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Aktueller Online-Flyer vom 18. April 2024  

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Inland
Archiv der Vergänglichkeit statt
Aufschwung Ost
Von Karin Richert

Der Kölner Fotograf und Journalist Hans-Dieter Hey präsentiert spontan entstandene Fotografien aus „Resten“ der niedergegangenen DDR, wie er sie als „Westler“ erlebt hat. Beeinflusst sind die Zeitdukumente aber auch durch die Verklärung einer behüteten Kindheit in Thüringen, die er durch sein politisch wachsames Auge ständig korrigieren musste. Der „Aufschwung Ost“ und die sogenannte „Wiedervereinigung“ ließen für ihn viele Fragen offen. Das führte ihn dazu, mit der Kamera als „Expertin der Grausamkeit“ die Sterblichkeit der DDR zu inventarisieren.



Der Ausverkauf
 
Der 1950 in Mühlhausen geborene, 1960 von den Eltern „verschleppte“ und „rübergemachte“, dann im Westen als „Rucksack-Deutscher“ missachtete Fotograf und Journalist hat vor 20 Jahren seine alte Heimat mit viel Herzenswärme - wie er sagt - wiederentdeckt und ist seitdem oft und gern in Thüringen gewesen. Für Hans-Dieter Hey war die „Wiedervereinigung“, die sich in diesen Tagen zum 20. Mal jährt, nie eine wirkliche Vereinigung zweier souveräner Staaten mit gleichen Chancen. Damals, Anfang der 1990er Jahre, war er selbst noch mit vielen politisch engagierten Menschen, Juristen und Politikern aus allen Teilen Deutschlands tagelang in Frankfurt, um an einem gemeinsamen neuen Grundgesetz zu arbeiten, das endlich, endlich nach dem Willen des Volkes entstehen sollte.
 

Der Verlust der Werktätigen

Dann wurde die DDR von der damaligen Kohl-Regierung über den Tisch gezogen, und der Traum von einem neuen, gemeinsam entstehenden Deutschland war vorbei. Seitdem betrachtet er die Entwicklung mit kritischen Augen. Auf seinen vielen Fahrten nach Thüringen hat er Liegengebliebenes, Verwahrlostes, Vernachlässigtes, Vergangenes und Verlorenes fotografiert - unbeachtet vom „Aufschwung Ost“ und den verkündeten „blühenden Landschaften“. Seine Fotos sind mehr spontan entstanden. Und manchmal blieb er im Halteverbot stehen, um ein Foto zu machen - gelegentlich mit einem zwinkernden Auge.
 

Die versiegende Quelle

Seine Fotos machen - wie die berühmte Kulturkritikerin Susan Sontag sagte - „die Vergangenheit überprüfbar, die der normale Zeitablauf unverzüglich enden lässt“ und werden zu einem „Inventar der Sterblichkeit“. Ohne dabei voyeuristisch zu sein, zeigt Hans-Dieter Hey die brutale Ästhetik des Untergegangenen und entlarvt mit seiner Kamera als „Expertin der Grausamkeit“ (Susan Sontag) die Reste eines Staates, der - allein gelassen - damals keine Unterstützung fand und bis heute in den Medien niedergemacht wird. Dabei ist offenbar das Ziel, die wahre Geschichte und die Biografien der Menschen auszulöschen. Für ihn bleibt - in seinen Fotos spürbar - das moralische Unbehagen an den Entwicklungen. Heute lebt Hans-Dieter Hey in Köln und ist Fotograf, Journalist und Mitherausgeber der Neuen Rheinischen Zeitung. (PK)

Der falsche Aufschwung

 Der falsche Abschwung

 
Das kranke System


Die verlassene Jugend


Die Vernichtung der Werte
Fotos: Hans-Dieter Hey - gesichter zei(ch/g)en


Online-Flyer Nr. 269  vom 29.09.2010

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