerschlagen, führten Abteilungen der Schwarzhemden „Strafexpeditionen“ durch. Ein Augenzeuge schilderte, wie in Addis Abeba Italiener in „echter SA-Manier“, bewaffnet „mit Knüppeln und Eisenstangen“, umherliefen und „die Einheimischen, die sich noch auf der Straße befanden, erschlugen“.
Barbarischer Kolonialterror
Nach einem gegen sich erfolglosen Attentat befahl der Generalgouverneur der Kolonie, Marschall Rodolfo Graziani, am 19. Februar 1937 ein Massaker, dem allein in der Hauptstadt 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Er ordnete an, die äthiopische Intelligenz als einen Oppositionsherd zu liquidieren. Unzählige christlich-koptische Geistliche und alle Kadetten der Militärakademie von Addis Abeba wurden umgebracht. Nur auf den Verdacht hin, dass sie an dem Attentat beteiligt gewesen sein könnten, wurden nahezu 300 Ordensbrüder des Klosters Debra Libanos erschossen. Unzählige Äthiopier sperrte das Kolonialregime in Konzentrationslager, wo die meisten elendiglich zu Grunde gingen. Insgesamt fielen 750.000 Äthiopier dem Völkermord zum Opfer.
Die Hinrichtung Mussolinis durch die Siegermächte | Quelle: Youtube
Am 25. Oktober 1936 bildeten Hitler und Mussolini die Achse Berlin-Rom. Am 6. November trat Italien dem Antikominternpakt bei. Auf dem Weg zum Münchener Abkommen und weiter in den Abgrund des Zweiten Weltkrieges stellte der Krieg in Afrika einen Markstein dar. Hitler war die Haltung Frankreichs und Großbritanniens Beweis, dass diese nicht gewillt waren, den Status quo zu verteidigen. Es sah sich bestärkt, im März 1936 in das entmilitarisierte Rheinland einzumarschieren und zwei Jahre darauf Österreich zu besetzen; London und Paris blieben auch bei der deutschen und italienischen Teilnahme an der Niederschlagung der Spanischen Republik passiv. Militärtransporter der Luftwaffe Görings konnten ungehindert die Elitetruppen der Putschisten von Marokko aufs spanische Festland fliegen, Hitler danach die 45.000 Mann starke „Legion Condor“ entsenden; Mussolini motorisierte Truppen mit 800 Kampfflugzeugen, 8.000 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen sowie 90 Kriegs- und Transportschiffen mit über 100.000.
Nach dem Scheitern des italienischen Überfalls auf Griechenland im Oktober 1940 zeigte sich, dass Italien seine Expansionsziele nur noch mit deutscher Hilfe in Angriff nehmen konnte. Mussolini musste seine Pläne den deutschen unterordnen, wobei sich Hitlerdeutschland die günstige strategische Lage für seine eigenen Kriegsziele auf dem Balkan, in Nordafrika und im Nahen Osten zunutze machte. Es wurde sichtbar, dass der wirtschaftlich und militärisch schwächere römische Imperialismus dem raffinierteren, rücksichtsloseren und in Aggressionskriegen erfahreneren deutschen unterlegen war.
Angesichts der Interventionen der USA und anderer NATO-Staaten, unter ihnen an führender Stelle Deutschland, im ehemaligen Jugoslawien, in Irak, Afghanistan, im Nahen Osten, in Afrika und der Vorbereitung weiterer, so gegen Iran, bleibt abschließend zu fragen, ob wir uns heute wie in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts erneut auf dem Weg in den Abgrund weltweiter kriegerischer Auseinandersetzungen befinden, in denen es um die Weltherrschaft, um Einflusssphären und Rohstoffreserven geht? Werden die Kräfte des Friedens in der Lage sein, dem diesmal Einhalt zu gebieten? (HDH)
Online-Flyer Nr. 271 vom 13.10.2010
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Krieg und Frieden
Der Beginn des Kampfes um die Neuaufteilung der Welt
Mussolinis Überfall auf Äthiopien (Teil 2 und Schluss)
Von Gerhard Feldbauer
Rivalen auf dem Balkan und in Afrika
Die widerstreitenden Interessen zeigten sich als Erstes in der Österreichfrage. Der von Hitler angestrebte „Anschluss“ beunruhigte Rom, das im Falle einer gemeinsamen Grenze um das deutschsprachige, früher österreichische Südtirol, seine Kriegsbeute aus dem Ersten Weltkrieg fürchtete. Außerdem lag von Wien aus der Balkan in greifbarer Nähe, eine Einflusssphäre, die Italien für sich beanspruchte. Als am 25. Juli 1934 die SS-Standarte in Wien nach der Ermordung von Bundeskanzler Engelbert Dollfuß mit einem Putsch das Signal zum Einmarsch geben wollte, sicherte Mussolini Österreich Unterstützung zu und schickte demonstrativ vier Divisionen an die Brennergrenze. In Berlin übergab Mussolinis Botschafter, Vittorio Cerruti, Außenminister von Neurath eine scharfe Protestnote. In der offiziösen Presse Roms wurde Berlin für die Ermordung von Dollfuß verantwortlich gemacht und von einer „Clique von Mördern und Päderasten“ gesprochen. Hitlers Botschafter von Hassel berichtete nach Berlin, dass „die Atmosphäre so gefährlich sei wie beim Kriegsausbruch 1914/15.“ Hitler gab nach und verschob den Anschluss.
Der zehn Jahre vor Hitler an die Macht gekommene Mussolini sah sich zu dieser Zeit nicht nur als „Führer des Faschismus“ über Italien hinaus, sondern geistig auch über Hitler erhaben. In dieser Haltung hatte ihn die erste Begegnung mit dem deutschen „Führer“ am 14. Juli 1934, die sehr distanziert verlief, bestärkt. Wie Hitlers Entscheidung in der „Österreichfrage“ elf Tage später bewies, hatte sich der „Duce“ durchgesetzt. Mussolini, der sich gern mit Cäsar verglich und entsprechende geschichtliche Vergleiche liebte, versäumte nicht, das deutlich zu machen und die „historische Überlegenheit Italiens“ ins Feld zu führen. Auf einer Kundgebung am 6. September 1934 in Bari verkündete er: „Dreißig Jahrhunderte Geschichte erlauben uns, mit einem souveränen Mitleid auf gewisse Ideen von jenseits der Alpen zu blicken, die von einer Brut vertreten werden, welche wegen Unkenntnis der Schrift unfähig war, Dokumente ihres Vorhandenseins zu hinterlassen, als Rom einen Cäsar, Vergil und Augustus besaß.“
Mussolini bei seiner Festnahme im Jahr 1903
Bild: Cantonspolizei Canton Bern
Der „Duce“ fürchtete Hitlers Rivalität auch in Afrika, wo Deutschland im Ersten Weltkrieg seine Kolonien verloren hatte und eine starke koloniale Fraktion ihre Rückgabe bereits unmittelbar nach dem Machtantritt von den Westmächten forderte. Wie Mussolini später, 1940/41, mit den Überfällen auf Griechenland dem deutschen Vorstoß auf den Balkan zuvorkommen wollte, beabsichtigte er, sich auch mit der Annexion Äthiopiens eine Ausgangsbasis für weitere Eroberungen in Afrika und eine Vormachtstellung gegenüber Hitler zu sichern.
Deutsche Kanonen nach Addis Abeba
Hitler versuchte zunächst, Mussolini die 1934 für Wien bezogene Position heimzuzahlen. Das entsprach bereits zu dieser Zeit dem Ziel, Mussolini dem Führungsanspruch Hitlerdeutschlands zu unterwerfen. Im Auftrag des Heereswaffenamtes gingen über anonyme Kanäle nach Addis Abeba Mausergewehre und Maschinengewehre mit Patronen, Handgranaten Panzerrabwehrkanonen mit Munition und Medikamente. Das Kriegsgerät stammte aus der Produktion von Rheinmetall-Borsig. Von den Waffen wurden die Firmenzeichen entfernt. In der Schweiz ließ das Heereswaffenamt Örlikon-Kanonen kaufen und nach Äthiopien verschicken. Die Lieferungen umfassten einen Wert von drei Millionen Reichsmark. Später folgten noch mehrere kleine Lieferungen als Geschenke.
Offiziell wurde Italien versichert, dass „die Reichsregierung weder Waffenlieferungen an den Negus noch die Anwerbung deutscher Freiwilliger für Abessinien zulassen würde“. Nach dem anfänglichen Scheitern der italienischen Offensive, worüber der deutsche Botschafter in Rom, Ullrich von Hassel, am 17. Januar 1936 Hitler informierte, kam es jedoch zu einem Meinungsumschwung in Berlin. Er war auch eine Reaktion auf das Angebot Mussolinis vom 6. Januar 1936, die Differenzen über die Österreichfrage beizulegen. Nach der Niederschrift Hassels habe der „Führer“ danach erklärt, dass „ein Zusammenbruch des Faschismus in Italien (...) im höchsten Grade unerwünscht“ sei und „wir müssten alles tun, um zu vermeiden, dass sich die mannigfache Gegnerschaft der Welt gegen das autoritäre Regierungssystem auf uns als einzigen Gegenstand konzentriere.“ Es läge „auch in unserem Interesse, dass Italien als Faktor im europäischen Spiel nicht allzu sehr geschwächt würde“.
Klerus feierte Mussolini
Nach der Eroberung schloss Rom Äthiopien mit Eritrea und Somaliland zur Kolonie Italienisch Ostafrika zusammen. Vittorio Emanuele III. setzte sich die äthiopische Kaiserkrone auf und der römische Klerus feierte Mussolini als „einen wunderbaren Duce, der das Kreuz Christi in alle Welt trägt.“ Pius XI. zwang den Äthiopiern auf den Trümmern der koptischen Kirche eine ihnen fremde Religion auf. Der Mailänder Kardinal Ildefonso Schuster feierte im Dom der Stadt die „Heldentaten“ des italienischen Heeres, das in seiner Pflichterfüllung „das Licht der Zivilisation nach Äthiopien getragen“ habe.
Mussolini bei seiner Befreiung durch deutsche Soldaten
Quelle: Bundesarchiv, Bild 101I-567-1503A-07 / Toni Schneiders / CC-BY-SA
Für das Kapital waren reiche Rohstoffquellen erobert worden: Eisen, Kupfer, Mangan, Schwefel, Nickel, Platin und Gold. Einige Zehntausend arbeitslose Italiener fanden für einige Jahre Arbeit in der eroberten Kolonie. Während für unzählige Äthiopier ein Hungerdasein begann, transportierten Frachter das Getreide des Landes nach Italien. Es gelang jedoch nicht, Äthiopien völlig zu unterwerfen. Die Stämme unter Führung ihrer Ras (Fürsten) aber auch selbständige Partisanenabteilungen, die sich vor allem aus früheren Soldaten und Offizieren zusammensetzten, kontrollierten die schwer zugänglichen Bergregionen und Wüstengebiete. Um den Widerstand zu zerschlagen, führten Abteilungen der Schwarzhemden „Strafexpeditionen“ durch. Ein Augenzeuge schilderte, wie in Addis Abeba Italiener in „echter SA-Manier“, bewaffnet „mit Knüppeln und Eisenstangen“, umherliefen und „die Einheimischen, die sich noch auf der Straße befanden, erschlugen“.
Barbarischer Kolonialterror
Nach einem gegen sich erfolglosen Attentat befahl der Generalgouverneur der Kolonie, Marschall Rodolfo Graziani, am 19. Februar 1937 ein Massaker, dem allein in der Hauptstadt 30.000 Menschen zum Opfer fielen. Er ordnete an, die äthiopische Intelligenz als einen Oppositionsherd zu liquidieren. Unzählige christlich-koptische Geistliche und alle Kadetten der Militärakademie von Addis Abeba wurden umgebracht. Nur auf den Verdacht hin, dass sie an dem Attentat beteiligt gewesen sein könnten, wurden nahezu 300 Ordensbrüder des Klosters Debra Libanos erschossen. Unzählige Äthiopier sperrte das Kolonialregime in Konzentrationslager, wo die meisten elendiglich zu Grunde gingen. Insgesamt fielen 750.000 Äthiopier dem Völkermord zum Opfer.
Die Hinrichtung Mussolinis durch die Siegermächte | Quelle: Youtube
Am 25. Oktober 1936 bildeten Hitler und Mussolini die Achse Berlin-Rom. Am 6. November trat Italien dem Antikominternpakt bei. Auf dem Weg zum Münchener Abkommen und weiter in den Abgrund des Zweiten Weltkrieges stellte der Krieg in Afrika einen Markstein dar. Hitler war die Haltung Frankreichs und Großbritanniens Beweis, dass diese nicht gewillt waren, den Status quo zu verteidigen. Es sah sich bestärkt, im März 1936 in das entmilitarisierte Rheinland einzumarschieren und zwei Jahre darauf Österreich zu besetzen; London und Paris blieben auch bei der deutschen und italienischen Teilnahme an der Niederschlagung der Spanischen Republik passiv. Militärtransporter der Luftwaffe Görings konnten ungehindert die Elitetruppen der Putschisten von Marokko aufs spanische Festland fliegen, Hitler danach die 45.000 Mann starke „Legion Condor“ entsenden; Mussolini motorisierte Truppen mit 800 Kampfflugzeugen, 8.000 Panzern und gepanzerten Fahrzeugen sowie 90 Kriegs- und Transportschiffen mit über 100.000.
Nach dem Scheitern des italienischen Überfalls auf Griechenland im Oktober 1940 zeigte sich, dass Italien seine Expansionsziele nur noch mit deutscher Hilfe in Angriff nehmen konnte. Mussolini musste seine Pläne den deutschen unterordnen, wobei sich Hitlerdeutschland die günstige strategische Lage für seine eigenen Kriegsziele auf dem Balkan, in Nordafrika und im Nahen Osten zunutze machte. Es wurde sichtbar, dass der wirtschaftlich und militärisch schwächere römische Imperialismus dem raffinierteren, rücksichtsloseren und in Aggressionskriegen erfahreneren deutschen unterlegen war.
Angesichts der Interventionen der USA und anderer NATO-Staaten, unter ihnen an führender Stelle Deutschland, im ehemaligen Jugoslawien, in Irak, Afghanistan, im Nahen Osten, in Afrika und der Vorbereitung weiterer, so gegen Iran, bleibt abschließend zu fragen, ob wir uns heute wie in den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts erneut auf dem Weg in den Abgrund weltweiter kriegerischer Auseinandersetzungen befinden, in denen es um die Weltherrschaft, um Einflusssphären und Rohstoffreserven geht? Werden die Kräfte des Friedens in der Lage sein, dem diesmal Einhalt zu gebieten? (HDH)
Online-Flyer Nr. 271 vom 13.10.2010
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