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Inland
Verleihung des “ethecon Blue Planet Award“ 2010 an Elias Bierdel in Berlin
Schmähpreis für BP
Von Peter Kleinert

Am Samstag, 20. November, werden im Pfefferwerk in Berlin die beiden diesjährigen Preise der Stiftung ethecon verliehen. Der "Internationale ethecon Blue Planet Award 2010" geht an den deutschen Menschenrechtsaktivisten Elias Bierdel. Durch den "Internationalen ethecon Black Planet Award 2010" werden der Geschäftsführer Tony Hayward, das verantwortliche Management und die GroßaktionärInnen des british petrol-Konzerns BP an den Pranger gestellt.
 
"ethecon - Stiftung Ethik & Ökonomie" verleiht die beiden Internationalen Preise seit 2006, wie NRhZ-LeserInnen seit dem 6. Dezember 2006 wissen.(1) Der Positiv-Preis "Blue Planet Award" würdigt außerordentlichen Einsatz zum Erhalt und zur Rettung des "Blauen Planeten". Der Schmähpreis "Black Planet Award" prangert hingegen herausragende Verantwortung für den Ruin und die Zerstörung des "Blauen Planeten" an.
 
ethecon ist im Gegensatz zu den vielen Konzern-, Familien-, Kirchen-, Partei- und Staatsstiftungen eine der wenigen Stiftungen "von unten", die sich vor allem in der Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen sieht. Die noch junge Stiftung finanziert sich über Zustiftungen, Spenden und Fördermitgliedschaften.(2) 
 

Menschenrechtsaktivist Elias Bierdel
Quelle: ethecon
Der "Blue Planet Award 2010" wird an den Menschenrechts-aktivisten Elias Bierdel gehen. Elias Bierdel ist als Leiter und Vorsitzender der Hilfsorganisation "Komitee Cap Anamur/Deutsche Notärzte e.V." bekannt geworden. Als solcher war er im Jahr 2004 an der Rettung von 37 afrikanischen Flüchtlingen beteiligt, die auf ihrer Überfahrt nach Europa in Seenot geraten waren. Drei Wochen lang wurde dem Rettungsschiff die Einfahrt in einen nahegelegenen italienischen Hafen verboten. Im Anschluss wurden Bierdel sowie der Kapitän und der erste Offizier wegen "Schlepperei" festgenommen, es drohten ihnen mehrjährige Haftstrafen und eine hohe Geldbuße. Außerdem wurde er nicht mehr in den Vorstand von Cap Anamur gewählt. Sein Freispruch erfolgte erst im Oktober 2009. Unter dem Eindruck der Ereignisse gründete Bierdel 2007 "borderline-europe - Menschenrechte ohne Grenzen e.V.". Diese Organisation widmet sich der Dokumentation der Flüchtlingsdramen an den Außengrenzen der EU.
 

Ehemaliger BP- Geschäftsführer
Tony Hayward
NRhZ-Archiv
Mit dem "Black Planet Award 2010" werden der scheidende Geschäftsführer Tony Hayward, der designierte Geschäftsführer Bob Dudley, der Vorstands-vorsitzende Carl-Henric Svanberg, das Management und die GroßaktionärInnen von BP geschmäht. Der milliarden-schwere BP-Konzern hat durch unnötige Einsparungen im Bereich der Sicherheit in diesem Jahr eine der schlimmsten Umwelt-katastrophen aller Zeiten und den Tod von 11 Arbeitern verschuldet. Mit dem entstandenen Ölteppich hat BP buchstäblich für einen "Schwarzen Planeten" gesorgt. Anstatt das ausgetretene Öl zu bergen, hat der Konzern es mit einem hochgiftigen Lösungsmittel bekämpft, das in Europa längst verboten ist. Alles nur, um möglichst schnell unschöne Bilder in den Nachrichten zu verhindern. Das gelöste Öl befindet sich jedoch immer noch im Wasser, nur kann es jetzt nicht mehr geborgen werden. Statt aus seinen Fehlern zu lernen, plant der Ölkonzern nun weitere Tiefseebohrungen im Mittelmeer. Dabei blickt er laut ethecon bereits auf eine lange Liste von vermeidbaren Arbeitsunfällen und Umweltverschmutzungen zurück.


Garnelenfischerin Diane Wilson und ethecon-Mitgründer Axel Köhler-Schnura
NRhZ-Archiv
 
Während die für die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko verantwortlichen BP-Manager bisher ohne Anklage blieben, drohte der Preisträgerin des “ethecon Blue Planet Award“ 2006, Diane Wilson, eine lange Gefängnisstrafe. Grund dafür war ihr friedlicher Protest gegen den BP-Konzern im US-Senat. Am 9. Juni hatte dort eine öffentliche Sitzung des Energie-Ausschusses stattgefunden. Aus Protest, vor allem gegen die republikanische Senatorin Lisa Murkowski, übergoss sich die texanische Politaktivistin, Garnelenfischerin und Mutter von zwei Kindern mit nachgemachtem Öl. Die Senatorin wollte eine Gesetzesvorlage blockieren, mit der die Haftungsbegrenzung von Öl-Firmen aufgehoben werden sollte. Diese lag zu diesem Zeitpunkt noch bei 75 Millionen $ - bei weitem nicht genug, um die von BP angerichteten Schäden zu beheben.

840 Tage Haft auf Bewährung

Am Freitag, 20. August, wurde Diane Wilson am Superior Court of the District of Columbia, dem Kammergericht von Washington DC, für ihren Protest gegen BP zu 840 Tagen Haft verurteilt. Beim Gerichtstermin hatte die Staatsanwaltschaft zwar darauf verzichtet, sie tatsächlich ins Gefängnis schicken zu lassen. Voraussetzung dafür sei jedoch, dass sie ein Jahr lang nicht verhaftet wird - und zwar nirgendwo. Darüber hinaus wurde sie für 9 Monate aus Washington verbannt, sie darf den Sitz der Regierung in dieser Zeit nicht betreten. Damit sind weitere Protestaktionen in der Hauptstadt für sie bis auf weiteres unmöglich geworden.
Axel Köhler-Schnura, Gründungsstifter und Vorstand von ethecon und Mitgründer der „Coordination gegen BAYER-Gefahren“, war fassungslos: „Durch rücksichtslose Profitgier hat der BP-Konzern den Tod von elf Menschen und eine der schlimmsten Umweltkatastrophen aller Zeiten verschuldet. Die Macht der Konzerne ist so groß, dass die Täter unbehelligt bleiben, während die Opfer durch Gefängnisstrafen eingeschüchtert und mundtot gemacht werden sollen!"

Aufruf zum Boykott von BP

Mit seinen Positivpreisen hat ethecon in den vergangenen Jahren nach Diane Wilson Vandana Shiva/Indien (2007), José Abreu und Hugo Chávez/Venezuela (2008) sowie Uri Avnery/Israel (2009) ausgezeichnet. Die Schmähpreise gingen bisher an die EigentümerInnen bzw. AktionärInnen und das verantwortliche Management der Konzerne Monsanto/USA (2006), Nestlé/Schweiz (2007), Blackwater (Xe)/USA (2008) und Formosa Plastics Group/Taiwan (2009).
 
Die fünfte Preisverleihung findet nun am Samstag, 20. November, im Pfefferwerk in Berlin im Rahmen einer ethecon-Tagung statt. DieVeranstaltung beginnt um 14.00 Uhr im "Großen Saal" in der Schönhauser Allee 176, die Teilnahme ist kostenlos aber anmeldepflichtig unter bs@ethecon.org. Gefördert wird die Veranstaltung von der EthikBank.
 
Die beiden ethecon-Preise sind nicht dotiert. Allerdings besteht der „Blue Planet Award“ aus einem Kunstwerk, das bisher der international bekannte Künstler Otto Piene jährlich neu als Unikat hergestellt hat. Dieser Galerie-Preis wird auf mindestens 50.000 Euro geschätzt. Im Fall BP ruft ethecon schon seit Monaten zum Boykott des Konzerns und möglichst vieler seiner Tochterunternehmen und Marken wie etwa AMOCO, ARAL, ARCO, BP-Solar, CASTROL, am/pm und WILD BEAN CAFÉ auf. (PK)
 
(1) http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=10387 und http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=10381
(2) www.ethecon.org/


Online-Flyer Nr. 269  vom 29.09.2010

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