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Lokales
Offener Brief an Kölns OB Jürgen Roters: Mülheim 2020 in Gefahr
„Jürgen Roters gegen Jürgen Roters“
Von Rainer Kippe

„Mülheim, Buchheim und Buchforst sind attraktive Kölner Stadtteile: Die Nähe zum Rhein, die Vielfalt der Bevölkerung und die Entwicklung hin zu einem Standort der Kreativwirtschaft prägen das Gebiet. Gleichzeitig sind viele Bewohnerinnen und Bewohner von den negativen Folgen der wirtschaftlichen Umbrüche der vergangenen Jahrzehnte betroffen. Die soziokulturelle Entwicklung der Stadtteile schlägt sich auch im Stadtbild nieder. Mit dem Strukturförderprogramm Mülheim 2020 möchten wir diesen Entwicklungen entgegenwirken. Die Arbeitslosigkeit soll spürbar verringert und die Wirtschaftskraft in den Stadtteilen gefördert werden. Außerdem sollen mehr junge Menschen einen guten Schulabschluss und einen Ausbildungsplatz erhalten. Städtebauliche Projekte verbessern die Lebensqualität in Mülheim, Buchheim und Buchforst zusätzlich“, verkündet die Stadt Köln seit Monaten im Internet(1). „Die erste Rate für das Strukturförderprogramm „Mülheim 2020“ in Höhe von 14 Millionen Euro ist bereits überwiesen“, wusste der KStA schon am 20.2. dieses Jahres(2). Was von all dem zu halten ist, erfahren die Kölner aus einem Offenen Brief der Sozialistischen Selbsthilfe Mülheim (SSM) vom 20. September. – Die Redaktion


Mülheimer Hafen - Quelle:
„Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, wir wenden uns heute in einem offenen Brief an Sie, nachdem alle anderen Anschreiben an Sie nichts gebracht haben, bzw. von der Amtsleitung beantwortet wurden, über die wir Beschwerde geführt haben. So geht es übrigens allen, die sich über Mülheim 2020 bei Ihnen zu beschweren versuchen: Sie nehmen die Nachrichten entgegen, und kurze Zeit später meldet sich Frau Kröger.

Dass Mülheim 2020 zum Erliegen gekommen ist, wird heute, wo der Veedelsbeirat tagt, besonders deutlich. Es steht gar kein inhaltlicher Punkt mehr auf dem Programm des Veedelsbeirates. Die beiden letzten (Familienwerk und Rheinboulevard) mussten heruntergenommen werden, weil andere Ämter die Mitzeichnung verweigern. Ein Problem, auf das wir Sie bereits vor einem Jahr aufmerksam gemacht haben. Jetzt haben wir die Situation Amt gegen Amt, d.h. aber Oberbürgermeister gegen Oberbürgermeister, Jürgen Roters gegen Jürgen Roters.

Bei der letzten Sitzung des Veedelsbeirates, am 21.06. hat Frau Amtsleiterin Maria Kröger versprochen, in 14 Tagen gingen die ersten Ausschreibungen raus. Das war vor drei Monaten. Jeder weiß, dass nichts passiert ist. Frau Kröger selbst sagte uns bei einem Gespräch am 6. September: »Das ist für uns neu, wir können das nicht, wir müssen das erst noch lernen.« Hört man sich in politischen Kreisen um, so wird einem gesagt: »Die Maria kann nichts dafür, auf der werden alle Probleme abgeladen.«

Spricht man mit der Förderebene, die die Probleme in Köln mit Kopfschütteln beobachtet, so hört man etwas anderes: »Die Fachleute für Ausschreibung stehen in Köln bereit. Die Amtsleitung zieht aber alles an sich und lässt sie nicht arbeiten.«

Spricht man mit solchen Fachleuten, so erfährt man: »Die Vergaberichtlinien sind doch unser täglich Brot. Da kann man doch nicht immer wieder drüber überrascht sein.« Und: »Es gibt doch haufenweise Leute in der Verwaltung, die sich damit bestens auskennen!«

Für unser Projekt »Neue Arbeit für Mülheim«, das seit 2 Jahren im Programm steht, und das auf fünf Jahre angelegt ist, wurde uns von Frau Kröger gesagt, es könne frühestens in 6 Monaten beginnen, aber nur dann, wenn es nicht ausgeschrieben werden müsse, andernfalls in frühestens 12 Monaten. Da, wie Sie wissen, 2014 abgerechnet werden muss, stünden für das Programm von 5 Jahren nur noch 3 Jahre zur Verfügung. Sie werden nicht überrascht sein, wenn wir Ihnen sagen, dass wir in unserer Planung gar nicht mehr auf Ihr Programm zählen.

Mülheimer Jugendliche - ihnen wurde viel
versprochen
Das gleiche gilt für das Handlungsfeld Bildung. Auch dieses wird in 2010 nicht mehr beginnen. Hier wurde das Programm bereits dreimal umgeschrieben. Von fünf Jahre auf vier, von vier auf dreieinhalb, von dreieinhalb auf drei und so weiter. Wesentliche Zielpunkte wurden bereits geopfert. Das Herzstück des Projektes, die Vermittlung schwer vermittelbarer Jugendlicher mit Migrationshintergrund in Betriebe mit demselben Hintergrund in Mülheim, bekannt unter MOVENS, welches in Mülheim 2020 überführt werden sollte, hat am 31.08. seine Arbeit eingestellt und seine Mitarbeiter entlassen. 60 Jugendliche und 20 Betriebe sind die Opfer. Zurück bleibt verbrannte Erde. Für Frau Kröger ist das kein Problem: MOVENS war ja noch nicht im Programm.

Ihre Mannschaft für Mülheim 2020 in Ämtern und bei Verbänden, ein toller Haufen mit großer Sachkenntnis, auch vor Ort, und hoher Motivation, resigniert. Manche melden sich weg. Zynismus macht sich breit: »Mülheim 2020 heißt Mülheim 2020, weil es 2020 anfängt!«

Wir haben Ihnen, Herr Oberbürgermeister, vor einem Jahr gesagt, dass eine Projektleitung vonnöten ist, die Ihnen, und nur Ihnen persönlich verantwortlich ist. Diesen Rat haben Sie nicht befolgt. Jetzt ist der Schaden da, und er wird Ihnen zugerechnet werden. Als Verantwortlichem für die gesamte Verwaltung und als Dezernent. Ihr Programm zur Rettung gefährdeter Stadtteile ist insgesamt in Gefahr.

Wir bitten Sie deshalb inständig: Machen Sie Mülheim 2020 zur Chefsache. Gehen Sie vor Ort. Kümmern Sie sich selbst. Fahren Sie ins Stadthaus in die 13. Etage und lassen Sie sich die Ausschreibungen zeigen. Reden Sie mit den Verantwortlichen für das Handlungsfeld Bildung. Fahren Sie in die Berliner Straße und reden Sie mit Ali Koban von ISS (MOVENS) und mit Ali Demir vom deutsch-türkischen Geschäftshaus.

Jetzt geht es darum, das Programm zu retten - Machen Sie Mülheim 2020 endlich flott.

Mit freundlichen Grüßen
Rainer Kippe, SSM
(PK) 
 
(1) http://www.stadt-koeln.de/4/05303/
(2) http://www.ksta.de/html/artikel/1264185881491.shtml


Online-Flyer Nr. 268  vom 22.09.2010

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